Mitteilung – zur Kenntnisnahme –
Sicherheit
für U-Bahn und S-Bahn
Drucksachen 15/1832 und 15/2712
Die
Senatsverwaltung für Stadtentwicklung legt nachstehende Mitteilung dem Abgeordnetenhaus
zur Besprechung vor:
Das Abgeordnetenhaus hat in seiner Sitzung am 29. April 2004 Folgendes
beschlossen:
"Der Senat wird
aufgefordert, weiterhin für die Umsetzung der vereinbarten Sicherheitsmaßnahmen
im Öffentlichen Personennahverkehr zu sorgen. Auf die Betreiber des Öffentlichen
Personennahverkehrs ist dahingehend einzuwirken, dass ausreichendes Sicherheitspersonal
eingesetzt wird."
Hierzu wird
berichtet:
Die Sicherheit ist ein wichtiger Faktor für die Inanspruchnahme des
öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV). Dabei geht es nicht nur um die
objektiven Sicherheitsbedingungen, sondern auch ganz entscheidend um das
subjektive Sicherheitsempfinden der Fahrgäste. Dieser Tatsache hat der Senat
durch seine Beschlüsse „Sicherheitskonzept für den öffentlichen
Personennahverkehr“ vom 31. Oktober 1999 (Drs. 13/4172) sowie mit der am 22.
Juli 2003 von der Senatsverwaltung für Inneres vorgelegten und vom Senat
beschlossenen „Konzeption zur Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit und
Ordnung im öffentlichen Personennahverkehr“ im Rahmen seiner materiellen und finanziellen
Möglichkeiten Rechnung getragen.
Neben den o.g. Konzepten enthält der Nahverkehrsplan des Landes Berlin
(2001-2004) konkrete Aussagen zum Faktor Sicherheit. Derzeit beginnen die
Vorbereitungen für den neuen Nahverkehrsplan (2005-2009), der unter
Berücksichtigung der aktuellen verkehrlichen Entwicklungen, der finanziellen
Möglichkeiten und der Ergebnisse von Kundenbefragungen erneut Aussagen zum
Thema Sicherheit im ÖPNV enthalten wird. Das Abgeordnetenhaus wird in die
Erstellung dieses Nahverkehrsplanes durch den Beschluss der Eckpunkte des
Planes unmittelbar eingebunden werden.
Als weiteres
Instrument des Senates zur Gewährleistung von Sicherheit im ÖPNV werden zunehmend
die Verkehrsverträge mit den Verkehrsunternehmen in den Vordergrund treten. Ein
erster Schritt in diese Richtung wird mit dem Abschluss des neuen Verkehrsvertrages
mit der S-Bahn Berlin GmbH (2003-2017) erfolgen. Der paraphierte Vertrag sieht
konkrete Regelungen zur Qualität der Verkehrsleistungen vor, einschließlich des
Qualitätsparameters Sicherheit. Die S-Bahn Berlin GmbH verpflichtet sich dabei
zur uneingeschränkten Einhaltung des ÖPNV-Sicherheitskonzepts (s.o. Drs.
13/4172) und wird dieses Konzept gemeinsam mit dem Aufgabenträger lagebezogen
weiterentwickeln. Der Einsatz von Sicherheitskräften und S-Bahnpersonal auf den
Stationen und in den Zügen hat nach dem mit dem Bundesgrenzschutz und der
Landespolizei abgestimmten Lagebild zu erfolgen.
Über Umsetzung und Wirkung der von der S-Bahn
Berlin GmbH ergriffenen Sicherheitsmaßnahmen muss diese der Senatsverwaltung
für Stadtentwicklung quartalsweise berichten. Darüber hinaus wird die
Zufriedenheit der Fahrgäste mit der Qualität der Leistung durch halbjährliche
Kundenbefragungen ermittelt. Einer der erfragten Zufriedenheitsaspekte ist die
Sicherheit auf den Bahnhöfen und in den Zügen. Sofern die S-Bahn Berlin GmbH
den vertraglich festgelegten Zielwert der Kundenzufriedenheit nicht erreicht,
ist das Land Berlin berechtigt, die an die S-Bahn Berlin zu zahlenden
finanziellen Beiträge um bis zu 3 % zu kürzen. Insofern besteht durch den neuen
Vertrag ein besonderer Anreiz für das Verkehrsunternehmen, in die Qualität der
Leistung und damit auch in die Sicherheit zu investieren.
Die BVG erbringt ihre Verkehrsleitungen eigenwirtschaftlich und noch nicht auf der Basis eines Verkehrsvertrages. Insofern gibt es derzeit keine unmittelbaren vertraglichen Vereinbarungen zwischen der BVG und dem Land Berlin zur Sicherheit als Qualitätsmerkmal von Verkehrsleistungen.
Die BVG ist jedoch gemäß § 6 des Unternehmensvertrages mit dem Land Berlin verpflichtet, die Einhaltung bestimmter Qualitätskriterien - wie die Sicherheit - regelmäßig zu kontrollieren und jährlich einen Bericht zur Verkehrserbringung vorzulegen.
Die oben dargestellten Steuerungsinstrumente des
Senates – Nahverkehrsplan, Verkehrsverträge, politische Beschlüsse - dürfen
allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass es grundsätzlich eine
eigenverantwortliche Aufgabe der Verkehrsunternehmen ist, Sicherheit im ÖPNV -
und somit ihren Unternehmensbereichen – zu gewährleisten. Dem Abgeordnetenhaus
wurde dazu mit der Drucksache Nr. 15/818 „Schnellbahnhöfe mit Personal besetzen
- Service und Sicherheit für den ÖPNV“ im September 2002 umfassend berichtet.
Die Unternehmen arbeiten kontinuierlich an der Qualifizierung geeigneter Maßnahmen. Dies geschieht nicht nur unternehmensintern, sondern auch gemeinsam mit anderen Verkehrsunternehmen und der Polizei. Diese Zusammenarbeit hat jetzt eine konkrete vertragliche Grundlage erhalten, die „Allgemeinen Regelungen zur Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Sicherheit im ÖPNV Berlin“. Diese Regelungen wurden zwischen dem Grenzschutzpräsidium Ost, dem Polizeipräsidenten in Berlin, der Deutschen Bahn AG, der S-Bahn Berlin GmbH und der BVG vereinbart und sind am 1. März 2004 in Kraft getreten. Zu den vereinbarten Maßnahmen gehören sowohl gemeinsame Sicherheitseinsätze der Beteiligten als auch ein Präventionskonzept ÖPNV, das gemeinsam erarbeitet und umgesetzt werden soll. Dabei wird die präventive Arbeit sowohl technische als auch aktive und passive Vermeidungsansätze umfassen.
Ziel der Kooperation ist es ferner, das subjektive Sicherheitsgefühl der Fahrgäste zu verbessern und dadurch eine deutliche Erhöhung der Akzeptanz des ÖPNV als Ganzes zu erreichen. Dazu soll insbesondere die begleitende Öffentlichkeitsarbeit beitragen. Das Lenkungsgremium der Kooperation, zusammengesetzt aus Vertretern aller Kooperationspartner, wird den Erfolg des Konzeptes durch einen Evaluationsbericht dokumentieren.
Über diese
Maßnahmen hinaus gibt es weitere Vereinbarungen auf Arbeitsebene für den Fall
einer Verschärfung der Sicherheitslage in Berlin. Bereits jetzt weist die BVG
in einer neuaufgenommenen elektronischen Laufschrift auf den Bahnhöfen darauf
hin, herrenloses Gepäck der Aufsicht zu melden. Zudem sind die Busfahrer seit
der Wiedereinführung des Vordereinstiegs angehalten, auch nach verdächtigen Gepäckstücken
Ausschau zu halten. Die S-Bahn setzt vor allem auf ein erhöhtes Wachsamkeitsprofil
und die Sensibilisierung der Mitarbeiter. Zudem lässt sie vom
Eisenbahnbundesamt die technischen und rechtlichen Voraussetzung der Videoüberwachung
von Bahnhöfen prüfen. Für den polizeilichen Schutz der S-Bahn ist der
Bundesgrenzschutz zuständig.
Die Polizei ist nach wie vor im Bereich des Öffentlichen Personennahverkehrs aktiv. Zwar wurde das sogenannte Einsatzkommando BVG aufgelöst. Die Polizei hat jedoch ihre Maßnahmen zur Bekämpfung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten im Bereich des ÖPNV verstärkt. Dadurch hat sich der polizeiliche Kontrolldruck spürbar erhöht. Die Polizei hat ihre Präsenz flächendeckend mit gezielten Einsätzen auf alle Unternehmenszweige der BVG ausgedehnt.
Über weitere Aspekte der Zusammenarbeit zwischen
Polizei und Verkehrsunternehmen, insbesondere die Einrichtung einer
Projektgruppe ÖPNV, die Schaffung einer zentralen Ansprechstelle ÖPNV in der
Polizeidirektion „Zentrale Aufgaben“ und die polizeiliche Sonderermittlungsgruppe
„Graffiti“ - wurde dem Abgeordnetenhaus bereits im August 2003 (Drs. 15/1982) berichtet.
Zu den Maßnahmen der einzelnen Verkehrsunternehmen
hat der Senat von der BVG und S-Bahn Berlin GmbH die folgenden Auskünfte erhalten:
1.
BVG:
Die BVG hat ihren Präsenzdienst (Bahnhofsbetreuer) auf das Dreischichtsystem mit integriertem Bahnhofsschlussdienst auf durchschnittlich sechs ausgewählten U-Bahnhöfen erweitert. Vier Sicherheits-, Informations- und Serviceleitstellen bei der U-Bahn sichern das gesamte U-Bahnnetz rund um die Uhr ab.
Insgesamt sind
täglich 260 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter innerhalb des BVG-Netzes im
Dienste der Sicherheit im Einsatz:
15
Verkehrsmeister/innen Sicherheit,
48
Mitarbeiter/innen im Ordnungsdienst,
20
Schaffner/innen im Kontrolldienst mit Si- cherheitsaufgaben,
64
Mitarbeiter/innen des Fremddienstleisters
ARGE BVG und
113
Präsenzdienstmitarbeiter/innen.
Darüber hinaus sind zahlreiche mit dem Betrieb vertraute Mitarbeiter (Bahnhofsmanager, Betriebs-aufsichten, Zugprüfer und Kontrolleure) im Einsatz, die durch ihre Anwesenheit ebenfalls zur Sicherheit beitragen.
Bereits im Jahr 2002 hat die BVG ein Projekt Video überwachter U-Bahnzüge begonnen. Nach erfolgreichen Tests konnte bis heute die Serienausrüstung von 120 Wagen erreicht werden. Weitere 26 Wagen sollen folgen, so dass künftig alle H-Züge, die auf den Großprofillinien U4 - U 9 verkehren, mit Video-Überwachung ausgestattet sein werden.
Um die Fahrgastsicherheit weiter zu verbessern, plant die BVG, die Anzahl der Mitarbeiter im Ordnungsdienst durch BVG-Mitarbeiter und durch die Ausbildung von Schaffnern im Kontrolldienst zu Sicherheitsmitarbeitern aufzustocken. Darüber hinaus sollen zur Erhöhung der subjektiven und objektiven Sicherheit die Kamerastandorte zur Überwachung sicherheitsrelevanter Bahnhöfe, Vorräume und Anlagen erweitert werden. So ist z.B. als Pilotprojekt ein Aufzug am Bahnhof Zoo Ende 2003 mit einer Videoüberwachung ausgerüstet worden. In welchem Umfang weitere Aufzüge folgen, wird die Auswertung der Erfahrungen am Bahnhof Zoo ergeben. Beabsichtigt ist zudem die weitere Einführung mobiler Einsatzgruppen in den Abend- und Nachtstunden.
Der Einbau von Bahnsteigtüren wird von der BVG hingegen nicht als praktikables System gesehen. Zum einen sei der Einbau von Bahnsteigtüren sehr kostenintensiv und stark abhängig von den Baulichkeiten der einzelnen Bahnhöfe. Darüber hinaus sind zurzeit unterschiedliche Zugtypen mit unterschiedlichen Abständen der Zugtüren im Einsatz. Insofern wäre ein einheitliches System erst sehr langfristig realisierbar.
2. S-Bahn Berlin GmbH
Die S-Bahn
Berlin GmbH weist darauf hin, dass in den von ihr halbjährlich durchgeführten
Kundenzufriedenheitsuntersuchungen ein sehr hohes subjektives Sicherheitsgefühl
bei den Fahrgästen festzustellen ist. Auch die amtlichen Vorfallstatistiken der
Landespolizeien und des BGS zeigten im Gegensatz zu anderen Gesellschaftsbereichen
in Berlin und Brandenburg eine rückläufige Tendenz. Somit sei die Wahrscheinlichkeit,
in S-Bahn-Zügen Opfer einer Straftat zu werden, deutlich geringer als beispielsweise
im öffentlichen Straßenland.
Die S-Bahn
wird nach ihren bisherigen Überlegungen dennoch das Prinzip der
personalbesetzten Bahnhöfe beibehalten, dieses jedoch durch die geplante
Einführung neuer Zugtechnik sowie durch einen flexiblen und zeitweisen Einsatz
von Aufsichten, Service- und Sicherheitskräften modifizieren. Cirka 20
S-Bahnhöfe, sogenannte
Stammbahnhöfe,
sind für eine durchgehende Besetzung vorgesehen. Den genauen Umfang dieser
Maßnahmen zur Erhöhung des subjektiven Sicherheitsempfindens wird die S-Bahn
Berlin GmbH nach Abschluss des neuen Verkehrsvertrages auf der Basis der oben
erläuterten vertraglichen Regelungen festlegen.
Der flächendeckende Einbau von Bahnsteigtüren
bzw. Zugangssperren wird auch von der S-Bahn Berlin GmbH abgelehnt, da Erfahrungen
in anderen Städten keinesfalls eine höhere Sicherheit oder einen Rückgang der
Schwarzfahrerquote erwarten lassen. Die Einführung von geschlossenen Systemen
würde zudem den Rück- bzw. Umbau zahlreicher größerer S- und Regionalbahnhöfe
bedeuten, da wieder Flächen für die Fahrgastabfertigung eingerichtet werden
müssten.
Die S-Bahn Berlin GmbH steht einer Videoüberwachung in ihren Verkehrsmitteln zwar offen gegenüber, verweist aber auf erhebliche Investitionen, die weder bei der DB Station&Service noch bei der S-Bahn zur Verfügung stehen. Zudem würde durch die Auswertung der Videoaufzeichnungen eine derart große Anzahl von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gebunden, dass es besser sei, diese als Ansprechpartner/innen in den Zügen und auf den Bahnsteigen – und somit für die Fahrgäste deutlich sichtbar – einzusetzen.
Ich bitte, den
Beschluss damit als erledigt anzusehen.
Berlin, den 12. August 2004
J u n g e – R e y e r
Senatorin für
Stadtentwicklung
Ausschuss-Kennung
: BauWohnVgcxzqsq