Mitteilung – zur Kenntnisnahme –
Hartz IV in Berlin umsetzen: Kommunale Beschäftigung fördern
Drucksachen 15/3073,
15/3320, 15/3320-1, 15/3320-2
Der Senat legt nachstehende Mitteilung dem Abgeordnetenhaus zur Besprechung vor:
Das Abgeordnetenhaus hat in seiner Sitzung am 28. Oktober 2004
Folgendes beschlossen:
„Der Senat wird aufgefordert, in Abstimmung mit der Regionaldirektion Berlin-Brandenburg der Bundesagentur für Arbeit (RD), im Land Berlin sinnvolle, kommunale Beschäftigungsangebote abzusichern bzw. auszubauen.
Die Umsetzung der Beschäftigungsmaßnahmen in den Arbeitsgemeinschaften
erfolgt gleichberechtigt zwischen Bezirksämtern und Agenturen.
Vorrangige Aufgabe ist die Vermittlung in sozialversicherungspflichtige
Beschäftigungsverhältnisse im 1. Arbeitsmarkt. Dennoch erfordert die
angespannte Arbeitsmarktsituation in der strukturschwachen Region Berlin neben
der notwendigen Orientierung der Beschäftigungspolitik auf den 1. auch einen 2.
Arbeitsmarkt. Senat und Arbeitsgemeinschaften sollen daher die arbeitsmarktpolitischen
Maßnahmen auf dem notwendigen hohen Niveau fortführen, um dadurch der
Eingliederungsvorgabe gerecht zu werden.
Ein Teil der durch Hartz IV eingesparten Landesmittel soll ergänzend
für Maßnahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik eingesetzt werden.
Dabei sind insbesondere
folgende Zielstellungen zu berücksichtigen:
Alle nach dem SGB II vorhandenen gesetzlichen Möglichkeiten geförderter
Beschäftigung sind zu nutzen.
Der Senat
unterstützt im Rahmen seiner Möglichkeiten die Umsetzung der vorgegebenen
Aktivierungsquote. Maßnahme für Jugendliche sollten generell nicht unter zwölf
Monaten gefördert werden. Längerfristige Maßnahmen für Jugendliche sollen dabei
grundsätzlich zertifizierte Ausbildungsmodule enthalten. Jobcenter und
bezirkliche Jugendämter sollen zusammenarbeiten, um die Integrations- und Ausbildungschancen
bildungs- und sozial benachteiligter Jugendlicher zu verbessern.
Für Arbeitslosengeld II-Empfangende über 55 soll die Möglichkeit von Beschäftigungsmaßnahmen bis zu drei Jahren umgesetzt werden.
Neben einem
Teil von Beschäftigungsmaßnahmen mit Mehraufwandsentschädigungen (MAE), die in
Berlin bisher als gemeinnützige zusätzliche Arbeit durchgeführt wurden, sollen
weitere Maßnahmen mit entsprechenden Qualifizierungsanteilen angeboten werden.
Eine landesseitige Kofinanzierung erfolgt nur, wenn Qualifizierungsmodule, die
zu Teilabschlüssen führen, gewährleistet sind.
Bewährte
Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaften des zweiten Arbeitsmarktes
und Sozial- und Wohlfahrtsverbände werden an der Umsetzung des SGB II in Berlin
beteiligt. Durch Wettbewerb, Qualitätssicherung und Planungssicherheit sind die
Finanzmittel effizient zu vergeben. Ein entsprechendes Qualitätsmanagement ist
in Zusammenarbeit mit den Beteiligten zu erarbeiten und eine qualitätssichernde
Zertifizierung ist anzustreben.
Die
Beschäftigungsverhältnis nach SGB II werden als im öffentlichen Interesse
liegende zusätzliche Tätigkeiten definiert. In Abstimmung mit den Kammern, der
Unternehmensvereinigung Berlin-Brandenburg und den Gewerkschaften ist ein Kriterienkatalog
zu entwickeln, der insbesondere die Kriterien der Zusätzlichkeit und des
öffentlichen Interesses eng fasst.
Die
einzurichtenden Arbeits- und Beschäftigungsmaßnahmen dürfen reguläre
Arbeitsplätze nicht verdrängen. Dies gilt auch für die Arbeitsgelegenheiten
nach Entgeltvariante, bei denen das Kriterium der Zusätzlichkeit nicht
ausdrücklich festgeschrieben ist. Sie sollen klar zu den Aufgaben der dauerhaft
Beschäftigten abgegrenzt werden. Der Senat entwickelt beispielhaft einen
Katalog für mögliche Einsatzfelder/Beschäftigungsbereiche und Ziel-gruppen der
arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen.
Das Wunsch-
und Wahlrecht der Leistungsbezieher/innen, ihre Kenntnisse und Fähigkeiten sind
bei allen Maßnahmen zu beachten. Ihnen sind nach Möglichkeit mehrere Maßnahmen
zur Auswahl anzubieten Leistungsbezieher/innen sollen die Möglichkeiten haben,
sich selbst Trägern zu bewerben.
Im Rahmen der
arbeitsmarktpolitischen Zielbestimmung sind Instrumente des
Gender-Mainstrea-ming zu entwickeln, die den geschlechtsspezifischen
Problemlagen und Erwerbsbiographien gerecht werden. Ziel ist es, auch
Nichtleistungsempfänger/innen Leistungen wie Beratung/Vermittlung, Förderung
der beruflichen Weiterbildung, ABM und Übernahme der Weiterbildungskosten zu
gewähren. Dabei soll geprüft werden, ob eine Kontingentierung der oben
genannten Leistungen für Nichtleistungsempfänger/innen gewährleistet werden
kann. Gleiches gilt, bei vorliegenden Voraussetzungen für das Unterhaltsgeld,
das aus den ESF/BA-Mitteln gezahlt wird.
Dem
Abgeordnetenhaus ist bis zum 15. Dezember 2004 ein Zwischenbericht vorzulegen,
ein weiterer Bericht zur Umsetzung soll bis zum 31.03.2005 vorgelegt werden.“
Hierzu wird berichtet:
Der Senat hat frühzeitig Verhandlungen mit der Regionaldirektion Berlin
Brandenburg (RD BB) aufgenommen, um in Berlin die organisatorischen und
fachlichen Voraussetzungen für eine erfolgreiche Umsetzung des Vierten Gesetzes
für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt (Hartz IV) in Berlin
sicherzustellen.
Im Ergebnis wurde am 26.08.2004 eine Rahmenvereinbarung zur Gründung
von Arbeitsgemeinschaften nach § 44 b Sozialgesetzbuch – Zweites Buch (SGB II)
zwischen dem Land Berlin und der RD BB abgeschlossen. Die Rahmenvereinbarung
enthält grundsätzliche Regelungen zu den Punkten
·
Errichtung
von Arbeitsgemeinschaften (ArGe), einschließlich Zielausrichtung, kommunale Zuständigkeitsabgrenzung,
·
Ausgestaltung
der ArGen, einschließlich Personal, funktionale und räumliche Organisation bei
der Aufgabenwahrnehmung, Steuerung und Qualitätssicherung, Finanzplanung,
arbeitsmarktliche Eingliederungsförderung,
·
Übergangsregelungen
einschließlich der Gewährung von Eingliederungsleistungen.
Ausgehend von dieser Rahmenvereinbarung wird das Land Berlin, vertreten
durch die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Arbeit und Frauen, mit der RD BB
jährlich Eckpunkte für die aktive Arbeitsmarktpolitik in Berlin in Form von
gemeinsamen Handlungsempfehlungen vereinbaren.
Die Handlungsempfehlungen zielen darauf ab, die Fördermöglichkeiten des
SGB II (in Verbindung mit dem SGB III) möglichst umfassend zu nutzen und die
zur Verfügung gestellten Haushaltsmittel für die Eingliederung von
Arbeitslosengeld II- Bezieherinnen und -Beziehern sinnvoll auszuschöpfen.
Diese
Handlungsempfehlungen haben orientierenden Charakter. Die Entscheidung
über den Umfang und die Inanspruchnahme von Maßnahmen zur Eingliederung treffen
ausschließlich
die ArGen in eigener Zustän-digkeit.
Die
Handlungsempfehlungen für das Jahr 2005 werden u.a. folgende Regelungen und
Vereinbarungen beinhalten:
Grundsätzliches
·
Arbeitsuchende
erhalten die Leistungen, die für ihre Eingliederung erforderlich sind. Das sind
insbesondere Leistungen, die im SGB III geregelt sind und die der Eingliederung
in den allgemeinen Arbeitsmarkt dienen. Diejenigen, die wegen zu langer
Arbeitslosigkeit oder aus anderen Gründen absehbar nicht in den ersten Arbeitsmarkt
integriert werden können, müssen Angebote erhalten, die ihre Chancen auf Wiedereingliederung
in den Arbeitsmarkt erhöhen.
·
Mit
den zur Verfügung gestellten Bundesmitteln zur Eingliederung der ALG
II-Empfangenden ist beabsichtigt, im Jahre 2005 52 % der unter 25jährigen und
23% der erwachsenen Arbeitslosengeld II–Bezieherinnen und -Bezieher zu fördern.
Mit den für Berlin verfügbaren Mitteln sollen jahresdurchschnittlich rd. 70.000
Personen der Arbeitslosengeld II-Bezieherinnen und -Bezieher (davon 14.500
unter 25 Jahre und 55.500 über 25 Jahre) Eingliederungsleistungen erhalten.
Angesichts der angespannten Arbeitsmarktlage in Berlin besteht daher auch die
Notwendigkeit, Plätze in ausreichender Zahl im Bereich der öffentlich
geförderten Beschäftigung zu schaffen.
Dabei sind sich die Arbeitsmarktakteure darin
einig, dass die einzurichtenden Arbeits- und Beschäftigungsmaßnahmen reguläre
Arbeitsplätze nicht verdrängen dürfen.
Umfänge
der öffentlich geförderten Beschäftigung:
·
Für
die weitere Finanzplanung des Landes Berlin ist für den Bereich der öffentlich
geförderten Beschäftigung mit der RD BB ein Umfang von rund 43.000
Förderplätzen abgestimmt worden. Dazu gehören insbesondere die
Arbeitsgele-genheiten mit Mehraufwandsentschädigung (Zusatzjobs),
Arbeitsbeschaffungsmaßnah- men (ABM)
und die jahresübergreifenden sozialversicherungspflichtigen
Arbeitsgelegenheiten (ehemals
Maßnahmen nach § 19 BSHG), die 2004 begonnen haben.
Ausrichtung
der Instrumente im Einzelnen
Die rechtlich mögliche mehrjährige
Nutzung bei ABM (bis zu 3 Jahren) für über 55 Jährige soll
ge-
nutzt
werden.
·
Arbeitsgelegenheiten
mit Mehraufwandsentschädigung (Zusatzjobs) sollen die Arbeitslosen – zumindest
schrittweise – wieder an den ersten Arbeitsmarkt heranführen.
Arbeitsgelegenheiten werden von den ArGen zielgruppenspezifisch und individuell
ausgerichtet. Es können,
soweit erforderlich, zu
geeigneten Maßnahmen weitere berufsbildende Qualifizierungsmodule herangezogen
werden, sofern sie allgemein anerkannt und mit zertifizierten Abschlüssen
versehen sind. Die über die Basisqualifizierung hinausgehenden Qualifizierungsmodule in Arbeitsgelegenheiten
sollen vom Land Berlin
in Form von Stundensätzen
finanziert werden.
·
Für
Jugendliche unter 25 Jahren sollen im Rahmen von Arbeitsgelegenheiten
Teilzertifizierungen und modulare Ausbildungsabschnitte ermöglicht werden. Bei
der Zusammenfassung entsprechender Personenkreise sind auch Schulabschlüsse
durch das Land finanzierbar. Dabei ist zu berücksichtigen, dass
Arbeitsgelegenheiten in diesem Zusammenhang grundsätzlich nicht unter 12
Monaten Erfolg versprechend erscheinen.
·
Bei der Auswahl
und Besetzung von Arbeitsgelegenheiten sind die vorhandenen Qualifikationen und die persönliche Eignung
der Bewerberinnen und Bewerber zu berücksichtigen. Die Hilfebedürftigen sollen
die Möglichkeit erhalten, unter verschiedenen Arbeitsangeboten auszuwählen.
Auch solle nach Möglichkeit ein Wechsel in eine andere
Arbeitsgelegenheit zugelassen werden.
In Folge der neuen Gesetzgebung zu Hartz IV wird
ein Teil der Arbeitslosen keinen Anspruch auf Lohnersatzleistungen (Arbeitslosengeld
I und II) haben. Das Ergebnis der Gespräche zwischen dem Bund und der Bundesagentur
für Arbeit darüber, in welcher Weise die Nichtleistungsempfänger in die
Fördermaßnahmen der Bundesagentur einbezogen werden können, bleibt abzuwarten.
Die beabsichtigte ergänzende landesseitige Finanzierung
der vereinbarten Beschäftigungsmaßnahmen erfordert eine Umschichtung von an
anderer Stelle des Haushalts nicht mehr benötigten Haushaltsmitteln. Der Senat
wird hierfür insbesondere durch Hartz IV frei werdende ESF-Mittel umschichten.
Wir bitten,
den Beschluss damit als erledigt anzusehen.
Berlin, den 21. Dezember 2004
Der Senat von Berlin
Klaus W o w e
r e i t
Regierender Bürgermeister
Harald W o l f
Senator für Wirtschaft, Arbeit
und Frauen
Ausschuss-Kennung
: ArbBFraugcxzqsq