Gedenkworte der Präsidentin des Abgeordnetenhauses von Berlin, Cornelia Seibeld, vor Eintritt in die Tagesordnung der Plenarsitzung
25.09.2024 10:00, Abgeordnetenhaus, Plenarsaal
Aus ganz aktuellem Anlass will ich zu den verstörenden Formen der politischen Auseinandersetzung in unserer Stadt Stellung beziehen. Erst gestern erreichte mich die Nachricht, dass das gemeinsame Wahlkreisbüro meiner Vizepräsidentin Dr. Haghanipour und der Kollegen Schulze und Kahlefeld beschmiert worden ist. Und in der Nacht zum Montag wurde das Wohnhaus von Kultursenator Joe Chialo beschmiert.
Die Auseinandersetzungen über den richtigen politischen Weg in einer Demokratie sind oftmals in ihrer Rhetorik hart und manchmal rüde bis zur Schmerzgrenze. Wo es keinen festgelegten Anspruch auf endgültige Wahrheiten geben kann, muss im Streit um die bessere Erkenntnis, um eine Zustimmung der Mehrheit gerungen werden.
Dafür gibt es Regeln. Festgelegt in unserer Verfassung und in unseren Gesetzen. Diese Regeln gelten selbstverständlich für uns Abgeordnete. Aber nicht nur allein. Auch die die Menschen, die in unserer Stadt leben, müssen sich daran halten. Die wichtigste Grundregel lautet:
Worüber auch immer gestritten wird, Gewalt darf nicht Mittel der Auseinandersetzung sein. Keine Gewaltanwendung gegen Sachen, wie sie immer wieder durch Beschädigungen und Schmierereien an den Bürgerbüros von uns Abgeordneten vorkommen. Fast jeden Monat geschieht das. Bis in die letzten Tage hinein. Und schon gar nicht durch persönliche Übergriffe und Drohungen gegen Abgeordnete, unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie die Mitglieder des Senats. Gewalt und ihre Androhung soll einschüchtern, sie soll andere Meinungen zum Schweigen bringen. Darin drückt sich eine tiefe Verachtung für die demokratische Debatte aus.
Aus allen Fraktionen dieses Hauses sind Abgeordnete bereits Opfer weitreichender Gewaltattacken geworden. Dagegen müssen wir uns alle in jedem Einzelfall zur Wehr setzen. Dagegen müssen die Menschen in dieser Stadt einschreiten, wo, wann und gegen wen auch immer Gewalt als Mittel der Politik eingesetzt wird. Wer Gewalt gegen politisch aktive Menschen, Mandatsträger und Regierungsmitglieder rechtfertigt, stellt sich außerhalb des demokratischen Spektrums. Diesen Demokratie-Verächtern müssen mit der Durchsetzung der Gesetze und der Härte der Strafverfolgung die notwendigen Grenzen gesetzt werden. Dafür sollten wir im Abgeordnetenhaus Polizei und Justiz immer die notwendige Unterstützung und Rückendeckung geben.
Wir weichen nicht vor den Feinden der Demokratie zurück!
Vielen Dank.