Mitteilung – zur Kenntnisnahme –

 

 

Guthabenkonten bei Banken und Sparkassen

Drucksachen 15/1297 und 15/2416

 

 

 

 

 

 

Der Senat legt nachstehende Mitteilung dem Abgeordnetenhaus zur Besprechung vor:

 

 

Das Abgeordnetenhaus hat in seiner Sitzung am 29. Januar 2004 Folgendes beschlossen:

„Der Senat wird aufgefordert, sich auf Bundesebene dafür einzusetzen, dass Banken und Sparkassen verpflichtet werden, für jede Kundin und jeden Kunden auf Wunsch ein Guthabenkonto ohne Dispositions- und Überziehungskredit zu eröffnen. Bei Geldinstituten mit Landesbeteiligung ist dies entsprechend einzufordern.“

Hierzu wird berichtet:

Der Senat wird sich auf Bundes- und Landesebene dafür einsetzen, dass die Banken und Sparkassen ihrer Selbstverpflichtung zur Errichtung von Girokonten auf Guthabenbasis konsequent nachkommen.

Zum Hintergrund

Im Jahre 1995 wurde ein Gesetzesentwurf in den Deutschen Bundestag eingebracht, mit dem Kreditinstitute zur Eröffnung von Girokonten verpflichtet werden sollten. Hintergrund war, dass bei Banken und Sparkassen nicht jede Kundin und jeder Kunde - insbesondere bei Überschuldung - auf Wunsch ein „Guthabenkonto“ erhält. Der Bundestag nahm den Gesetzesentwurf jedoch nicht an, der Zugang zum bargeldlosen Zahlungsverkehr für sämtliche Bevölkerungsschichten sollte stattdessen durch eine entsprechende Selbstverpflichtung der Kreditwirtschaft sichergestellt werden. Daraufhin sprach der Zentrale Kreditausschuss (ZKA) im Juni 1995 eine Empfehlung zum „Girokonto für jedermann“ aus.



 Die im ZKA zusammengeschlossenen Verbände der Kreditwirtschaft erklärten sich in dieser Empfehlung bereit, für jede Bürgerin und jeden Bürger in ihrem jeweiligen Geschäftsgebiet, unabhängig von Art und Höhe der Einkünfte (z.B. Arbeitslosengeld, Sozialhilfe) ein Girokonto zu führen, es sei denn, die Eröffnung und Führung des Kontos wäre im Einzelfall unzumutbar. Die Empfehlung wurde im Juni 1996 verabschiedet.

Die Bundesregierung legte dem Bundestag in der Folgezeit (1996, 1999) Berichte zur Umsetzung der ZKA-Empfehlung vor, in denen festgestellt wurde, dass mit Einführung der Empfehlung eine grundsätzliche Besserung der Situation eingetreten war. Insoweit sah auch der Bundestag im Hinblick auf die beträchtliche Zunahme von neu eingerichteten „Girokonten für jedermann“ keinen Handlungsbedarf auf Bundesebene, forderte die Bundesregierung aber durch eine Entschließung vom 31. Januar 2002 auf, alle zwei Jahre über die Umsetzung der ZKA-Empfehlung, die Wirkung der Beschwerdestellen und die Struktur der Inhaber der Girokonten für jedermann zu berichten, um auf dieser Grundlage zu prüfen, ob eine gesetzliche Regelung geboten sei.

Inzwischen liegt ein weiterer Bericht der Bundesregierung vom 11.2.2004 vor (Drs.Nr. 15/2500; Fundstelle: dip.bundestag.de/parfors/parfors.htm), der im Ergebnis auf die positiven Auswirkungen der Umsetzung der ZKA-Empfehlung hinweist. So hätte sich die Zahl der neu eingerichteten Girokonten deutlich erhöht, zudem hätten die Bankenverbände ein kostenfreies außergerichtliches Streitschlichtungsverfahren für Probleme bei Ablehnung oder Kündigung eines Kontos angeboten. In diesem Zusammenhang wird auch berichtet, dass die Eingaben bezüglich eines Girokontos für jedermann bei den mit dem Thema befassten Stellen – wie die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), Bundesministerien und Schlichtungsstellen – gemessen an den Eingaben über andere Geschäftsvorfälle gering sind.

Die Bundesregierung hält eine gesetzliche Verpflichtung der Kreditwirtschaft zur Einrichtung von Girokonten derzeit für nicht geboten. In diesem Zusammenhang wird insbesondere darauf hingewiesen, dass die Entscheidung von Streitfällen auf die Gerichte verlagert würde und die gerichtlichen Verfahren grundsätzlich kostenpflichtig sind. Zudem würde die Klärung von Streitfragen durch die Gerichte nicht zu zeitnahen Entscheidungen führen. Entscheidungen durch die Schiedsstellen der Banken würden den Interessen der Betroffenen besser gerecht werden. Außerdem würde die Normierung eines weiteren Lebensbereichs den Bestrebungen der Bundesregierung nach Deregulierung und Entlastung von Behörden und Gerichten zuwiderlaufen.

Gleichwohl sieht die Bundesregierung trotz zunehmender Akzeptanz und Umsetzung der Selbstverpflichtung durch die Kreditwirtschaft noch Handlungsbedarf. Insbesondere sei der Bekanntheitsgrad sowie Akzeptanz und Vertrauen in die Schlichtungsverfahren der Banken deutlich zu steigern. Die Möglichkeit von Verbesserungen ist bereits mit dem ZKA erörtert worden, die Vertreter des ZKA haben die Prüfung geeigneter Maßnahmen zugesagt. Die Bundesregierung empfiehlt daher, den ZKA aufzufordern,

-          auch künftig an der Selbstverpflichtung festzuhalten;

-          bei Kündigung von Girokonten und Ablehnung eines beantragten Kontos die Gründe schriftlich mitzuteilen, sowie auf die Möglichkeit einer kostenlosen Inanspruchnahme der Schlichtungsstellen hinzuweisen;

-          sicherzustellen, dass bei den Schlichtungsstellen sämtliche Beschwerden entgegengenommen und von unabhängigen Personen zeitnah geprüft werden, und die Schlichtersprüche in geeigneter Form zu veröffentlichen;

-          sicherzustellen, dass für den nächsten Bericht bewertbare Daten vorgelegt werden können.

Gleichzeitig wird die Bundesregierung und die BaFin in engem Kontakt mit den Verbänden der Kreditwirtschaft verbleiben und die weitere Umsetzung der ZKA-Empfehlung mitverfolgen.

Schlussfolgerung

In Anbetracht des ausführlichen Berichts der Bundesregierung, die ihre Einschätzung auf Erkenntnisse der Bundesministerien, der BaFin, der Bundesanstalt bzw. Bundesagentur für Arbeit und Erfahrungen der Arbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung der Verbände und des Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. stützt, hält der Senat die Vorschläge der Bundesregierung zur weiteren Verfahrensweise momentan für zielführend, insbesondere weil zum gegenwärtigen Zeitpunkt nur eingeschränkt bewertbares Datenmaterial vorliegt. Das grundlegende Problem, die Zahl der Personen, die unverschuldet keinen Zugang zu einem Girokonto haben, kann derzeit nicht beziffert werden. Da es auch keine spezielle Rechtsform des Girokontos für jedermann gibt, kann das Ausmaß der Fälle zahlenmäßig nicht erfasst werden. Auch aus der Sicht des Senats erscheint es unerlässlich, vor der Entscheidung für eine Gesetzesinitiative anhand bewertbarer Daten die Notwendigkeit einer gesetzlichen Regelung zu prüfen.

Im Übrigen hat das Landgericht Berlin durch rechtskräftiges Urteil vom 24. April 2003 (AZ.:21 S 1/03;207 C 185/02) entschieden, dass aus der im Jahre 1994 von der Landesbank Berlin abgegebenen Selbstverpflichtung ein unmittelbarer Kontrahierungszwang folgt, der einen unmittelbaren Anspruch für den Bewerber um ein Girokonto begründet. Damit haben in Berlin potenzielle Kunden eine gesicherte Rechtsposition.

Die aktuelle Situation zu dieser Thematik ist Gegenstand der Sitzung der Bezirksstadträtinnen und Bezirksstadträte für Gesundheit und Soziales mit der Senatsverwaltung für Gesundheit, Soziales und Ver-braucherschutz am 19.03.2004 gewesen. Dort wurde vereinbart, dass die Bezirksämter der Senatsverwaltung für Gesundheit, Soziales und Verbraucherschutz mitteilen, ob aus ihrer Sicht die ZKA – Empfehlungen im Land Berlin umgesetzt werden und wie hoch die Anzahl der bekannt gewordenen Problemfälle ist.

Sofern sich aus dem Ergebnis der Auswertung ein Handlungsbedarf ergibt, wird der Senat die notwendigen Maßnahmen ergreifen, um eine konsequente Umsetzung der ZKA – Empfehlungen im Land Berlin zu erreichen.

 

Wir bitten, den Beschluss damit als erledigt anzusehen.

 

Berlin, den 18. Mai 2004

 

Der Senat von Berlin

 

Klaus   Wowereit

Regierender Bürgermeister

 

Harald   Wolf

Senator für Wirtschaft, Arbeit

und Frauen

 

 

 

 

 

 

 

Ausschuss-Kennung : GesSozMiVergcxzqsq