Mitteilung – zur Kenntnisnahme –
Wahrung der
Persönlichkeitsrechte bei Film- und Fernsehaufnahmen
Drucksachen 15/2671 und 15/2802
Der Senat legt nachstehende Mitteilung dem Abgeordnetenhaus zur Besprechung vor:
Das Abgeordnetenhaus hat in seiner Sitzung am 13. Mai 2004 folgenden
Beschluss gefasst:
„Der Senat wird aufgefordert, dafür Sorge zu tragen, dass Film- oder
Fernsehaufnahmen nicht mit öffentlicher Unterstützung zu einer Verletzung von
Persönlichkeitsrechten führen.
Insbesondere ist bei Aufnahmen in Dienstgebäuden der öffentlichen
Verwaltung die vorherige ausdrückliche Einwilligung der von den Aufnahmen
erfassten Personen einzuholen, sofern es sich um Verwaltungsmitarbeiterinnen
und -mitarbeiter bei der Arbeit oder um antragstellende Bürgerinnen und Bürger
handelt.
Bei Aufnahmen im häuslichen Bereich in Begleitung von Amtspersonen ist
die Einwilligung der Betroffenen spätestens am Vortag der Film- oder
Fernsehaufnahmen einzuholen. Dies gilt insbesondere auch für die Herausgabe
personenbezogener Daten zur Vorbereitung der Film- oder Fernsehaufnahmen.“
Hierzu wird berichtet:
Die geltende
Rechtslage trägt dem Anliegen bereits Rechnung.
1. Bei
Verstößen gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht durch Fernsehsendungen hat
jeder Mensch das Recht, sich straf- oder zivilrechtlich zur Wehr zu setzen.
Möglich sind insbesondere Schadensersatz- und Unterlassungsansprüche nach dem
Bürgerlichen Gesetzbuch, dem Urheberrechtsgesetz und dem Kunsturhebergesetz.
2. Für die
Aufnahme in Dienstgebäuden und Diensträumen gilt Folgendes: Aus dem Hausrecht
der jeweiligen Behörde folgt, dass Film- und Fernsehaufnahmen nur nach
ausdrücklicher Genehmigung durch die verantwortliche Verwaltung zulässig sind.
Die Aufnahme einzelner Mitarbeiter ist zur Wahrung von Persönlichkeitsrechten
nach Maßgabe des Kunsturhebergesetzes nur nach deren ausdrücklicher persönlicher
Genehmigung zulässig.
3. Für Film-
und Fernsehaufnahmen bei Sozialhilfeberechtigten anlässlich einer Prüfung durch
die Sozialbehörde gilt § 35 des Ersten Sozialgesetzbuches (SGB I). Daraus
ergibt sich ein besonderer Schutzauftrag des Staates sowie ein Anspruch eines
jeden auf die Wahrung des Sozialgeheimnisses. Verletzungen und Verstöße durch
Mitarbeiter oder Vorgesetzte sind von den jeweiligen Dienstbehörden, den
Bezirksämtern des Landes Berlin, zu unterbinden beziehungsweise dienstrechtlich
zu ahnden.
4. Eine
spezielle rundfunkrechtliche Regelung ist nicht erforderlich. Fernsehsendungen,
die durch Eingriffe in das allgemeine Persönlichkeitsrecht die Menschenwürde
verletzen, verstoßen gegen § 47 Abs. 1 Medienstaatsvertrag Berlin-Brandenburg
(MStV) sowie gegen § 41 Abs. 1 des Rundfunkstaatsvertrages.
Gemäß § 68
MStV kann bei einem derartigen Verstoß jeder ein Beschwerdeverfahren bei der Medienanstalt
Berlin-Brandenburg (MABB) einleiten; die MABB kann auch von Amts wegen tätig
werden. Sofern die Programme von in Berlin-Brandenburg lizenzierten Veranstaltern
ausgestrahlt werden, kann die MABB den Verstoß gemäß § 69 Abs. 1 MStV beanstanden.
Als weitere Sanktion kann sie dem Veranstalter gemäß § 69 Abs. 3 MStV aufgeben,
die durch Werbung im Zusammenhang mit der beanstandeten Sendung erzielten
Entgelte an die MABB abzuführen. Schließlich hat die MABB die Möglichkeit, bei
Fortdauer des Rechtsverstoßes ein Ruhen der Sendeerlaubnis für einen Zeitraum
von bis zu einem Monat anzuordnen. Ist die MABB nicht Lizenzgeber, veranlasst
sie, dass die für den Fernsehveranstalter zuständige Landesmedienanstalt dem
Vorwurf nachgeht.
Aus Sicht des
Senats ist die Abschöpfung ein effektives Mittel, um unterhalb der Schwelle des
vorübergehenden oder dauerhaften Lizenzentzugs Verstöße gegen die
Programmgrundsätze zu ahnden. Allerdings hat das Verwaltungsgericht Berlin in
einem aktuellen Rechtsstreit Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Abführungspflicht
nach § 69 Abs. 3 MStV geäußert und diese Frage dem Bundesverfassungsgericht zur
Entscheidung vorgelegt. Hierbei geht es darum, ob die Abschöpfungsmöglichkeit
dem Strafrecht zuzuordnen ist und damit in die Zuständigkeit des Bundes fällt.
Wird die
Verfassungsmäßigkeit der Abführungspflicht bestätigt, wird sich der Senat dafür
einsetzen, dass eine entsprechende Regelung in den Rundfunkstaatsvertrag
aufgenommen wird mit der Folge, dass alle Fernsehveranstalter dieser Regelung
unterlägen.
Der Senat hat
die in der Begründung zum Antrag
genannten Vorfälle zum Anlass genommen, die Behörden dazu anzuhalten, bei der Zulassung
von Filmaufnahmen in ihrem Verantwortungsbereich verstärkt für die Wahrung der
Persönlichkeitsrechte Sorge zu tragen.
Verstößt eine
öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt in ihrer Berichterstattung gegen die
Menschenwürde, obliegt die Kontrolle zunächst dem anstaltsinternen
Aufsichtsgremium.
Wir bitten den
Beschluss damit als erledigt anzusehen.
Berlin, den 2. November 2004
Der Senat von Berlin
Klaus W o w e r e i t
Regierender Bürgermeister
Ausschuss-Kennung
: EuroBundMediengcxzqsq