Senatsverwaltung für Gesundheit, Soziales und Verbraucherschutz

I G 23

Tel. 9028 (928) 1769

An die

Vorsitzende des Ausschusses

für Gesundheit, Soziales, Migration

und Verbraucherschutz

des Abgeordnetenhauses von Berlin

Antwort

auf die Große Anfrage

der Fraktionen SPD und PDS des Abgeordnetenhauses von Berlin

vom 23. September 2004

über Heimaufsicht

Drucksache Nr. 15/3230

1) Welche Aufgabenveränderungen bzw.. welche neuen Aufgabenschwerpunkte für die Heimaufsicht ergeben sich aus der Neufassung des Heimgesetzes und dem Pflege­Qualitätssicherungsgesetz aus dem Jahr 2001?

Die am 01.01.2002 in Kraft getretene Neufassung des Heimgesetzes (HeimG) hat die Zuständigkeit der Heimaufsicht um die Einrichtungsarten Tagespflege, Hospiz und Übergangswohnheim für psychisch Kranke erweitert. Für die Überprüfung der Einrich­tungen ist nunmehr ein jährlicher Turnus vorgesehen. Für Heimverträge wurde der  Katalog der Prüfungskriterien erweitert. Die Heimaufsicht ist bei schwerwiegenden Mängeln in einer Einrichtung zur Unterstützung bei der Verlegung von Bewohner/innen verpflichtet. Im Rahmen der Heimmitwirkung hat die Heimaufsicht auf eine verstärkte Vertretung der Bewohnerinteressen zu achten. Das neue HeimG bietet der Heimaufsicht verbesserte Kontroll- und Eingriffsmöglichkeiten. Die Zusammenarbeit mit den Pflege­kassen, dem Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) und dem Sozial­hilfeträger ist verbindlich in Form einer Arbeitsgemeinschaft geregelt. Die Heimaufsicht hat einen Bericht über ihre Tätigkeit alle zwei Jahre zu veröffentlichen.

Aus dem Pflege-Qualitätssicherungsgesetz (PQsG) von 2001 ergeben sich für die Heimaufsicht Neuregelungen zur Nutzung und Verarbeitung personenbezogener Daten, zur Zusammenarbeit mit den Pflegekassen und dem MDK bei Prüfung und Zulassung von Einrichtungen sowie zur gegenseitigen Beteiligung von MDK und Heimaufsicht an unangemeldeten Prüfungen.

2) Welche wesentlichen Gründe sprechen für die unmittelbare Anbindung der Heimaufsicht an das Landesamt für Gesundheit und Soziales statt an die Senatsverwaltung für Gesundheit, Soziales und Verbraucherschutz? Wie viele Einrichtungen fallen unter die Zuständigkeit der Heimaufsicht?

Die Heimaufsicht nimmt u.a. gem. HeimG und Allgemeinem Gesetz zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung in Berlin (ASOG) Ordnungs- und Überwachungs­aufgaben im gesamten Stadtgebiet wahr, die keinen ministeriellen Charakter haben. Das Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGeSo) ist als gesamtstädtische Dienstleistungsbehörde mit Schwerpunkt im Sozialbereich besonders kompetent, die Aufsicht über Einrichtungen nach dem HeimG zu führen.

 

Mit Stand vom Oktober 2004 ist die Heimaufsicht für die folgende Anzahl von Einrich­tungen zuständig:

Pflegeheime:

281

Kurzzeitpflege:       

36

Tagespflege:

51

Hospize:

6

Behinderteneinrichtungen:

118

Übergangswohnheime

für psychisch Kranke:

 

6

Altenheime:

7

Altenwohnheime:

4

Seniorenwohnhäuser:

9

Insgesamt unterliegen damit 518 Einrichtungen in Berlin dem HeimG.

3) Welche sächlichen, personellen und organisatorischen Verbesserungen für die Heimauf­sicht konnten seit Bestehen einer Verwaltungsvereinbarung mit dem Bezirksamt Tempel­hof-Schöneberg ab dem 01.01.2003 erreicht werden?

Die im Februar 2003 im Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg vorhandene Ausstattung der Heimaufsicht mit 1 Leitungsstelle, 10,5 Stellen für Sachbearbeitung/Prüfung einschl. Bauprüfung sowie 2 Stellen für die  Geschäftsstelle einschl. Mitarbeit bei Prüfungen wurde bis Oktober 2004 um  2 Stellen für Sachbearbeitung/Prüfung einschl. Bauprüfung und 1 Stelle für die Geschäftsstelle einschl. Mitarbeit bei Prüfungen ergänzt. Im Jahr 2005 ist vorgesehen, den Bereich Sachbearbeitung/Prüfung einschl. Bauprüfung um weitere 2 Stellen zu verstärken sowie eine weitere Leitungsstelle im Rahmen einer neuen Organisationsstruktur zur Verfügung zu stellen. Die stellenwirtschaftlichen Möglichkeiten dafür werden derzeit geprüft.

Die Ausstattung mit Informationstechnik mit u.a. nur drei Arbeitsplatz-PCs ohne E-mail und Intranet-Anschluss wurde, nachdem im Januar 2003 der Umzug der Heimaufsicht in ein Dienstgebäude des LAGeSo mit erheb­lich verbesserten räumlichen Bedingungen erfolgt war, vollständig erneuert und dem Bedarf angepasst. Nunmehr verfügen alle Mitarbeiter/innen der Heimaufsicht über einen eigenen PC mit E-mail und Intranet-Anschluss.

4) Welche Bedeutung misst der Senat der'' Heimaufsicht im Rahmen des Verbraucherschut­zes bei? Wie will der Senat sicher stellen, dass insbesondere Heimbewohner sowie de­ren Angehörige bzw. Betreuer stärker als bisher über die Arbeit der Heimaufsicht infor­miert werden?

Die Heimaufsicht ist auf Grundlage des HeimG die zentrale Beschwerdeinstanz im statio­nären Bereich mit weitreichenden Möglichkeiten zur Beseitigung von Mängeln in den Einrichtungen. Durch die Prüfungen der Einrichtungen sorgt die Heimaufsicht u.a. für die Sicherstellung der Mindestausstattung und die Einhaltung der  Grundlagen der Struktur- und Prozessqualität. Insofern erfüllt die Heimaufsicht eine wichtige Funktion im Verbraucherschutz.

Insbesondere die Weitergabe von Informationen über Mitwirkungsgremien wie Heimbei­räte und Heimfürsprecher sowie Aushänge in den Einrichtungen sind geeignete Wege, die Beratungs- und Eingriffsmöglichkeiten der Heimaufsicht den Bewohner/innen sowie deren Angehörigen bzw. Betreuern näher zu bringen.


5) Welche konkreten Vorstellungen bestehen für die Rolle der Heimaufsicht in Abgrenzung zu den gesetzlichen Aufgaben der Pflegekassen und des Sozialhilfeträgers? Wie soll sich nach dem Willen des Senats die zukünftige Zusammenarbeit der Heimaufsicht speziell mit dem Medizinischen Dienst der Krankenkassen entwickeln?

Die Heimaufsicht muss ihre Aufgabenwahrnehmung wesentlich auf ihre Beratungs- und Kontrollpflichten gem. HeimG konzentrieren. Die Pflegekassen bzw. der in deren Auftrag tätige MDK überwachen auf Grundlage des SGB XI vorrangig die Leistungserfüllung entsprechend der geschlossenen Versorgungsverträge, der Sozialhilfeträger die Erfül­lung der Entgeltvereinbarungen auf Grundlage des § 93 BSHG. Für eine erfolg­reiche Arbeit aller Institutionen ist eine sachgerechte Aufgabentrennung Voraussetzung, die erst ein abgestimmtes Vorgehen gegenüber den Trägern der Einrichtung im Rah­men einer vertrauensvollen und intensiveren Zusammenarbeit ermöglicht. Hierzu sind derzeit verbindliche Abstimmungen hinsichtlich der konkreten Aufgabenwahrnehmung durch die einzelnen Institutionen bis Anfang 2005 vereinbart worden.

Die Heimaufsicht wird auch weiterhin die dezidierte Prüfung der Pflegequalität bei Pflegebedürftigen dem MDK und der Betreuungsqualität bei behinderten Menschen den vom Sozialhilfeträger beauftragten Stellen überlassen. 

Im Rahmen der Arbeitsgemeinschaft nach § 20 HeimG erfolgt die gesetzlich vorge­se­hene Koordination der Prüftätigkeit von MDK und Heimaufsicht. So sind u.a. vorläu­fige Leitlinien für die Zusammenarbeit bei gemeinsamen Prüfungen vereinbart worden, ein regelmäßiger Erfahrungsaustausch findet statt.

6) Auf welche Weise will der Senat sicherstellen, dass die Heimaufsicht dauerhaft über die notwendigen finanziellen und personellen Ressourcen für die Erfüllung ihres gesetzlichen Auftrags verfügt?

Die erforderlichen Personal- und Sachmittel stehen im Rahmen des Doppelhaushalts­plans 2004/2005 für den für die Heimaufsicht unter Berücksichtigung der beschriebenen Maßnahmen erforderlichen Umfang zur Verfügung. Für die künftigen Haushaltsjahre werden in den jeweiligen Haushaltsplanentwürfen die für die effiziente Erfüllung des gesetzlichen Auftrags notwendigen Volumina Berücksichtigung finden.

7) Mit welchen konkreten Maßnahmen beabsichtigt die Heimaufsicht, (mögliche) Defizite in der Bearbeitung von Beschwerden, bei den jährlich vorgesehenen nicht anlassbezogenen Prüfungen sowie hin­sichtlich der Beratungsverpflichtung gegenüber Trägern abzubauen und in der Zukunft zu verhindern? Welche finanziellen und personellen Ressourcen sind für den Aufbau eines effektiven Reklamationsmanagements erforderlich?

Durch interne Verfahrensregelungen wurde in der Heimaufsicht eine schnellere Beschwerde­bearbeitung erreicht; die Installation eines gemeinsamen Beschwerde­managements für Alten- und Pflegeeinrichtungen mit den Pflegekassen, dem MDK und dem Sozialhilfeträger ist Ziel für das Jahr 2005. Ein durchgängig verbessertes Beschwerdemanagement ist voraussichtlich mit den vorhandenen personellen Ressourcen bei der Heimaufsicht und dem Sozialhilfeträger leistbar.

U.a. die Konzentration auf Prüfschwerpunkte, die Verbesserung von Arbeitsabläufen sowie der Verzicht auf unnötige Abfragen und Dokumentationen soll der Heimaufsicht ermöglichen, die gesetzlich vorgesehenen Jahresprüfungen in den Einrichtungen zu leisten und notwendige Sonderprüfungen vorzunehmen. Es wird angestrebt, die Zuständigkeit der Sachbearbeiter in der Heimaufsicht auf durchschnittlich unter 40 Ein­richtungen zu begrenzen.

Die allgemeine Beratungsverpflichtung gegenüber den Trägern wird von allen Sachbe­arbeitern wahrgenommen, für besondere inhaltliche Fragen wurden bei einzelnen Sach­bearbeitern Arbeitsschwerpunkte gebildet. Durch die gezielte personelle Verstärkung des Arbeitsbereiches Bauprüfung ist es gelungen, die Sachbearbeiter von Beratungen zum Schwerpunkt der baulichen Standards gem. Verordnung über bauliche Mindestan­forderungen für Altenheime, Altenwohnheime und Pflegeheime für Volljährige (HeimMindBauV) wesentlich zu entlasten.

 

8) Welche Ergebnisse der Arbeit der Heimaufsicht sind durch den Tätigkeitsbericht gern. § 22 Abs. 3 Heimgesetz für die Jahre 2002/3 dokumentiert worden? Welchen Daten zu den Einrichtungen in Berlin misst der Senat in diesem Zusammenhang besondere Bedeutung bei?

Der Tätigkeitsbericht der Heimaufsicht gem. § 22 Abs. 3 HeimG, der seit August 2004 über die Internet-Seite des LAGeSo abgerufen werden kann, gibt u.a. einen statis­tischen und inhaltlichen Überblick über die Zahl und Struktur der Einrichtungen, den Personaleinsatz in den Einrichtungen, die Mitwirkungsgremien sowie die Prüf- und Beratungstätigkeit der Heimaufsicht und deren Ergebnisse.

Insbesondere der nicht ausreichende Umfang der Prüftätigkeit der Heimaufsicht, die in einigen Einrichtungen mangelhafte Personalausstattung einschl. der Erfüllung der Fach­kraftquote, die teilweise lückenhafte Tagesstrukturierung, die ungenügenden Angebote für Demenzkranke, die fehlende Einbeziehung von Angehörigen und Betreuer durch die Einrichtungen und die Defizite in der Arbeit der Mitwirkungsgremien bieten Anlass, die Arbeit der Heimaufsicht auf die Behebung dieser Mängel zu konzentrieren.

9) Welche Zielvorstellung bestehen auf Seiten des Senats für die Arbeit der Heimaufsicht in den Jahren 2005 und 2006? Ist u.a. geplant dass Aufgabenspektrum der Heimaufsicht zu erweitern, z.B. um die Zuständigkeit für Einrichtungen die unter die Rahmenvereinbarung gern. § 93 BSHG fallen?

Zur kontinuierlichen Gewährleistung der Arbeitsfähigkeit, gezielten Ausweitung der Prüf­tätigkeit vor Ort und weiteren Verbesserung der Bearbeitungsqualität muss die be­gon­nene konzeptionelle Weiterentwicklung und personelle Verstärkung der Heimauf­sicht fortgesetzt werden. Durch Veränderungen in der Organisationsstruktur und in den Arbeitsabläufen sowie verbindliche Absprachen mit Pflegekassen, MDK und Sozialhilfe­träger muss der Rahmen geschaffen werden, um u.a. die regelmäßige jährliche Prüfung aller Einrichtungen und die umfassende und beschleunigte Bearbeitung aller Beschwer­den sicherzustellen.

Die Prüfungen gem. HeimG für Wohnheime für Behinderte und Übergangswohnheime für psychisch Kranke fallen bereits in den Aufgabenbereich der Heimaufsicht. Aus den weiteren Abstimmungen zwischen dem LAGeSo und der SenGesSozV wird sich er­ge­ben, ob eine Übertragung der Qualitätsprüfungen gem. der Rahmenvereinbarung zum § 93 BSHG für diese Einrichtungstypen auf die Heimaufsicht sinnvoll ist und ob ggf. die entsprechende Zuständigkeit auch auf weitere Einrichtungstypen ausgedehnt werden sollte, was eine Verlagerung zusätzlicher Stellen in die Heimaufsicht nötig machen würde.

 

Berlin, den 10. November 2004

 

Dr. Heidi   K n a k e – W e r n e r

 

Senatorin für Gesundheit,

Soziales und Verbraucherschutz

 

Ausschuss-Kennung : GesSozMiVergcxzqsq