Vorlage – zur Kenntnisnahme –

 

 

Bericht „F I T – Frauen und Mädchen in die Informations-,

Telekommunikations- und Medienberufe 1999 – 2003“

 

 

 

 

 

Der Senat legt beiliegenden Bericht dem Abgeordnetenhaus zur Besprechung vor.

 

 

 

Berlin, den 06. April 2004

 

Der Senat von Berlin

 

Harald   W o l f

Bürgermeister

zugleich

Senator für Wirtschaft,

Arbeit und Frauen

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Senatsverwaltung für Wirtschaft, Arbeit und Frauen

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Bericht

 

 

F I TFrauen und Mädchen in die Informations-,

Telekommunikations- und Medienberufe 1999-2003

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Gliederung:                                                                                                                        Seite

 

 

1.  Ausgangssituation                                                                                                              3

     1.1  Maßnahmen der Bundesregierung                                                                              3

     1.2  Internationaler Vergleich und EU-Politik                                                                   5

 

2.  Land Berlin                                                                                                                        7

     2.1  Schule und außerschulische Bildung                                                                          7

     2.2  Berufsausbildung                                                                                                        9

     2.3  Studium an Berliner Hochschulen                                                                              9

     2.4  Weiterbildung und EU-Beschäftigungspolitik im Land Berlin                                10   

     2.5  Weiterführende Untersuchungen und Handlungsansätze, Öffentlichkeitsarbeit      12

 

3.  Zusammenfassung und Fortführung                                                                                13

 

 

 Anlagen

 

Anlage 1: 

Umsetzungsstandtabelle Bericht F I T 1999-2003                                                            1-10                                                                

 

Anlage 2:

Maßnahmen der Senatsverwaltung für Wissenschaft, Forschung und Kultur                   1- 3

zur Förderung des Studiums in IT- und Medienstudiengängen                                         

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 



1. Ausgangssituation

 

Der Strukturwandel zur Informations- und Wissensgesellschaft stellt Politik, Wirtschaft und Arbeitsmarkt, das Bildungs- und Ausbildungssystem wie den Einzelnen selbst in Alltag und Beruf vor tiefgreifende Herausforderungen. Die beschleunigte Verbreitung der Informations- und Kommunikationstechnologien wird vor dem Hintergrund der demographischen Entwicklung und in Anbetracht eines inzwischen stagnierenden Bildungsniveaus der deutschen Bevölkerung zu einer zukunftsfähigen Entwicklung von Wirtschaft und Gesellschaft der Bundesrepublik nur beitragen können, wenn sämtliche gesellschaftliche Gruppen, wenn Frauen und Männer gleichermaßen in diesen Veränderungs- und Gestaltungsprozess einbezogen werden.

 

Es ist zudem Aufgabe eines demokratischen Staates, für gleichberechtigte gesellschaftliche Teilhabe der Bürgerinnen und Bürger Voraussetzungen zu schaffen. Artikel 3 des Grundgesetzes enthält die Verwirklichung der Gleichstellung als aktiven politischen Gestaltungsauftrag für den Staat. Die Bundesregierung hat mit Kabinettsbeschluss von 1999 Gender Mainstreaming als Instrument und Methode der politischen Gestaltung zur Implementation von Gleichstellung eingeführt. Durch eine geschlechtsdifferenzierende Sichtweise auf Voraussetzungen und Auswirkungen von gesetzgeberischen und politischen Maßnahmen auf Frauen und Männer soll der Prozess der Herstellung von Chancengleichheit unterstützt und überprüfbar gemacht werden. Auf EU-Ebene haben sich die Mitgliedsländer im Amsterdamer Vertrag verpflichtet, bei sämtlichen politischen Maßnahmen für die Gleichstellung der Geschlechter Sorge zu tragen. Der Berliner Senat hat mit Beschluss vom 14. Mai 2002 ebenfalls Gender Mainstreaming als Instrument und Methode zur Herstellung von Chancengleichheit in sämtlichen Politikfeldern vorgesehen (Drs 15/507).

 

Grundlegende Reformen im Bildungs- und Ausbildungssystem, in der Organisation unserer Berufs- und Arbeitswelt, in den durch unser Sozial- und Steuersystem gesetzten Hemmschwellen und Anreizen sind notwendig, um eine Verbindung von Leben und Arbeiten für beide Geschlechter zu ermöglichen und den Strukturwandel zur Informations- und Wissensgesellschaft zu bewältigen, indem die Kompetenzen von Frauen und Männern gleichermaßen in diese Entwicklung eingebracht werden. Dazu sind Veränderungen in allen gesellschaftlichen Feldern notwendig: Schule und vorschulische Erziehung, das Berufsausbildungssystem, Hochschule, Einrichtungen der Weiterbildung, Unternehmen der Privatwirtschaft und des öffentlichen Sektors, die Institutionen des Arbeitsmarktes und kulturelle Muster müssen sich wandeln, wenn die Nutzung der Informations- und Kommunikationstechnologien und der neuen Medien für Mädchen und Jungen, Frauen und Männer gleichermaßen selbstverständlich werden soll.

 

 

1.1 Maßnahmen der Bundesregierung

 

Die Bundesregierung hat mit Bundestags-Druck-sache Nr. (BT-Drs) 14/4191 vom 2.10.2000 zur „Beschäftigungsentwicklung in der IT-Branche“ im Rahmen einer Kleinen Anfrage berichtet und mit BT-Drs 15/720 vom 20.03.2003 einen „Bericht über die Umsetzung von Gender Mainstreaming in Wissenschaft und Forschung“ vorgelegt.

 

Bereits in der Schule und in der vorschulischen Erziehung müssen Medienkompetenz als Bildungsziel eingeführt werden, Lehrpläne in naturwissenschaftlich-technischen Fächern sind auf mehr Anschaulichkeit und Experimentierfreudigkeit hin auszurichten, veraltete Rollenklischees müssen endgültig aus allen Schulbüchern verschwinden. Der Einsatz der neuen Medien im Unterricht setzt voraus, dass Lehrerinnen und Lehrer mit der neuen Technik und mit geschlechtssensiblen Zugangsweisen vertraut gemacht werden.

Die Bundesregierung hat im August 2000 das Handlungskonzept „Anschluss statt Ausschluss – IT in der Bildung“ vorgelegt, das auch einen Beitrag zur Umsetzung der Aktionspläne der Europäischen Gemeinschaft im Rahmen der Initiativen eEurope und eLearning darstellt (BT-Drs 14/4172).

 

In der dualen Berufsausbildung wurden 1997 vier neue IT-Berufe eingeführt: die Ausbildungsberufe IT/Systemelektroniker/in, Fachinformatiker/in, IT-Systemkauffrau/Systemkaufmann und Informatikkauffrau/Informatikkaufmann. Die erfolgreichen Bemühungen sämtlicher Akteure um eine Steigerung der Beteiligung junger Frauen an der IT-Ausbildung haben dazu geführt, dass sich ihre Zahl zwischen 1997 und 2002 von 665 auf 6.915 mehr als verzehnfacht hat. Gleichwohl stagniert ihr Anteil an den vier Berufen insgesamt seit dem Jahr der Einführung 1997 bei knapp 14 %.

 

Da das Wissen nirgendwo so schnell wie im IT- und Medienbereich veraltet, stehen sowohl die Fachkräfte der sog. Kernbereiche als auch der Anwendungsbranchen vor der Aufgabe, durch berufliche Weiterbildung ihr Wissen permanent zu aktualisieren.

Neben ausgewiesenen Fachkenntnissen auf dem neuesten Stand geht es dabei gleichzeitig um fachübergreifende Qualifikationen wie Kundenorientierung, Kommunikationsfähigkeit, Beratungskompetenz, Flexibilität und Weiterbildungsbereitschaft, für die insbesondere Frauen beste Voraussetzungen mitbringen.

In Umsetzung eines Beschlusses des Bündnisses für Arbeit, Ausbildung und Wettbewerbsfähigkeit vom 6.7.1999 wurde deshalb für den IT-Bereich ein spezifisches Weiterbildungssystem entwickelt, das eine nachhaltige Bildungs- und Beschäftigungspolitik sichern hilft.

Das neue IT - Weiterbildungssystem berücksichtigt in hervorragender Weise gleichermaßen die Anforderungen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie von Unternehmen,

da es:

·            flexibel auf die kurzen Innovationszyklen      der IT-Branche reagieren kann,

·            Transparenz und internationale Vergleich-    barkeit der Weiterbildungsabschlüsse si-      chert,

·            den Absolventinnen und Absolventen einer               betrieblichen Ausbildung weitgehende Kar- rierechancen eröffnet,

·            mit der arbeitsprozessorientierten Qualifi-     zierung, die im Zentrum des neuen IT-           Weiterbildungssystems steht, die Anforde-                rungen an modernes Lernen berücksichtigt.                 Selbstbestimmtes, projektorientiertes Ler-     nen am Arbeitsplatz bildet den Kern der                Lernprozesse.

 

Zur Stärkung der Teilhabe von Frauen an der Informationsgesellschaft wurden auf Bundesebene eine Reihe von Initiativen auf allen Bildungs- und Beschäftigungsebenen gestartet, z.B. die Programme „Frauen in der Informationsgesellschaft“ und „Frau und Beruf“, die durch Initiativen der Länder und der Wirtschaft begleitet und ergänzt werden. Als eine übergreifende Projektinitiative wurde im April 2000 das europaweit erste Kompetenzzentrum  „Frauen in der Informationsgesellschaft und Technologie“ an der Fachhochschule Bielefeld eröffnet. Das Kompetenzzentrum ist ein Projekt des 1999 gegründeten Vereins „Frauen geben Technik neue Impulse“, das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) gefördert wird. Es bündelt bundesweit Maßnahmen zur Chancengleichheit in Bildung, Ausbildung, Beruf, Wissenschaft und Forschung, z.B. Projekte wie „Frauen ans Netz“, den „Girls’ Day“ und Expertinnennetzwerke zu verschiedenen Themenschwerpunkten im IT-Bereich, die zum Ziel haben, den Anteil von jungen Frauen in den naturwissenschaftlich-technischen Fächern zu erhöhen sowie Studien- und Beschäftigungsmöglichkeiten von Frauen im Bereich Informationsgesellschaft und Technologie zu verbessern (BT-Drs 15/720).

 

 

1.1.1 Fachministerkonferenzen

 

Die 10. Konferenz der Gleichstellungs- und Frauenministerinnen, -minister, -senatorinnen und –senatoren der Länder (GFMK) am 7.und 8. Juni 2000 in Hannover beschloss, auf Basis der bei dieser Konferenz vorgelegten Eckpunkte gemeinsam mit der Innenministerkonferenz, der Wirtschaftsministerkonferenz (WMK), der Kultusministerkonferenz (KMK) und der Arbeits- und Sozialministerkonferenz (ASMK) einen konkreten Maßnahmekatalog zu erarbeiten und diesen der Ministerpräsidentenkonferenz vorzulegen. Zur Umsetzung dieses Auftrages wurde eine temporäre Arbeitsgruppe „Frauen in der Informationsgesellschaft“ eingesetzt.

Der Bericht dieser Arbeitsgruppe wurde der 12. GFMK am 23./24. Mai 2002 vorgelegt.

Für die o.g. temporäre Arbeitsgruppe „Frauen in der Informationsgesellschaft“ wurde auch eine Vertreterin der WMK benannt. Diese erstattete der WMK am 2./3. Mai 2003 Bericht. Auf Basis dieses Berichtes fasste die WMK zum Thema  „Frauen in der Informationsgesellschaft“ einen einstimmigen Beschluss.

 

Im Hochschulbereich hat sich die Bund-Länder-Kommission (BLK) in ihrem Bericht vom 2. Mai 2002 mit der Studiensituation in Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik unter Berücksichtigung des geschlechtsspezifischen Ungleichgewichts befasst. In dem o.a. Bericht über "Frauen in den ingenieur- und naturwissenschaftlichen Studiengängen" hat die BLK ausgeführt, dass im Fach Informatik die Studienanfängerzahlen von 1997 bis 2000 bei beiden Geschlechtern boomartig gestiegen sind, von etwa 11.000 im Jahr 1997 auf 27.000 im Jahr 2000. Bei den Männern stieg die Zahl in drei Jahren mehr als das Doppelte von 9.300 auf 22.100. Bei den Frauen war bei niedrigeren Ausgangszahlen ein Anstieg auf das Dreifache von 1.500 Studienfängerinnen im Jahr 1997 auf knapp 5.000 im Jahr 2000 zu verzeichnen. Trotz dieser positiven Entwicklung sind in der Informatik aber nur 18 % Studienanfängerinnen, während die männlichen Studienanfänger 82 % ausmachen. Innerhalb des Studienbereichs Informatik waren Frauen im Studienjahr 2000 prozentual in der Medieninformatik (27 %) und in der Medizininformatik  (52 %) stärker vertreten als in der Wirtschaftsinformatik (20 %), der klassischen Informatik (17%) und der Ingenieurinformatik ( 9 %).

Laut BLK machen die Fächer klassische Informatik und Wirtschaftsinformatik derzeit 86 % des Studienbereichs Informatik insgesamt aus, so dass die Fächer mit höherer Frauenrepräsentanz bezogen auf die Gesamtsituation des Arbeitsmarktes noch weitgehend bedeutungslos bleiben.

 

 

1.2 Internationaler Vergleich und EU-Politik

 

Im internationalen Vergleich hat die OECD im Rahmen des PISA-Prozesses in ihrer Studie "Bildung auf einen Blick" vom 28. Oktober 2002 darauf verwiesen, dass in Deutschland zwar immerhin 46 % der Hochschulabsolvent/innen Frauen sind; der Anteil von Frauen mit Hochschulabschlüssen in den Fächergruppen Mathematik und Informatik sowie Ingenieurwesen, Fertigung und Bauwesen in Deutschland aber mit 23 bzw. 20 % am Niedrigsten ist im Vergleich zum OECD-Durchschnitt mit 30 bzw. 23 %. Während es in den Ingenieurwissenschaften noch gelungen sei, den Frauenanteil gegenüber 1997 von 15 auf 20 % zu erhöhen, ging er in Mathematik und Informatik sogar leicht zurück von 24 % auf 23 %.

 

Die aktive Gestaltung einer wissensbasierten Gesellschaft in Europa ist ein Hauptschwerpunkt für die Europäische Union (EU) in den kommenden Jahren. Auf seiner Lissaboner Tagung im März 2000 hat der Europäische Rat ein neues strategisches Ziel vorgegeben. Die EU soll zum „wettbewerbsfähigsten und dynamischsten wissensbasierten Wirtschaftsraum der Welt“[1] werden. Dabei wird angestrebt, bis zum Jahr 2010 Vollbeschäftigung zu erreichen.

 

Diesen Zielstellungen ist auch die Europäische Beschäftigungsstrategie untergeordnet. Seit Beginn der europäischen Beschäftigungspolitik, d.h. den Koordinierungsbemühungen der europäischen Ebene zur Förderung der Beschäftigung in den Mitgliedsstaaten, gehörten sowohl die Gleichstellung der Geschlechter am Arbeitsmarkt und im Wirtschaftsleben als auch die Förderung der Informationsgesellschaft zu den Prioritäten.

 

Im April 2002 veröffentlichte die Europäische Kommission ein Arbeitsdokument[2], in dem auf die Bedeutung von IT-Arbeitsplätzen für den wirtschaftlichen Strukturwandel in der EU eingegangen wird, bestehende Defizite und Probleme benannt sowie notwendige Maßnahmen beschrieben werden.

In diesem Dokument wird eine „erhebliche Diskrepanz zwischen den Geschlechtern ... in der IT-Ausbildung und -beschäftigung“ konstatiert und deren Überwindung als eine wesentliche Aufgabe der weiteren Gestaltung der Informationsgesellschaft in Europa definiert. Dabei setzt die Kommission auf:

·            Erhöhung der Attraktivität von IT- Arbeits- plätzen für Frauen,

·            Förderung der Beteiligung von Frauen an     allen IT-Ausbildungsmaßnahmen,

·            Aufwertung der Arbeitsbedingungen in IT- Unternehmen,

·            Weiterentwicklung der Curricula.

 

Die konjunkturelle Krise der IT-Branche, der Mangel an Investitionen in Humankapital, die Arbeitsorganisation sowie bestimmte neue qualitative Risiken für die Beschäftigung im IT-Bereich wie ‚übermäßige Unsicherheit, Verlust sozialer Sicherungen und Ungleichbehandlung der Geschlechter’ werden als kritische und hemmende Momente für die Entwicklung der Informationsgesellschaft dargestellt.

 

Resümierend kann festgehalten werden: Obwohl viele junge Frauen heute besser qualifiziert sind als ihre männlichen Altersgenossen und im Schuljahr 2001/2002 bereits 55,2% der Schulabgänger/innen mit Hochschulreife weiblich waren, spiegelt sich dieses Leistungs- und Qualifikationspotenzial noch nicht annähernd in qualifizierten und hochqualifizierten Zukunftsfeldern des Arbeitsmarktes wider, zu denen die IT- und Medienberufe trotz der konjunkturellen Krise im langfristigen Trend der Arbeitsmarktentwicklung zweifellos zählen werden. Aus verlässlichen Arbeitsmarktstudien – wie unlängst vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) der Bundesagentur für Arbeit wieder aufgezeigt - wissen wir, dass die besonderen Probleme von Frauen im Arbeitsmarkt sich in naturwissenschaftlich-technischen Arbeitsfeldern in besonderem Maße ausprägen. Das gilt für den Berufseinstieg und  –wiedereinstieg ebenso wie für den Berufsverlauf und die Arbeitslosigkeit. So lag z.B. der Anteil arbeitsloser Informatikerinnen im Januar 2000 dreimal so hoch wie der Absolventinnenanteil an Abschlussprüfungen der Hochschulen.

Eine einseitige Orientierung von Frauen auf naturwissenschaftlich-technische Arbeitsfelder als vermeintliche Zukunftsfelder - auch für Frauen – würde zu kurz greifen  – wie schon die politische Förderstrategie „Mädchen in gewerblich-technische Berufe“ in den 80er Jahren gezeigt hat. Überkommene kulturelle Muster stellen nach wie vor hochmotivierte und leistungsstarke Frauen vor besonders hohe Arbeitsmarkthürden in traditionell als männlich konnotierten technischen Beschäftigungsfeldern. Eine wirkungsvolle Verbesserung der Ausbildungs- und Arbeitsmarktschancen von Frauen in den informationstechnologischen Arbeitsfeldern hat daher als eine Gesamtstrategie auf verschiedenen Politikfeldern anzusetzen: von der Bildungs-, über die Arbeitsmarkt- und Beschäftigungspolitik bis zur Familien-, Finanz- und Sozialpolitik.

 

 

2. Land Berlin

 

Das Land Berlin hat 1999 mit der ressortübergreifenden Initiative „FIT - Frauen und Mädchen in die Informations-, Telekommunikations- und Medienberufe“ verschiedene Aktivitäten beschlossen, die darauf zielen, das Berufswahlverhalten von jungen Frauen zu erweitern und die Beschäftigungs- und Karrierechancen von Frauen in den IT-, Kommunikations- und Medienberufen zu erhöhen. Die Umsetzung und die Weiterentwicklung der verschiedenen Ansätze und Maßnahmen in den Bereichen Schule und außerschulische Bildung, Ausbildung, Studium und Weiterbildung wird durch eine ressortübergreifende „Arbeitsgruppe FIT“ unter der Federführung der für Arbeit und Berufliche Bildung zuständigen Senatsverwaltung begleitet. Über die Umsetzung und Weiterentwicklung der 1999 von den damaligen Senatsverwaltungen für Arbeit, Berufliche Bildung und Frauen und für Schule, Jugend und Sport unter dem Kürzel „FIT“ gebündelten Initiativen und Maßnahmen wird im Folgenden berichtet. Eine tabellarische Übersicht über die Maßnahmen ist in den Anlagen 1 und 2 beigefügt.

 

 

2. 1 Schule und außerschulische Bildung

 

Der Senat hält den Umgang mit den neuen Informations- und Telekommunikationstechniken für eine grundlegende Kulturtechnik, die bereits von der Grundschule an vermittelt werden soll. Die Schule hat dabei - bedingt durch die gesellschaftlichen Unterschiede der Schülerinnen und Schüler im Zugang zu den neuen Medien (umfangreiche mediale Lernerfahrungen im vor- und außerschulischen Bereich) - eine wichtige kompensatorische Aufgabe zu erfüllen. Das gilt ebenso für die geschlechtsspezifischen Zugänge der Mediennutzung und der mathematisch-naturwissenschaftlichen Fächer.

 

Mathematisch-naturwissenschaftlicher

Unterricht

 

Da Mädchen nach wie vor in naturwissenschaftlichen Basis-, Profil- und Leistungskursen geringer vertreten sind (z.B. Schuljahr 1999/2000: Leistungskurs Physik 1,2 %, Chemie 3,5%, Mathematik 6%), wird die spezifische Förderung und Motivation der Mädchen weiterhin als eine besondere Herausforderung für die Sekundarstufe I und die gymnasiale Oberstufe verstanden.

Schulen aller Schularten nutzen  monoedukativen Unterricht besonders zur getrenntgeschlechtlichen Durchführung der Informationstechnischen Grundbildung (ITG).

 

Medienerziehung in der Berliner Schule/Fortbil-ung

 

Zur Zeit sind alle Berliner Schulen mit einem Internetzugang ausgestattet. Parallel dazu erfolgen Fortbildungen. Es bewerben sich aber weniger Lehrerinnen als Lehrer, auch ihre Abbrecherquote ist höher. Deshalb hat die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Sport die Anzahl der Entlastungsstunden für Frauen in spezifischen Fortbildungen auf vier erhöht.

 

Die Medienprojekte auf der Grundlage von „CidS“ sind im besonderen Maße zur Unterstützung der Fortbildung geeignet. Bei der Entwicklung von Medienkompetenz wird der geschlechtsspezifische Zugang berücksichtigt und nach Bedarf und Möglichkeit geschlechtsdifferenziert unterrichtet. Zusätzlich dazu werden auch Mädchenprojekte gefördert.

Außerunterrichtliche Aktivitäten zur Medienerziehung

 

Mit dem Landesprogramm „jugendnetz-berlin.de“ werden seit 2001 strukturelle Voraussetzungen geschaffen, um in der außerschulischen Jugendbildung die Voraussetzungen zu schaffen und zu verbessern, dass Kinder und Jugendliche auch außerhalb der Schule mit Medien kreativ die Chancen der Informationsgesellschaft nutzen können. Geschlechtsdifferenzierte medienpädagogische Angebote und Projekte unterstützen die gleichberechtigte Förderung von Jungen und Mädchen. In allen Berliner Bezirken wurden Jugendeinrichtungen durch die jeweiligen Jugendämter benannt und gefördert. Sie beraten und betreuen Jugendeinrichtungen in ihrer medienpädagogischen Arbeit und unterstützen diese bei der Vernetzung mit schulischen Angeboten. Nach den vorliegenden Ergebnissen einer Evaluation zum Programm „jugendnetz-berlin.de“ profitieren Mädchen und junge Frauen deutlich stärker von den medienpädagogischen Angeboten der Jugendfreizeitstätten und Schülerclubs als männliche Jugendliche.

 

Im Rahmen des ESF finanzierten Programms „BITS 21 – Bildung, InformationsTechnologie und Service für die Jugendarbeit“ werden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus Jugendhilfe, Schule und Kitas in neuen Medien und Informationstechnologien weitergebildet und qualifiziert. Über 60% sind Mädchen und junge Frauen. Neben ihrer eigenen Weiterbildung sind sie Multiplikatoren für geschlechtsspezifische Angebote in ihren Einrichtungen.

 

Das erfolgreiche Projekt „JOB Werkstatt Mädchen“ des Technischen Jugendfreizeit- und Bildungsvereins tjfbv e.V. wird fortgesetzt.

 

Forschungsprojekte und Interaktionsmodelle

·            Das Förderprogramm „Unterrichtsprojekte

                1999“

·            CidS Computer in die Schulen

·            Förderprogramme der BLK

                 Berlin beteiligt sich daran ab 1. August        1999 mit zwei Vorhaben am Förderpro-           gramm  „Systematische Einbeziehung von                 Medien, Informations- und Kommunikati      onstechnologien  in Lehr- und Lernprozes    sen“ ( Laufzeit fünf Jahre):

 

1.        Fortbildungskonzepte zur Entwicklung neuer Lernkulturen in der Grundschule          unter Einbeziehen neuer Medien im                         Klassenraum.

2.        Entwicklung, Erstellung und Erpro-        bung von digitalen Lehr- und           Lernma- terialien.

 

 

Berufsschulen

 

In den Berufsfeldern Wirtschaft und Verwaltung, Gesundheit, Körperpflege und im Bereich Sozialwesen sind Mädchen auch in dualen Ausbildungsberufen überproportional vertreten. Um den Frauenanteil in technikorientierten Berufen zu erhöhen, sind neben der  Öffentlichkeitsarbeit der Schulen auch die Schullaufbahnberater/-innen an den berufsbildenden Schulen einzubeziehen. Im Schuljahr 2000/2001 wurde am OSZ Kommunikations-, Informations- und Medientechnik ein „Mädchentag“ durchgeführt.

 

 

2.2 Berufsausbildung

 

Zum 1.8.2003 sind neue und modernisierte Ausbildungsordnungen für 28 Berufe verschiedenster Wirtschaftsbereiche in Kraft getreten. Bei diesen Ausbildungsberufen ist u.a. ein Schwerpunkt die fachbezogene Anwendung von IuK-Technologien. Damit sind sie grundsätzlicher Bestandteil der geänderten Ausbildungsordnungen.

Die Ausbildungsordnungen sind ab sofort Grundlage in den Berufsschulen und Ausbildungsbetrieben für die Stoffvermittlung, und sie werden als Ausbildungsinhalte und
–methoden verwendet. IT-Kompetenzen entwickelt jede(r) Auszubildende, auch wenn sie/er nicht in einem der neuen IT-Berufe ausgebildet wird.

 

Im Land Berlin hat das Ausbildungsplatzangebot in den vier IT-Kernberufen im Zeitraum 1998 bis 2002 von 320 auf 727 im Jahr 2002 zugenommen, nachdem es in der Hochphase der konjunkturellen Entwicklung im Jahr 2000 bereits bei 827 gelegen hatte. Der Frauenanteil stieg von 12,8% im Jahr 1998 auf 16,2 % im Jahr 2002. Damit hat sich der Frauenanteil in Berlin positiver entwickelt als im Bundesgebiet, wo trotz einer Verzehnfachung des absoluten Anteils von Frauen an der Ausbildung seit der Einführung der neuen IT-Berufe ihr relativer Anteil seit 1997 mit 14 % unverändert blieb.

 

In den Medienberufen ist eine Stabilisierung auf hohem Niveau zu verzeichnen. Für 2002 sind 508 Ausbildungsplätze gemeldet. Das sind 66 Plätze mehr als im Jahr 2000, allerdings 12 weniger als 2001. Im Arbeitsfeld Medien ist ein hohes Niveau im Frauenanteil erreicht, der aber seit 1998 kontinuierlich sinkt. 1998 waren 52,5 % der Auszubildenden Frauen, 2000 noch 49,5 % und 2002 48,4 %. Den Ursachen dieses Trends sollte in weiteren Untersuchungen nachgegangen werden.

 

 

2.3 Studium an Berliner Hochschulen

 

Das Land Berlin hat im August 2003 im Rahmen einer Länderumfrage der KMK über Europäische Benchmarks im Bildungswesen über Maßnahmen berichtet, die an den Berliner Hochschulen eingeleitet, geplant oder bereits mit zum Teil beachtlicher Resonanz durchgeführt werden, um die Studienanfänger- und Absolventenzahlen in den Bereichen Mathematik, Naturwissenschaften und Technik zu erhöhen. Die Angaben bezogen sich auch auf das Fach Informatik. Ein wesentlicher Schritt zur Erhöhung der Studierenden- und Absolventenzahlen wird die Einführung neuer Bachelor- und Masterstudiengänge in Informatik sein. Eine Übersicht der einzelnen Maßnahmen ist in den Anlagen enthalten.

 

Die Maßnahmen werden zum großen Teil aus dem "Berliner Programm zur Förderung der Chancengleichheit für Frauen in Forschung und Lehre" finanziert. In diesem Programm sind durch Beschluss des Senats von Berlin vom 21.11.2000 das Bund-Länder-Förderprogramm "Chancengleichheit für Frauen in Forschung und Lehre" (HWP1) und das ursprünglich bei der damaligen Senatsverwaltung für Arbeit, Soziales und Frauen ressortierende Landesprogramm "Frauenforschung" zusammengeführt. Das Fördervolumen beträgt bis zu 3,07 Mio. EUR (bisher 6 Mio. DM) jährlich und wird wie folgt finanziert: 1,53 Mio. EUR Bundesmittel  aus dem Bund-Länder-Programm (HWP 1); 1,02 Mio. EUR Landesmittel aus dem bisherigen Programm Frauenforschung; 0,51 Mio. EUR Landesmittel aus den Hochschulhaushalten für deren Maßnahmen. Das Bund-Länder-Programm "Chancengleichheit für Frauen in Forschung und Lehre“ (HWP1) war vorerst auf die Jahre 2001 bis 2003 begrenzt. Die Verlängerung der Programmlaufzeit bis 2006 wurde am 7. Juli 2003 von der BLK beschlossen.

 

Ferner haben die Hochschulen im Rahmen des von Bund und Ländern vereinbarten „Sofortprogramm(s) zur Weiterentwicklung des Informatikstudiums an den Hochschulen in Deutschland (WIS)“ Maßnahmen zur Verbesserung der Ausbildungskapazität durch die Erweiterung der technischen Basis und den Einsatz zusätzlicher Tutorinnen und Tutoren sowie durch die vorgezogene Berufung einer Professur für "Bioinformatik" unternommen, um die Studienbedingungen im Fach Informatik insgesamt und damit auch für Studentinnen zu verbessern. Im Rahmen der Laufzeit des Programms von 2000 bis 2004 stellt der Bund den Hochschulen im Land Berlin jährlich 338 730 EUR für Projekte zur Verfügung. Die Gegenfinanzierung ist aus den Haushalten der Hochschulen zu erbringen.

 

 

 

 

2.4 Weiterbildung und EU-Beschäftigungspolitik im Land Berlin

 

Für die Förderung beruflicher Weiterbildung in den Bereichen Informations- und Kommunikationstechnologien und Medien bildet das Arbeitsmarkt- und Berufsbildungs-politische Rahmenprogramm (ARP) eine wichtige Grundlage.

Als eine arbeitsmarkt- und berufsbildungspolitische Leitlinie fordert die 4. Fortschreibung des ARP (Senatsbeschluss Nr. 855/03 vom 4. Februar 2003) u.a., die Förderinstrumente sowohl stärker auf die Entwicklung des Wirtschaftsstandortes als auch auf die individuellen Voraussetzungen und Gegebenheiten auszurichten, also auch auf die spezifischen didaktisch-methodischen und technisch-organisato-rischen Anforderungen des Lernens sowie die spezifischen Lebensbiographien von Frauen.  

Gleichzeitig sind gem. der 4. Fortschreibung des ARP als eine Reaktion auf die „Gender – Gaps“ des Berliner Arbeitsmarktes neue Berufs- und Beschäftigungsfelder für Frauen, insbesondere im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologie, zu erschließen und Existenzgründungen zu unterstützen. Der beruflichen Weiterbildung wird in dieser Strategie ein  besonders hoher Stellenwert beigemessen.

 

Im Sinne einer präventiven Intervention im betrieblichen Bereich wird z.B. die Förderung beruflicher Weiterbildungsmaßnahmen zielgenauer auf die Stärkung der IuK- und Medienkompetenz von Beschäftigten in kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) ausgerichtet. Den Schwerpunkt bilden dabei komprimierte Anpassungsfortbildungen, die insbesondere auch an das vorhandene Wissen und die Erfahrungen von Mitarbeiterinnen gezielt anknüpfen.

 

Bei den von der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Arbeit und Frauen geförderten Modell- und Pilotprojekten der beruflichen Weiterbildung liegt der Schwerpunkt (60%) auf  Maßnahmen in den IT- und Medienbereichen. Dazu gehören z.B. solche Projekte wie „Bedarfsermittlung in KMU und eLearning“ oder „Passgenaue Vermittlung und Aufbau einer Online-Plattform“.

 

Eine wesentliche Rahmenbedingung für das im IT- und Medienbereich zwingend notwendige selbstgesteuerte lebenslange Lernen ist die Gewährleistung eines chancengleichen Zugangs zum Lernen, der durch individuelle Beratung, Lernmotivation und durch einen transparenten Weiterbildungsmarkt entscheidend beeinflusst wird.

Der Senat fördert deshalb Projekte zur Weiterbildungsberatung, Information und Motivation, die neben der Erhöhung von Transparenz über Weiterbildungsangebote und Anbieter auch der Förderung von Eigeninitiative zur Sicherung lebenslangen Lernens und der Entwicklung von fachlichen und außerfachlichen Basiskompetenzen im IT–Bereich dienen.

Frauen nutzen die Möglichkeit zu Information und Beratung überproportional. So waren z.B. im Jahr 2003 rund 80% der Nutzer/innen der Weiterbildungsdatenbank Berlin und der speziell auf den IT-Bereich ausgerichteten Beratungsstelle bei kontinuum e.V. sowie knapp 60% der Ratsuchenden bei der Betratungsstelle Lift Frauen. 

 

Vorrangige Aufgabe der europäischen Strukturfondsförderung ist die Sicherung und Herstellung von Beschäftigungsfähigkeit. Mangelnde IT-Kennt-nisse werden in der gesamten EU als ein grundlegendes Hemmnis am Arbeitsmarkt identifiziert.[3]

Förderung der Informationsgesellschaft und Förderung der Gleichstellung der Geschlechter sind Querschnittsanforderungen für die Strukturfonds in der Förderperiode 2000 bis 2006. In Bezug auf die Förderung der Informationsgesellschaft hat der Europäische Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) vorrangig die Aufgabe, die Fähigkeit von Firmen und Institutionen zur effizienten Nutzung von IuK-Technologien zu stärken, Einsatzmöglichkeiten und Vorteile für ihre Geschäftsfelder zu erkennen, was wiederum eine Voraussetzung für das Entstehen entsprechender Arbeitsplätze ist. Beim Europäischen Sozialfonds (ESF) geht es insbesondere um die Nutzung dieser Technologien durch Trainings- und Weiterbildungsmaßnahmen bei den Zielgruppen, die dem sozialpolitischen Auftrag des ESF entsprechen.

 

Beide Ansätze finden sich auch in den Berliner Programmplanungsdokumenten für die Strukturfonds. Entsprechend den Aufgaben der Fonds sowie der wirtschaftlichen und sozialen Situation in Berlin geht es bei den Interventionen um die Einbeziehung der Dimension der Informationsgesellschaft in Orientierungs-, Weiterbildungs- und Beschäftigungsmaßnahmen beim ESF sowie in die Wirtschaftsförderung beim EFRE.

Beim ESF wird jeder Projektantrag mit Hilfe eines standardisierten Verfahrens (Scoring) darauf hin geprüft, ob und inwieweit das geplante Projekt die Querschnittsanforderungen (darunter Förderung der Informationsgesellschaft und Förderung der Chancengleichheit) erfüllt. Daneben gibt es eine geschlechtsspezifische Quotierung, wonach Frauen entsprechend ihrem Anteil an den Arbeitslosen an den Maßnahmen zu beteiligen sind.

Den Ergebnissen des Scoring-Verfahrens zufolge ist bei 52% aller beantragten Projekte die fachliche Qualifizierung eng mit der Vermittlung von arbeitsplatzbezogenen IuK-Kentnissen verbunden. Eine enge Verknüpfung von Qualifizierungs- und Beratungsmaßnahmen mit der Vermittlung von IT-Kenntnissen wird auch im Politikfeld E des ESF (spezielle Fördermaßnahmen für Frauen) praktiziert.

 

Die Defizite bei der Einbeziehung von Frauen in IT-Ausbildung und –Beschäftigung haben komplexe Ursachen und können nicht mit einzelnen Maßnahmen beseitigt werden. Im Rahmen der Gemeinschaftsinitiative EQUAL, in der neue Ansätze und Methoden erprobt werden sollen, wird in Berlin eine Entwicklungspartnerschaft zum „Gender Mainstreaming in der Informationsgesellschaft“ gefördert. Diese Entwicklungspartnerschaft „besteht aus Weiterbildungsorganisationen, Unternehmen und arbeitsmarktrelevanten Institutionen, die es sich zum Ziel gesetzt haben, die Partizipation von Mädchen und Frauen an der Informationsgesellschaft deutlich zu steigern und Wege aufzuzeigen, um diskriminierende Strukturen auf dem Arbeitsmarkt zu beseitigen.“[4]

 

Teilprojekte zielen auf die berufliche Orientierung von Mädchen, die Verbesserung des Berufsumfeldes für Frauen in IT-Tätigkeitsfeldern, Vermittlung von Medienkompetenzen an Frauen, die bisher keinen Zugang zu neuen Technologien haben, IT-Fortbildungsangebote, Integration neuer Lernformen (wie e-learning), neue Konzeptionen zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie und zum innerbetrieblichen Aufstieg.

 

Die Berliner Hochschulen haben im Rahmen der Förderung durch den ESF für den Förderzeitraum 2000 bis 2006 umfangreiche Maßnahmen unternommen, um im Rahmen ihrer Career Center und durch die Einrichtung von speziellen Weiterbildungsangeboten die Medien- und Informatikkompetenz der Hochschulabsolventinnen und -absolventen und ihre Arbeitsmarktchancen zu verbessern. Eine Übersicht über die ESF-geförderten Projekte ist in den Anlagen enthalten.  

 

 

2.5 Weiterführende Untersuchungen und Handlungsansätze, Fachtagungen und Öffentlichkeitsarbeit

 

In mehreren Gutachten im Auftrag der für die Arbeitsmarkt- und Berufsbildungspolitik zuständigen Senatsverwaltung wurden im Berichtszeitraum aus einer übergreifenden, auf den Arbeitsmarkt, die Qualifizierung und Geschlechterdemokratie zielenden Perspektive auch Fragen der Teilhabe von Frauen und Männern an der Informationsgesellschaft thematisiert. Zu nennen sind u.a. eine Studie „Urbane Arbeitsmärkte – Berlin im regionalen Standortvergleich“ (2001), die Expertise  „Arbeitsmarkt, Berufsbildung und Dienstleistungsentwicklung“ (2002) und eine weitere zu „E-Learning“ im selben Jahr (Übersicht in der Anlage 1).

 

Im November 2001 hat unter der Federführung der Senatsverwaltung für Arbeit ein auf vier Jahre angelegter Wirtschaftsmodellversuch „IT-Kompetenz und Gender Mainstreaming“ begonnen, der IT-Ausbilderinnen und -Ausbildern aus KMU und Großunternehmen eine praxisbegleitende Fortbildung in Fach-, Methoden- und Genderkompetenz anbietet. Der aus Bundes- und Landesmitteln finanzierte Modellversuch wird vom Berufsfortbildungswerk Nord-Ost durchgeführt und von der Handwerkskammer Hamburg wissenschaftlich begleitet. Ein erster Zwischenbericht liegt inzwischen vor.

 

Auf verschiedenen Fachtagungen der Senatsverwaltung für Arbeit wurden aus einer umgreifenden geschlechtsdifferenzierenden Perspektive die regionalen Arbeitsmarkt- und Beschäftigungschancen in hochqualifizierten Dienstleistungen für die Region Berlin mit einem regionalen und überregionalem Fachpublikum diskutiert und publiziert. Zu nennen sind hier für den Berichtszeitraum u.a. die Fachkonferenzen „Arbeitsmärkte der Zukunft – Regionale Wachstumschancen durch neue Dienstleistungen“ zusammen mit dem Bundesarbeitsministerium und der IHK im November 2000, „Fachkräftebedarf und Weiterbildungsgeschehen“ (2002), „Grenzenlos lernen und arbeiten in einem europäischen Bildungsraum“ (2002) und „Personenbezogene Dienstleistungsberufe“ (1999).

 

Speziell für Mädchen und junge Frauen wurden zusammen mit dem Kompetenzzentrum Frauen in Informationsgesellschaft und Technologie, dem BMFSFJ, dem Land Brandenburg, der für Schule zuständigen Senatsverwaltung, der IHK und zahlreichen  Akteuren aus der Region Berlin zwei öffentlichkeitswirksame Veranstaltungen durchgeführt, um Unternehmen zur Bereitstellung von Ausbildungsplätzen für Mädchen und junge Frauen in IT- und Medienberufen zu gewinnen und das Berufswahlspektrum von Mädchen und jungen Frauen zu erweitern (am 28.1.2002 in der IHK und am 21. Juli 2002 im Museum für Kommunikation). Seit 2002 wird von der für Frauenpolitik zuständigen Senatsverwaltung in Zusammenarbeit mit dem Kompetenzzentrum Frauen in Informationsgesellschaft und Technologie und weiteren örtlichen Akteurinnen und Akteuren Öffentlichkeitsarbeit in Zusammenhang mit dem Girls’ Day initiiert.

 

Auf der Hochschulebene sind neben Infotagen und Schnupperstudien an den technikbezogenen Hochschulen insbesondere Mentoringprojekte und karriere- und führungsbezogene Beratungen und Trainings zu nennen, die zusammen mit der Europäischen Akademie und von Career Centren durchgeführt werden. Für die Zukunft dürften von der zum Wintersemester 2003/2004 erfolgten Einrichtung des Genderkompetenzstudienganges an der FU Berlin und der Gründung des GenderKompetenzZentrums an der HU neue Impulse für die Gestaltung der Informations- und Wissensgesellschaft durch Frauen und Männer ausgehen. Durch die Erweiterung der Perspektive auf die Struktur- und Organisationsentwicklungsebene durch den Gendermainstreamingansatz und seine beginnende Institutionalisierung in der Berliner Politik und Verwaltung (durch die Einrichtung der Landeskommission und der Geschäftsstelle) ist ein erweiterter Handlungsansatz für die Gleichstellung der Geschlechter gewonnen worden, der sich als ergiebig für eine allmähliche Gleichstellung von Frauen und Männern in einer Informationsgesellschaft der Zukunft erweisen dürfte.

 

Für die Fachebene ist zu konstatieren, dass mit der seit August 2003 vorgenommenen Erweiterung der ressortübergreifenden Arbeitsgruppe „Frauen und Mädchen in die Informations-, Telekommunikations- und Medienberufe“ (FIT) auf die Wissenschaftsverwaltung eine notwendige und ertragreiche Erweiterung der Perspektive auf den Hochschulsektor, und damit auf sämtliche Ausbildungs-, Qualifikations- und Arbeitsmarktlevel vorgenommen worden ist. Der Erweiterung sollte durch eine Umbenennung der AG in „Berliner Initiative Frauen und Männer in der Informations- und Wissensgesellschaft“ auch im Namen  entsprochen werden.

 

 

3.   Zusammenfassung und Fortführung

 

·            Die qualifizierten Tätigkeitsfelder im Me-      dien-, Informations- und Kommunikations-   sektor können Frauen quantitativ und quali-             tativ verbesserte Beschäftigungschancen    bieten.

·            Die Bereitschaft der Unternehmen, ausrei-    chend Praktikums- oder Ausbildungsplätze,                 insbesondere für Frauen anzubieten, ist    mangelhaft.

·            Trotz Fachkräftemangels bestehen deutlich schlechtere Einstellungs- und Aufstiegs-      chancen von Frauen und Mädchen – ver-                gleichbar mit der  Beschäftigungshürde für ältere Beschäftigte.

·            Es besteht keine Chancengleichheit für         Frauen und Männer hinsichtlich Leistungs- bewertung und -vergütung, Status, Aner-                kennung, Selbstorganisation und Partizipa-  tion.

·            Die in IT-Arbeitsfeldern verbreitete Flexi-     bilisierung von Arbeitszeit und Arbeitsort    ermöglicht prinzipiell eine stärker an indi-                viduellen Bedürfnissen orientierte Gestal-     tung der work-life-balance und somit auch    für eine bessere Vereinbarkeit von Familie                 und Beruf. Aber Arrangements von Er-         werbs- und Familienarbeit werden stark         durch gesellschaftliche Zeitstrukturen be-                stimmt, die überwiegend eine traditionelle     Arbeitsteilung stützen. Insofern führen         zeitliche und örtliche Flexibilisierungen                 allein nicht zu Veränderungen, sondern         teilweise erschweren sie sogar durch die       Entgrenzung von Arbeit und Privatleben                 und durch erhöhte Planungs- und Koordina-               tionsbedarfe partnerschaftliche Arrange-      ments von Erwerbsarbeit und Privatleben.

Empfehlungen:

·            Unternehmen sensibilisieren, die Beschäf-    tigungspotenziale von Frauen zu nutzen       und weibliche Fach- und Führungskräfte als           betriebswirtschaftlichen Erfolgsfaktor ein-    zubeziehen,

·            Förderung des Engagements der Unter-        nehmen bei der Schaffung von Ausbil-          dungsplätzen für Mädchen, bei der Nach-                wuchsförderung und bei der gezielten Kar-  riereplanung von Mitarbeiterinnen,

·            Fortbildungsmöglichkeiten für männliche     und weibliche Führungskräfte zur nachhal-   tigen Personalbeschaffungs- und Personal-                entwicklungsplanung von Frauen und          Männern im Sinne des Gender Mainstrea-     ming,

·            verstärkte öffentlichkeitswirksame Darstel-   lung der vielfältigen Inhalte der IT- Berufsfelder, um Mädchen und Frauen zu     ermutigen, sich für diese Berufsfelder zu   qualifizieren und fortzubilden,

·            mädchen- und frauengerechte Gestaltung     der Curricula und Lernmaterialien,

·            Förderung der Motivation und Einbezie-       hung von Lehrerinnen, 

·            Transparenz aller Informations-, Förder-        und Bildungsangebote.

 

 

 

 

 

 

Ausschuss-Kennung : ArbBFraugcxzqsq

 



[1] Vgl. Schlussfolgerungen des Vorsitzes, Europäischer Rat von Lissabon 23./24.03.2003

[2] Arbeitsplätze in der Informationsgesellschaft: Qualität für den Wandel, Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Arbeitsdokument der Kommissionsdienststellen, Brüssel, 03.04.2002

[3] vgl. eInclusion. Das Potential der Informationsgesellschaft für die soziale Eingliederung in Europa, Arbeitspapier der Europäischen Kommission, Brüssel, 18.09.2001

[4] Gender Mainstreaming in der Informationsgesellschaft, Projektbeschreibung