Antrag

der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen

 

Änderung der Geschäftsordnung des Abgeordnetenhauses von Berlin

Das Abgeordnetenhaus wolle beschließen:

 

Die Geschäftsordnung des Abgeordnetenhauses von Berlin in der Fassung der Bekanntmachung vom 18. Juni 1998 (GVBl. S. 154), zuletzt geändert durch Beschluss vom 22. Mai 2003 (GVBl. S. 196), wird wie folgt geändert:

 

Die Anlage 1 (Verhaltensregeln für Mitglieder des Abgeordnetenhauses) wird wie folgt geändert:

 

1.     Abschnitt II wird wie folgt geändert:

 

a)     Nach Nummer 1 wird folgende Nummer 2 eingefügt:

 

„Der Präsident, die Vizepräsidenten und die Fraktionsvorsitzenden haben darüber hinaus auch innerhalb des ausgeübten Berufs liegende entgeltliche Tätigkeiten anzuzeigen, bei denen die Möglichkeit einer Interessenver-knüpfung gegeben sein kann.

Dazu zählen insbesondere Tätigkeiten bei Ausschreibungen und Auftragsvergaben durch das Land Berlin.

Der Präsident hat diese Tätigkeiten bei seinen Stellvertretern anzuzeigen.“

b)    Die bisherige Nummer 2 wird Nummer 3.

 

2.     Abschnitt III wird wie folgt geändert:

a)       Die Angabe „Nr. 2“ wird durch die Angabe „Nr. 3“ ersetzt.

 

b)    Nach Satz 1 wird folgender Satz 2 angefügt:

 

„Der Präsident, die Vizepräsidenten und die Fraktionsvorsitzenden haben auch Tätigkeiten gemäß Abschnitt II Nr. 2 offen zu legen.“



3.     Abschnitt VI wird wie folgt geändert:

 

a)    Satz 3 wird wie folgt gefasst:

 

„Die Angelegenheit wird zur weiteren Beratung und Empfehlung dem für Geschäftsordnung zuständigen Ausschuss zugeleitet.“

 

b)    Nach Satz 3 werden folgende Sätze 4 bis 6 angefügt:

 

„Sind Mitglieder des Ausschusses selbst betroffen, nehmen sie an den Beratungen nicht teil, können sich aber durch ihre Fraktionsvorsitzenden vertreten lassen.

 

Betroffene Fraktionsvorsitzende können sich durch ihre Stellvertreter vertreten lassen.

 

Der Ausschuss kann das betroffene Mitglied des Abgeordnetenhauses erneut anhören.

 

Er trifft seine abschließende Feststellung mit der Mehrheit von zwei Dritteln der  Stimmen der Ausschussmitglieder.

 

Die Feststellung des Ausschusses, dass ein Mitglied des Abgeordnetenhauses Pflichten gemäß Abschnitt I bis IV verletzt hat, wird als Drucksache veröffentlicht.

 

Die Feststellung, dass eine Verletzung nicht vorliegt, wird veröffentlicht, wenn das  betroffene Mitglied es verlangt.“  

 

 

Begründung:

 

Durch diesen Antrag sollen – aus gegebenem Anlass – die Verhaltensregeln für alle Abgeordneten, insbesondere aber für FunktionsträgerInnen mit herausragenden parlamentarischen Funktionen verschärft werden.

 

In Zeiten von Politik – und Politikerverdrossenheit muss bei Abgeordneten mit herausragenden Parlamentsfunktionen – die das Haus in besonderem Maße repräsentieren bereits der bloße Anschein vermieden werden, es könne zu Interessenverknüpfungen zwischen der Funktion und der wirtschaftli-


chen Betätigung kommen. Das erscheint besonders notwendig, wenn man sich der langjährigen, bitteren Erfahrungen mit der unseligen Verquickung von Politik und Wirtschaft in Berlin erinnert. Die daraus resultierenden Schäden werden das Land noch viele Jahre belasten.

 

Die Veränderungen orientieren sich an den einschlägigen Geschäftsordnungsregeln des Bundestages, gehen aber auch darüber hinaus. Müssen Abgeordnete bisher lediglich entgeltliche Tätigkeiten anzeigen, die nicht im Rahmen ihres ausgeübten Berufs liegen, soll dies für Abgeordnete mit herausragenden parlamentarischen Funktionen (PrädidentInnen, VizepräsidentInnen und Fraktionsvorsitzende) dahingehend verändert werden, dass sie verpflichtet sind, auch berufsbezogene entgeltliche Tätigkeiten anzuzeigen, bei denen die Möglichkeit einer Interessenverknüpfung gegeben sein kann. Dies wird in der Regel bei Ausschreibungen und Auftragsvergaben des Landes Berlin zu bejahen sein.

 

Darüber hinaus wird für diesen Abgeordnetenkreis auch die Interessenkollisionsregel dahingehend erweitert, dass bei Beratungen oder Abstimmungen im Ausschuss, soweit ein eigenes wirtschaftliches  Interesse besteht, auch berufsbezogene entgeltliche Tätigkeiten offen zu legen sind.

 

Die Anzeigeverpflichtung soll wie bisher gegenüber dem Präsidenten/der Präsidentin bzw. bei Interessenkollisionen dem Ausschuss gegenüber erfolgen. Ist der Präsident/die Präsidentin selbst betroffen, soll die Anzeige bei den StellvertreterInnen vorgenommen werden.

 

Erste Sachverhaltsaufklärungen bei vorgeworfenen Verstößen gegen die Verhaltensregeln sollen weiterhin durch das Präsidium vorgenommen werden. Bei hinreichenden Anhaltspunkten für Regelverletzungen soll das Verfahren aber im für Geschäftsordnung zuständigen Ausschuss weitergeführt werden. Dessen Mitglieder verfügen über die erforderliche Sachkunde und Sensibilität, da sie bereits in vertraulichen Immunitätsverfahren beraten und Empfehlungen aussprechen.

 

Die Feststellung eines Verstoßes gegen die Verhaltensregeln, die mit zwei Drittel Mehrheit erfolgen muss, soll als Drucksache veröffentlicht werden, um auf diesem Wege Transparenz herzustellen.

 

Berlin, den 3. November 2003

 


 

 

Dr. Klotz  Ratzmann

und die übrigen Mitglieder

der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen

 

 

Ausschuss-Kennung : Rechtgcxzqsq