Punkt 1 der Tagesordnung
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Aktuelle Viertelstunde |
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Siehe Inhaltsprotokoll.
Frau Vors. Ströver: Wir kommen nun zu
Punkt 2 der Tagesordnung
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Herrn Staatsserketär Härtel von der Senatsschulverwaltung haben wir schon zu Anfang begrüßt. Wir haben folgende Gäste zur Anhörung eingeladen: Herrn Prof. Dr. Wolfgang Nickel von der Universität der Künste, von dem wir keine Rückmeldung erhalten haben, die Landesvereinigung Kulturelle Jugendbildung Berlin e. V., für die Herr Mannkopf anwesend ist, die Landesarbeitsgemeinschaft Spiel und Theater Berlin e. V., für die deren Vorsitzender Herr Bengs in Begleitung seines Stellvertreters Herrn Brinkmann erschienen ist. Für die „Schlesische Straße 27“ ist Frau Hartmann-Fritsch zu uns gekommen. Ferner sind erschienen: Frau Grohs, die Vertreterin des Education-Programms der Berliner Philharmoniker, Herr Moritz für die Berliner Symphoniker GmbH und Herr Schöner für DerArt e. V. – Jugendfreizeiteinrichtung „Kiste“. Zusätzlich hat die SPD darum gebeten, stellvertretend für die Jugendkunstschulen Herrn Lutz Lienke, den Leiter der Jugendkunstschule ATRIUM einzuladen. – Ich begrüße Sie alle recht herzlich. – Es wird ein Wortprotokoll geführt. – Zur Begründung dieses Tagesordnungspunkts erhält nun Frau Lange von der Fraktion der SPD das Wort. – Bitte sehr!
Frau Abg. Lange (SPD): Vielen Dank, Frau Vorsitzende! – Ich fasse mich kurz, da wir ein umfangreiches Programm haben. – Wir wissen mittlerweile alle, dass gerade die frühe Begegnung mit Kunst für die Kinder wichtig ist und bereits im Kindergartenalter anfangen muss. Es gibt Untersuchungen, die besagen, dass der Anteil der Kinder, die im Alter von unter sechs Jahren ein Kulturangebot aufsuchten, nur bei 13 % liegt, und nur 17 % geben an, bereits mit ihrem Kindergarten ein Kulturangebot wahrgenommen zu haben. Allein diese Zahlen zeigen, wie wichtig es ist, dass kulturelle Bildung schon im Kindergarten beginnen muss, aber auch in der Schule müssen sich Kinder so früh wie möglich mit Kunst beschäftigen. Da stellen sich für uns die Fragen nach einer Zusammenarbeit von Jugendkunstschulen und Schulen, zum Beispiel: Welche Rolle können Kunstschulen bei den neuen Ganztagsschulen spielen? Wie können Schulen generell diesen Schatz der Jugendkunstschulen nutzen? Wie können insbesondere Haupt- und Realschulen stärker einbezogen werden? – Nur 10 % der Hauptschüler beschäftigen sich mit Kunst und Kultur; da besteht großer Handlungsbedarf. – Dabei möchte ich es erst einmal belassen.
Frau Vors. Ströver: Danke schön! – Ich möchte jetzt gern für meine Fraktion die Tagesordnungspunkte 2 c und b begründen. – Vorab: Ich hoffe, dass es nur der Notsituation geschuldet ist, dass die politische Spitze der Kulturverwaltung heute nicht anwesend ist. – Wir alle haben dieses Thema in der Vergangenheit viel zu wenig ernst genommen. Es wäre gut, wenn wir in Zukunft gemeinsam einen inhaltlichen Schwerpunkt darauf setzten, weil kulturelle Jugendbildung – da schließe ich mich gern Frau Lange an – aus meiner Sicht ein essentieller und notwendiger Bestandteil einer gesellschaftlich, kulturell und bildungspolitisch bedeutsamen Entwicklung ist. Herr Härtel, es ist kein gutes Zeichen, wenn in unseren Schulen die Angebote musischer Bildung in großem Umfang fachfremd unterrichtet werden und immer noch nicht die Beachtung erfahren, die für die Entwicklung der einzelnen Schülerin und des einzelnen Schülers notwendig ist. Wir benötigen heute insbesondere von der Schulverwaltung einen Perspektivbericht.
Aber unser Interesse, heute diese Anhörung zu machen, liegt darin, zu erfahren, wie sich im Rahmen der Gesamtschulentwicklung – wenn man sieht, wie die Ganztagsplanungen sind – Kooperationen mit schulischen und außerschulischen Angeboten entwickeln werden. Das betrifft sowohl die Musikschulen als auch die Angebote öffentlich geförderter oder privater Kultureinrichtungen.
Als Drittes interessieren uns die konkreten Erfahrungen der Kulturinstitutionen, die außerhalb des mittelbaren oder unmittelbaren schulischen Angebots agieren. Deshalb hätte ich von Ihnen – erstens – gern eine Beschreibung Ihrer Aktivitäten. Zweitens wüsste ich gern etwas über Ihre konkreten Erfahrungen und die Entwicklungen vor allem im außerschulischen Kinder- und Jugendkulturbereich. Drittens: Wie gedenken Sie, den jeweiligen Nachhaltigkeitsaspekt, also eine langfristige Entwicklung, auf den Weg zu bringen, die sich nicht darauf beschränkt, nur einmal oder punktuell Aktivitäten zu entwickeln? Vielmehr ist es wichtig, dass wir eine Perspektive haben.
Logischerweise werden wir heute nicht weiterkommen, als erst einmal die Aktivitäten als solche zu erfassen. Wir haben in der Vorbesprechung versucht, mit den Sprecherinnen und Sprechern der Fraktionen eine Art Querschnitt aus Dachverbänden plus Einzelinitiativen bzw. -projekten zu bilden. Ich gebe gern zu, dass wir nicht genau wissen, ob uns das geglückt ist; jedenfalls haben wir es – so gut wir konnten – aus kultureller Sicht versucht. Meiner Ansicht nach müssen wir langfristig wirksame Konzepte entwickeln, und zwar so bald wie möglich. Ich fände es gut, wenn es endlich einmal zu einer politisch ressortübergreifenden Initiative käme. Deshalb ist es unerlässlich, dass Bildung und Kultur in diesen Fragen zusammenarbeiten. Ich hoffe, dass sich diesbezüglich etwas tun wird. – So weit die Begründung von unserer Seite.
Wir haben Ihnen etwas drastisch mitgeteilt, dass jeder von Ihnen zunächst nur fünf Minuten Redezeit hat. Ich halte es für den Einstieg für gar nicht so schlecht, wenn Sie sich kurz fassen. Danach werden Sie die Möglichkeit haben, auf Grund unserer Nachfragen entsprechende Ergänzungen vornehmen zu können. – Herr Mannkopf, bitte, Sie haben das Wort!
Herr Mannkopf (Landesvereinigung Kulturelle Jugendbildung Berlin e. V.): Sehr geehrte Frau Ströver! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Landesvereinigung Kulturelle Jugendbildung hat schon in ihrem Namen den Charakter des Ressortübergreifenden. Dennoch drückt sich darin vielfach aus, dass die kulturelle Bildung in ihrer Wichtigkeit – neben den anderen Schwerpunkten der Verwaltungen – aus unserer Sicht oft genug nicht die Wahrnehmung findet, die sie verdient. Wir denken, dass kognitives Lernen und Bildung von kultureller Bildung begleitet werden muss, dass ganzheitliche Bildung nur unter der Zusammenführung beider Aspekte denkbar ist – sozusagen: Lernen mit allen Sinnen. Kreativität, soziales Interesse, Verantwortung und Selbstbewusstsein sind die Dinge, die sich in kulturellen Lernprozessen herausbilden. Ich unterstreiche, dass es in dem Kontext der kulturellen Bildung darauf ankommt, Schlüsselkompetenzerwerb, Medienkompetenz, heute als einer der wichtigen Bereiche, Partizipation und freiwilliges Engagement zu stärken, die Vielfalt der Kulturen, interkulturelle Kompetenz wahrzunehmen, Chancengerechtigkeit zu wahren, also dass kulturelle Bildung weiterhin eine staatliche Aufgabe bleibt und nicht, dass – wie aus den Mittelrückführungen ablesbar – ein großer Teil der kulturellen Jugendbildung letztlich in die private Schatulle der Eltern wandert und damit bestimmte Gruppen unserer Bevölkerung von kultureller Bildung ausgeschlossen sind. Auch die Debatte um die Heranführung kleinerer Kinder an die kulturelle Bildung scheint mir elementar zu sein. Die kulturelle Bildung ist das Grundnahrungsmittel für die Persönlichkeitsentwicklung. Insofern orientieren sich unsere Ziele auch auf die ganzheitliche Entwicklung der jungen Menschen.
Zur LKJ kurz einige Informationen: Wir sind insofern Dachverband, als wir die im jugendkulturellen Bereich tätigen Gruppierungen und Institutionen zusammenführen. Wir bemühen uns um den Fachaustausch, um die Sicherung von fachlichen Standards und versorgen die Kinder, die Jugendlichen und die Eltern in der Stadt mit entsprechenden Informationen. Dazu gehören der Infonetkalender, aber auch die regelmäßig in Kooperation mit der Senatsverwaltung herausgegebenen Informationsbroschüren über das Spektrum. An dieser Stelle muss sicherlich auch darauf hingewiesen werden, dass vor dem Hintergrund der Stützung dieser Aufgaben – vielfach auch aus Arbeitsförderungs- und Drittmitteln – die Kontinuität nicht in dem Maß vorhanden ist, wie wir sie uns wünschen. Wir planen Kooperationen mit Schule, wofür es viele positive Ansätze gibt, die sich vorzeigen lassen, aber es gibt noch viel zu tun. Die Schulpolitik befindet sich auf dem richtigen Weg, sowohl was die Öffnung der Schule als auch die Kooperationsmodelle betrifft. Darunter verstehen wir nicht, dass die außerschulische Jugendbildung an dieser Stelle von Schule als Ressource vereinnahmt wird, sondern dass wir mit den vorhandenen Potentialen in gleicher Augenhöhe zu einer Kooperation kommen.
Dieses gilt es zu gestalten. Wir beabsichtigen, am 5. September eine große Veranstaltung „Kultur trifft Schule“ durchzuführen, wo wir genau diese Aktivitäten transparent machen wollen, wo wir in den Austausch treten wollen und womit wir uns versprechen, diesen Kooperationsprozess weiter voranzubringen. Die Education-Projekte sind hier angesprochen worden – klasse Beispiele, was man mit kultureller Jugendbildung leisten kann, wenn man über entsprechende Ressourcen verfügt. – So weit erst einmal. Vielen Dank!
Frau Vors. Ströver: Vielen Dank, Herrr Mannkopf! – Dann kommt für die Landesarbeitsgemeinschaft Spiel und Theater Herr Bengs. – Bitte!
Herr Brinkmann (Landesarbeitsgemeinschaft Spiel und Theater Berlin e. V.): Guten Tag! Mein Name ist Rainer O. Brinkmann. Herrn Bengs möchte ich entschuldigen. Er ist gestern Abend noch abgerufen worden. Er muss heute arbeiten, weil drei Kolleginnen erkrankt sind.
Sehr geehrte Frau Ströver! Sehr geehrte Damen und Herren! Vielen Dank für die Einladung! Ich möchte für die LAG Spiel und Theater einen kurzen Bericht vorlesen, um das Profil der LAG darzustellen. Die LAG wurde 1970 ins Leben gerufen und 1974 im Vereinsregister registriert. Sie versteht sich als Dachverband der spiel- und theaterpädagogischen Szene in Berlin. Spiel- und Theaterpädagogik ist eine Disziplin innerhalb der kulturellen Bildung, die immer stärker ins Bewusstsein der Öffentlichkeit rückt. Zunehmend wird erkannt, dass die Methoden dieser Disziplin den Menschen unabhängig von Alter, Geschlecht und sozialer Herkunft in den verschiedenen Lebens-, Bildungs- und Arbeitsbereichen nützlich sein können. Dabei liegt der Schwerpunkt weniger auf der Vermittlung von Theater als Kunst, sondern vielmehr bieten Spiel und Theater Verfahren, sich der Probleme und Erfahrungen des eigenen Alltags durch Mittel der Darstellung bewusst zu werden und mit der Entwicklung von Selbstwahrnehmung sowie der Ausdrucksfähigkeit von Körper und Stimme die eigenen Identitätsprozesse bewusst zu gestalten. Die Förderung von spiel- und theaterpädagogischer Arbeit in Institutionen der kulturellen Bildung, in Kitas, Schulen und soziokulturellen Einrichtungen, im Freizeitbereich für Jugendliche und Senioren und nicht zuletzt auch in Wirtschaftsunternehmen ist die Hauptaufgabe der Landesarbeitsgemeinschaft. Die Aufgabenbereiche der LAG umfassen vielfältige Aktivitäten der Fort- und Weiterbildung, einzelne Werkstätten, die sich über Wochenenden erstrecken, über das ganze Jahr hinweg bis hin zu einer Grundlagenausbildung zum Spielleiter oder zur Spielleiterin sowie Fachdiskussionen – das Fachforum „Sichten“ z. B., das mit anderen Berliner Institutionen durchgeführt wird – und Erfahrungsaustausch. Die LAG bietet umfassende Serviceangebote, die Zeitschrift „Spielart“, die ihren Mitgliedern kostenlos zugestellt wird, eine Homepage, einen Newsletter, die Vermittlung von Dozenten und Kursen, eine Bibliothek, Vernetzung und Beratung. Diese werden bis auf einige Ausnahmen allen Mitgliedern und auch Nichtmitgliedern zur Verfügung gestellt. Als gemeinnütziger Verein bietet die LAG allen Kolleginnen und Kollegen die Möglichkeit, die Arbeit des Dachverbands und die kulturpolitische Vertretung der eigenen Interessen aktiv mitzugestalten.
Die LAG Spiel und Theater wird durch die Berliner Senatsverwaltungen für Bildung, Jugend und Sport sowie für Wirtschaft, Arbeit und Frauen gefördert, bis 2004 außerdem von den Arbeitsämtern und dem SPI. Kinder und Jugendliche haben das Recht auf Bildung und Erziehung. Sie haben insbesondere ein Recht auf Kunst und Spiel, Musik und Theater, Tanz und Rhythmik. Die Kinder- und Jugendarbeit und im Speziellen die kulturelle Bildungsarbeit haben sich als spezielles Feld der Bildungs- und Erziehungsarbeit entwickelt. Die LAG Spiel und Theater Berlin versucht seit vielen Jahren – und das recht erfolgreich –, diesen Arbeitsbereich mit auszufüllen. Dazu sind aber weiterhin Rahmenbedingungen notwendig, in denen die Träger kultureller Jugendbildung ihrer Verpflichtung gerecht werden können, und diese Bedingungen kann nur die Politik schaffen.
In unserer momentanen Situation gibt es viele gesellschaftliche Veränderungen, die das Arbeiten in unserem Tätigkeitsbereich immer schwieriger machen und durch Ehrenamtlichkeit nicht aufzufangen sind. Fünf Stellen, die bisher über den zweiten Arbeitsmarkt ermöglicht wurden, sind weggefallen und lassen sich durch MAE-Kräfte nicht ersetzen. Die beiden bisher über SAM finanzierten Stellen für das Koordinations- und Servicebüro konnten nicht verlängert werden. Hier wird im Moment versucht, per Ehrenamt einen großen Teil der Aufgaben zu bewältigen, allerdings sind viele Serviceleistungen und Koordinationsaufgaben nicht mehr möglich.
Die LAG führt die größte Fachbibliothek für Spiel- und Theaterpädagogik nicht nur in der Stadt, sondern bundesweit. Leider mussten durch den Wegfall einer weiteren SAM-Kraft die Öffnungszeigen auf die Hälfte eingeschränkt werden, Einarbeitung neuer Medien und Pflege des Bestands sind zz. nicht mehr möglich.
Die qualifizierte fachliche Anleitung von Theatergruppen und die Erstellung eines Fortbildungsangebotes sind im Moment auch nur durch ehrenamtliche Mitarbeiter und das Engagement des Vorstands, der ebenfalls nur ehrenamtlich arbeitet, gewährleistet.
Das Theatermobil, das in Zusammenarbeit mit der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Sport entstanden ist, ist ein Projekt, in dem mit Kindern aus Kindertagesstätten ein gemeinsamer Theaterbesuch vor- und nachbereitet wurde. Es konnte leider nach einem Jahr Laufzeit nicht – wie geplant – fortgesetzt werden, da auch diese beiden SAM-Stellen nicht verlängert wurden. Dieses Projekt wird im Moment ehrenamtlich betreut und soll von einzelnen freiberuflichen Theaterpädagogen wieder zum Laufen gebracht werden.
Das neue Projekt „Modellversuch Theaterpädagogik in der gebundenen Ganztagsgrundschule“ wird momentan von zwei Theaterpädagogen, die eine Ich-AG gegründet haben, betreut. Leider sind schon erste Probleme hinsichtlich der Beschäftigung mit einer Mehraufwandsentschädigung – MAE – zu spüren. Wir sind aber bemüht, dieses Projekt durch punktuelle Förderung weiterhin zu unterstützen.
In jedem Fall ist es momentan nicht einfach, die Arbeit eines langjährig existierenden Dachverbands fortzuführen. Es wäre wichtig, gerade diese Verbände zu stärken und – anknüpfend an ihre bisher geleistete Arbeit, das fachliche Wissen und die Kompetenz – einen gemeinsamen Weg zu einer besseren Kinder- und Jugendkulturförderung zu beschreiten.
In anderen Bundesländern werden gerade die Dachverbände im Bereich der Geschäftsführung gefördert. Sie leisten fachlich und strukturell hervorragende Arbeit, die dem Bundesland zugute kommt. Wir sind bereit, mitzuarbeiten und unser Wissen zur Verfügung zu stellen. – Vielen Dank!
Frau Vors. Ströver: Herzlichen Dank, Herr Brinkmann! – Jetzt kommen wir zu den konkreten Einrichtungen. – Frau Hartmann-Fritsch, Sie können mit der „Schlesischen 27“ beginnen. – Bitte!
Frau Hartmann-Fritsch („Schlesische 27“): Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Frau Ströver! Auch ich danken Ihnen sehr herzlich für die Gelegenheit, vor Ihrem Hause ein Statement zur Kinder- und Jugendkulturförderung abgeben zu dürfen. Vorweg möchte ich sagen, dass die Arbeit der „Schlesischen 27“ seit ihrer Gründung im Jahr 1982 stets und immer wieder die konsequente Unterstützung des Senats erhalten hat. Die für uns zuständige Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Sport hat uns durch Dick und Dünn kritisch und solidarisch begleitet und sich im Rahmen einer außergewöhnlichen Public-Private-Partnership bereit erklärt, längerfristig die Basisfinanzierung unserer Einrichtung sicherzustellen. Heute gehen wir mit dieser Senatsverwaltung gemeinsam den Weg der Evaluierung von Methoden und Programm. Die Impulse, die wir in das Feld der Kinder- und Jugendkultur geben können, finden Anerkennung und Verbreitung. Mit anderen Senatsstellen haben wir in der Vergangenheit auch immer wieder zusammengearbeitet: Kultur, Soziales, Stadtentwicklung. Zz. arbeiten wir auch mit zwei Ministerien im Rahmen von Pilotprojekten zusammen, die beispielhaft die Schnittstellen zwischen Kunst, Bildung und Ausbildung beackern. Auch darauf werde ich kurz eingehen: Es sind das Ministerium für Frauen, Jugend und Familie im Rahmen des Entimon-Programms – im Sozialraum Wrangelkiez unterstützt durch das Programm „Soziale Stadt“ – und das Bildungsministerium im Rahmen des Programms „Kompetenzen fördern“. Weitere Förderung kommt bei uns von EU-Geldern für internationale Vernetzung im Rahmen des Europäischen Freiwilligendienstes. Wenn ich also unsere Arbeit und die uns zukommende Förderung im Rahmen Kinder- und Jugendkulturförderung trotzdem kritisch beleuchte und Visionen entwickle, tue ich dies mit der Freiheit, die aus der täglichen Praxis erwächst und die zu Erfahrungen führt, die leider nicht immer dort ankommen und beachtet werden, wo die Entscheidungen fallen.
Zur „Schlesischen 27“ in Kürze das Wesentliche, weil nicht alle von Ihnen wissen, was wir tun: Wir sind ein internationales Jugendkunst- und -kulturzentrum, im Gemeinwesen, in Berlin und auch europäisch verankert, benannt nach der Straße, in der wir uns befinden. Die „Schlesische 27“ bringt Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene aus ganz unterschiedlichen kulturellen Hintergründen mit Künstlern, ebenfalls unterschiedlichster kultureller Herkunft, zusammen und mit den Mitteln der Kunst dazu, ihre eigenen Anliegen zur Sprache zu bringen und öffentlich zu machen. Wir buchstabieren Kinder- und Jugendkultur immer mit Kunst, und bei uns geht es in jeder Beziehung um Grenzüberschreitungen. Kinder und Jugendliche überschreiten ihre eigenen Grenzen, wenn sie Kunst machen, Lehrer springen über ihre Grenzen, wenn sie in einwöchigen Schulkursen die Regie an die Künstler abgeben, Gewerbetreibende grenzen sich nicht mehr ab, sondern öffnen ihre Schaufenster der Kinderkunst, Ausbilder nehmen erstaunt wahr, dass sie nur ganz begrenzte Einblicke in das Potential ihrer Jugendlichen hatten – die Kunst erweitert auch ihren Horizont –, und Kinder und Jugendliche, die als ausländische Jugendliche das Stigma des Andersseins und den Druck zur unbedingten Integration – meist folgenlos – verinnerlicht haben, machen über das Erlebnis Kunst oft erstmals die Erfahrung, dass in diesem Anderssein Stärken liegen, die das Ghetto sprengen können – auch eine reale Grenzüberschreitung.
Das Team ist sehr groß, ca. 50 professionelle Künstler sind bei uns, alle freischaffend und aus allen Bereichen der Kunst. Unsere Projekte sind Kunstlabore mit offenem Ausgang, immer aber mit einem künstlerischen Weg, einem künstlerischen Produkt, Bildern, Filmen, Musikstücken, Tanz- und Theaterproduktionen. Mit der Kunst schlagen die Jugendlichen, die Kinder und die Künstler in zahlreichen Projekten Brücken in die Stadt und in die Welt. Sie hinterlassen Spuren und sorgen für Emotionen. Wir präsentieren diese Produkte vor Publikum, im Kiez, in den Schulen, in den Kirchen, in den Geschäften, in zahlreichen Kinder- und Jugendeinrichtungen, aber oft folgen diese Werke auch dem Weg der großen Kunst: Sie gehen in Ministerien, in Banken, in Verbände, in das Deutsche Kinderhilfswerk, in Autokonzerne, an den Potsdamer Platz und ins Bundeskanzleramt.
Hier sind wir bei einer ganz besonderen Form der Grenzüberschreitung, nämlich der Brücke in die Welt der Unternehmen, der Wirtschaft. Seit 1987 gibt es einen Förderverein der Berliner Wirtschaft, in dem Unternehmer ihre Zeit, ihr Know-how und immer wieder auch ihr gutes Geld zur Verfügung stellen, um das besondere Modell interkultureller Kommunikation zu fördern, das in der „Schlesischen 27“ entwickelt wurde. Diese Public-Private-Partnership ist ein außerordentliches Modell der Kinder- und Jugendkulturförderung, das wesentlich zulegen könnte, wenn es jugend- und kulturpolitisch genutzt würde.
Kunst macht stark, das haben wir auch bei unseren Partnern im Ausland gelernt. Community-Art des angelsächsischen Raums ist auch für uns ein Modell, auch die Intervention Artistique, die in Frankreich und Italien praktiziert wird. Damit werden wir unserem Auftrag der Jugendhilfe auch – und wie ich meine, erfolgreich – gerecht. Aber nicht immer sind diese Begriffe und die damit verbundenen Methoden und Praktiken mit kultureller Kinder- und Jugendförderung, um die es uns hier und heute gemeinsam geht, vergleichbar oder gar deckungsgleich, denn sowohl bei der Community-Art als auch bei der Intervention Artistique geht es nicht einfach um Kultur, sondern vielmehr um das Potential der Kunst, das im sozialen Kontext zur Wirkung gebracht wird. Ich glaube, der Kunst traut man in Deutschland leider nichts zu, auch in Berlin nicht. Das ist schade, denn dadurch wird ein sehr hohes Potential auf Eis gelegt, das in der Lage wäre, Berge zu versetzen. Ich glaube, wir könnten Ihnen jederzeit beweisen, dass künstlerische Produktionen von und mit Kindern und Jugendlichen viel mehr sind als das Sahnehäubchen, auf das Politik in harten Zeiten verzichten kann. Da bin ich mit Lutz Mannkopf einer Meinung: Kunst ist Grundnahrungsmittel – nicht erst, seit es den wunderbaren Leuchtturm Sir Simon Rattle gibt.
Am besten gelingt uns das, was wir erreichen wollen, dort, wo die Politik Grenzüberschreitungen mitgeht: in den Modellprojekten. Diese Programme sind aber gleichzeitig auch Höllenstühle, weil unberechenbar. Ich nehme einmal das wunderbare Entimon-Programm: Wir haben anderthalb Jahre ein wunderbares Netzwerk aufgebaut und könnten auch mit diesem neuen Netzwerk in einem sehr belasteten Kiez auch die nächsten Schritte gehen, aber wir müssen wahrscheinlich die Räume wieder aufgeben und die Kollegen kündigen, weil die Anschlussförderung entweder gar nicht kommt oder vielleicht im Mai darüber entschieden wird und das wieder kaputt ist, was bis jetzt da ist.
Ich habe abschließend ein paar Visionen. Es sind freie Visionen, aber ich möchte sie nennen. Not macht erfinderisch. Visionen sind nicht unbedingt an Geld gebunden. Die erste Vision ist, dass sich Schule und außerschulische Angebote zusammentun und ein starkes Programm entwickeln, wo auch die Kunst und der Kultursenat eine große Rolle spielen könnten. Manchmal wünsche ich mir, Kinder- und Jugendkultur würde zur Chefsache – so, wie in anderen Städten, auch im Ausland, ich weiß das von Lyon –, d. h., die ungeheuren Stärken einer Stadt, die ungeheuren Stärken und Potentiale junger Kunst, die Kraft der Künstler würden erkannt, benannt und zur Vision. Wäre das schön! Die Stadt, die Stadtteile in ihrer Gesamtheit, die Sozialräume, die Wirtschaft, die Kinder, die Jugend, die Künstler, aber auch die Schulen wären beteiligt, d. h. Kunst würde wirksam dort genutzt und gefördert, wo ihre Schnittstellen zur Bildung, zur sozialen Entwicklung und zur Zivilgesellschaft in ihrer politischen Dimension sind. Dazu brauchte man in der Tat politische Grenzüberschreitungen. Kulturelle Jugendbildung müsste moderner und europäischer definiert werden. Das geht m. E. ohne Weiteres, ohne das wertvolle Fundament zu schädigen, das die Verbände – LKJ, BKJ, KuPoGe – gebaut haben. Das würde auch heißen: mehr Kunst in die Diskussionen und das tun, was andere Länder erfolgreich erprobt haben, nämlich Etats in allen gesellschaftlichen Bereichen für die Umsetzung der Vision zur Verfügung stellen.
Wie wäre es mit einem starken Antrag aller Senatsverwaltungen unter der Federführung der Senatoren Böger und Flierl an die Bundeskulturstiftung für einen dreijährigen Modellversuch Kinder- und Jugendkultur? – Die Schirmherrschaft müsste Sir Simon Rattle übernehmen, und europäische Partner übernehmen Patenschaften. Künstler werden aufgefordert, gemeinsam mit den Trägern kultureller Jugendbildung starke Vorschläge für Schulen und für Felder der außerschulischen Jugendbildung zu entwickeln, und die Politik sollte sich nicht um Qualitätskriterien herummogeln. Es müsste eine Art Leitbild geben, das etwas über die Ziele der Aktion aussagen würde. Ich nenne es: „Kunst macht stark“. Wenn die Politiker sich nicht trauen, dann sollten sie trotzdem erst einmal alle auffordern. Diese Stadt ist dermaßen an reich an Potential. Ich weiß es auch aus meiner Tätigkeit in der Jury des Hauptstadtkulturfonds. Auch dort wird immer stärker klar, dass junge Künstler sehr wohl bereit und in der Lage sind, in die sozialen Felder hineinzugehen. Es ist eine europäische Diskussion, an der wir nicht teilnehmen. Das ist sehr schade. Auch in diese Richtung ein Plädoyer für neue Wege! Alle, die hier in der Stadt hierbei schon viel vorzuweisen haben, könnten dazu in einem starken Netzwerk beitragen. – Vielen Dank!
Frau Vors. Ströver: Vielen Dank, Frau Hartmann-Fritsch! Vielleicht machen wir die ersten Schritte, die Vorschläge sind schon gemacht. – Frau Grohs für das Education-Programm der Berliner Philharmoniker – bitte!
Frau Grohs (Education-Programm der Berliner Philharmoniker): Guten Tag! Ich freue mich sehr, hier kurz das Education-Programm der Berliner Philharmoniker skizzieren zu können, das ja immer als Leuchtturm dargestellt wird, aber natürlich unter anderen Voraussetzungen arbeiten kann als viele, die sich in diesem Bereich auch engagieren. Die Education-Abteilung existiert seit dem Amtsantritt von Sir Simon Rattle im Jahr 2002. Es war eine seiner Bedingungen für seine Tätigkeit hier in Berlin, dass sich diese „goldene Haus in der Mitte der Stadt“ nach allen Seiten in die Stadt hinein öffnen sollte mit dem Ziel, die Arbeit des Orchesters und seine Musik einem möglichst breiten Publikum zugänglich zu machen. Hierbei sollen Menschen aller Altersstufen, unterschiedlicher sozialer und kultureller Herkunft und Begabung für eine aktive und schöpferische Auseinandersetzung mit Musik begeistert werden. Die Vermittlung bestimmter Wissensinhalte oder das Erlernen eines Instruments stehen bei unserer Arbeit nicht im Vordergrund. Vielmehr geht es um das Erfahren von Musik und um die Unterstützung der Teilnehmer in ihrer eigenen Kreativität und Ausdrucksfähigkeit. Zugleich geht es aber auch um ein neues Selbstverständnis, um eine Neudefinition der Institution in Bezug auf Berlin und auf die Möglichkeiten der Kunst. Es ist ein wechselseitiger Lernprozess, der sich nicht nur nach außen richtet, sondern auch nach innen vollzieht.
Als Partner konnte die Philharmonie die Deutsche Bank gewinnen, die sich zunächst für drei Jahre verpflichtet hat, mit einer größeren Summe die Education-Arbeit zu unterstützen. Die Finanzierung von außen ermöglichte es, diese Abteilung aufzubauen und die Philharmoniker mit den neuen Ideen und Aufgaben vertraut zu machen.
Mit viel Geld kann man natürlich auch viele schöne Projekte machen, aber das allein ist es nicht, was die Education-Arbeit in so kurzer Zeit so besonders gemacht hat. Viel wichtiger ist es, dass die Education-Arbeit bei den Philharmonikern eine Priorität ist und der gleiche professionelle Anspruch an die Arbeit gestellt wird wie an alles andere auch. Sir Simon Rattle wird nicht müde, immer wieder auf die Wichtigkeit dieser Arbeit hinzuweisen, und engagiert sich auch immer wieder persönlich in den Projekten.
Unsere Vermittlungsarbeit basiert auf unterschiedlichen
Projekten, die alle in das laufende Programmrepertoire der Berliner
Philharmoniker eingebunden sind. Die kunstformübergreifenden Projekte richten
sich
überwiegend an Schüler und werden von Musikvermittlern, von den Musikern selbst
und von Künstlern verschiedener Bereiche angeleitet. Das durch den Film „Rhythm
is it“ bekannt gewordene Tanzprojekt ist unser größtes und in gewisser Weise
auch lautestes Projekt. Daneben bieten wir aber sechs bis acht Musikprojekte
an, in denen wir zumeist kompositorisch arbeiten und in denen die Musiker vor
Ort, in den Schulen, mit den Teilnehmern zusammenarbeiten.
Öffentliche Abschlusspräsentationen in und außerhalb der Philharmonie bilden ein integrales Element der meisten Projekte und ermöglichen es den Mitwirkenden, ihre neuen Erfahrungen mit anderen zu teilen. Es wird ja immer wieder darauf hingewiesen, wie wichtig das soziale Umfeld für das Interesse an Kultur ist. Aber wir gehen z. T. den umgekehrten Weg und versuchen, über die Begeisterung der Jugendlichen auch die Eltern zu erreichen.
Die finanzielle Ausstattung ermöglicht es uns auch, mit Gruppen zusammenzuarbeiten, deren Teilnahme bereits an geringen Unkostenbeiträgen oder dem Fahrgeld scheitern würde. Da wir in den Projekten nicht auf Refinanzierung angewiesen sind, können wir gezielt Schulen in sozialen Brennpunkten ansprechen, die dringend einen kreativen Impuls von außen brauchen. Entsprechend der thematischen Ausrichtung wählen wir die geeigneten Zielgruppen aus. Wir gehen dabei nicht nach Wartelisten vor – obwohl die mittlerweile sehr groß sind –, sondern wir sprechen meistens selbst die Schulen an. Unsere Arbeit beginnt bei den Direktoren und Direktorinnen, und man muss immer wieder Überzeugungsarbeit leisten, um gewohnte Strukturen aufzubrechen – wobei natürlich der Name „Philharmoniker“ bei unserer Arbeit immer sehr hilfreich ist.
Unser Ziel ist es, durch Musikprojekte Verbindungen zwischen verschiedenen Ebenen, zwischen unterschiedlichen Bezirken, zwischen sozialen Gruppen und zwischen den Generationen zu schaffen. In den meisten Projekten arbeiten wir daher mit verschiedenen Gruppen zusammen. Dies dient auch dem Aufbau nachhaltiger Strukturen. So sind z. B. im Tanzprojekt auch zwei Tanzschulen oder Tanzcompagnies integriert. Zum einen kann man bei so einem großen Projekt mit 200 Jugendlichen nicht nur mit schwierigen Gruppen zusammenarbeiten, aber gleichzeitig zeigen wir dadurch den Jugendlichen Möglichkeiten auf, das erfahrene oder gewonnene Interesse in solchen Gruppen weiterzuverfolgen.
Um nachhaltig wirken zu können, arbeiten wir mit einigen Schulen sowie kulturellen und sozialen Institutionen in Berlin auch über einen längeren Zeitraum zusammen. Ferner bieten wir regelmäßig Workshops für Multiplikatoren an. Der Bedarf ist allerdings enorm, wie z. B. die im Film „Rhythm is it“ porträtierte „Heinz-Brandt-Schule“ zeigt, und macht deutlich, dass kontinuierliches künstlerisches Engagement dringend gebraucht wird. Das kann von einzelnen Institutionen nicht geleistet werden. Die Streichung der Mittel der Berliner Symphoniker, die sich seit Jahrzehnten im Bereich der Jugendmusikförderung engagieren, wie auch der Entwurf der neuen Stundentafel für die Sekundarstufe I, derzufolge der Musikunterricht in Gefahr ist, reduziert zu werden, sind Tendenzen, die es zu hinterfragen gilt. Es bedarf geeinter Kräfte sowohl in der Verbesserung der schulischen Strukturen, bei den Veränderungen der Ausbildungsinhalte als auch beim Zusammenwirken verschiedener kultureller Institutionen, um junge Menschen durch Kultur nachhaltig fördern zu können. – Vielen Dank!
Frau Vors. Ströver: Vielen Dank! – Der Staffelstab ist unmittelbar an die Berliner Symphoniker – jetzt als GmbH – weitergegeben worden. Ich verweise auch noch einmal auf deren schriftliche Stellungnahme. – Herr Moritz, Sie haben das Wort!
Herr Moritz (Berliner Symphoniker GmbH): Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Damen und Herren! Herzlichen Dank für die Einladung! – Wir, die Berliner Symphoniker, wissen natürlich von der extrem schwierigen Haushaltslage des Landes Berlin. Trotz dieser daraus für uns resultierenden existentiellen Schwierigkeiten haben wir ein sehr starkes Interesse daran, die musikpädagogische Basisarbeit, die wir seit Jahrzehnten – sprich: 39 Jahren – für die Kinder und Jugendlichen unserer Stadt leisten, nicht nur weiterzuführen, sondern deutlich zu vertiefen. Wir werden unsere Aktivitäten, die wir bisher dezentral in allen Bezirken Berlins – in allen! – angeboten haben, weiterführen, so wie z. B. bis zu 200 Schulstunden pro Jahr unter dem Titel „Das klingende Klassenzimmer“ in den Schulen und Behinderteneinrichtungen Berlins.
Darüber hinaus werden wir mit der Institutionalisierung des musikpädagogischen Zentrums der Berliner Symphoniker eine Einrichtung schaffen, die ein wichtiger Baustein zur weiteren Profilierung Berlins als eine der führenden Kulturmetropolen sein wird. Das musikpädagogische Zentrum der Berliner Symphoniker verfolgt folgendes Hauptziel: die Umsetzung einer Infrastrukturmaßnahme, die das bisher nur auf nichtmusikalischem Sektor genutzte Potential des Schülertourismus nach Berlin aufgreift, der – wie wir heute gehört haben – immer dichter und stärker wird. Ziel hierbei ist es, Schüler bzw. Musikschulgruppen aus dem deutschen, aber vor allem dem gesamten europäischen Raum in Berlin in einer Institution zu bündeln, um Berlin nicht nur als eine Stadt durchaus pädagogisch wertvoller musealer Retrospektiven zu präsentieren, sondern auch musisch-kreativ Lebendiges zu vermitteln. Gemeint ist also die Verknüpfung von Schülertourismus in die Stadt mit musikpädagogischer Basisarbeit. Dadurch möchten wir dem Anspruch aller Beteiligten an sich selbst gerecht werden, Berlin als Kulturmetropole in der Mitte Europas, als „Gateway der Jugendkultur“ – Zitat Dr. Flierl – in den neuen Mitgliedsländern der EU im Osten zu profilieren. Unser musikpädagogisches Zentrum kann so zum Inbegriff einer Kultureinrichtung werden, deren intensive Schüler- und Jugendarbeit den Erfolgsbeweis der These bringt: Kulturarbeit ist Sozialarbeit – und umgekehrt. Außerdem eignet sich diese Einrichtung hervorragend dazu, der künftig großen Dichte an Ganztagsschulen in Berlin mit einer Institution zur Seite zu stehen, die sich die nachhaltige Vermittlung einer kulturellen Identität an Berlins Schüler und Schülerinnen zum Ziel gesetzt hat.
Zurzeit befinden wir uns in intensiven Gesprächen mit verschiedenen Firmen, die eine Partnerschaft mit den Berliner Symphonikern als Chance sehen, um im Rahmen eines Kultursponsorings eigene Marketingziele zu erreichen.
Die erfolgreiche Beendigung dieser Gespräche nimmt jedoch viel mehr Zeit in Anspruch, als es die materiellen Rahmenbedingungen in unserer jetzigen Situation zulassen. Tatsächlich sind wir gezwungen, innerhalb der nächsten Wochen den Spielbetrieb einzustellen und einer Liquidation der Berliner Symphoniker entgegenzusehen. Diese zeitliche Problematik, die uns zum Verhängnis werden könnte, lässt sich ohne weiteres dadurch entschärfen, wenn uns vom Land Berlin eine Überbrückung dieser Zeit ermöglicht würde. – Gemeint ist hier eine Zuwendung von insgesamt 40 000 € pro Monat für die nächsten zwei Monate, also insgesamt 80 000 €. – Das Zeitfenster, das uns hierdurch geöffnet würde, könnte es uns sicherlich ermöglichen, die obengenannten Verhandlungen mit den künftigen Partnern zu einem glücklichen Ende zu bringen. Durch diese Hilfe-zur-Selbsthilfe-Maßnahme hätten die Berliner Symphoniker nicht nur eine echte Chance, ihr für die Stadt wertvolles Konzept zur Umsetzung zu bringen, sondern das zielführende Handeln einer verantwortungsvollen Politik würde auch den Beweis dafür erbringen, dass – trotz der Haushaltslage, wie sie nun einmal ist – die dringend notwendige kulturelle Grundversorgung der Menschen ernst genommen und deshalb das Entstehen neuer Modelle nach Kräften unterstützt wird. Allein der Glanz, den manche musikpädagogische Einzel-Events ausstrahlen, ist für eine grundsätzlich deutlichere öffentliche Wahrnehmung dieser wichtigen Aktivitäten aller Kulturinstitutionen von großem Nutzen für alle. Andere, wenngleich auch weniger spektakuläre Aktivitäten dürfen deswegen aber nicht als verzichtbar qualifiziert werden.
Wir möchten Sie alle herzlich einladen, am Sonntag, den 20. März 2005 um 16 Uhr in den Großen Saal der Philharmonie zu einem unserer Konzerte aus der Reihe „Konzerte für die ganze Familie“ zu kommen. Wie so oft geben wir auch in diesem Konzert mit dem Titel „Kinder musizieren für Kinder“ als Preisträger von „Jugend musiziert“ wieder jungen Talenten die Gelegenheit, gemeinsam mit den Berliner Symphonikern aufzutreten. Zum ersten Mal überhaupt treten junge türkische Preisträger auf, die auf der Baglama, der traditionellen türkischen Laute, in einem solchen Rahmen als Solisten auftreten. Berlin hat für dieses Instrument als einziges Bundesland eine eigene Kategorie bei „Jugend musiziert“ eingerichtet. Dem dort uraufzuführenden Stück „Johann Dede“ liegt ein Bach-Choral zu Grunde, über den ein deutscher Schulchor und drei türkische Baglamaspieler improvisieren werden. – Das halte ich für Integrationsarbeit. – Die Dirigentin dieses Konzerts, Anna Scheffelbein, hat vor nicht allzu langer Zeit in einem unserer zahlreichen Abschlusskonzerte, die wir für die Berliner Musikhochschulen spielen, ihre Diplomprüfung als Dirigentin abgelegt. Ich möchte Ihnen anhand dieses Beispiels verdeutlichen, dass dieses Konzert das letzte seiner Art sein wird, wenn wir nicht genügend Zeit haben sollten, die Berliner Symphoniker wirtschaftlich neu zu positionieren.
Wir rufen nicht nach einem längst überholten System staatlicher Vollsubventionierung, das sich Berlin überhaupt nicht mehr leisten kann, sondern wir wünschen uns nur eine faire Chance. – Vielen Dank!
Frau Vors. Ströver: Vielen Dank, Herr Moritz! – Das Jugendfreizeitheim „Kiste“, dessen Träger DerArt e. V. ist, wird vertreten von Herrn Schöner. – Bitte, Herr Schöner, Sie haben das Wort!
Herr Schöner (DerArt e. V. – Jugendfreizeiteinrichtung „Kiste“): Meine Damen und Herren! Ich arbeite seit 1987 in Hellersdorf, einem Stadtbezirk, der bekanntlich nicht als kulturelles Highlight gilt. Eine Kreuzbergerin, die uns besuchte, sah die Gebäude und sagte: „Das ist ja abtrainierte Neugier.“ Aus diesem Grund wollten wir 1990 anstatt Stein eine kulturelle Vielfalt anbieten, und der „Steinstatt e. V.“ war geboren. Unsere Erfahrungen mit der Finanzierung durch zwei Ämter – dem Jugendamt und dem Kulturamt – brachte uns dazu, die DerArt GmbH zu gründen, die die Jugendkunstschule betreibt, denn wenn zwei Ämter eine Sache finanzieren sollen, dann ziehen sich beide Ämter zurück.
Die hier Anwesenden sind Profis in Sachen Kompromisssuche. Ich glaube, dass Ihnen klar ist, dass ich nur deshalb so lange überlebt habe, weil wir Meister sind im Finden vom Kompromissen. Ich möchte heute keine Forderungen stellen, sondern habe mir überlegt, welche Thesen ich auf Grund der langjährigen Erfahrungen, die ich gesammelt habe, aufstellen könnte. Diese fünf Thesen möchte ich Ihnen gern vorstellen.
– Erste These: Eine Hauptaufgabe der Politik ist die kulturelle Identitätsbildung.
– Zweite These: Hochkultur benötigt Nachwuchsarbeit.
– Dritte These: Unklare gesetzliche Bedingungen und alte Verwaltungsstrukturen verschwenden nach wie vor Geld.
– Vierte These: Hellersdorf kann durch seine besonderen Bedingungen zu einer Laborphase bzw. zu einem Testfeld für Berlin werden.
– Fünfte These: Eine klare Aufgabenteilung zwischen den Ämtern und den freien Trägern ermöglicht die Erhaltung der Kultur und deren Fortführung in Zeiten knapper Finanzen.
Ich komme zur These 1: Zurzeit besteht eine ständige Verunsicherung, der Glaube ist ins Wanken gekommen, Werteverlust insgesamt, allgemeine Sinnkrise. Die klassische Arbeitsgesellschaft existiert nicht mehr – nicht für jeden ist ein Arbeitsplatz sicher. Daraus folgt die totale Verunsicherung des einzelnen Bürgers. Hier könnte die kulturelle Identitätsbildung einsetzen, denn wenn der Bürger Tätigkeiten ausübt, die ihn in seiner Persönlichkeit reizen, dann kann er sich diesen Veränderungen besser gegenüberstellen. Es ist klar, dass auch in der Kultur eine große Vielfalt möglich ist, wodurch auch viele persönliche Wünsche umgesetzt werden können. Kultur ist also eine Möglichkeit für Bürgerinnen und Bürger, mit relativ wenigen Mitteln Zufriedenheit bzw. einen neuen Sinn zu finden – auch darin liegt die Chance der politischen Arbeit.
Zur zweiten These: Berlin hat eine Hauptstadtfunktion und bietet zum Beispiel mit seinen drei Opernhäusern Spitzenkultur, aber es gibt auch noch die Breitenkultur, die wohnortnah und kostengünstig vorzuhalten ist. Ich stelle zurzeit ein Ungleichgewicht zwischen den Leuchttürmen – der Standortpolitik – und der bezirklichen Kulturarbeit fest; dort geht das Licht aus. Es gab eine Untersuchung, die besagte: Wenn ein Bedürfnis sieben Jahre lang nicht befriedigt wird, dann ist es mausetot. Um überhaupt die Angebote aus der Spitzenkultur wahrnehmen zu können, muss ich zunächst Geschmack und die Möglichkeit entwickeln, dieses schätzen zu lernen. Aus diesem Grund halte ich die Nachwuchsarbeit für dringend notwendig für Berlin, denn ansonsten haben wir irgendwann eine Hochkultur, die niemand mehr nutzt.
Zur dritten These: Es ist klar, dass knappe Mittel klare Festlegungen verlangen. Das Problem ist: Wir haben keine gesetzlichen Rahmenbedingungen für die Kultur. Das führt zu Wildwuchs, bei dem alles und nichts möglich ist. Diese Beliebigkeit und nicht die Vielfalt der Kultur ist das Problem. Ferner fehlt eine Abgrenzung zwischen den Ämtern. Kultur findet quasi in allen Amtsbereichen statt, und die gleichen Kurse finden in der Jugendkunstschule, in einem Jugendclub, in der Musik- und in der Volkshochschule statt, wo überall Mitarbeiter vorgehalten werden. Es sind nicht nur die Löhne, die doppelt finanziert werden, sondern auch die Sachkosten, Honorare und Betriebskosten etc. Eine Abgrenzung, wie sie einmal zwischen der Volkshochschule, der Musikschule und den Jugendkunstschulen gefordert wurde – Fehlanzeige. Mittlerweile bieten in Berlin auch Volkshochschulen Kurse für Personen unter 15 Jahren an.
Zurzeit beobachte ich eine einfache Lösung: Schließungen. Allein in Hellersdorf wird der Kulturbereich von 30 auf 6 Mitarbeiter gekürzt. Mein Wunsch lautet: Anstatt Schließungen vorzunehmen, sollte überlegt werden, wie eine Kultureinrichtung besser zu führen wäre – Synergieeffekte. Warum müssen dort immer nur Mitarbeiter aus dem Kulturbereich arbeiten? Warum kann dort nicht auch ein Mitarbeiter aus dem Seniorenbüro oder aus dem Jugendclub arbeiten und diese Aufgaben mit wahrnehmen?
Zur vierten These: Hellersdorf ab Testphase für Berlin. Es ist nicht zu Ende gebaut worden, und es fehlen eindeutig Gebäude, Strukturen und Einrichtungen. Hellersdorf hat zum Beispiel kein Kulturhaus und keine Jugendkunstschule. Zweitens – zur Stadtrandlage: In Hellersdorf gibt es keine Touristen, die Einnahmen bringen und – drittens – keine innerstädtische Planung. Was heißt das? – In Hellersdorf Kultur zu genießen, ist eine zielgenaue Angelegenheit, bei der ich zu der entsprechenden Veranstaltung gehe. Gefällt mir diese Veranstaltung nicht, dann habe ich nicht die Möglichkeit, hundert Meter weiter zu gehen, zu einem Afrikaner oder zu einem Inder, um bei einem guten Essen den Abend ausklingen zu lassen. Nein! Wenn mir dieses Kulturangebot nicht gefällt, dann habe ich anschließend Probleme – im Gegensatz zur Innenstadt. Viertens: Hellersdorf hat große Erfahrungen, was den Abbau kommunaler Strukturen betrifft. 1993 wurden das erste Mal kommunale Mitarbeiter abgezogen – damals mussten die freien Träger die Häuser übernehmen. Die freien Träger kämpften bis 1997 um das Subsidiaritätsprinzip. In demselben Jahr erhielten sie – erstmalig in einem größeren Maßstab – finanzielle Zuwendungen. 2001 wurden – aus bekannten Gründen – die Zuwendungen gestrichen, und 2004 war das Herunterfahren des Kulturamts zu beobachten. Dieser Existenzkampf birgt nicht nur Nachteile, sondern er führt auch zu kreativem Nachdenken darüber, wie und unter welchen Bedingungen ich überhaupt eine Einrichtung aufrechterhalten kann. Das heißt zusammengefasst: Von Hellersdorf lernen, heißt nicht unbedingt Siegen lernen, aber zumindest, nicht aufzugeben und Kompromisse zu finden. Das müsste den Anwesenden vertraut sein.
Zur fünften und letzten These: Das Kulturamt kam 1997 auf uns zu und sagte, es möchte eine Jugendkunstschule aufmachen, jedoch hatte es kein Geld, keine Ressourcen und auch keine Vorstellungen. Also entwickelten wir ein neues Modell, das relativ klare inhaltliche Strukturen aufwies. Es gibt einen Mitarbeiter vom Kulturamt und einen Mitarbeiter von den freien Trägern. Der kommunale Mitarbeiter – das ist vielleicht beispielgebend – hat die Aufgabe der Qualitätskontrolle, sowie die soziale Ausgewogenheit und die Angebotsvielfalt aufrechtzuerhalten. Der Mitarbeiter der freien Träger ist für die Kostentrolle und die schnelle Überprüfung eines Angebots und schnelles Handeln zuständig. – Das Vorbild Glasnost gilt sogar bei den Honoraren: Bei uns erhält eine Honorarkraft grundsätzlich 75 % der Einnahmen. Das ist sehr positiv, denn die Honorarkraft kümmert sich um die Zahlungsmoral und die Qualität ihrer Kurse.
Ein zweites Beispiel ist die „Kiste“, wo wir auch arbeiten. Dafür erhalten wir 49 000 € pro Jahr. Wir setzen dort alle Möglichkeiten ein, die freie Träger zur Verfügung haben, um dieses Haus am Leben zu erhalten. Dazu gehört zum Beispiel das Lohnsplitting und die Mischung zwischen Zweck- und Wirtschaftsbetrieben. Bei uns findet eine andere Jugendarbeit statt. Beispielsweise haben die Jugendlichen den Wunsch, ein Jugendcafé zu bekommen, weil sie so sein möchten wie die Erwachsenen. Deshalb haben wir ein semiprofessionelles Jugendcafé eingerichtet, in dem die Orangenbrause 40 Cent kostet. Trotzdem haben wir erreicht, dass dieses Café Geld abwirft, um den Kulturbereich in der „Kiste“ zu stützen.
Ein weiteres Highlight, das wir entwickelt haben, nennt sich AfG – Arbeit für Genuss. Dabei handelt es sich um kleine Karten, von denen ein Jugendlicher, der vier Stunden gearbeitet hat, eine solche Karte bekommt. Mit dieser Karte kann er ins Kino gehen bzw. ein Konzert oder eine Lesung besuchen. Zurzeit werden monatlich ca. 30 Karten umgesetzt, was einem Volumen von monatlich 150 ehrenamtlichen Stunden entspricht. – Ich möchte außerdem noch das Spendenaufkommen erwähnen.
Meiner Ansicht nach hat für Berlin zukünftig nur diese Mischung Sinn. Ich würde mich freuen, wenn es einen Austausch mit den verschiedensten Modellen gäbe, die bereits in dieser Stadt angewendet werden, um effektiver arbeiten zu können. – Vielen Dank!
Frau Vors. Ströver: Danke schön! – Sie haben allerdings die vorgegebene Zeit deutlich überschritten. – Das Wort hat nun Herr Lienke, der seit vielen Jahren Erfahrungen in der Jugendkunstschule ATRIUM hat. – Bitte, Herr Lienke!
Herr Lienke (ATRIUM): Herr Staatssekretär Härtel! Frau
Vorsitzende! Meine Damen und Herren! Ich weiche jetzt von dem Schriftlichen ab
und versuche, das Ganze relativ kurz und knapp auf einige Punkte zu bringen,
weil meine Kolleginnen und Kollegen schon viel zur allgemeinen Notwendigkeit
von kultureller Bildung gesagt haben. – Die Jugendkunstschulen, die als
schulisches Angebot im außerschulischen Bereich existieren und in einer
Landesarbeitsgemeinschaft auch mit anderen Trägern zusammengefasst sind, praktizieren
in sechs Bezirken Berlins eine sehr enge Zusammenarbeit mit den Schulen. Das
ATRIUM, eine Jugendkunstschule mit Angeboten in den Bereichen Medien, Theater,
bildende Kunst und Literatur befindet sich im Märkischen Viertel. Bis 1985 war
das eine Grundschule, aus der wegen der damals rückläufigen Schülerzahlen ein
musisches Zentrum gemacht wurde, das wir Jugendkunstschule ATRIUM nennen. Es
handelt sich dabei um eine Angebotsschule, die auf den Grundlagen der Überlegungen
von vor ungefähr
20 Jahren beruht, als der Berufsverband Bildender Künstler und der Bund
Deutscher Kunsterzieher auf nationaler Ebene die Überlegung anstellten: Wie
kann man Kinder und Jugendliche stärker in die kulturelle Arbeit einbeziehen?
Dabei ist ein Konzept entstanden, über das ich jetzt nicht im Einzelnen
Auskunft geben möchte. Es sind in den verschiedenen Ländern unterschiedliche
Formen entstanden. Die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Sport hat es in
Berlin erst durch Abordnungen von Lehrern, aber dann auch durch Zuweisungen von
Sachmitteln ermöglicht, eine Arbeit zu initiieren, die den Schulen Impulse
verleiht und versucht, das Bermuda-Dreieck zwischen Kultur, Jugend und Schule
zu schließen, weil – wie mehrfach erwähnt wurde – in diesem Bereich
eine Reihe von Schwierigkeiten existieren. Unser Anliegen ist es, nicht nur mit
Lehrern zu arbeiten, sondern Lehrer auch als Türöffner in die Schulen zu
begreifen, aber gleichzeitig auch den Kindern und Jugendlichen eine Begegnung
mit den Künstlern zu ermöglichen, um durch die Verbindung von Strukturen eine
kontinuierliche kreative Arbeit in den Schulen leisten zu können, die dort zwar
als Basisangebot gemacht wird, aber darüber hinaus gehende Möglichkeiten finden
in den Schulen immer nur bedingt statt.
Ich will versuchen, das noch ein bisschen konkreter zu machen: Die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Sport bietet seit 1988 in einer einmaligen Aktion pro Jahr künstlerische Werkstätten an. Diese Aktion heißt: „Kunst Werkstatt Experiment“. Dort können Fotografinnen, Künstler und Architekten in einer einwöchigen Phase gemeinsam mit Kindern und Jugendlichen des 10. Jahrgangs in Ateliers arbeiten. Diese Erfahrung des zusammenhängenden Arbeitens führte dazu, dass es eine Reihe von Angeboten gibt, die sich sowohl auf Klassen- oder Wochenprojekte beziehen als auch auf die Förderung der Kinder und Jugendlichen im außerschulischen Bereich. Diese Einrichtung ist in der Zeit von 8 Uhr bis 22 Uhr geöffnet und bietet deshalb die Möglichkeit der Verbindung zwischen schulischem und außerschulischem Angebot. Wir nutzen diese Einrichtung, die mitten im Märkischen Viertel liegt, als einen Veranstaltungsort für Theater, aber gleichzeitig auch als dezentrale Fortbildungsstätte für Lehrer und Erzieher, um diese stärker an die Kulturangebote heranzuführen. In den letzten Jahren haben wir im Rahmen der Städtepartnerschaften und der Förderung von Jugendbegegnungen eine Reihe von internationalen Maßnahmen durchgeführt, wobei die „Brücke Berlin“ bei Begegnungen zwischen unseren Schülerinnen, Schülern und Jugendlichen insbesondere mit Franzosen und Polen einer der Mittelpunkte war.
Abschließend möchte ich bemerken: Zurzeit sind Ganztagsgrundschulen im Gespräch. Ich hatte in den vergangenen Wochen und Monaten die Gelegenheit, in vielen Ländern zu schauen, wie dort diese Angebote organisiert werden und welche Rolle dabei die kulturelle Jugendbildung spielt. Viele Länder haben bereits Verträge geschlossen – einerseits Musterverträge und andererseits Landesverträge – zwischen Einrichtungen der kulturellen Jugendbildung und den Schulen. Berlin befindet sich in diesem Punkt immer noch ein bisschen im Experimentierstadium. Ich glaube, dass jetzt sowohl die Sportverbände als auch die Musikschulen etwas unternehmen, um den Ganztagsgrundschulen ein entsprechendes Angebot machen zu können. Ich hoffe, dass wir das auch im Bereich der kulturellen Jugendbildung in Gang bekommen. Wir probieren gerade mit den drei Ganztagsgrundschulen in Reinickendorf, zwischen 13 Uhr und 15 Uhr Projekte anzubieten. Die Schulen profitieren davon, allerdings mit sehr unterschiedlichen Finanzierungsmöglichkeiten. Einerseits läuft das über die Beteiligung der Eltern, andererseits aus dem Etat des ATRIUMs und – drittens – aus dem Etat der Schulen. Ich hoffe, dass gerade im Bereich der Ganztagsschulen die Einrichtungen der kulturellen Jugendbildung eine Rolle spielen werden. – Vielen Dank!
Frau Vors. Ströver: Vielen Dank, Herr Lienke! – Damit sind wir am Ende der ersten Runde unserer Anhörung. – Bitte, Herr Staatssekretär Härtel, Sie haben das Wort!
StS Härtel (SenBildJugSport): Frau Vorsitzende! Meine Damen und Herren! Ich mache es kurz: Es haben mehrere darauf hingewiesen, das Lernen in den Schulen mit allen Sinnen und die kulturelle Bildung als Grundnahrungsmittel zu bewerten und dieses für die entsprechende Aktivitäten auch an den Schulen zum Ausgangspunkt zu machen. Sie haben von allen Anzuhörenden erfahren, wie breit die Palette hinsichtlich der Aktivitäten an der Berliner Schule in Kooperation mit freien Trägern ist. Das ist sehr deutlich zum Ausdruck gekommen. Bezogen auf die Ganztagsschulen und die Bedeutung von kultureller Bildung für die jungen Menschen hatten Herr Mannkopf und Herr Lienke schon einige Hinweise gegeben. Wir haben mit dem Schulgesetz klare Regelungen getroffen und insoweit selbstverständlich auch, wie es sich gehört – ich bleibe bei dem Lernen mit allen Sinnen –, die entsprechenden Zielsetzungen im Schulgesetz festgelegt. Dabei ist von zentraler Bedeutung, dass wir den Schulen auch ermöglichen wollen, direkt in Kooperationen mit verschiedenen Trägern und Institutionen im Rahmen der kulturellen Bildung einzutreten, womit jetzt begonnen wird. Sie haben eben darauf hingewiesen, dass wir beispielsweise bereits mit Trägern der Jugendhilfe oder auch mit den Sportvereinen Rahmenvereinbarungen getroffen haben. Wir befinden uns in Gesprächen mit verschiedenen kulturellen Einrichtungen, um hier – so wie wir es zurzeit auch in anderen Bereichen machen, wie zum Beispiel im Kita-Bereich mit den Wohlfahrtsverbänden – möglicherweise zu Absprachen zu kommen und Rahmenvereinbarungen zu schließen, an denen sich dann die Schulen entsprechend orientieren können, wodurch dann im Grunde genommen ein Stück weit auch Strukturen aufgebrochen werden, die Sie, Frau Grohs, angesprochen haben. Wenn Sie von den Philharmonikern auf die Schulen zugehen, dann ist das zu unterstützen, und manchmal ist dabei auch festzustellen, dass Ihr guter Name etwas hilft, aber bei anderen ist das manchmal vielleicht etwas schwierig. Das wollen wir aufbrechen, weil ich es für wichtig halte, dass die Aktivitäten in Kooperation dort auch laufen.
Wir haben eine ganze Reihe von Projekten initiiert. Ich möchte jetzt nicht auf die Kinder- und Jugendkulturzentren eingehen, die – bezogen auf die „Schlesische 27“ und viele andere Dinge – sowohl von Herrn Mannkopf als auch von Frau Hartmann-Fritsch beispielhaft erwähnt worden sind. Was die Kooperationen mit Musikschulen betrifft, so sind das öffentliche Einrichtungen, mit denen wir mittlerweile auch Kooperationsverträge oder einen Rahmenvertrag erarbeitet haben, auf deren Grundlage die Schulen entsprechende Aktivitäten entfalten können.
Mit dem Dachverband Zeitgenössischer Tanz Berlin e. V. haben wir zu Beginn des neuen Schuljahres das Projekt „Tanzzeit“ vereinbart, um gemeinsam in 10 bis 12 Grundschulen entsprechende Aktivitäten in die Schulen hineinzubringen. Das ist dann auch eine verlässliche Grundlage dafür, um dem Tanz an der Berliner Schule ein stärkeres Gewicht zukommen zu lassen.
Was heute nicht erwähnt wurde, sich jedoch sehr positiv entwickelt, das ist das Projekt „Theater und Schule“, unser TUSCH-Projekt, wo wir mittlerweile 22 Bühnen und 33 Schulen in Kontakt gebracht haben, wo regelmäßige Aktivitäten dazu führen, dass die Schulen in den entsprechenden Einrichtungen die Möglichkeit haben, ihre Fähigkeiten darzustellen, und zwar nicht nur im Sinne des darstellenden Spiels, sondern das ist so umfassend, dass die Schülerinnen und Schüler auch Hintergrundwissen für das vermittelt bekommen, was an einer Bühne abläuft. Dabei geht es nicht nur um diejenigen, die über besondere kulturelle Fähigkeiten verfügen oder ein besonderes Interesse am darstellenden Spiel entwickeln, sondern das geht bis hin zu den jungen Menschen, die Interesse an der Bühnentechnik und anderen Dingen haben. Das ist ein ganzheitlicher Ansatz, der sich sehr positiv entwickelt und den wir weiter ausbauen wollen. Ich halte das für eine wichtige Voraussetzung, wohl wissend, dass sowohl bei den Bühnen als auch bei vielen Trägern das Problem darin besteht, wenn man Maßnahmen initiiert und Modellprojekte – Entimon – beispielsweise über die Bundesregierung oder auch Projekte mit SAM oder ABM finanziert hat – das ist nach Hartz IV heute etwas schwieriger gewesen –, dass dieses Anstöße gewesen sind, in die nur schwer Verlässlichkeit hineinzubringen ist. Das sehen wir auch, allerdings bestehen angesichts der Haushaltslage auch für uns nur sehr eingeengte Möglichkeiten. Aber das, was bisher deutlich geworden ist, wollen wir strukturell so weit halten, weil wir sowohl die Arbeitsgemeinschaften als auch die Jugendprojekte dringend benötigen, um verlässliche Kooperationen entwickeln zu können.
Frau Vors. Ströver: Herr Heller, es muss von der Kulturverwaltung auch noch die Frage nach der Vernetzung der Ressourcen beantwortet werden.
StS Härtel (SenBildJugSport): Ich kann diese Frage nachher noch kurz beantworten, denn ich bin noch längst nicht auf alle Fragen eingegangen. Sie fragten vorhin auch nach der entsprechenden Stundentafel, nach der Qualifizierung von Lehrerinnen und Lehrern. – Zur Vernetzung kann ich nur sagen, dass wir mit der Kulturverwaltung im Gespräch sind, um diese Dinge ein Stück verlässlicher zu machen und zu sehen, dass wir gemeinsam mit den Einrichtungen – TUSCH ist ein Beispiel dafür – verlässliche Netzwerke aufbauen. – Zwischen der Senatskulturverwaltung und meiner Verwaltung bestehen diesbezüglich keine Probleme. – Wir werden dieses Projekt noch intensivieren. – Stichwort: Jugendkulturservice: Was die verlässlichen Angebote der Berliner Bühnen und Konzerthäuser betrifft, so bestehen vielfältige Aktivitäten, die deutlich machen, dass wir uns bereits in einer Vernetzung befinden. Dabei zeigt sich, dass die Ganztagsgrundschule noch viele Perspektiven bildet und deshalb auch ausbaufähig ist.
Frau Vors. Ströver: Danke sehr! – Herr Heller, bitte!
Herr Heller (SenWissKult): Sehr geehrte Damen und Herren! Die intensive Vernetzung schulischer und außerschulischer Akteure in der Jugendkulturarbeit, mit dem Ziel kultureller Alphabetisierung und Persönlichkeitsbildung von Jugendlichen ist auch für den Senator für Kultur von zentraler Bedeutung. Gleichzeitig stellen wir fest, dass die entscheidenden Dinge auf der operativen Ebene der Einrichtungen passieren, die von uns gefördert werden und von uns auch mit den entsprechend klaren Zielstellungen gefördert werden, so dass das dann zum Teil in Kooperationen mit Sozialräumen vor Ort passiert und weniger auf Landesebene. – Was wir dazu im Detail tun, kann Ihnen Frau Esser gern noch anhand von Aktivitäten in einigen Einrichtungen tiefer erläutern. – Insgesamt ist es so, dass wir die Formen der Vernetzung auf der Ebene der ressortübergreifenden Zusammenarbeit auch in gemeinsamen Gesprächen mit dem Senator für Bildung, Jugend und Sport intensivieren. Auf Seiten des Kultursenators schauen wir uns an, inwieweit wir hier noch zu Optimierungen kommen können, vor allen Dingen, indem wir uns angucken, was in anderen Städten zu diesem Thema passiert – ich nenne als Beispiel Hamburg, wo ein Modellprojekt dazu läuft. Wir werden deren Erfahrungen sehr genau auswerten und stehen mit den entsprechenden Personen in Kontakt. – Wünschen Sie noch spezielle Auskünfte?
Frau Vors. Ströver: Nein! Das sollten wir so stehen lassen. – Wir nutzen nun die Gelegenheit, weitere Fragen an die Anzuhörenden zu stellen. – Bitte, Herr Schruoffeneger!
Abg. Schruoffeneger (Grüne): Ich habe fünf Fragen und beginne mit der Schnittstelle zwischen den verschiedenen Ressorts: Ich bitte diejenigen, die sich dazu berufen fühlen, sowohl die Chancen als auch die Schwierigkeiten aus dieser undefinierten Schnittstelle zu benennen, sowohl einerseits konzeptionell als auch andererseits auch in der Finanzierungsstruktur, was die Verteilung der Zuständigkeit auf viele Verschiedene betrifft.
Ich mache es konkret an zwei Beispielen fest: Gibt es im Bereich der Jugendarbeit im Verhältnis zur klassischen Jugendförderung, zu den Jugendfreizeitstätten, irgendeinen Austausch oder wie auch immer? Gibt es so etwas wie eine Kompetenzvermittlung der Lehrenden, der Fachkräfte hinein in diese Einrichtungen, oder haben wir hier einen isolierten Bereich?
Das Zweite ist, glaube ich, schon von Herrn Schöner angesprochen worden, nämlich die Abgrenzung zum Beispiel zu den Volkshochschulen und Nachbarschaftsheimen etc. Wildert dort jeder in jedem Ressort? – Wenn ja: Bewerten Sie so etwas positiv, weil es immer auch eine Chance und Innovation ermöglicht? Oder würden Sie auch Wert darauf legen, eine stärkere Abgrenzung zwischen den verschiedenen Bereichen hinzubekommen?
Zweiter Themenkomplex: In dem Papier vom LKJ ist das Stichwort „Experimentierfonds“ enthalten. Ich bitte Sie, uns noch etwas zu den finanziellen Verhältnissen in den einzelnen Einrichtungen und Institutionen zu sagen, was die personellen Absicherungen und den laufenden Betrieb betrifft. Dazu gehört natürlich auch ein gewisses Programmangebot sowie kurzfristig zur Verfügung stehende Programm- oder Aktionsmittel – oder wie auch immer, weil sich das alles nicht eineinhalb Jahre vorher planen lässt.
Dritter Themenkomplex, Internationalität, ist auch schon angesprochen worden. So, wie ich ein paar Einrichtungen kenne, ist Kultur der Anknüpfungspunkt, um Verständnis für andere Gesellschaften und Kulturen zu ermöglichen, und es passiert sehr viel im Austausch. Ich meine jetzt nicht nur – was die Vertreterin von „Schlesische 27“ angesprochen hat – interkulturelle Arbeit mit hier Lebenden, sondern auch den Austausch mit anderen Städten, Ländern etc. Wie ist das in Ihre Arbeit eingebunden? – Meist wird gesagt, das ist in der Finanzierungsplanung nicht drin und muss von Maßnahme zu Maßnahme irgendwie zusammengestückelt werden. – Ich bitte Sie, noch einmal die Bedeutung und Absicherung dieser Arbeit darzustellen.
Vorletzter Punkt – die Frage des Selbstverständnisses. Herr Moritz hat gesagt: Jugendkulturarbeit ist Sozialarbeit und umgekehrt. – Ich würde gern etwas zum Selbstverständnis zur Frage kultureller Jugendbildung als Selbstzweck, als Persönlichkeitsbildung etc. einerseits hören und andererseits zur Gefahr, Jugendkulturarbeit auch ein Stück weit zu instrumentalisieren und nur noch unter dem sozialpolitischen Aspekt zu diskutieren. Das war vor ein paar Jahren die Diskussion, ich weiß nicht, wie der aktuelle Diskussionsverlauf ist. Ich bitte Sie, zwei Worte dazu zu sagen.
Letzter Punkt, zu Herrn Moritz: Das war das Stichwort „Zeit kaufen“, was wir in Berlin häufig mit mehrstelligen Millionensummen machen. Das ist ja so ein geflügeltes Wort von Herrn Sarrazin. Insofern meine Frage an Sie: Wenn Sie jetzt auf eine Überbrückung orientieren, orientieren Sie dann nur auf die Kulturverwaltung, oder geht es z. B. auch um Finanzierung aus den Schulen, aus den dort übrig gebliebenen Mitteln der Arbeitsgemeinschaften etc., um diese Schularbeit abzusichern? – In dem Zusammenhang interessiert mich auch die Abgrenzung Ihrer Arbeit zur Landesmusikakademie – das vielleicht an Sie und Herrn Mannkopf gleichzeitig –, denn das, was Sie als Konzept vorgestellt haben, erscheint mir auf den ersten Blick nicht als Konkurrenz, aber ein Stück weit Identität mit der Aufgabenbeschreibung der Landesmusikakademie zu haben. Das kann ja durchaus Sinn haben in Berlin, aber ich würde gern noch einmal hören, wie da Kooperationsstrukturen ausgebildet werden sollen.
Frau Vors. Ströver: Danke schön! – Frau Dr. Tesch!
Frau Abg. Dr. Tesch (SPD): Danke, Frau Vorsitzende! – Frau Ströver, Sie sagten am Anfang bei Ihrer Begründung, dass in den Schulen gerade in den musischen Fächern auch viel fachfremd unterrichtet würde. Da haben Sie völlig Recht, das beklagen wir auch immer. Es ist nur ein Unterschied zu machen zwischen den unterrichtlichen Angeboten an sich und den außerunterrichtlichen oder außerschulischen, über die wir hier reden. Es ist auch ein Unterschied zwischen den gebundenen Ganztagsgrundschulen, wo es also auch noch im unterrichtlichen Angebot ist, und den flächendeckend einzuführenden verlässlichen Halbtagsgrundschulen zu machen, die ein offenes Ganztagsangebot am Nachmittag haben. Darum geht es hier ja auch. Ich bin auch Mitglied im Musikschulbeirat und habe da die Entwicklung zu einem Kooperationsvertrag verfolgt. Deswegen meine erste Frage an die Verwaltung: Planen Sie auch einen Kooperationsvertrag mit den Jugendkunstschulen?
Die zweite Frage geht in erster Linie an die Senatsverwaltung für Kultur. Wir haben nun gelernt, welche Vielfalt von Angeboten es gibt. Sieht sich die Senatsverwaltung in der Lage, diese auch mehr zu bündeln? – An die Anzuhörenden: Wir haben hier gehört, dass sich LKJ und LAG als Dachverbände verstehen. Sehen Sie eine Chance darin, eine sinnvolle Vernetzung zwischen diesen vielfältigen Angeboten herzustellen, damit es zu verlässlicheren Partnerschaften mit den Schulen kommen kann?
Meine dritte Frage richtet sich an beide Partner am Beispiel Hellersdorf. Wir haben nicht nur die kulturpolitische Arbeit des Landes, sondern auch dezentrale Kulturarbeit in allen Bezirken – nicht nur in Hellersdorf, sondern auch in anderen. Die sind mehr oder minder betroffen von Hochkultur oder auch nicht, wie am Beispiel Hellersdorf gezeigt wurde. Deswegen meine Frage: Wie funktioniert die Zusammenarbeit mit den Bezirken von der Senatsverwaltung aus? – Den offiziellen Teil kenne ich, aber ich möchte wissen, ob es auch andere Zusammenarbeit gibt, um das zu fördern. Denn ich meine, es ist wichtig, dass man weiß, was vor Ort geschieht. Es ist sowohl im kulturellen wie auch im schulischen Bereich wichtig, dass man weiß, welche Partner sich da untereinander finden können.
Frau Vors. Ströver: Danke! – Frau Dr. Hiller!
Frau Abg. Dr. Hiller (PDS): Vielen Dank! – Es hat noch keiner gesagt, deshalb erlaube ich mir, dass ich Ihnen in unser aller Name für Ihre vielfältigen Anregungen danke, die Sie hier gegeben haben. Es ist Ausdruck für die Vielfalt im kulturellen Leben dieser Stadt. Das ist uns nicht immer bewusst. Frau Ströver sagte am Anfang, dass gerade Jugendkultur nicht immer unser Hauptthema ist. Das ist eben so in einem Kulturausschuss. Deshalb ein besonders Dankeschön! – Ich weiß, dass jeder von uns noch jemanden nennen könnte, der hier auch noch zusätzlich hätte sprechen können. Also, die Vielfalt ist riesig, Vernetzung tut not. Ich glaube, das ist eines der Hauptthemen unserer Besprechung. Was findet statt? – Zwischen den beiden Verwaltungen Schule und Kultur sehe ich Schnittpunkte, die es zu verstärken gilt, wo man wahrscheinlich konkreter nachfragen müsste. Ich weiß nicht, ob wir das in diesem Kreis hier schaffen. Ich sehe aber auch die Vernetzung zu den Bezirken. Da gibt es ein großes Feld, das mir relativ unbeackert scheint. Andere Bereiche wie die Verbindung zu Hoch- und Fachschulen sind hier noch völlig offen geblieben, die könnte man sicherlich noch zusätzlich nennen. Mit einzelnen Trägern, die z. T. nur als Dachverbände angesprochen wurden, sind sicherlich noch weitere Vernetzungen notwendig. Die Frage ist, ob es einen zentralen Punkt mit dem Aufgabenfeld Vernetzung von Jugendkultur geben sollte. Das wäre für mich so ein Ansatz. Ob der senatsmäßig geleitet werden muss, ist die Frage.
Ich habe auch einige Fragen. Anknüpfend an das Letzte, zu Hellersdorf Gesagte: Gibt es regionale Unterschiede in der Jugendkultur? – Mir scheint es so. Wie kann man diese Unterschiede zwischen den Bezirken ausgleichen? – Innerstädtisch, nach außen gehend, abnehmend, das sind qualitative und quantitative Unterschiede. Was kann man von Seiten des Senats tun, um dieses zu beeinflussen und zu verändern?
Herr Staatssekretär Härtel hat es bisher nicht benannt, dass es musische Erziehung im Kitabildungsprogramm gibt, sicher ein Punkt, auf den ich extra hinweisen möchte. Ist kulturelle, musische Ausbildung auch in der Kitaerzieherinnenausbildung verankert? Wie arbeiten Sie da mit anderen Trägern zusammen? – Die Frage geht an Herrn Härtel.
Die Frage nach Problemgruppen: Es kam aus meiner Sicht nur bei Frau Hartmann-Fritsch zum Ausdruck, dass es eine verstärkte Zusammenarbeit mit Jugendlichen mit Migrationshintergrund gibt. Findet das auch in anderen Bereichen statt? – Ich denke, dass wir uns viele Diskussionen über Werteerziehung an dieser Stelle sparen könnten, wenn es uns gelänge, diese musisch-kulturell zu vermitteln. Man könnte also auch eine stärkere musisch-kulturelle Erziehung fordern und dabei Werteerziehung mit einbeziehen. Aber das ist wieder ein Thema, wo wir uns richtig politisch reiben können.
Herr Moritz, Sie sprachen von den 80 000 € Überbrückungsgeld. Wir werden das Thema in den entsprechenden Gremien aufrufen, wo es dann heiß hergehen wird. Sie wissen genauso gut wie ich: Das Geld wird von vielen Stellen gefordert. Aber mir scheint es an dieser Stelle sehr günstig angelegt. Mir ist nicht so ganz deutlich geworden, dass es dann auch dabei bleibt. Für zwei Monate kann ich mir das vorstellen, aber wir sind lange genug dabei und wissen, wie so etwas dann gehandelt wird.
Eine letzte Frage an Herrn Brinkmann: Sie sprachen darüber, dass die Verbände gestärkt werden sollen. Ich habe da immer ein bisschen die Angst, dass Verwaltung, also Overhead, gestärkt wird. Besteht nicht diese Gefahr? Ist es nicht wichtiger, die Arbeit am Kind zu verstärken – gerade angesichts von Sparbestrebungen in allen Bereichen? – Das ist für mich eine Frage, wo ich unsicher bin, was man – auch politisch – machen soll. – Vielleicht können Sie noch ein paar Argumente dazu bringen. – Danke schön!
Frau Vors. Ströver: Danke schön! – Herr Apelt!
Abg. Apelt (CDU): Danke, Frau Vorsitzende! – Uns ist, glaube ich, allen klar, dass kulturelle Jugendbildung in Berlin sehr wichtig ist und bei Weitem noch nicht das ausgeschöpft ist, was man ausschöpfen kann. Mein Eindruck – auch nach diesen Vorträgen – ist, dass wir es mit sehr unterschiedlichen Ansätzen – ich will nicht sagen, Wildwuchs – zu tun haben, und die Frage ist: An welcher Stelle wird das koordiniert, und zwar so koordiniert, dass auch angesichts der knappen öffentlichen Mittel, die wir in der Stadt zur Verfügung haben, etwas möglichst Effektives herauskommt? – Da wäre in erster Linie der Senat zu fragen, aber wir haben uns ja verständigt, jetzt nicht den Senat zu fragen. Welche Gesamtkonzeption gibt es für diese kulturelle Jugendbildung, wo man die einzelnen Initiativen einordnen und sagen kann: Ihr macht das; da haben wir vielleicht noch eine Lücke, da müsste noch etwas getan werden? – Das kann sowohl eine inhaltliche als auch eine regionale Lücke sein. Denn eines ist auch klar: dass in Berlin an verschiedenen Orten manchmal mehr, manchmal weniger in dem Bereich getan wird.
Meine Frage an die Angehörten ist: Haben Sie den Eindruck, dass sich der Senat um so eine Gesamtkonzeption bemüht hat? Sind Sie Teil dieses Gesamtkunstwerks, das der Senat aufzulegen verpflichtet wäre? Haben Sie diese Planungssicherheit? – Das ist ja das, was Sie alle wünschen – auch angesichts der Tatsache, dass ein Teil Ihrer Stellen wegbricht – SAM, ABM seien nur als Stichworte genannt. Wir haben eben vom Senat gehört, er sei für Verlässlichkeit und wolle diese schaffen. Haben Sie den Eindruck, es wird wirklich Verlässlichkeit geschaffen, oder ist vieles von dem, was wir heute behandeln, wieder nur Sprechblasen, wo immer gesagt wird: Ja, wir wollen euch alle unterstützen, das ist ganz wichtig! –, aber am Ende nicht ernsthaft etwas dabei herauskommt. Das fängt dabei an, dass auch solche Programme wie Entimon, wo die Übergangsfinanzierung fehlt, möglicherweise entsprechende Nachteile haben. Wie sind Ihre Erfahrungen? Haben Sie Ansprechpartner in den Senatsverwaltungen – möglicherweise –, wo Sie mit Ihren Problemen hinkommen können und den Eindruck haben, da werden Entscheidungen getroffen, die Ihnen wirklich weiterhelfen? Oder ist das nicht der Fall?
Letzte Frage ist eher etwas Konkretes: Es geht noch einmal um das geplante musikpädagogische Zentrum. Wie kann man das in Abgrenzung zur Landesmusikakademie verstehen? Welche Hilfe hat Ihnen der Senat bisher an der Stelle – es ist für uns wichtig, aber wir kennen die Finanzsituation des Landes – in Aussicht gestellt? Wird schon verhandelt? Wie ist die gegenwärtige Situation?
Frau Vors. Ströver: Danke schön! – Herr Dr. Jungnickel!
Abg. Dr. Jungnickel (fraktionslos): Vielen Dank! – Ich möchte die Fragen, die Herr Schruoffeneger, Frau Dr. Hiller und Herr Apelt gestellt haben, nicht wiederholen, aber noch einmal betonen: Es ist sehr schwer, die vorgetragene Summe von Statements auf einen Nenner zu bringen, weil die Gruppen, die hier gesprochen haben, sehr unterschiedlich konstruiert sind. Deswegen möchte ich diejenigen, die etwas besser gestellt sind – wie „Schlesische 27“ und die Philharmoniker –, in meiner kurzen Stellungnahme auslassen, sondern die Fragen mehr an die Senatsverwaltung stellen und das Augenmerk auf diejenigen lenken, die hier echte Hilferufe signalisiert haben. Das sind die Symphoniker, das ist die LAG Spiel und Theater und in gewisser Weise auch DerArt e. V., Jugendfreizeiteinrichtung „Kiste“. Wenn wir dieses Problem Symphoniker noch einmal aufrollen sollten – wir sollten es tun –, dann brauchen wir uns vielleicht nicht mehr so sehr über die Modelle der Symphoniker zu unterhalten. Das haben wir während der letzten Haushaltsdebatte bis ins Letzte durchdiskutiert. Wir sollten auch nicht zu sehr auf die Goldwaage legen, ob das jetzt ein oder zwei Monate sind, sondern vielleicht die Frage genauer stellen: Ist es tatsächlich eine Überbrückung, und wohin führt diese? – Aber die Grundeinstellung dieses Ausschusses – der ja vorher auch schon immer im Konsens war, wir sind ja eigentlich am Haushalt gescheitert und nicht an unserem Dissens – sollte sein, dass wir diese Frage der Berliner Symphoniker noch einmal formulieren bzw. diskutieren und zu einem halbwegs sinnvollen, zielgerichteten Ende bringen. Das möchte ich noch einmal hervorheben. Wir sollten uns auch mit den Fragen beschäftigen, die von der LAG Spiel und Theater, von Herrn Brinkmann, vorgetragen wurden – Sie waren etwas milder in Ihren Klagen, aber diese waren trotz allem nicht zu überhören –, und auch mit der Senatsverwaltung, damit diese Probleme jetzt nicht in Randdiskussionen untergehen, ob die Vernetzung so oder so oder wie auch immer gestaltet wird. Das sind praktische Themen und Fragen, die sich alle – nicht leicht, aber im Konsens – lösen lassen. Aber die existentiellen Fragen der Gruppen müssen gelöst werden, und darauf bitte ich, das Augenmerk zu legen. – Danke sehr!
Frau Vors. Ströver: Danke schön! – Frau Meister!
Frau Abg. Meister (FDP): Vielen Dank! – Ich habe noch ein paar kurze inhaltliche Fragen, und zwar einmal an Herrn Mannkopf und Herrn Brinkmann: Mir ist leider nicht so ganz deutlich geworden, worin sich die beiden Dachverbände unterscheiden. Das mag durchaus an mir liegen, aber ich bitte Sie, das noch einmal darzustellen.
Dann ist von Ihnen mehrfach die erfolgreiche Arbeit erwähnt worden. Mir ist noch nicht ganz klar, wie man in diesem Bereich Erfolg definieren kann – sicher nicht nur an der Zahl der Teilnehmer. Das wäre zu kurz gesprungen. Insofern interessiert mich, was Sie selbst als Kriterien für eine erfolgreiche Arbeit sehen und werten.
Daran anschließend kommt meine Frage: Wie unterschiedlich sind die Zielgruppen, die Sie erreichen? – Ich könnte mir vorstellen, dass das von Bereich zu Bereich unterschiedlich ist. Sind das eher die bildungsfernen oder die bildungsnahen Schichten? – Da hat sicher jeder unterschiedliche Schwerpunkte. Mich interessiert, wo die jeweils liegen.
Noch zwei kurze abschließende Fragen an die Senatsverwaltung für Schule – auch Kultur sprach es an – nach der Vernetzung. Das habe ich nicht so ganz verstanden. Ich glaube, außer einem gemeinsamen „Wir finden es beide wichtig!“ gibt es doch keine wirkliche Vernetzung. Oder ist die an mir vorübergezogen? – Ich wüsste keine einzige Institution, nichts, wo es irgendeinen Mittelzufluss aus zwei Senatsverwaltungen gibt. Mir fällt evtl. noch der Jugendkulturservice ein, der über die Eintrittskarten ein Bindeglied in den Kulturbereich hinein hat. Aber wenn mich nicht alles täuscht, ist dort der Mittelansatz gekürzt worden. Daher meine Nachfrage: Wie ist es wirklich?
Frau Vors. Ströver: Herr Dr. Stölzl!
Abg. Dr. Stölzl (CDU): Vielen Dank, Frau Vorsitzende! – Ich habe eine Anregung: Wenn man sich die Vermarktungserfolge des gegenwärtigen Hollywoodkinos genauer anschaut, dann weiß man, dass das ausschließlich noch bei Kindern und Jugendlichen stattfindet, und zwar immer in den ersten 14 Tagen, wenn es herauskommt. Warum funktioniert das so? – Weil der überwältigende Sinnenrausch dieser Kunst in der Tat ohne Konkurrenz ist. Jetzt mache ich einen Sprung und gehe in das Foyer der Deutschen Oper, wo ich mich unter lauter alten Knackern wiederfinde, die ich vor zehn Jahren schon als meine Gleichaltrigen dort hatte, und wenn Gott mir ein langes Leben schenkt, werden wir in 15 Jahren immer noch dort sein. Nur zur Zeit von Götz Friedrich, als die Kinder von ihm stark Opermission im Grauen Kloster machten, gab es mal ganze Horden von Schülern dort. Bei dieser Einladungsliste fehlt mir die Oper, und zwar unbeschadet der Tatsache, dass sie als Stiftung jetzt eine andere Rolle spielt. Wir haben in Berlin – wie jeder weiß – vor allem ein Opernproblem, denn wenn wir die Opern nicht finanzieren müssten, könnten wir alles andere spielend finanzieren. Die Rekrutierung derjenigen jungen Menschen in Berlin, die an sich – von ihrer Disposition her – absolute Opernfans, -freaks, -begeisterte werden müssten, weil die Oper genau diese Mischung aller Künste ist, liegt im Argen, und ich finde, da muss man schleunigst etwas tun. Denn wenn da noch einmal zehn Jahre lang der Nachwuchs ausbleibt, dann schlägt sich das zum einen in den Zahlen nieder, aber auch im Verlust von Akzeptanz im Ganzen. Die Oper ist an sich – ihrer historischen Rolle nach – immer etwas für ganze Familien und vor allem für sehr viele junge Leute gewesen, und ich finde, dass hier schnellstens gehandelt werden muss. Ich weiß nicht, wie, aber will einfach diesen Appell an den Senat richten.
Frau Vors. Ströver: Frau Lange!
Frau Abg. Lange (SPD): Ich habe mir einmal angeguckt, was erfolgreiche PISA-Länder in Bezug auf kulturelle Bildung tun. Das schließt an das an, was Herr Stölzl gesagt hat. In Dänemark gibt es z. B. ein Schulgesetz, das den Schülern ermöglicht, zwei Mal im Jahr ein Theater zu besuchen. In Schweden gibt es dazu einen Erlass des Kultusministeriums, und dort wird die Filmförderung durch ein Gesetz geregelt, das dem Kinder- und Jugendfilm einen Anteil von 25 % des Gesamtetats sichert. Das sind schon wegweisende Modelle. In Norwegen gibt es einen so genannten kulturellen Schulrucksack: Allen Schülern und Schülerinnen von der ersten bis zur zehnten Klasse werden Angebote von Kulturinstitutionen gemacht. Seit 1999 gibt es in den Niederlanden das Schulfach kulturelle und musische Bildung – richtig als Lehrfach verankert. Da schließt sich meine Frage an: Wäre es nicht gerade im Hinblick darauf, dass sich nur 10 % der Hauptschülerinnen und -schüler mit Kultur und Kunst beschäftigen – das ist jetzt bei dem Kulturbarometer festgestellt worden –, im Sinne von Chancengleichheit wichtig, ein kulturelles Bildungsfach im Schulplan zu verankern? Diese Frage müsste man intensiv diskutieren.
Dann interessiert uns noch, gerade weil jetzt so viele Vortragende da sind, wie und mit wie viel Geld, mit welchen Summen, die einzelnen Institutionen gefördert werden. Vielleicht können Sie uns einmal eine Aufstellung zukommen lassen.
Frau Vors. Ströver: Ich habe mich als Letzte auf die Redeliste gesetzt, ehe wir dann die Antwortrunde machen. Ich habe zwei Fragen und eine Anregung, eigentlich drei Fragen, aber die erste hat Frau Lange schon gestellt, nämlich ob es überhaupt eine Erfassung gibt, wie viel Geld in diesem Bereich auf welcher Ebene bereitgestellt wird.
Zweite Frage – das sind jetzt nur Quantitätsfragen, aber ich finde, sie sind wichtig –: Gibt es überhaupt eine Liste von diesen ergänzenden Angeboten, über die wir hier sprechen?
Drittens – das finde ich die wichtigste Frage, die nicht nur eine Quantitätsfrage ist –: Gibt es Erhebungen, wie viele Kinder und Jugendliche in Berlin von den Angeboten irgendwann einmal – auch langfristig – erreicht werden?
Dann habe ich eine Anregung. Das Ressortübergreifende ist hier das Problem. Kann man nicht wenigstens temporär so etwas wie einen Beauftragten ernennen, der genau diese Koordinationsleistung erbringt, von der wir hier reden, und genau diese Angebote sichtet, summiert und Perspektiven entwickelt, wie es weitergehen soll? – Ich bin keine Freundin des Beauftragtenwesens, aber ich sehe hier ein Defizit, und dieses müssen wir temporär ausgleichen, um zu einer langfristig qualitativen Verbesserung des Angebotes zu kommen. Dazu würde ich gern Ihre Meinung hören.
Jetzt sind wir am Ende der vielen Anregungen, Anmerkungen, Fragen und gehen in die Beantwortungsrunde. – Herr Lienke, Sie haben das Wort!
Herr Lienke (ATRIUM): Bei den vielen Fragen kann ich nur auf einige eingehen und sie im Zusammenhang abgleichen. Ich stehe immer zur Verfügung, wenn jemand der Abgeordneten noch Fragen hat. – Ich will zunächst noch einmal speziell auf die schulisch orientierten Jugendkunstschulen eingehen, die im Rahmen der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Sport gefördert werden. Diese Förderungen kommen aus den schulischen Mitteln, und die Einrichtungen, die tätig werden, akquirieren aus anderen Feldern noch Mittel hinzu. Dabei ist es notwendig, eine gewisse Grundlage zu haben.
Damit komme ich zu den internationalen Begegnungen: Diese sind häufig nur möglich, gerade wenn man eine Finanzierung über Brüssel oder andere Bereiche macht, indem man in Vorleistung geht. Wenn keine Möglichkeit, keine Struktur da ist, dann ist die Frage der Innovation auch immer etwas kompliziert. Da finden wir auf dem Weg der Kompromisse Möglichkeiten.
Zur Frage: Wie geht man nicht nur mit Menschen aus anderen europäischen Ländern um, sondern mit Menschen, die in unser Land gekommen sind und auch ihre eigene Kultur mitgebracht haben? – Das geht nur dann, wenn man ein kontinuierliches Angebot schaffen kann. Schulen sind sozusagen eine Grundlage, aber die Jugendkunstschulen im schulischen Bereich versuchen, eine Verbindung herzustellen. Wir erreichen dadurch, dass wir schulische Angebote machen, nicht nur die bildungsnahen Schichten, die vielleicht im Freizeitbereich zu uns kommen würden, sondern wir erreichen dadurch alle.
Zur Finanzierung habe ich schon gesagt, dass man versuchen muss, in allen möglichen Bereichen tätig zu werden. So etwas wie ein Experimentierfonds wäre sicher erfreulich, weil man dann auf der Basis des Experiments und der Überprüfung dessen, was gemacht worden ist, feststellen kann: War das erfolgreich oder nicht?
Wenn ich auf die Zahlen eingehen soll, dann kann ich das nur punktuell, weil das auch von der Größe der Einrichtungen abhängig ist. Natürlich kann das ATRIUM als Jugendkunstschule, die mal für 550 Schüler gedacht worden ist, ganz andere Zahlen anbieten als die Jugendkunstschule Schöneberg, die mit zwei Räumen für den Bezirk Tempelhof-Schöneberg zuständig ist und nur begrenzte Angebote machen kann. Ich kann Ihnen nur sagen, dass nicht nur die Jugendkunstschulen, sondern auch die anderen kulturpädagogischen Einrichtungen ganz lange Wartelisten von Lehrern haben, die gern mit ihren Gruppen kommen würden, um sich Impulse geben zu lassen.
Selbstverständnis: Bei den Jugendkunstschulen ist es so, dass wir z. T. auch in der Schule arbeiten, also sowohl im schulischen als auch im außerschulischen Bereich unterrichten. Gerade in den Rahmenlehrplänen, die jetzt entstehen, geht es um Kompetenzen. Diejenigen, die jetzt Rahmenlehrpläne schreiben und genehmigen, fordern vielfach eigenständige Arbeit von Jugendlichen, Seminararbeiten, für die sie aus der Schule herausgehen müssen. Dann muss es auch Orte geben, wo sie hingehen können, um weiter forschen und entwickeln zu können. – Danke!
Frau Vors. Ströver: Vielen Dank! – Herr Schöner!
Herr Schöner (DerArt e. V. – Jugendfreizeiteinrichtung „Kiste“): Ich fühle mich bei vier Punkten angesprochen. Fangen wir mit der medienpädagogischen Arbeit an. Das ist ein Reizwort. Der Steinstatt e. V. bietet seit 1992 das Kinderkino „Kiste“ an. Wir sind dort mehrfach Preisträger vom Bund geworden, haben schon mehrfach den „Handschlag“ bekommen, verbunden mit Geld. Darüber freuen wir uns immer sehr. Wir kriegen für das Kino null Geld und hatten den Vorteil, dass wir, bevor dieses Reizwort aufkam, für unser Kinderkino 50 Cent Unterstützung über „Theater der Schulen“ bekommen haben. Das ist ein Programm, das mir sehr gut gefallen hat, denn es finanziert eine Sache nicht komplett, sondern es finanziert gute Filmarbeit, indem es einen Beitrag für die Schulen gibt, damit sie dieses Angebot nutzen können. Genau diese Sache, die auch unser Arbeitsanliegen ist, ist gestrichen worden – zumindest für uns. Wir haben zwar weiterhin unseren Preis bekommen, aber auf diese 50 Cent müssen wir verzichten, und damit verzichten wir leider auf einige Kinder und Jugendliche, die das Geld wirklich nicht mehr haben.
Zweiter Punkt: Sind wir Teil des Gesamtkunstwerkes des Senats? – Nein!
Drittens: Wildern im Gebiet – so hatte ich das verstanden. Grundsätzlich gilt: Konkurrenz belebt das Geschäft – eindeutig –, aber wenn die Unterschiede zu groß sind, haut es einem die Beine weg. Bei uns findet nur ein Kurs statt, wenn Anmeldungen existieren, und die Volkhochschule mit ihrem Riesenapparat muss am Ende des Jahres logischerweise Geld ausgeben, weil einer Einrichtung im öffentlichen Dienst immer noch die am Ende des Jahres nicht komplett verwendeten Gelder im nächsten Jahr gestrichen werden –, dann kann sich jeder zusammenrechnen, was das für eine Konkurrenz ist. Das sind völlig unterschiedliche Bedingungen, unter denen wir arbeiten.
Die letzte Frage, auf die ich noch antworten möchte, betraf die regionalen Unterschiede. Sie sind eindeutig gegeben. Ich habe vorhin schon gesagt, dass Hellersdorf nicht mal zu Ende gebaut wurde. Wir haben uns aber 1997, als wir die Aufgabe gestellt bekommen haben, eine Jugendkunstschule aufzubauen, alle Modelle von Jugendkunstschulen in Berlin angesehen. Wir sind auf drei Modelle gekommen – mit Stärken und mit Schwächen. Die ersten Einrichtungen waren pure kommunale Einrichtungen. Der Vorteil war: sehr geringe Gebühren. Der Nachteil war: sehr hohe kommunale Ausgaben, wenn ich die Lohnsteuer mit einrechne. Zweites Modell: Jugendkunstschule, geführt nur durch den freien Träger. Das war sehr günstig in den Kostenstrukturen für das Amt, aber relativ ungünstig für den Kunden, weil diese Schulen hohe Gebühren hatten. Es gab eine dritte Form, aber ich glaube, sie ist am Auslaufen: die beschäftigungsorientierte Jugendkunstschule. Da fand in meinen Augen eine Verschleierung statt, weil durch dieses Geld, das nur für Beschäftigungsorientierung gegeben worden ist, die realen Kosten nicht hochgerechnet worden sind. Aus diesen Gründen haben wir ein Modell entwickelt, wo wir gesagt haben: Es gibt einen kommunalen Mitarbeiter, der diese Kontinuität und die Vorteile von kommunaler Seite hineinbringt, und einen Mitarbeiter von freien Trägern. Und wenn ich jetzt noch sage, dass genau dieser kommunale Mitarbeiter seit 1. 1. 2005 abgezogen ist und wir nur noch bis Juni eine Gnadenfrist haben, dann sieht man auch, dass selbst diese Modellversuche, die wir machen, immer wieder sehr gefährdet sind. – Das waren meine Antworten.
Frau Vors. Ströver: Danke schön! – Herr Moritz!
Frau Vors. Störer: Danke schön! – Herr Moritz!
Herr Moritz (Berliner Symphoniker GmbH): Es waren verschiedene Fragen, zu denen ich einiges sagen kann. Zum Stichwort: Zeit kaufen. Es hat Sinn, Zeit zu kaufen, denn wir befinden uns momentan in einer Situation, die dahin gehend einzigartig ist, dass wir in sehr konkreten Verhandlungen mit drei verschiedenen Partnern, die sich ernsthaft eine Übernahme der Sache der Berliner Symphoniker überlegen, um damit bestimmte Marketingziele zu erreichen, sind. Das ist eine ganz nüchterne Geschäftsbeziehung und hat mit Kultur sehr wenig zu tun. Im „Output“ hat das für sie einen großen Nutzen. Wir sind auf dem Weg, dies zu Ende zu bringen, hatten allerdings folgendes Problem: Seit Dezember, als wir die GmbH gegründet haben und erstmals freie Hand hatten, in diesem Bereich tätig zu werden – also nicht nur gegen das Land Berlin zu klagen und sonstige Dinge zu tun, sondern nach vorn zu kommen und nicht hinten zu kleben. Es ist ein Schulterklopfen, ein Anerkennen der Wirtschaft, die sagten: Das ist toll. Mit euch machen wir auch einmal etwas zusammen. – Aber wir erleben im Moment, dass die zeitliche Nähe zur Einstellung des Spielbetriebs leider erst der Katalysator ist, der dazu beiträgt, dass hier wirklich Nägel mit Köpfen gemacht werden wollen. Nur, das Problem ist, dass das wiederum auch nicht mehr so schnell geht. D. h., wir mussten in der Ironie des Schicksals so weit kommen, dass uns das Wasser schon bis zum Hals steht, um Partner in der Wirtschaft wirklich zum Handeln zu bewegen. Das geht aber nicht so schnell. Zusätzlich ist es so, dass auch da die Frage von solchen Leuten kommt: Das, was ihr in der Stadt tut, haben wir erkannt. Das ist fantastisch. Das ist ganz wichtig. Es kann doch gar kein Thema sein, dass das Land Berlin euch hilft, bis die Tinte trocken ist. – Es gibt ein großes Unverständnis darüber, dass es nicht gewollt wird, zwei Monate zu überbrückten. Ich rechne mit zwei Monaten. Ich denke, ein Monat würde schon reichen, aber ich möchte aber auf Nummer sicher gehen, dass wir nicht in eine zeitliche Bredouille geraten, sonst gehen uns diese Sachen kaputt, und wir hätten nicht diese zwei für die Kulturlandschaft dieser Stadt wunderbaren Ergebnisse, nämlich zum einen der Erhalt dieser Kultureinrichtung, die nicht ganz unsinnig in dieser Stadt sein könnte, zum anderen auch zu beweisen, dass eine Kulturpolitik, die diesen grausamen Zwängen einer Haushaltssituation unterliegt, wie sie in Berlin ist, eine Weitsicht in sich trägt, zu wissen: Es ist zwar notwendig gewesen, eine Entscheidung zu treffen – wie notwendig auch immer –, aber wir haben die Weitsicht, wir haben das Wissen, dass es notwendig ist, neue Modelle auf den Weg zu bringen, damit diese sozial relevante Arbeit erhalten bleibt. Ich kann nur darum werben, uns Vertrauen zu schenken, dass wir mit den größten Kräften bemüht sind, diese Verhandlungen erfolgreich zu Ende zu bringen. Das ist im Moment unsere Hauptaufgabe, und ganz nebenbei schaffen wir es wie gestern Nachmittag um 16.00 Uhr, die Philharmonie auszuverkaufen. Das ist eine wichtige Sache, aber ich kann nicht garantieren oder eine eidesstattliche Versicherung abgeben, dass diese Verhandlungen erfolgreich sein werden. Das ist völlig unmöglich, das könnte ich nicht tun. Ich halte mich mit Versprechungen zurück, die wir womöglich – theoretisch – nicht halten können. Ich weiß, dass wir diese Sache meistern werden. Ich weiß aber, dass wir es nur dann können, wenn uns der Kalender keinen Strich durch die Rechnung macht, und deswegen ist nochmals meine Bitte zu schauen, ob Mittel dafür gefunden werden können, um uns diese Zeit von zwei Monaten zu überbrücken.
Zum Selbstzweck, Herr Schruoffeneger: Dass sich die Kultur als solche im Moment sehr stark um das Transportmittel Sozialarbeit und soziale Relevanz bemüht, finde ich ganz richtig und wichtig, denn wenn die Kultur um der Kultur willen passiert, haben wir eine Kultur der Hochkultur und der Leuchttürme, und das ist richtig und das ist gut so. Immer, wenn man Kultur um der Kultur willen passieren lässt, kreist die Kultur in sich und um sich und bringt wunderschöne Dinge hervor, die immer weiter nach oben steigen. Das soll so sein. Aber es ist ganz wichtig, gerade damit das noch eine Verankerung im Boden hat, die Diskussion in der Kulturpolitik dahin zu bringen, dass es um die soziale Relevanz geht. Es ist absolut notwendig – und es geht nicht von der Kultur weg –, wenn man die soziale Komponente so sehr spielt, denn das, was hier vermittelt wird, ist soziale Kompetenz an zukünftige Generationen, und die Mittel, die wir hier sparen, verursachen später mit Sicherheit Schäden, die wir dann nicht mehr mit Geld bezahlen können. Es ist absolut notwendig, dass man genau diese Diskussion hier führt, dass absolut Kultur Sozialpolitik ist.
Wir erhalten keinerlei Hilfe vom Senat, das war eine weitere Frage. Es gab eine Zusicherung von Herrn Flierl, womöglich Geld für einen Monat zur Verfügung zu stellen. Das hätten wir auch nicht benutzen können, d. h., ich hätte garantieren müssen, dass wir die 45 000 € wieder zurückgeben. Das kann ich nicht, und damit war die Sache geplatzt. Es ist nicht richtig, dass Herr Flierl uns auf der Suche nach Sponsoren unterstützt. Davon weiß ich nichts. Es würde mich sehr freuen, davon zu hören.
Zur Bereitstellung der Büroräumlichkeiten: Wir sind dem Berliner Immobilienmanagement, namentlich dem Geschäftsführer, Herrn Teichert, sehr dankbar, dass uns er die Räumlichkeiten in der Senatskulturverwaltung zur Verfügung gestellt hat. Wir fühlen uns dort im Haus sehr wohl, sind sehr herzlich aufgenommen worden. Vielen Dank dafür auch an das Haus der Senatskulturverwaltung. Die Motivation ging allerdings von der BIM aus.
Eine weitere Frage war: Wir sind auch nicht Teil einer
Gesamtkonzeption der Senatskultur und
-schulverwaltung. Wenn, dann sind wir Teil der Gesamtkonzeption
Orchesterstrukturreform, die den zweiten Schritt, nämlich die Fusion des BSO
und des RSB, nicht vollzogen hat. D. h., der Einspareffekt von weiteren
5,8 Millionen € hat somit gar nicht stattgefunden. Diese Orchesterstrukturreform
scheint nicht weiter stattzufinden, was uns sehr glücklich macht. Wir haben erfahren,
dass sie wohl auch deswegen nicht weiter stattfindet, weil man merkt, wie
schade, schlimm und schädlich es ist, Orchester in dieser Stadt zu schließen.
Wir waren sicherlich auch Teil dieser Strukturreform.
Zur Kooperation mit der Landesmusikakademie im FEZ an der Wuhlheide: Ich hatte letztmalig am 7. März am Rande einer Abendveranstaltung Kontakt mit Vertretern der Landesmusikakademie. Wir haben dort vereinbart, dass wir uns sehr nah zusammensetzen werden, weil wir absolute Synergien sehen, und die sollte man kombinieren. Selbst wenn jede Institution für sich würde arbeiten wollen: Es gibt kein Zuviel in der Stadt. Es würde mich sehr freuen, wenn man sich dereinst in diesen Räumlichkeiten trifft und darüber diskutiert, was man weglassen muss, weil es zu viel ist. Die Stadt läuft nicht Gefahr, dass wir ein Zuviel an sozial relevanter Kulturarbeit haben. Ich denke, dass ich dabei im Namen aller spreche. Von ganz oben bis ganz unten muss es ein dichtes Paket sein, sonst kippt diese Stadt irgendwann über.
Frau Vors. Ströver: Danke, Herr Moritz! – Frau Grohs!
Frau Grohs (Education-Programm der Berliner Philharmoniker): Ich gehe auch noch einmal kurz auf die Frage der Instrumentalisierung von Jugendkulturarbeit unter sozialpolitischen Aspekten ein. Es wurde immer wieder deutlich, wie wichtig Kulturarbeit für die soziale Kompetenz ist, aber uns ist es auch wichtig zu betonen, wie wichtig es für die Lebensfähigkeit der Kunst an sich und deren Ausdruckskraft ist. In diesem Zusammenhang ist es fast zu viel spät, dass diese Education-Arbeit innerhalb des Orchesters anfängt. Wir bieten auch immer wieder Workshops für die Musiker an. Es muss viel stärker in der Lehre integriert werden, dass es Teil der Musikausbildung wird, denn dann wird es auch als Teil dessen begriffen, und dann findet auch später nicht diese unbewusste Hierarchisierung zwischen: Was ist Jugendkulturarbeit, und was ist die Kunst an sich? – statt. In diesem Bereich lohnt es sich, sich stärker zu engagieren.
Zur Frage zur Nachhaltigkeit, Verbindung zu Berufs- und Fachschulen: Ich habe vorhin kurz skizziert, wie wir versuchen, schon innerhalb der Projekte Netzwerke aufzubauen, die dadurch die Möglichkeit haben, weiter zu wirken. Z. B. arbeiten wir intensiv mit dem Oberstufenzentrum für Bekleidung und Mode zusammen, das aktiv bei der Kostümproduktion für das Tanzprojekt mitwirkt. An sich lernen die Schüler industriellen Schnitt und industrielles Design, und diesem Fall können sie es in einem gelebten Kontext erleben. Es gibt viele Möglichkeiten, das zu verbinden.
Frau Vors. Ströver: Danke schön! – Frau Hartmann-Fritsch!
Frau Hartmann-Fritsch („Schlesische 27“): Vieles haben meine Vorredner schon beantwortet. Zunächst möchte ich auf ein Missverständnis von Ihnen eingehen, als Sie sagten: Lassen wir doch einmal die etwas besser Gestellten aus der Diskussion: die „Schlesische“ und die Philharmoniker. – Ich habe mich bemüht, nicht den Problemkatalog aufzulisten, denn selbstverständlich arbeitet auch die „Schlesische“ unter extrem harten Existenzbedingungen und Kämpfen. Das will ich noch einmal betonen. Wenn wir nicht von Streichungen betroffen sind, sind auch langfristige Nicht-Erhöhungen massive Kürzungen. Wir sind sehr erfindungsreich. Ich bitte Sie, das nicht als ein Minus zu sehen, im Gegenteil. Ich habe vorhin die Trüffelnase angesprochen, die man braucht, um auf diesem Feld erfolgreich zu arbeiten. Die braucht man, um über den Tellerrand hinaus zu sehen: Was ist woanders erfolgreich? – und: Woher holt man sich Stärken? –, und das heißt auch, zu gucken: Wo gibt es Gelder?, nämlich bei Stiftungen und im internationalen Bereich. Das tun alle, die auf diesem Feld arbeiten, massiv, sonst haben wir keine Überlebenschancen.
Unser Hauptproblem ist auch das der Ressourcen. Wir arbeiten jährlich mit ca. 2 000 Jugendlichen in Projekten, die von Künstlern geleitet werden. Ich habe dafür zwei Dreiviertelstellen Pädagogik. Es ist unvorstellbar, was an Ehrenamt kommen muss, und es ist schon längst unter der Grenze dessen, was man brauchte.
Zur Schlüsselrolle der Schulen: Wir freuen uns selbstverständlich sehr über die neue Diskussion, die aufbricht, um Schule und Außerschulisches zu stärken. Ich biete vor allen Dingen den Kollegen auf dem Podium an, dass wir uns außerhalb dieser Befragungsrunde noch einmal fachlich zusammensetzen und vielleicht mit konkreten Vorschlägen vorangehen, die Sie aus Ihrer anderen Aufgabe heraus gar nicht so entwickeln können wie die Praktiker. Ich biete dies ausdrücklich an.
Die Rolle der Internationalität ist bei uns sehr hoch. Damit meine ich nicht nur die Kulturen, die in dieser Stadt sind, sondern wir sind längst in europäischen Netzwerken, und es ist extrem wichtig, dies zu tun, und zwar vernetzt von gemeinwesenorientierten Einrichtungen in ganz Europa, die alle eine europäische Dimension haben. Von der Politik wünsche ich mir ein genaueres Hingucken und das vielleicht auch noch mehr abzuholen, was an Vernetzungen da ist und es auch nutzbar machen.
Zur Gesamtkonzeption Schule und Kulturverwaltung: Man könnte noch viel mehr von uns abholen, weil wir Potentiale haben, die gar nicht angeguckt werden. Man ist als eine wunderschöne Orchidee in der Landschaft und kann viel mehr und könnte zu der aktuellen Diskussion viel mehr beitragen. – Ich bin mit den vielen Fragen ein bisschen überfordert. Wenn ich etwas vergessen habe, können Sie sie nachher noch einmal stellen. – Danke schön!
Frau Vors. Ströver: Danke schön! – Herr Brinkmann!
Herr Brinkmann (Landesarbeitsgemeinschaft Spiel und Theater Berlin e. V.): Vielen Dank! – Zuerst möchte ich etwas zum Unterschied zwischen der LAG Spiel und Theater und der LKJ sagen. Die LAG Spiel und Theater hat eher einzelne Mitgliedschaften von Personen, die im Bereich Spiel und Theater arbeiten, während die LKJ eher Institutionen hat, die in der Jugendkultur arbeiten. Bei uns sind verschiedene Generationen angesprochen. Dieser wichtige Aspekt fehlt mir in der Diskussion, wenn es um kulturelle Bildung für Kinder und Jugendliche geht. Auch für andere Generationen ist kulturelle Bildung wichtig, und auch da muss man Generationen übergreifend zusammenkommen, was in vielen Institutionen stattfindet. Ich bekomme es immer bei der Staatsoper – in der Hochkultur – mit, in der ich arbeite. Hier wird im Moment Kinder- und Jugendarbeit gefördert. Opern verstehen auch viele Erwachsene nicht, und die könnten auch gern Nachhilfeunterricht bekommen.
Zur Frage der Ganztagsgrundschulen und wie sinnvoll eine Vernetzung ist: Wir beobachten im Moment, dass es sehr viele Einzelpersonen gibt, die sich an diese Grundschulen wenden. Man hat mitbekommen, dass es im Moment Gelder gibt, die zur Verfügung stehen, und jeder kommt mit einem kleinen Workshop-Konzept. Es ist sinnvoll, wenn man dort auf die Qualität schaut und versucht, die Aktivitäten ein bisschen zu bündeln, damit das pädagogische und fachliche Know-how zusammenwirken können. Es ist auch wichtig, die Schulen, die die Gelder zur Verfügung gestellt bekommen, darauf hinzuweisen, dass das auch wirklich in diese Arbeit fließen kann.
Zur Frage, ob es bei solchen Dachverbänden, wie wir es sind, sinnvoll ist, die Verwaltung zu stärken: Ich sehe dieses Problem auch, und natürlich sollte möglichst viel Geld in die Kinder- und Jugendarbeit direkt fließen, aber man sollte sich auf ein Mindestmaß verständigen, damit bestimmte Grundaufgaben erledigt werden können, also dass ein gewisses Maß an Vernetzung betrieben werden kann, damit Anträge gestellt werden können, damit der Bereich des Sponsorings kontinuierlich gemacht wird, damit es insgesamt in dieser Arbeit zu mehr Kontinuität und Verlässlichkeit – was häufig angesprochen wurde – kommen kann. Wenn es das nicht gibt, sind es immer wieder kleine Einzelaktionen, die oftmals nicht in einem Zusammenhang stehen. Diese Kontinuität ist in der Arbeit ganz wichtig, um letztendlich auch zu Nachhaltigkeit zu kommen, was immer ein wichtiger Begriff in den Diskussionen der letzten Zeit ist und die sich nur herstellen lässt, wenn Kontinuität wirklich gesichert ist.
Lassen Sie mich zum Schluss noch ein kleines Projekt vorstellen, weil auch die Frage nach der Stiftung Oper aufgeworfen wurde und ich dort zufällig arbeite. Wir hatten jetzt gerade ein kleines Projekt – das hieß Micaela – mit 80 Jugendlichen, zum Großteil mit Migrationshintergrund. Sie haben sich mit so einem hoch kulturellen Werk wie der Oper Carmen beschäftigt, und wir konnten wunderbar feststellen, dass in dieser Arbeit sehr viele Ziele erreicht wurden, nicht nur, dass das Interesse für die Oper geweckt wurde, sondern dass durch dieses Miteinander von verschiedenen Jugendlichen mit unterschiedlichen kulturellen Hintergründen eben ganz Spannendes zu sehen war, z. B. wie die Jugendlichen voneinander gelernt haben und ihre eigene Version einer Oper auf die Bühne gebracht haben. Dieses Zusammenbringen verschiedener Gruppen aus unserer Stadt ist etwas ganz Wichtiges. Wir hatten vier Schulen aus unterschiedlichen Bezirken, und von den Jugendlichen wurde am Schluss immer wieder hervorgehoben, dass sie mit ganz anderen zusammengekommen sind, d. h., dass sie aus ihren kleinen Zirkelchen – manchmal ist es nur der Klassenverband – oder die kleine Peergroup im Bezirk herausgekommen sind und dass das geöffnet wird und übergreifend über die ganze Stadt Projekte ermöglicht werden. – Danke schön!
Frau Vors. Ströver: Danke schön, Herr Brinkmann! – Herr Mannkopf!
Herr Mannkopf (Landesvereinigung Kulturelle Jugendbildung Berlin e. V.): Die rezeptiven Angebote von Kinder- und Jugendkultur in dieser Stadt haben wir noch gar nicht angesprochen. Aus meiner Sicht kann man hier eine gewisse Überalterung feststellen. Das ist offensichtlich auch ein Feld, bei dem man keine Zukunft sieht. Hier knüpfe ich bei Frau Lange an und den Erfahrungen in der Dänischen Kinderkulturwoche mit der Situation in Dänemark. Die Verknüpfungen zwischen den Ausgaben für Erwachsenenkultur und für Kinderkultur hat meines Erachtens Sinn, denn man hat in diesen Ländern eine andere Kultur von Kindheit, von der Wahrnehmung von Kindern in der Gesellschaft. Dort haben sie kein demographisches Problem.
Daneben wurde die Frage nach dem Erfolg gestellt. Es gibt sicherlich eine Reihe von Langzeituntersuchungen, die nachweisen, dass kulturelle Jugendbildung auf Persönlichkeitsentwicklung Einfluss nimmt. Natürlich ist es gerade im wenig kontinuierlichen Kontext schwierig, dieses zu messen. Man muss auf die Erfahrungen dieser Untersuchung Bezug nehmen und sich in seiner Wahrnehmung dranhängen. Letztlich sind Verantwortungsübernahme, Engagement, Persönlichkeitsentwicklung die Indikatoren, da, wo wir eine längere Beobachtung haben und wo wir die Erfolge unserer Arbeit ablesen könne.
Es wurde die Frage der bildungsferneren Gruppierungen angesprochen. Natürlich ist klar, dass im Bereich Jugendarbeit in bildungsferneren Zusammenhängen der sozialarbeiterische Aspekt, was die Lebenslagen und Alltagsprobleme der jungen Menschen betriff, eine große Rolle spielt. Umso mehr wäre es wichtig zu sehen, welche integrative Wirkung kulturelle Bildung in diesen Feldern leisten könnte und wie genial es wäre, wenn man – deswegen Experimentierfonds – über Mittel verfügen könnte, um mit Projekten in derartige Bereiche hineinzugehen, um auch den Mitarbeitern in dem Feld, die oftmals den Horizont nicht mehr sehen, Möglichkeiten zu offenbaren, welche Arbeitsformen dort Perspektiven bilden, erst einmal für die Jugendlichen, aber auch für das Arbeitsfeld an sich. Durch die wirtschaftlichen Situation Berlins und des Zusammenschmelzen jeglicher flexibler Mittel – bei allem Hinweis auf Stiftungen – sind da Grenzen gesetzt, aber ich glaube, dass wir da viel mehr tun müssen und auch können.
Die Authentizität von Künstlern ist in dem Bereich sehr wichtig. Jugendkulturarbeit nur zu nutzen, um sie zu instrumentalisieren, ist sicherlich der falsche Weg, gerade bei den bildungsferneren Schichten. Die Erfahrung, die authentische Wahrnehmung von Künstlern begeistert sie, reißt sie mit, bringt sie nach vorn. Wir müssen natürlich auch über den Kunstbegriff diskutieren. Da sind Rap, Breakdance usw. eher als Ballett oder Chormusik angesagt, was nicht heißt, dass es in den anderen Feldern nicht absolut sinnvoll ist, die anderen kulturellen Felder weiter zu bedienen, denn Integration wird nur da funktionieren, wo man etwas hat, in das man hineinintegrieren kann.
Vielleicht noch zur Steuerung, bevor ich am Ende noch einen Einzelpunkt benennen möchte. Es gibt Jugendhilfeplanung, aber ich glaube, es ist deutlich, dass mit den Feldern Schule und Kultur auch neue Steuerungsinstrumentarien entwickelt werden müssen, wenn sich die Verbindung zwischen außerschulischer und schulischer Jugendbildung entwickelt. Wir haben die Sozialraumorientierung als ein Instrument, da voranzukommen, aber bezogen auf die landesweite Steuerung – ohne dass ich hier ein Angebot machen kann, wie das aussehen sollte – sehe ich Bedarf.
Zum Abschluss möchte ich ein Kleinod benennen. Seit vier Jahren – es hat als Modellprojekt begonnen – haben wir das freiwillige soziale Jahr in der Kultur aufgelegt. Wir haben leider aus Landesmitteln keine Förderung erfahren können, nur aus Stiftungsgeldern. Die Zeit ist abgelaufen. Wir finanzieren im Moment durch eine nicht ganz seriöse Mischfinanzierung zwischen Wehrersatzdienst Leistenden und Freiwilligen 50 Plätze in Berlin, ohne jeglichen Zuschuss. Von den 650 €, was es im Monat pro eingesetzten Jugendlichen kostet, kommen 350 € von den Einsatzstellen und 9 % aus Bundesmitteln. Wir werden vielleicht noch ein Jahr durchhalten, aber da die Rahmenbedingungen auch beim Wehrersatzdienst schwieriger werden, werden wir da an die Grenze kommen. Wir haben jetzt schon mehr als 1 000 Bewerbungen für diese 50 Plätze. Es ist für junge Leute eine geniale Form, Berufsorientierungen zu finden, sich persönlich in Projekten zu engagieren im Kontext kultureller Bildung, und ist es egal, ob im Jüdischen Museum, an der Deutschen Oper oder in Kinder- und Jugendkulturprojekten. Wenn wir einen Weg finden könnten, dieses Projekt nachhaltig zu sichern, wäre das ein toller Schritt dieser Veranstaltung. – Danke!
Frau Vors. Ströver: Vielen Dank, Herr Mannkopf! – Herr Härtel!
StS Härtel (SenBildJugSport): Schönen Dank, Frau Vorsitzende! – Es wurden zahlreiche Fragen gestellt. Herr Dr. Stölzl hat aber auch schon durch Herrn Brinkmann eine Antwort bekommen, weil sehr deutlich wurde, dass wir junge Menschen auch an die Oper heranführen wollen, und gerade hat die TUSCH-Festwoche stattgefunden, u. a. in Kooperation mit der Staatsoper Unter den Linden und der Komischen Oper, nicht nur erstmalig, sondern bereits in den vergangenen Jahren. Das ist ein sehr ausbaufähiges Projekt. Allen, die sich da engagieren, ist Dank zu sagen, und das bedeutet auch, dass dies bereits ein Vernetzungsaspekt ist, den wir gemeinsam mit der Senatsverwaltung für Kulturelle Angelegenheiten immer im Auge haben, und unter diesem Gesichtspunkt behalten wir auch an andere Projekte – TUSCH habe ich genannt, Märchentage, Jugendkulturservice, Landesmusikakademie – immer gemeinsam mit der Kulturverwaltung im Auge und stimmen sie auch miteinander ab. Unser Haus gibt beispielsweise auch mit der Landesvereinigung Kulturelle Jugendbildung eine Broschüre heraus – „Applaus“ –, aber stellt auch für andere Dinge immer regelmäßig Informationen bereit, welche Einrichtungen im Bereich der Jugendkulturarbeit Angebote machen. Das sind dann auch die entsprechenden Abstimmungsprozesse, Herr Mannkopf. Wir sollten das insgesamt aufnehmen, wie wir auch mit den Dachverbänden – ich habe vorhin Tanz etc. genannt – gemeinsam dazu kommen, landesweit bestimmte Absprachen zu treffen, Orientierungen zu geben. Auch in Bezug auf Rahmenvereinbarungen habe ich vorhin darauf hingewiesen.
Ein Problem will ich kurz ansprechen: Vorhin wurde die dezentrale Kulturarbeit und die Jugendkulturarbeit vor Ort angesprochen. Es ist für uns sehr schwer, das gesamtstädtisch zu steuern, weil wir auf der einen Seite sagen, dass diese Angebote wirklich in bezirklicher Verantwortung sein sollten, und dann gibt es bestimmte Lücken und Flächen in Berlin, wo Jugendkulturarbeit nicht so im Angebot ist. Dann muss man auf die Bezirke zugehen, und sie müssen entsprechende Schwerpunkte setzen. Wir haben diese Auseinandersetzung schon immer in der dezentralen Kulturarbeit gehabt. Es ist schwer, dieses gesamtstädtisch zu steuern. Aber solche Debatten sind sehr wichtig, und Schule wird mit dem Ausbau der Ganztagsschule zum Dreh- und Angelpunkt eine ganz entscheidende Schnittstelle werden, um solche Kooperationsprojekte nachhaltiger zu initiieren. Wichtig in diesem Zusammenhang sind die Fortbildungsangebote für Lehrerinnen und Lehrer. Das machen auch verschiedenen Dachorganisationen. Z. B. bieten die Jugendkunstschulen an, regelmäßig in den Regionen die Lehrerfortbildung zu organisieren. Frau Tesch, mit den Jugendkunstschulen brauche ich eigentlich keine Kooperationsvereinbarung, denn das sind gemeinsam mit den Bezirken und meiner Verwaltung getragene Einrichtungen, die den direkten Zugang zur Schule haben, und wir können auch sehr schnell und flexibel auf Anforderung einzelner Schulen in den Regionen reagieren. Unter dem Gesichtspunkt wird die Fortbildung angemessen berücksichtigt.
Frau Lange, Sie haben vorhin das Stichwort Bildungsfach angesprochen und u. a. auf das kulturelle Bildungsfach – als Oberbegriff – und auf Initiativen gerade der skandinavischen Länder hingewiesen. Die Idee, so einen kulturellen Schulrucksack zu haben, finde ich sehr gut, weil man damit deutlich macht, dass man allen Schülern etwas mitgeben möchte und sie nach ihren entsprechenden Neigungen, Fähigkeiten und Interessen auswählen können. Wir haben ein paar Ansatzpunkte über unseren Jugendkulturservice, über die entsprechende Information, über das Berliner Jugendabo etc. Das ist etwas, was Einzelne anspricht, aber ich glaube, damit ist eher gemeint, dass sich eine Schule mit solchen kulturellen Aktivitäten identifiziert, sie aufnimmt und auch in ihrem Schulprogramm entsprechend verankert. Das ist ein wesentlicher Aspekt, wobei ich aber immer das Problem habe, von „Fach“ zu reden. Ich glaube, da kommen wir nicht weiter. Ich war in der letzten Woche auf drei Veranstaltungen, bei denen es um produktives Lernen in der Hauptschule, um Gesundheitsbildung in der Schule und die Naturwissenschaften, Stichwort Schülerlabor, ging. Alle drei Veranstaltungen haben von uns gefordert, entsprechende Fächer in der Berliner Schule einzurichten. Das hat keinen Sinn, und ich glaube, dass Sie das auch nicht meinen. Wir brauchen etwas – und das gibt das Schulgesetz auch her –, wo wir in Kooperation fächerverbindend oder fächerübergreifend die kulturelle Bildung wirklich als einen roten Faden in der Schule mitbetrachten und nicht nur einzelnen Fächern überlassen. Das ist ein entscheidender Punkt, und darüber müssen wir gemeinsam mit den verschiedenen Kultureinrichtungen reden, wenn es um eine Rahmenvereinbarung geht, wie man derartige Angebote verlässlich in die Schule bringen kann und wo die Schule begreift, dass sie auch woanders Lernorte nutzen muss.
Damit sind wir wieder bei dem Punkt Schule. Uns ist auch klar, dass bei den Stichworten Sozialraumorientierung in der Jugendhilfe, dezentrale Kulturarbeit oder Jugendkulturarbeit die Schule künftig noch sehr viel mehr an Bedeutung gewinnen wird. Das müssen wir auch immer im Blickfeld haben, damit wir mehr Verlässlichkeit in die Standorte in den Regionen hineinbringen. Insofern bedarf es auch einer Abstimmung mit vielen anderen und einer längerfristigen Perspektive für die Jugendkulturarbeit, gemeinsam mit der Kulturverwaltung. Da sind wir auf einem vernünftigen Weg.
Zur Frage der Abgrenzung der Ämter: Musikschule und Schule. Wir haben jetzt begriffen, dass es nur gemeinsam geht. Die Musikschule hat ein Interesse daran, mit der Schule eng zusammenzuarbeiten, und die Schule hat ein Interesse daran, mit der Musikschule eng zusammenzuarbeiten, auch mit Jugendfreizeiteinrichtungen oder Jugendkultureinrichtungen. Ich glaube nicht, dass einzelne Volkshochschulen für unter 15-Jährige Angebote machen. Jedenfalls ist das nicht die Linie der Volkshochschulen. Aber wenn über 15-Jährige durch besondere Theaterprojekte an Volkshochschulen erreicht werden, sollte man auf der bezirklichen Ebene daran denken, dass man das in Abstimmung und vernetzten Räumen tut. Dazu ist der Informationsaustausch sehr wichtig, und der scheint mir auf der bezirklichen Ebene in Bezug auf kulturelle Bildung dringend erforderlich. Insofern ist das heute ein wichtiger Ansatzpunkt.
Frau Ströver, Sie haben gefragt, wie viel Geld ausgegeben wird. Bei den Projekten, die von uns Zuwendungen bekommen, wissen wir auf Grund der Verwendungsnachweise, was wofür ausgegeben wurde und wie viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer sie haben. Wir haben weniger einen Überblick über die bezirklichen kulturellen Projekte, weil uns die Daten fehlen. Insofern ist es schwierig, hier eine konkrete Aussage zu machen.
Sie hatten vorhin eine Frage bezogen auf die fachlichen Anforderungen gestellt: Stichwort Kunst und Musik in der Berliner Schule, kulturelle Bildung. Hier will ich eingestehen, dass es ein Problem ist, angesichts der Altersstruktur und der im Moment sehr geringen Einstellungsmöglichkeiten, hier fachlich kompetent – was notwendig ist – jedes Fach angemessen abzudecken. Das ist und bleibt unsere Aufgabe. Es ist eine Pflichtaufgabe, dass der Musikunterricht angemessen durchgeführt wird, und zwar auch durch Fachleute. Mit der Jugendkunstschule intensivieren wir aber auch die Fortbildung.
Zu der Frage zum Experimentierfonds will ich nur kurz eine Bemerkung machen. Man kann darüber nachdenken, ob man so etwas einrichtet oder z. B. durch die Bundeskulturstiftung solche Dinge auch fördert. Wir haben im Moment ein Problem – weil hier mehrere Modellprojekte genannt wurden, und das gehört auch in eine politische Debatte –: Wir haben viele Modellvorhaben über die Bund-Länder-Kommission in den Berliner Schulen initiieren können. Durch die gesamte Föderalismusdebatte und durch die Kritik an der BLK findet jetzt Folgendes statt: Der Bund ist gar nicht mehr bereit, in entsprechende Projekte zu investieren. Genau dort, wo wir in der Vergangenheit innovativ Modellfinanzierungen über Mitbeteiligung des Bundes ermöglichten konnten, fällt es weg, weil offensichtlich im Streit zwischen den Ländern und dem Bund im Ergebnis zurzeit das Ergebnis so aussieht, dass die Länder auf ihre Eigenverantwortung beharren. Dafür kann man durchaus Verständnis haben. Wenn man aber gleichzeitig feststellt, dass es auch eine gesamtnationale Aufgabe ist, beispielsweise in den Bereichen Schule und auch Kultur zumindest innovative Ansätze zu fördern, sollte man das nicht gegeneinander, sondern miteinander tun. Vielleicht gibt es da noch ein bisschen mehr Bewegung. Das hat bestimmt in diesem Ausschuss schon in der Vergangenheit eine Rolle gespielt. Wir leiden wirklich etwas darunter, dass diese Modelle jetzt auslaufen.
Frau Vors. Ströver: Danke schön! – Herr Heller!
Herr Heller (SenWissKult): Es kamen mehrere Anfragen hinsichtlich der Berliner Symphoniker. Ich möchte aber die Frage der Zwischenfinanzierung richtig stellen. Es hat in den letzten Tagen Gespräche gegeben, zuletzt mit dem Insolvenzverwalter, einem Rechtsanwalt, der gleichzeitig Mitgesellschafter der GmbH ist. Dieser hat uns erklärt, dass Mittel zur Zwischenfinanzierung in der Form einer Zuwendung derzeit nicht gebraucht werden, sondern dass es andere Lösungswege für die GmbH gibt, diese Zwischenzeit ohne Liquidation zu überstehen. Vor dem Hintergrund dieser Aussage und der Tatsache, dass wir keine Deckung für irgendwelche Mittel, die wir von anderer Stelle her besorgen müssten, im Haushalt haben, haben wir das erst einmal erfreut zur Kenntnis genommen und drängen auch darauf, zunächst andere Wege zu gehen, als hier weitere Zuwendungsmittel in die Hand zu nehmen, die im Haushalt so nicht vorgesehen sind.
Des Weiteren ist in diesem Gespräch der Senator gebeten worden, sich persönlich bei den Sponsoren für die Unterstützung der GmbH zu verwenden. Hier ist dem Insolvenzverwalter und Mitgesellschafter eine Zusage unseres Hauses gegeben worden, dass sich der Senator in Gesprächen persönlich einsetzen wird. Es ist verabredet worden, einen Termin zu suchen. Möglicherweise hat es da Übermittlungsprobleme gegeben, dass das bei Ihnen noch nicht angekommen ist, Herr Moritz.
Zur Frage von Herrn Stölzl, was die Kinder- und Jugendarbeit der Opern angeht, hat Herr Härtel schon einiges gesagt. Noch eine Ergänzung, weil sie in der Summe interessant ist: Die Deutsche Oper hat mit dem Programm „Klassik ist cool“ rund 30 000 Schüler und Schülerinnen erreicht. Die Zahlen sind beeindruckend und belegen, dass die Opern aktiv sind.
Zu den anderen Fragen der Zusammenarbeit hinsichtlich der Institutionen zwischen unseren beiden Häusern hat Herr Härtel schon einiges gesagt. Das muss ich nicht weiter ausführen, genauso wie zu der Problematik der Differenzierung zwischen dezentraler Kooperation im Bereich Schule, Sozialraum, Kultureinrichtungen vor Ort und dem, was Aufgabe der Landesverwaltungen ist in der Kooperation miteinander. Hier sind wir im Gespräch, und hieran müssen wir weiter arbeiten. Aber man muss gleichzeitig aufpassen, dass die Dinge, die wir tun, auch wirklich effektiv und nicht nur ein Mantel guter Worte sind. Aktivität und Optimierung ja, aber immer nur dann, wenn es am Ende auch wirklich produktiv ist.
Frau Vors. Ströver: Vielen Dank! – Wir sollten die Verwaltung bitten, das Wortprotokoll sehr schnell zu erstellen, weil ich mir vorstelle, dass wir noch vor der Sommerpause die Auswertung machen und sich die einzelnen Fraktionen vielleicht schon über die offen gebliebenen strategischen Fragen Gedanken machen und entsprechende Aktivitäten zur Begleitung dessen, was dann Aufgabe der Verwaltungen ist, auf den Weg bringen. Damit bleiben alle Punkte auf der Tagesordnung. – Herr Schruoffeneger!
Abg. Schruoffeneger (Grüne): Ich habe noch eine Bitte an die Kultur- oder Jugendverwaltung – das weiß ich nicht – für diesen Auswertungstermin. Wir haben ganz oft gehört, dass einzelne Einrichtungen auch etwas mit europäischen Mitteln machen, was sehr aufwändig ist. Alle diese Programme wären auch denkbar als eine Dachfinanzierung für ein Konzept Jugendbildung in Berlin. Das kann keine einzelne Institution machen, sondern es muss oben darüber stehen. Könnten Sie uns das für die Auswertungsrunde so aufarbeiten, dass man das einschätzen kann?
Frau Vors. Ströver: Können Sie das? – Ich glaube, dass wir die Aufträge erst einmal sammeln und schriftlich für die nächste Sitzung konkretisieren müssen.
Ich danke unseren Anzuhörenden recht herzlich für ihre ausführliche Stellungnahmen und hoffe, dass einiges gedanklich in Gang gekommen. – [Beifall] – Ich freue mich, dass Sie uns Rede und Antwort gestanden haben. Ich danke auch der Senatsschul- und unserer Verwaltung. Damit haben wir den Punkt zwei unserer Tagesordnung für heute erledigt.
Punkt 3 der Tagesordnung
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Antrag der Fraktion der CDU Berliner Märchentage durch
Basisfinanzierung absichern Drs 15/3541 |
Vertagt.
Punkt 4 der Tagesordnung
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Besprechung gemäß § 21 Abs. 3 GO Abghs Aktivitäten der Senatsverwaltung für
Wissenschaft, Forschung und Kultur zur Förderung
von Frauen in künstlerischen Berufen (auf Antrag der Fraktion der PDS) |
Vertagt.
Punkt 5 der Tagesordnung
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Verschiedenes |
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Siehe Beschlussprotokoll.
Ausschuss-Kennung : Kultgcxzqsq