Vors. Klemm: Wir kommen zu
Punkt 3 der Tagesordnung
a) Große Anfrage der Fraktion der FDP StadtUm 0198
Quartiersmanagement - kommt jetzt "Licht in den Tunnel"?
Drs 15/1803
b) Antrag der Fraktion der CDU StadtUm 0011
Bezirkliches Kiezprogramm für die gezielte + VerwRefKIT (F)
Verbesserung der Lebensverhältnisse + Haupt
Drs 15/131
c) Antrag der Fraktion der CDU StadtUm 0028
Stadtteilmanagement zur Unterstützung + GesSozMiVer (F)
der freien Träger qualifizieren
Drs 15/285
Für den Berliner Ansatz des Quartiersmanagements gibt es seit seiner Einführung ein zunehmendes überregionales und internationales Interesse. Leider ist es so wie bei vielen anderen Themen, in denen sich Berlin als ein Ort der gesellschaftlichen Innovation präsentiert, dass wir überall viel Beachtung und Anerkennung erfahren, nur in der Stadt selbst wird die Mäkelei in den Vordergrund gestellt.
Die Aufgabe der großen Städte, räumlicher und sozialer Segregation entgegenzutreten, die Folgen der Globalisierung im kommunalen Handlungsfeld zu beherrschen, die Menschen in den Quartieren zu motivieren und sich um ihr Umfeld, ihre Nachbarschaften zu kümmern: Das alles steht im Mittelpunkt der Stadtentwicklungspolitik fast aller europäischen Staaten und ist zu einem Schwerpunkt der Stadtpolitik in der EU-Kommission geworden.
Unser Ansatz des Quartiersmanagements findet mittlerweile viel Aufmerksamkeit aus dem internationalen Raum. Das Berliner Modell des „Quartiersmanagements“ steht in einem Verbund von 214 Städten und Gemeinden in der Bundesrepublik und Österreich. Wir sind Teil eines europäischen Netzwerks zusammen mit Glasgow, Dublin, Kopenhagen, Vilnius, Hamburg, Lissabon. Es bestehen intensive Kontakte mit London. Alle diese Städte sind in Berlin gewesen, um aus den hervorragenden Verfahren und Projekten in Berlin zu lernen. Praktisch wöchentlich werden Fachbesuchergruppen aus aller Welt in die Gebiete begleitet.
Nicht zuletzt ist das Thema „Quartiersmanagement“ ein wichtiger Bestandteil der Arbeit von „Metropolis“ der weltweiten Organisation von Millionenstädten, deren Kongress im Jahr 2005 in Berlin stattfinden wird. Der Senat fühlt sich darüber durch die OECD-Studie "Urban Renaissance Review of Berlin“ bestärkt, in der es heißt, dass „der gebietsbezogene Ansatz (in Berlin) einen Mehrwert für die gesamte Stadt(planung) bedeutet.“
Aus diesen Gründen sehen auch Bund und EU hierin einen wichtigen Förderschwerpunkt. Das Quartiersmanagement wird durch das Bund-Länder-Programm „Die Soziale Stadt“ unterstützt; bis zum Jahr 2002 hat sich der Bund mit 13,2 Mio € beteiligt. Darüber hinaus werden aus dem „Europäischen Fonds für regionale Entwicklung“ (EFRE) der Europäischen Union von 2000 bis 2006 insg. 39 Mio € für die Berliner Quartiersmanagement-Gebiete bereitgestellt.
Ausgangspunkt für das Quartiersmanagement war die Erkenntnis: Nicht Wohnungsknappheit und Verdrängung sind die Probleme, sondern soziale Entmischung und damit einhergehend die Entwicklung sozialer Brennpunkte.
In der Tat: In einigen Berliner Stadtteilen hat es in den letzten Jahren eine stetige und spürbare Änderung des Sozialgefüges gegeben. Ursachen hierfür gibt es viele – so die neue Freiheit, in das Umland ziehen zu können sowie das Angebot an guten und preiswerten Wohnungen. Dazu gehören auch wirtschaftliche Probleme und eine zunehmende Verarmung. Wer es sich leisten kann, zieht weg in andere Viertel, dafür ziehen einkommensschwache Bevölkerungsschichten nach.
Wenn sie die Lage der Quartiersmanagementgebiete betrachten, werden Sie feststellen, dass diese fast deckungsgleich mit zwei Kriterien sind: Hohe Arbeitslosigkeit zum einen und ein hoher Anteil von Menschen nichtdeutscher Herkunft.
Um nicht missverstanden zu werden: Nicht die Mitbürgerinnen und Mitbürger nichtdeutscher Herkunft verursachen die vielfältigen Probleme dieser Quartiere, sondern der eigentliche Grund ist der Wegzug stabiler sozialer Gruppen aus den Quartieren. Aus dieser Erkenntnis ergibt sich, die Sicherung der sozialen Mischung zu einem zentralen Ziel von Stadtentwicklungspolitik zu machen.
Die Strategie des Quartiermanagements und der Sozialen Stadt beruht auf 4 Grundsätzen:
1. Offensive und aktive Einbeziehung der Quartiersbewohner in den Stabilisierungsprozess;
2. Hilfe zur Selbsthilfe, das heißt „Empowerment“;
3. Bündelung von Maßnahmen und Programmen; integriertes, ressortübergreifendes Arbeiten
und schließlich
4. Unterstützung für diejenigen, die in den Quartieren für Stabilität und soziale Angebote sorgen.
Quartiersmanagement heißt, keine fertigen Produkte und Projekte „von oben“ vorzugeben, sondern konkrete Vorhaben gemeinsam mit Bewohnern und Akteuren vor Ort zu erarbeiten. Das ist ein neues Vorgehen und genau das Gegenteil von dem, was viele Jahre vornehmlich praktiziert wurde, nämlich mit einer Verschönerungsstrategie die Probleme im eigentlichen Sinne des Wortes zu „übertünchen“.
Aus diesem Grund haben wir uns zu einem neuen Verfahren entschlossen, das mittlerweile in der europäischen Stadtpolitik sehr aufmerksam verfolgt wird. Jedes der Quartiere erhielt für den Zeitraum von zwei Jahren eine halbe Million Euro für einen Quartiersfonds zur Vergabe durch eine „Bürgerjury“. Allein dieser Betrag hat den Bewohnern gezeigt: Sie werden ernst genommen und dürfen selbst materiell entscheiden.
So fand sich eine erstaunlich hohe Bereitschaft zur Mitarbeit, zumal dies eine erhebliche zeitliche Belastung mit sich brachte. Auch bei jungen Menschen, die in Jurys mitarbeiten, stieß das Projekt auf eine positive Resonanz. Auf einmal hatten sie die Möglichkeit, einen Spiel- oder Sportplatz in ihrem Viertel wieder herzurichten, auf den sie und andere gehen konnten.
Auch die Qualität der Vorschläge ist bemerkenswert: Sie wurden zielgenau auf die Probleme im Quartier hin entwickelt und ausgewählt und waren damit erfolgreicher als früher von außen verordnete Maßnahmen. Außerdem sind die Maßnahmen in der Regel kostengünstiger, weil mehr auf Eigeninitiative und einfache Organisation gesetzt wird, aber auch, weil die Bürgerinnen und Bürger sparsam zu wirtschaften gewohnt sind.
Bürgerbeteiligung kann im Einzelfall auch dazu führen, dass Projekte zum Zuge kommen, die aus Sicht der Verwaltung – oder auch des Rechnungshofes fehl am Platze wären. Bei aller Hochachtung vor dem Rechnungshof bezweifle ich doch seine Sachkenntnis, was dem Kiez gut tut. Hier unterscheidet sich der Rechnungshof nicht von sonstiger Verwaltung. Auch sie beäugt zuweilen misstrauisch, was von den Bürgerinnen und Bürgern angestoßen wird.
Andererseits kann man aber Aktionen wie „Licht in den Tunnel“, „Lehmwerken“, oder „Lange Nacht des Döners“ nicht nur von der Sache her beurteilen, sondern man muss vor allem bewerten, inwieweit sich dabei die Bürgerinnen und Bürger engagieren. Daher können solche Projekte mehr bringen als Hunderte von „Zukunftsinvestitions-Projekten“ der letzten zwanzig Konjunkturprogramme.
Doch die wichtigste Erfahrung aus allen Gebieten ist die, dass Veränderung zu aller erst bei den Menschen selbst ansetzen muss. Wir haben gelernt, nicht in Beton, sondern in die Köpfe zu investieren. Dies ist der Kern der Strategie des Quartiersmanagements und dessen, was in der internationalen Diskussion mit „Empowerment“ gemeint ist.
Der Quartiersfonds hat gezeigt, dass die Bewohner/-innen der Quartiersmanagement-Gebiete sehr verantwortungsvoll und wirtschaftlich mit den öffentlichen Geldern umgegangen sind, um drängende Probleme vor ihrer Haustür anzugehen.
Während der Arbeit in den Quartieren haben wir die Erfahrung machen müssen, dass Jugendliche, insbesondere aus Zuwandererfamilien, in diesen intensiven Verfahren zum Teil nur schwer zu erreichen sind. Deshalb hat beispielsweise unser Team am Kottbusser Tor in Kreuzberg – ein Quartier, in dem wir in einer besonders schwierigen Situation erfreulicherweise sehr viel erreicht haben - für diese Zielgruppe zusätzliche Formen ausprobiert. Ein professionelles Filmteam suchte türkische Jugendliche an ihren eigenen Orten auf und drehte mit ihnen einen Film über ihre Sicht des Viertels. Ein vom Team organisiertes Break-Dance-Festival sowie inzwischen zwei durchgeführte Rap-Text-Wettbewerbe waren große Erfolge. „Nebenbei“ wurden dabei über 100 Ausbildungsplätze vermittelt.
Wir haben in diesen Gebieten insgesamt einen starken Akzent auf Aktivitäten mit und für Menschen nicht-deutscher Herkunft gelegt. Dabei geht es zum einen, durch Hilfen für das Erlernen der deutschen Sprache den Grundstein für eine sinnvolle Integrationspolitik zu legen. Auf der anderen Seite gibt es aber auch eine Reihe von Projekten, die das Verständnis füreinander verbessern sollen.
Dennoch bleibt es ein Problem, nichtdeutsche Bewohnerinnen und Bewohner zur Mitarbeit zu gewinnen. Hierbei spielen der Bildungsstand und kulturelle Traditionen eine Rolle. Daher ist es notwendig, gerade für diese Beteiligung auf längerfristige Arbeit und vor allem darauf zu setzen, die jüngeren Menschen in den Quartieren zu gewinnen.
Ein wichtiger Aspekt der Strategie der Sozialen Stadt ist die Entwicklung von Projekten, die zur Selbsthilfe anregen, ein Netz- bzw. Stützwerk des Bürgerengagements entstehen lassen und somit langfristig selbsttragende Strukturen im Gebiet ergeben.
Dazu werden aus möglichst vielen Politikfeldern sowohl auf Landes- als auch auf Bezirksebene entsprechende Programmmittel mobilisiert und für die benachteiligten Stadtquartiere nutzbar gemacht. Nur mit einem solchen integrierten und umfassenden Ansatz kann es gelingen, die durch sich überlagernde Probleme im sozialen, ökonomischen, ethnischen und stadträumlichen Bereich besonderes benachteiligten Gebiete schrittweise aufzuwerten.
Die eigentliche Kunst des Quartiersmanagements besteht in der örtlichen Vernetzung dieser Akteure. Die bisherigen Erfahrungen sind dabei positiv und zeigen, dass es möglich ist, in den Quartieren Kräfte zu mobilisieren, die in der Lage sind, die Situation längerfristig zu verändern.
Die Quartiersmanagementteams führen öffentliche Foren und Werkstattverfahren durch, um gemeinsam mit den Bewohner/-innen die Probleme vor Ort zu analysieren. Dabei werden alle Akteure vor Ort beteiligt. Das sind die Schulen, die sozialen Einrichtungen, die Kirchen, Wirtschaftsunternehmen und Geschäftsleute. So entsteht eine gemeinsame Basis für den Veränderungsprozess.
Aus den bisherigen Ergebnissen lassen sich drei Schlussfolgerungen ziehen:
Erstens: Quartiersmanagement ist kein vorgefasstes Handlungsschema, sondern verlangt gerade die Fähigkeit, die besonderen Bedingungen vor Ort gemeinsam mit allen Beteiligten in ein Handlungskonzept zu gießen. Deswegen geht auch die Kritik, es wäre effektiver im Vornherein ein Konzept vorzugeben, völlig an dem Verfahren des Quartiersmanagements vorbei.
Die zweite Erkenntnis betrifft die Dauer der Veränderungsprozesses. Quartiersmanagement ist keine kurzfristige Investitionsmaßnahme. Es geht vielmehr um Kontinuität der Arbeit und um Verläßlichkeit gegenüber den Akteuren vor Ort. Dieses wird im Übrigen nicht nur von uns so gesehen. Die Förderprogramme des Bundes und der EU gehen ganz explizit von einer mittelfristigen Aufgabenstellung aus.
Drittens geht es um Bündelung von Maßnahmen und Kräften. Das Quartiersmanagement zeigt uns, wie lohnend es ist, die zerklüftete Instrumentenlandschaft in den Quartieren zusammenzufassen und zu wirksamen Maßnahmen umzumünzen. Das ist mühevolle Kleinarbeit, die sich allerdings auszahlen wird.
Ein externer Gutachter (empirica) hat das Quartiersmanagement einer umfassenden Prüfung unterzogen. Sein Fazit lautet.
1. Das Quartiersmanagement ist dazu geeignet, bestehenden Defiziten auf der Stadtteilebene wirkungsvoll zu begegnen.
2. In den Quartiersmanagementgebieten sind erste Stabilisierungserfolge zu verzeichnen.
3. Vom Quartiersmanagement initiierte Projekte, wie zum Beispiel im Pallasseum in Schöneberg Nord haben dazu geführt, dass bei den Bewohnern das Verantwortungsgefühl für ihren unmittelbaren Wohnbereich, die Nachbarn und den Stadtteil spürbar zugenommen hat.
4. In der Folge sind Vandalismus und Verwahrlosung zurück gegangen.
Der nachbarschaftliche Zusammenhalt wurde gestärkt, die Wohnqualität ist gestiegen.
Das Quartiersmanagement hat in den Gebieten den Prozess einer integrierten Stadtteilentwicklung in Gang gesetzt, wichtige Akteure Bewohner, Gewerbetreibende, Einzelhändler, Wohnungsbaugesellschaften, Hauseigentümer konnten als Mitstreiter gewonnen werden.
Dies hat insgesamt dazu geführt, dass diese Akteure zunehmend eigenständige Maßnahmen und Projekte auf den Weg bringen, die eine positive Entwicklung des Stadtteils zum Ziel haben.
Ohne Übertreibung darf von einer Aufbruchstimmung in den QM-Gebieten gesprochen werden. Das Gutachten schlägt daher vor, das Quartiersmanagement fortzusetzen und dabei die Verfahren weiter zu optimieren. Dazu gehört u.a.
– noch mehr Beteiligungsmöglichkeiten für die Bewohner,
– noch engere Kooperation zwischen den Fachbehörden sowohl auf Landes- als auch auf Bezirksebene,
Bündelung der Fördermitteln und unbürokratischere Förderprogramme,
Stärkung der
dezentralen Verantwortung durch schrittweise Einführung lokaler Projektabwicklung.
Mit dem Quartiersmanagements wurde eine Entwicklung initiiert, die zu einer nachhaltigen sozialen, wirtschaftlichen, städtebaulichen und ökologischen Entwicklung führen kann.
Die strategischen Ziele umfassen dabei die Erhöhung der Lebensqualität und die Verbesserung der Lebenschancen für die Bewohner in den QM-Gebieten. Durch das Quartiersmanagement werden diese Ziele lokal mit vielfältigen Maßnahmen umgesetzt, indem sie:
– die Eigeninitiative der Bewohner für ihren Kiez und gegen Verwahrlosung stärken;
– familiengerechte Angebote schaffen;
– lokale Wirtschaftsstrategien für Arbeits- und Ausbildungsplätze entwickeln.
Auch Quartiersmanagement ist kein Allheilmittel gegen Arbeitslosigkeit, schlechte Ausbildung, Integration und Armut in den Quartieren. Es ist aber die Chance, mit den Bewohnern gemeinsam den Folgen der Veränderungen in der Bevölkerungsentwicklung, in der Sozialstruktur, in den ökonomischen Strukturen zu begegnen und den Quartieren dadurch zu neuer Lebensfähigkeit zu verhelfen.
Wir werden ein
Wortprotokoll erstellen. Das bedeutet auch, dass die Große Anfrage begründet
wird in 5 Minuten. Danach hat der Senat die Möglichkeit, sich zu äußern, danach
kommen die Fraktionen in Reihenfolge Antragsteller und dann nach Größe jeweils
10 Minuten zu Wort. Ich schlage vor, auch im Ergebnis der Erfahrung einer
früher hier beratenen Großen Anfrage, dass wir uns gleich darauf einigen, dass
wir nach dieser ersten Rederunde, die sich ja eher auf die Große Anfrage bezieht,
von bis zu 10 Minuten pro Fraktion, nochmals die Möglichkeit einer zweiten
Rederunde eröffnen, möglichst bis zu 5
Minuten, so dass wir konkret auf die Anträge eingehen. Dann werde ich die
Fraktionen wieder in derselben Reihenfolge aufrufen. Danach kommen wir zur
Abstimmung. Gibt es da Einverständnis mit dem von mir vorgeschlagenen Verfahren?
– Scheinbar ja, dann machen wir das so, und dann hat die FDP 5 Minuten für die
Begründung der Großen Anfrage. Herr Schmidt meldet sich. Bitte, Herr Schmidt!
Abg. Schmidt (FDP): Vielen Dank, Herr Vorsitzender! – Ich hoffe, ich schaffe das auch in 5 Minuten. Die Große Anfrage ist ja
schon älter, und die Antwort liegt seit dem letzten September vor. Deshalb gehe
ich davon aus, dass wir heute hier alle das gelesen haben und da eine
qualifizierte Diskussion über das Quartiersmanagement führen können. Der Anlass
für unsere Fraktion, diese Große Anfrage zu stellen , war der im letzen Jahr
erschienene Jahresbericht des Rechnungshofes von
Berlin, der sich dezidiert mit dem Quartiersmanagement befasst hat und da
einige Fragestellungen aufgeworfen hat, die wir auch hier diskutieren sollten.
Unstreitig ist, auch für meine Fraktion, dass es Problembereiche in der Stadt
gibt, wie auch die Beratung des neuen Sozialstrukturatlasses in der
Plenarsitzung Ende April gezeigt hat, dass es bestimmte Problembereiche in der
Stadt gibt, die von staatlicher Seite nicht allein gelassen werden können. Aber
über den Weg, wie man dazu kommt, diese Gebiete nachhaltig zu stabilisieren,
damit die soziale Entmischung nicht fortsetzt, darüber gibt es unterschiedliche
Auffassungen.
Unser grundlegendes
Problem mit dem Quartiersmanagement in der heutigen Form ist, dass damit Fördermechanismen
einhergehen, die nicht in Form einer Anschubfinanzierung wirklich darauf
hinarbeiten, relativ kurzfristig Verbesserungen in den Quartieren zu erzielen,
die sich auch nachvollziehen lassen, sondern dass langfristig, auf unabsehbare
Zeit dort staatliche Förderung notwendig ist, ohne dass aufgrund
konzeptioneller Schwächen des Quartiersmanagements in der heutigen Form nachgewiesen
werden kann, dass dieses Geld tatsächlich sinnvoll eingesetzt ist.
Nun will ich ganz
kurz etwas zu der Antwort sagen, die schriftlich vorliegt. Die ist ja noch von
Herrn Senator Strieder verfasst worden. Man merkt es auch, weil er sich gar
nicht auf unsere einzelnen Fragestellungen bezieht, sondern gibt allgemein ein
Statement pro Quartiersmanagement ab, ohne eine kritische Frage zuzulassen.
Da heißt es gleich im
ersten Absatz, diese Mäkelei aus Berlin sei doch unverständlich, weil das
Quartiersmanagement überall anerkannt ist . Da frage ich mich schon, wieso der
Senat mit keinem Satz auf die Kritik des Rechnungshofes eingegangen ist, außer
zu sagen, weder Rechnungshof und Verwaltung können wirklich beurteilen, was die
Bürger sich vor Ort wünschen, damit ihre Wohnqualität sich so entwickelt, dass
sie auch die Entscheidung treffen würden, im Quartier zu bleiben, auch wenn sie
sehr wohl die finanziellen Mittel zur Verfügung hätten, ins Umland zu ziehen.
Da, kann man insoweit zustimmen, falls tatsächlich
für Verwaltung und öffentliche Stellen oft schwer nachzuvollziehen ist, was
sich die Bürger denken. Aber die Kritik des Rechnungshofes ist ja noch
weitergehend und fängt damit an, dass einmal Zieldefinition für die Quartiersmanagementgebiete
erst 3 Jahre nach dem Beginn der Förderung eingerichtet wurde und damit
auch die Evaluation, ob diese Ziele erreicht werden, oder man auf dem Weg ist,
diese zu erreichen, erst mit 3 Jahren Verzögerung angesetzt werden konnte und dass
teilweise in dem Bericht, der dazu erstellt wurde, die Quartiersmanager selbst
sich eigene Ziele definieren konnten und die dann Grundlage dieses
Evaluationsberichtes wurden.
Des Weiteren ist ein
Problem aufgetreten, dass die Quartiersmanager auf Grund ihrer Stellung in
Interessenkonflikte kommen, weil sie einerseits das Engagement der Bürger vor
Ort unterstützen sollen und mit den Quartiersfonds, die zur Verfügung standen,
auch ein finanzieller Anreiz war für viele Bürger, sich dort zu engagieren. Im
konkreten Fall sind aber fast zwei Drittel der ausgeschütteten Fördergelder
direkt an die Quartiersmanager als Zuwendungsempfänger gegangen, die dort
sowohl auf der Antragsstellerseite als auch für den Senat auf der Seite dieser
Koordination des Engagements sitzen. Und da würde mich schon interessieren, wie
sich diese Entwicklung aktuell geändert hat, welche Maßnahmen der Senat da
getroffen hat, um diese Problematik zu lösen, die Quartiersmanager aus dieser
Doppelfunktion zu nehmen? Des Weiteren interessiert mich, wie sich das
Mengenverhältnis – in 2002 oder in dem
Jahresbericht 2003 waren es zwei Drittel der Fördergelder die an die
Quartiersmanager direkt als Zuwendungsempfänger ausgeschüttet wurden, ein Drittel nur an andere Förderberechtigte
– aktuell darstellt?
Und dann war eine
massive Kritik des Rechnungshofes, dass die Antrags- und
Verwendungsnachweisverfahren rechtlich problematisch waren, weil die einzelnen
Projekte unscharf benannt wurden, dass es schwer nachvollziehbar war, was mit
dem Geld tatsächlich geschehen war. Da interessiert mich, was der Senat da
getan hat, um diese Probleme in den Griff zu bekommen. Und als Letztes –es gibt
eine ganze Reihe von Kritikpunkten – würde mich interessieren, ob an der
Fördervergabe über die IBB festgehalten wird, die zwar zweckmäßig ist, aber
auch vom Rechnungshof nicht als glücklich dargestellt wurde.
Und eine finanzielle
Frage: bis 2007 ist ja gesichert, dass über Bund und EU dem Land zusätzliche Mittel
für die Quartiersmanagementgebiete zur Verfügung gestellt werden. Welche
Planung hat denn der Senat, wie es dann nach 2007 weitergehen soll? Wenn man
sich die Quartiersmanagementgebiete anschaut, nach den Erfahrungen die man dort
gewinnen kann, ist nicht damit zu rechnen, dass das Engagement ab 2007 dort in
nennenswertem Umfang eingeschränkt werden kann, weil die Gebiete auf eigenen
Beinen stehen. Mit welchen zusätzlichen Kosten müssen wir deshalb für den
Berliner Landeshaushalt dann nach 2007 rechnen? Und da würde ich mir insgesamt
ein paar Aussagen wünschen und das Hauptproblem scheint mir doch vielfach zu
sein, dass man eine gute Idee hatte – die finde ich richtig –, dass man sagt,
da muss die öffentliche Hand handeln, um diese Entwicklung aufzuhalten, sich
aber keine Gedanken gemacht hat, wie diese Entwicklung so gestaltet werden
kann, dass die öffentliche Hand Hilfestellung gibt, ein Anschubfinanzierung
gibt, und wie man das Engagement, was sich dann dort dadurch bildet, auch
unabhängig von öffentlicher Förderung darstellen kann. Das ist das große
Problem, es gibt keine klar definierten Ziele, nur eine mangelnde
Erfolgskontrolle, und da droht das Quartiersmanagement zu etwas zu werden, was
nur viel kostet, aber relativ wenig bringt. Und deshalb sollten wir hier alle
den Versuch machen, das System so zu justieren, dass das Geld, das in Berlin
nun wirklich nicht im Überfluss, sondern nur ganz wenig vorhanden ist, so
effizient wie möglich für die Verbesserung der Quartiere eingesetzt wird.
Vors. Klemm: Danke Herr
Schmidt. Sie hatten irgendwie nach 6 Minuten angekündigt, die letzte Frage zu
stellen, wurden dann aber doch etwas länger. – Frau Junge-Reyer zur
Beantwortung bitte!
Frau Sen Junge-Reyer (Stadt): Herr Vorsitzender, meine Damen und Herren,
vor allen Dingen Herr Schmidt!
Sie haben darauf hingewiesen, dass die Beantwortung der Großen Anfrage Ihnen
seit längerem vorliegt. Ich will deshalb nicht der Versuchung erliegen, hier
eine Beantwortung gegebenenfalls mündlich wiederholen zu wollen. Lassen Sie
mich vielmehr auf einige Ihrer Fragen eingehen und lassen Sie uns vor allen
Dingen miteinander einen Ausblick wagen auf die weitere Entwicklung des
Quartiersmanagements, so wie sie mit dem Beschluss des Senats einerseits bis
zum Jahre 2006 in ein weiteres Verfahren gegeben worden ist und wie sie
andererseits inzwischen durch das Handeln der Verwaltungen vorangeschritten
ist.
Wir sind in der
Situation, dass wir mit dem Ergebnis der Evaluation festgestellt haben, dass
das Quartiersmanagement in weiten Teilen greift, dass es insbesondere dazu
beigetragen hat, und das ist ein außerordentlich wichtiger Punkt für mich, die
Bürgerinnen und Bürger zu befähigen und ihnen Voraussetzungen und Rahmenbedingungen
zu schaffen, um in ihrer Nachbarschaft nicht nur sich beteiligen zu können,
sondern um tatsächlich auf die Gestaltung ihrer unmittelbaren Umgebung, auch
ihrer Lebensbedingungen und ihrer Chancen Einfluss nehmen zu können. Dies will
der Senat unterstützen. Wir haben eine Verabredung getroffen, die darauf
hinausläuft, dass wir in dem Gremium der dafür zuständigen Staatssekretärinnen
und Staatssekretäre über die zu beteiligenden Verwaltungen hinweg in
gemeinsamer Abstimmung und in Kooperation miteinander uns den grundsätzlichen
Fragestellungen und den inzwischen weiter vorangeschrittenen Informationen zur
Datenlage noch einmal widmen und uns noch einmal damit auseinandersetzen, um
die Strategie des Quartiersmanagements fortentwickeln zu helfen. Sie wissen ja,
dass über das Monitoring zur "sozialen Stadt" in meiner Verwaltung
hinaus in der Senatsverwaltung für Soziales Erkenntnisse, Zahlen und Daten zum
Sozialstrukturatlas vorliegen. Sie wissen, dass der Kollege Körting mit seinen
Ermittlungen zu der Frage: "Wo gibt es besonders schwierige, vielleicht
besonders der Beachtung zukünftig unterliegende Orte?" auch Material zur
Verfügung gestellt hat, das wir im Zusammenhang mit der Definition von
möglichen Interventionsstrategien zur "sozialen Stadt" beachten
müssen und beachten wollen.
Wir haben darüber
hinaus einen weiteren Fokus gelegt auf die Zusammenarbeit mit der Schul- und
Jugendverwaltung, die im Rahmen des Quartiersmanagements zukünftig auch vor Ort
und in den Bezirken auch als bezirkliche Schulverwaltung, aber auch die Schulen
selbst, eine sehr viel größere Rolle spielen soll. Dies ist ein Beispiel, das
ich Ihnen nenne für einen Schwerpunkt, der gewählt worden ist mit dem Senatsbeschluss.
Ich glaube, dass Schule als Ort an dem nicht nur Wissen, sondern auch Leben,
auch Leben in Nachbarschaft und Leben in der Gemeinschaft, aber auch die Frage:
"Wie gestalten wir miteinander, wie mischen wir uns ein?" gelernt
werden kann, im Rahmen des Quartiersmanagements eine wesentlich größere Rolle
spielen soll, als dies bisher der Fall gewesen ist.
Eine solche Strategie
über die Ressorts hinweg zu verabreden ist Aufgabe dieser Staatssekretärskonferenz
nach einer Bestandsaufnahme der aktuellen Zahlen und Daten und einer
Einschätzung der Situation, auch orientiert an einzelnen Quartiersmanagementgebieten.
Aber es kommt auch darauf an, dass wir verbindlich untereinander, d. h.
zunächst auf der Ebene der Hauptverwaltung, verabreden, welche Mittel und
Möglichkeiten, auch finanzielle Mittel, gezielt zur Verfolgung eines bestimmten
Zwecks in einem bestimmten Quartiersmanagementgebiet einzusetzen sind. Deshalb
kommt es hier auf die klare Linie an, den Begriff hatten Sie genannt, die darin
bestehen muss, eine solche Verbindlichkeit herzustellen. Es wird aber sich
nicht bei jedem Quartiersmanagement um dieselben Maßnahmen, um dieselbe
Zielrichtung, um dieselbe Interventionsstrategie handeln können. Wenn wir in
einem Gebiet mit einer besonderen Problematik durch zum Beispiel zunehmenden
Leerstand es zu tun haben, bei Wohnungen durch eine große Segregation durch den
Wegzug von Bevölkerungsteilen, die bisher ein solches Gebiet stabilisiert haben,
dann haben wir es mit einer anderen Situation zu tun, als wenn wir es zum
Beispiel mit einem Gebiet zu tun haben, in dem Arbeitslosigkeit bei Migranten
und Migrantinnen die vorrangige Rolle spielen sollte. Orientiert also und
ausgerichtet an der durchaus differenziert zu betrachtenden Situation müssen
wiederum die Maßnahmen der Verwaltungen sich ausrichten auf eine Verbesserung
der Lebenschancen und eine Verbesserung der Lebens- und Wohnumgebung in einem
bestimmten Ort.
Wir sind darüber
hinaus entschlossen, auszuprobieren und fokussieren uns dabei auf die
Möglichkeiten, dass sich die Hauptverwaltung, also eine Senatsverwaltung für
Stadtentwicklung, mehr und mehr zurückhält und sich besinnt,
beziehungsweise sich auch zurücknimmt
und sich reduziert auf die Steuerungsaufgaben. Wir haben deshalb mit dem
Bezirksamt Mitte im Wege eines Pilotprojektes vereinbart, das wir in den
nächsten Wochen und Monaten erproben wollen. Hoffentlich haben wir innerhalb
eines Jahres erste Erkenntnisse dazu, wie die Verantwortung für die
Durchführung von Maßnahmen und Mitteln, aber auch von Verfahren an sich, in den
Quartiersmanagementgebieten vor Ort verantwortet werden kann, ohne Aufgabe der
Steuerungsverantwortung der Hauptverwaltung. Ich lege dabei ganz besonderen
Wert auf die Tatsache, dass die Bezirken,
ausgehend aus den Erfahrungen mit den Quartiersfonds, die Sie kennen, dass
ausgehend in den Bürgerinnen und Bürger nicht nur bereit, sondern auch in der
Lage sind, Entscheidungen selbst zu treffen. Dies bedeutet auch, dass in
einigen Fällen es durchaus eine Konkurrenz geben kann um die Herrschaft bei der
Verteilung der Mittel, bei der zum Beispiel die Bezirksverordnetenversammlungen
und ihre Ausschüsse in die Situation kommen könnten, hinsichtlich ihrer eigenen
Entscheidungen sich ebenfalls wiederum zurücknehmen zu müssen. Ich habe großes
Vertrauen darin, dass es mehr und mehr gelingen wird und gelingen kann, hier
die Verantwortung für die Gestaltung der Lebenssituation auch den Bürgerinnen
und Bürgern in solchen Fällen vor Ort zu übertragen. Sie machen nach meinen
Erfahrungen und nach unseren Erfahrungen außerordentlich verantwortungsvoll
davon Gebrauch, auch und gerade dann, wenn es um den Umgang mit öffentlichen
Mitteln geht.
Sie hatten, Herr
Schmidt, noch einmal die Kritik des Rechnungshofes angesprochen. Der
Rechnungshof hat sich tatsächlich in einigen Fällen darauf bezogen, dass zu
Beginn und bei der Einführung des Quartiersmanagements mit Sicherheit ein paar
Ungeübte mittels eines Bescheides oder bei der Vergabe der Mittel nicht an jede
Regel gehalten haben. Das mag in dem ein oder anderen Fall so sein. Das kommt
vor, wenn ein solches Instrument erprobt wird. Es hat aber nicht die häufig dargestellte
und von Ihnen kritisierte – ich kenne diese Diskussion aus dem Hauptausschuss –
Verschleuderung von Mitteln gegeben. Es hat vielmehr eine zielgerichtete, in
den ersten Anfängen auf die Probleme und die Defizite ausgerichtete
Mittelvergabe gegeben, die durchaus in ganz erheblichem Umfang Wirkung gezeigt
hat. Das sagt auch der Evaluationsbericht. Wir sind in einer Situation, in der
wir inzwischen selbstverständlich davon ausgehen können, dass diese Bescheide
beziehungsweise dass die Vergabe der Mittel sehr sicher erfolgt. Die
Quartiersmanagementteams sind in einer Situation, in der sehr häufig sie in dem
Rahmen der Steuerungsrunden beteiligt sind an solchen Entscheidungen, die von
anderen, von den in der Steuerungsrunde vertretenen Bürgerinnen und Bürgern aus
dem Bezirk, die über sehr viele Erfahrungen, auch in Kommunalpolitik aber auch
in den jeweiligen Fachbereichen verfügen, dass sie dort ein gewichtiges Wort
mitzusprechen haben. Aber, sie sind in einer
Situation, in der diesen Steuerungsrunden überlassen wird, Schwerpunkte zu
setzen, auch bei der Vergabe der Mittel. Und selbstverständlich ist auch die
Senatsverwaltung für Stadtentwicklung noch – bei Mitte wollen wir dies anders
erproben – in solchen Steuerungsrunden vertreten und nimmt ebenfalls, wenn es
um die grundsätzliche Frage von Strategie oder Zielsetzung geht, Einfluss. Wir
haben die ein oder andere Situation gehabt – danach haben Sie konkret gefragt
–, auch das haben wir im Hauptausschuss schon betrachtet, bei der die
Quartiersmanagementteams einer bestimmten Organisation angehören, bei der sie
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind, zum Beispiel einer Organisation, die an
anderer Stelle sich mit Sanierungsfragen oder mit sonstigen Fragen des
Stadtteilmanagements befasst. Dass in diesen Fragen dieselbe Organisation auch
geeignet sein mag, ebenfalls eine Aufgabe oder eine Maßnahme aus dem
Quartiersmanagement durchzuführen, ist richtig und ist in der Vergangenheit in
vielen Fällen auch wichtig gewesen, um die Durchführung der Maßnahmen qualifiziert
sicherzustellen. Allerdings lege ich großen Wert darauf, dass in einer solchen
Situation es keine Bevorzugung dieser Organisationen gibt. Wir werden zukünftig
gemeinsam mit den Bezirken noch mehr darauf achten, dass es hier auch eine
breite Beteiligung und eine breite Bestreuung bei den Maßnahmeträgern gibt.
Wir sind, letzte
Frage oder vorletzte Frage, mit dem Senatsbeschluss in der Planung bis zum Ende
des Jahres 2006 begriffen. Wir werden uns im Laufe des nächsten Jahres weiter
kritisch und konstruktiv mit der Weiterentwicklung des Quartiersmanagements
auseinander setzen und werden rechtzeitig im Senat einen Vorschlag zur
Weiterführung, in welcher Form auch immer, des Quartiersmanagements dann machen.
Die IBB ist geeignet, nicht für die Bestimmung oder für die Klärung von Fragen
grundsätzlicher Art im Zusammenhang mit der Vergabe, sie ist allerdings die
geeignete Organisationsform, um die Mittel zu verausgaben und vor allen Dingen
um die jeweilige Kontrolle durchzuführen, wenn es dann darum geht, die
Nachweise sich anzuschauen.
Vors. Klemm: Danke, Frau
Senatorin! Nun kommen wir zur Rederunde von bis zu 10 Minuten, und die FDP mit
Herrn Schmidt fängt an, bitte Herr Schmidt:
Abg. Schmidt
(FDP): Vielen
Dank! Ein bisschen Klarstellung gab es zwar schon, aber viel schlauer kann man
auch nicht aus der Beantwortung der Großen Anfrage in mündlicher Form werden.
Ich habe den Eindruck, es wird relativ wenig geändert und so weitergearbeitet,
wie es bisher war, und die Kritik des Rechnungshofes wird da eher nur sekundär
mit eingearbeitet, so dass wir uns wahrscheinlich auf den nächsten
Jahresbericht 2004 einstellen müssen, wo nochmals die gleiche Kritik formuliert
wird. Ich frage mich, ob sich der Senat zu wenig Gedanken gemacht hat, wohin er
eigentlich in der Zielperspektive will und wie man letztendlich erreichen kann,
dass diejenigen, die heute in den Quartieren bitter vermisst werden, die man
noch, wenn es sie in Ansätzen dort gibt, dort halten will? Das sind vor allen
Dingen diejenigen, die es sich auch leisten könnten, ins Umland oder in eine
andere Gegend zu ziehen, die wahrscheinlich relativ viel Zeit damit aufwenden,
im Job zu arbeiten und die sich wahrscheinlich nicht, das gibt der Senat ja
selbst zu, den großen Zeitaufwand, der mit dem Engagement vor Ort verbunden
ist, wahrscheinlich nicht leisten könnten. Da stelle ich mir schon die Frage,
und würde auch davor warnen, das was in den Quartiersmanagementgebieten getan
wird, mit den Fragen, die sich unter den Schlagworten "direkte
Demokratie" und mehr Bürgerbeteiligung abzeichnen, das damit zu
verwechseln, weil da geht es doch um ganz andere Fragestellungen, als sich
damit zu beschäftigen: "Brauchen wir abgeflachte Bordsteine im
Quartier?" oder: "Müssen wir einen Spielplatz sanieren?" Das ist
für die Leute vor Ort sicher auch interessant, aber viele wünschen sich doch,
über weiter gehende politische Fragen mitzuentscheiden, und da gaukelt das
Quartiersmanagement nur eine Form von Bürgerbeteiligung vor, die es dann, wenn
es konkret wird, doch nicht halten kann.
Und das Grundproblem, was auch nach der Debatte um den
Sozialstrukturatlas klar geworden ist, dass vor allen Dingen die
Arbeitsmarktsituation, wie sie sich im Moment darstellt, Hauptauslöser für die
soziale Entmischung ist, die wir in den Quartieren haben. Und da wird leider
auch das Quartiersmanagement nur die Symptome, aber nicht die eigentliche
Ursache bekämpfen können, und da frage ich mich, ob man nicht von vorne herein
sich da andere Überlegungen hätte machen sollen, wie man tatsächlich solche wie
auch in den Papieren erwähnte Säulen wie lokale Wirtschaftsstrategien für
Arbeits- und Ausbildungsplätze etabliert werden. Wir sind hier auf Landesebene,
da sind die schon nicht zu erkennen, da mache ich mir relativ wenig Hoffnung,
dass es in den Bezirken und über die Quartiersmanagementteams gelingen kann, da
eine andere Entwicklung zu nehmen.
Und was auch auffällig ist, oder was zumindest dann doch eine
Bestätigung für die Auswahl der Quartiersmanagementgebiete ist, ist der besagte
Sozialstrukturatlas, der dezidiert aufgezeigt hat, dass die Schwerpunkte sozialer
Entwicklung in Berlin die Quartiersmanagementgebiete sind. Und das ist dann
insoweit zwar für die damalige Auswahl positiv zu betrachten, macht aber auch
besorgt, weil es eben doch in den jetzt inzwischen 4 Jahren, wo man das messen
konnte, doch nicht gelungen ist, das so weit umzusteuern, dass zumindest eine
positive Entwicklung deutlich sichtbar geworden ist und wo man sich fragen
kann: "Wie wird es weitergehen?". Das Grundproblem ist, dass das
Engagement, das dort um das Quartiersmanagement aufgebaut ist, an der
staatlichen Förderung dieser Quartiersmanager hängt: Wird die irgendwann mal
eingestellt? Und wohl niemand von uns kann sagen, er will das dauerhaft so
fortsetzen, dann bricht da ziemlich viel weg, und unser Ziel müsste doch sein,
dass mit einer Anschubfinanzierung auf absehbare Zeit dort wirklich eine
Initialzündung gelingen kann, so dass sich die Leute dauerhaft, auch ohne
staatliches Zutun, für ihre eigenen Belange interessieren. Das kann mit dem
jetzigen Konzept überhaupt nicht erreicht werden. Da stellt sich generell die
Frage: "Wie kommen wir aus der dauerhaften Finanzierung durch die
öffentliche Hand heraus?" Da fehlt es wirklich an überzeugenden Konzepten.
Man muss sich die Frage stellen,
noch einmal vom Anfang her gegriffen: "Wie kann man es erreichen, die
Quartiere in der sozialen Struktur zu stabilisieren?" Das kann zwar zum
Teil auch dadurch gelingen, dass man Jugendliche und Vertreter, die sich auch
jetzt schon in den Vereinen vor Ort engagieren, zusammenführt und gemeinsam
darüber beraten lässt. "Wie kann es mit dem Quartier weitergehen?".
Aber das sind doch nur die, die sich eh schon in Vereinen und Initiativen
engagieren. Diejenigen, die resigniert haben oder die nicht die Zeit aufbringen
können, für die ist das Quartiersmanagement in der heutigen Form gar nichts.
Und gerade die müssten wir doch erreichen, weil es gerade an denen hängt, die
den größten Beitrag dazu leisten können, dass sich wirklich für das Quartier
etwas bewirkt.
Ich will die 10 Minuten gar nicht ausschöpfen, sondern nochmals
eindringlich davor warnen, das Quartiersmanagement nicht mit direkter
Demokratie und mehr Bürgerbeteiligung zu verwechseln. Das ist ein ganz kleiner
Beitrag, der, ich fürchte, den Bürgern nur eine Beteiligung vorgaukelt, die sie
in Wahrheit gar nicht haben. Sei es nun auf Grund der Haushaltslage, dass keine
weiteren Mittel zur Verfügung stehen, um wirklich die Probleme, die es vor Ort
gibt, dann auch mit der Infrastruktur, mit Spielplätzen und anderem zu lösen.
Aber viele wünschen sich doch auch eine direkte Beteiligung am politischen
Prozess, und der kann über dieses Quartiersmanagement nun wahrlich nicht geleistet
werden.
Vors. Klemm: Danke, Herr Schmidt!
Jetzt hat die SPD das Wort – Herr Radebold, bitte schön!
Abg. Radebold (SPD): Ich habe, Herr
Kollege Schmidt, das Quartiersmanagement nicht vordringlich als Modell gesehen,
den Leuten mehr Demokratie vorzugaukeln, wenngleich natürlich der
Quartiersfonds am Anfang, zum Start, durchaus sehr viele Bürger angereizt hat,
mitzumachen und erst mal mitzureden. Und es ist eben den einzelnen
Persönlichkeiten, die dort vor Ort wirken, den Quartiersmanagern, in
unterschiedlicher Weise gelungen, dieses geweckte Interesse einer sonst oft
politikfernen Schicht weiter zu halten. Ich glaube, wir überfordern das Modell
Quartiersmanagement, wenn wir von ihm die Lösung aller gesellschaftlichen
Probleme in Deutschland erwarten. Auch die ja in der letzten Zeit spezifischere
Zuwendung zu Einzelfällen, also zu kleinen Arbeitsmarktinitiativen, mit Einbeziehung
zum Beispiel eines großen Vermieters, einer Wohnungsgesellschaft, die erkannt
hat, dass Arbeitslose durchaus mit kleinen sinnvollen Tätigkeiten sich drei
Mark erwerben können und dafür sorgen, dass es dort in dem Wohnumfeld besser
wird. Das sind natürlich kleine Schritte, die lösen nicht alle Probleme die wir
haben, das ist ganz eindeutig. Aber es sind kleine Schritte, und ich finde es
ermutigend, dass es gelungen ist, in dieser dritten Handlungsebene, also Senat,
Bezirk, und in dieser dritten, doch verwaltungsferneren Handlungsebene
überhaupt etwas in den Gang zu setzen, was nachweislich zu einer Verbesserung
fast überall vor Ort geführt hat, wenn sie auch nicht messbar ist, zum Beispiel
in einem Rückgang von Arbeitslosenzahlen im Quartier.
Insofern es wird in
der Zukunft darauf ankommen, die spezifischen Probleme vor Ort noch deutlicher
herauszuarbeiten. Da kann in einem Quartier die Integration nicht deutsch sprechender
Schüler ein Problem sein, das wir am
Anfang gar nicht so mit dem Quartiersmanagement verbunden haben. Es kann in
einem anderen Quartier ein anderer Schwerpunkt wichtig sein, der zu lösen ist,
und ich glaube, darin liegt auch die Zukunft des Quartiersmanagements, mit
einem integrativen Ansatz vieler vor Ort handelnder Personen und Vereinigungen
ganz spezielle Lösungswege zu gehen. Und insofern wird es immer so sein, dass
wir uns als Abgeordnetenhaus in Intervallen damit wieder beschäftigen werden
müssen, denn im Zuge dieser spezifischen Entwicklung werden wir auch wieder zu
neueren Erkenntnissen kommen, die dann neue Schritte erfordern vor Ort. Und ich
bin sehr gespannt, ob es gelingt, indem man noch mehr Verantwortung aus der
Hand lässt. Die Senatorin hat dieses Modell in Mitte angesprochen, ob dort noch
ein Qualitätsschub möglich wird aus dieser größeren Distanz dann, wir rücken ja
ein bisschen näher an die Bürger ran, oder ob da nicht die Gefahr besteht, dass
das dann sozusagen dazu verführt, dass die Mittel, die jetzt zentral dafür vergeben
werden, vom Bezirk verwandt werden für Dinge, die der Bezirk aus Regelaufgaben
leisten müsste, dann hätten wir eine kontraproduktive Situation geschaffen.
Insofern bin ich sehr
gespannt, wie es gelingt – es gibt ja dieses 11-Punkte-Programm meiner Meinung
nach– dass sich der Senat als Ziel gesetzt hat, aus Erkenntnis des Gutachters
mit dem Modell Quartiersmanagement weiterzuarbeiten. Ich sehe unsere Aufgabe
auch darin, dafür zu sorgen, dass wir ihn fiskalisch in die Lage versetzen,
dieses Projekt weiterzuführen. Wir dürfen nicht erwarten, dass wir hier in ein
oder zwei Jahren damit alle Probleme gelöst haben. Wir müssen schauen, wo haben
wir Fortschritte erreicht und es ist eventuell auch nötig, dass wir die
Gebietskulissen einzeln überprüfen. Vielleicht sind andere Gebiete dazuzukommen,
und vielleicht gelingt es auch dieses oder jenes Gebiet aus dem
Quartiersmanagement zu entlassen.
Vors.
Klemm: Danke, Herr Radebold!
Dann hat jetzt für die CDU das
Wort Herr Wellmann, bitte!
Abg. Wellmann (CDU): Herr Vorsitzender,
meine Damen und Herren! Die Senatorin hat sehr lange geredet, ohne viel zu
sagen. Man kann, Frau Junge-Reyer, aus dem, was Sie gesagt haben, entnehmen,
dass Sie viel ändern wollen. Das gab Andeutungen, und auch aus Ihrer
Stellungnahme zum Evaluierungsbericht gibt es so etwas, aber so richtig klug
geworden ist man daraus nicht. Es gibt jedenfalls keine erkennbare Handlungsstrategie
des Senats.
Bis zum Jahr 2006,
Herr Kollege Radebold, werden in das Quartiersmanagement über hundert Millionen
Euro geflossen sein. Hundert Millionen Euro, also 200 Millionen D-Mark,
und da ist die Frage erlaubt, was mit dem Geld erreicht wurde und was nicht.
Dieser Evaluierungsbericht, der wirklich mühsam zu lesen ist, weil er
sprachlich völlig verkorkst ist, in einer schönsten soziologischen Kunstsprache
verfasst, versuchte mit entlegenen Fremdwörtern und nebelhaften Anspielungen
den Eindruck zu erwecken, als sei das das Beglückungs- und Allheilmittel in der
Politik. Ich lese mal, Herr Hahn, einen Satz vor: "... dass vor dem Hintergrund
dass die Folgen zunehmender Segregation in der Stadt und die Folgen einer
ungleichen Chancenverteilung in der Gesellschaft ...", also da wird
Gesellschaftspolitik gemacht, "... tendenziell eher gravierender werden,
kommt einem integrierten Entwicklungsprogramm wie das Quartiersmanagement auch
in Zukunft eine zentrale Rolle in der Berliner Politik zu." Insgesamt,
also Herr Radebold, hören Sie gut zu, das Quartiersmanagement ist zukünftig die
zentrale Rolle, die hier in der Politik gespielt wird, und nicht irgendwas
anderes. Also nicht der Regierende Bürgermeister oder der Sarrazin,
Quartiersmanagement ist es. Hier wird der alte ideologische Kinderglaube
vorgespiegelt, man könnte durch möglichst viel Geld, durch Interventionsmittel
gesellschaftliche Probleme lösen. Sie können hier noch einmal hundert Millionen
reinstecken, Sie können auch eine Milliarde reinstecken und werden die Probleme
nicht lösen, die wir hier haben.
Die Probleme sind
primär Bildungsfragen, Stichwort PISA, von der Hauptschule bis nach oben hin,
primär Hauptschule schwebt uns hier vor. Die Tatsache der fehlenden
Arbeitsplätze, die Tatsache der erbärmlich gescheiterten Integrationspolitik
hier in Berlin, bis hin zu Sprachmängeln und anderem. Wenn wir die Probleme
nicht lösen, können Sie, wie gesagt, noch einmal eine Milliarde ins
Quartiersmanagement reintun und werden nichts erreichen.
Wir kennen alle die
Auswüchse dieses Programms: im Internet stand bis vor kurzem – jetzt haben sie
es offenbar rausgenommen, weil es doch zu peinlich war– die Überschrift:
"Kiez wird Millionär". Dann können Sie sich die Tabellen aus dem
Internet ausdrucken, Herr Radebold, sollten Sie wirklich mal versuchen, ich
glaube die hat 160 Seiten oder so. Dann können Sie die ganzen Projekte sehen,
die da gefördert wurden, und da sind die Selbsterfahrungskurse dabei, und da
sind die Tanzkurse für Frauen über 30 dabei, und da ist das ethnologische
Feldforschen drin, ja, wo Sie, wo Leute, bestimmt sehr bemühte Damen und
Herren, nach Afrika gefahren sind und angeguckt haben, wie Multikulti da
funktioniert, und dann sind sie zurückgekommen und halten jetzt hier, das ist
ethnologisches Feldforschen, halten jetzt hier bei uns, setzen das um, alles
staatlich gefördert, alles mit Staatsknete gefördert und sehen, wir wollen mal
am Beispiel Afrika, Herr Gaebler, Herr Gaebler, Sie sollten es sich mal
angucken, das wäre für Sie auch mal was, vielleicht lässt man Sie auch mal nach
Afrika fahren, Herr Kollege Arndt, das Quartiersmanagement zahlt alles, wir
formulieren mal so einen Antrag für Sie. Das wird hier gemacht, und Sie stehen
vor der Tatsache, meine Damen und Herren Kollegen, dass Sie durch diese
empörenden Beispiele von Geldverschwendung die möglicherweise guten Projekte im
Rahmen des Quartiersmanagement total desavouieren.
Wir von der CDU
hätten gern Klarheit, die die Senatorin heute nicht geliefert hat. Erstens, wie
soll es weitergehen? Stecken wir in den nächsten Jahren noch einmal hundert
Millionen da hinein oder nicht? Wir möchten Klarheit haben und werden das auch
in einem Antrag formulieren, den wir wahrscheinlich zur nächsten Sitzung
einbringen: Wo gibt es Überschneidungen zwischen den Problemen, die die Sozialsenatorin
im Sozialatlas aufgezeigt hat und die der Innensenator in seinem Schwerpunktbericht
nennt? Ich möchte gerne wissen, in welchen Quartiersmanagementgebieten es einen
Anstieg von Jugendarbeitslosigkeit gibt, von Verwahrlosung gibt und anderen
Dingen. Das möchten wir gerne wissen, um zu überprüfen, ob das Geld, die Millionen,
die in die Gebiete geflossen sind, sinnvoll angelegt waren oder nicht. Wir
hätten auch gerne gewusst, wer der Gutachter war in diesem Evaluierungsbericht.
Und wir werden zu überprüfen haben, vielleicht gemeinsam, Herr Arndt, das wäre
doch mal was, ob man nicht eine objektive Begutachtung, also nicht von
Betroffenen, von Leuten, die sowieso aus der Szene kommen, die sich letztlich
selbst begutachten und beweihräuchern. So liest sich der Bericht, auch wenn
Herr Gaebler so tut, als sei er überrascht. Das ist so, Herr Gaebler. Wir
wollen überprüfen, ob eine objektive Begutachtung sinnvoll ist. Ohne die
Beantwortung dieser Fragen werden Sie die immensen Ausgaben, hundert Millionen
Euro, für das Quartiersmanagement, vor den Wählern nicht verantworten können
Sie können den Wählern nicht die schweren
Einschnitte in das Sozialsystem verkaufen, von der Praxisgebühr, bis hin zu
erhöhten Kitagebühren und Zusammenlegung von Sozial- und Arbeitslosenhilfe und
weiß nicht was, wenn Sie hier mit der sozialistischen Gießkanne völlig ungebremst
das Geld verteilen. Dieses werden Sie, auch wenn Sie darüber lachen, wenn Sie
das lächerlich finden; Herr Gaebler, in Zukunft nicht mehr so machen. Die CDU
hat mal so was gemacht, '83, da sind Sie noch barfuß hinter der Musik hergelaufen,
da haben wir mit vierzig Millionen Mark jedes Jahr Selbsthilfegruppen
gefördert, das war der Sozialsenator Fink, da hatten wir einen Beirat, da saß
Heinz Galinsky drin und Chefs anderer Sozialverbände, und die haben gesagt, die
Gruppe kriegt was und die und die nicht. Das hat damals funktioniert. Ihr
System funktioniert nicht, obwohl Sie viel mehr Geld ausgeben als die CDU
damals.
Also, klare
Reduzierung, wir wollen eine Analyse haben dessen, was da wirklich passiert
ist, welche Erfolge erzielt worden sind, und wir müssen verdammt aufpassen,
Herr Kollege Radebold, dass wir nicht dazu kommen, Haushaltsmittel, die
eigentlich in den Etat des Bezirks oder der Schulverwaltung, der Jugendverwaltung
oder der Innenverwaltung gehören, einfach mal an freie Bürgergruppen verteilen.
Sonst können wir das mit anderen Mitteln auch machen. Wir könnten auch auf die
Idee kommen, mehr Sicherheit damit zu erzeugen, dass man da so eine Kiezpolizei
installiert, die von Bürgern ins Leben gerufen würde, usw. Das Primat des
Haushaltsgesetzgebers muss gewahrt werden. Wir können nicht im Umfang von
hundert Millionen Geld verstreuen, ohne dass wir eine Kontrolle darüber haben,
wie es ausgegeben wird. Das ist der Ansatzpunkt des Rechnungshofs, und darauf
werden wir bestehen und werden in Zukunft das Thema nicht außer Acht lassen und
werden immer wieder darauf zurückkommen.
Vors.
Klemm: Danke Herr Wellmann! Jetzt hat die PDS das Wort,
Frau Vordenbäumen, bitte!
Frau Abg. Vordenbäumen (PDS): Danke, Herr Vorsitzender! Herr Wellmann, ich bedauere die politische
Polemik, die Sie in die Debatte gebracht haben, denn ich denke, das Thema ist
nicht dazu angetan, so polemisch zum Beispiel die These in den Raum zu stellen,
das Quartiersmanagement solle sämtliche gesellschaftspolitischen Probleme
lösen. Das hat niemand behauptet, und das ist auch nicht in der Vorlage des
Senats zum Ausdruck gebracht worden. Ich verstehe auch nicht so wirklich, wieso
Sie die Aussagen der Senatorin, die doch sehr klar waren, nicht nachvollziehen
konnten.
Zum Beispiel der von
Ihnen angesprochenen Problembereich PISA. Frau Junge-Reyer hat darauf hingewiesen,
dass es, das ist zum Beispiel ein Ergebnis des Evaluationsberichtes, jetzt eine
neue Form der Kooperation auch in der Qualität zwischen dem Bereich Bildung und
der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, in diesem Fall das Quartiersmanagement,
geben soll. Das wird, wenn ich richtig informiert bin, im Bezirk Mitte als
Pilotprojekt jetzt gestartet. Da muss man erst mal abwarten, welche
Synergieeffekte dort erzielt werden können. Ich halte das in der Tat für einen
sehr sinnvollen Ansatz.
Und auch ansonsten
kann ich sagen, die Diskussion, die wir auch im Rahmen des Sozialstrukturatlasses
im Plenum, aber nicht nur dort hatten, die gezeigt hat, wir brauchen noch viel
mehr an ressortübergreifender Kooperation, sowohl auf der Ebene der
Senatsressorts aber auch natürlich auf der Ebene der Bezirke, dass also dieser
begonnene Schritt der qualitativen Verstärkung der Kooperation für mich
durchaus ein positiver Ansatz ist. Wir haben verschiedene Analysen, zum
Beispiel aus dem Innenressort, aus dem Sozialressort, aus dem Ressort
Stadtentwicklungspolitik, wo man mal gucken muss, welche Problemfelder sich da
überschneiden, welche Analysen zu ähnlichen Ergebnissen kommen. Aber dann hätte
ich zum Beispiel ein Interesse daran, dass Förderprogramme, die in den
einzelnen Ressorts sind, gebündelt werden und in Absprache und Abstimmung
miteinander in den, glaube ich, doch von allen in etwa gleich gesetzten so
genannten Problemkiezen oder Problemquartieren eingesetzt werden können.
Und da muss ich
nochmals auf Herrn Schmidt zurückkommen. Ich glaube nicht, dass es mit einer
Anschubfinanzierung getan ist, Herr Schmidt. Das halte ich für eine sehr
optimistische Ausgangssituation, wenn man glaubt, man könne jetzt also solche
strukturellen Defizite mit einer einmaligen Anschubfinanzierung beheben. Das
wird so nicht passieren. Richtig ist, wir müssen, auch wenn Sie bestreiten,
dass das möglich ist, im Bereich des lokalen Wirtschaftens stärken, dazu sind
sicherlich noch nicht endgültig überzeugende Ergebnisse vorgetragen worden,
aber ich halte es für richtig, auf diesem Weg weiterzumachen. Ich halte es auch
für richtig und wichtig, in diesem Bereich von Arbeitsmarktpolitik mit der
Agentur für Arbeit darüber zu diskutieren, dass wir stärker die Möglichkeit
haben, auch Bewohner/-innen von bestimmten Quartieren in Beschäftigung zu
bringen, zum Beispiel bei Maßnahmen, die aus dem Etat des Quartiersmanagements
oder aus dem Programm Quartiersmanagement finanziert werden. Das wäre für mich
ein ganz wesentlicher Faktor, dass wir dort also versuchen, noch eine
Veränderung hinzukriegen.
Und dann zum Bereich
– ich finde, auch eine durchaus wesentliche Veränderung oder Weiterentwicklung
des Programms Quartiersmanagement – Kompetenzverlagerung hin in die Bezirke und
zu den lokalen Akteuren. Das ist eine Forderung, die von der PDS lange
aufgemacht worden ist. Ich halte das für richtig. Ich bin sehr gespannt auf die
Ergebnisse, die in Mitte erzielt werden. Ich hoffe, dass wir so schnell wie
möglich auch andere Bezirke in die Situation bringen können, dass Kompetenz an
sie von der Senatsverwaltung übertragen wird.
Was den Bereich
lokale Akteure, also Bewohnerinnen und Bewohner der Kieze angeht, da stimme ich
mit Frau Junge-Reyer überein. Die Menschen haben sehr verantwortungsvoll den
Quartiersfonds verwandt. Das hat, da mag der Herr Wellmann sehr bedauern, dass
dann auch Tanzkurse für Frauen ab 30 daraus finanziert worden sind, Herr
Wellmann, aber solche Entscheidungen gibt es, und die kann ich dann auch ertragen,
weil nicht die Masse des Geldes dafür verwandt worden ist. Wenn eine Quartiersjury
oder ein Forum darüber entscheidet, dann, finde ich, ist es legitim, dass auch
eine solche Maßnahme dort ausgerichtet wird.
Noch ein Abschlusssatz
vielleicht zu der gesamten Diskussion die auch im Umfeld "Ergebnisse des
Sozialstrukturatlasses" geführt wurde. Dort ist mit sehr kernigen Worten
von Verslumung und weiterer Abwärtsentwicklung usw. geredet worden. Ich habe
mir mal die Mühe gemacht und bin in eine ganze Reihe dieser Quartiere gefahren,
habe dort mit Bewohner/-innen gesprochen, habe dort aber auch mit QM-Teams
gesprochen. Erstens finde ich, dass wir an keiner Stelle davon reden können,
dass Berlin gleichzusetzen ist mit Rio oder auch anderen europäischen
Hauptstädten. Das ist wirklich nicht der Fall. Und zum zweiten, Herr Schmidt,
ist es auch nicht so, aus meiner Erfahrung, und da sollten Sie durchaus auch
mal den Weg in die verschiedenen Quartiere dann wagen, dass die Menschen die
dort leben, nicht integriert wären oder betroffen wären und einbezogen werden
in die Arbeit der QM-Teams. Da habe ich höchst unterschiedliche Erfahrungen
gemacht, das kann man ruhig sagen. Da gibt es auch, genauso unterschiedlich wie
die Quartiere sind, unterschiedliche Qualität der QM-Team-Arbeit, aber in der
Regel ist es so, dass die Leute, die dort leben, auch einen Bezug haben zu
diesen QMs. – Danke!
Vors. Klemm: Danke Frau
Vordenbäumen. – Jetzt haben die Grünen noch zehn Minuten, ich tippe auf Frau
Hämmerling, bitte!
Frau Abg. Hämmerling (Grüne): Richtig geraten, Herr Vorsitzender! – Also, Frau Junge-Reyer, Ihre Ausführungen
fand ich schon mal sehr gut, auch die Ausführung über die beabsichtigte
Staatssekretärskonferenz, die weitergeführt werden soll. Ich muss kritisch
anmerken, dass man die erstmals 2001 abgewickelt hat, obwohl die Probleme schon
ähnlich waren. Es gab ja so eine Einrichtung schon einmal,und es ist ganz klassisch,
dass man Querschnittsaufgaben nicht in einem Ressort lösen kann und es einer Koordinierung
an einer entscheidenden Stelle angewiesen ist. Wir haben bislang die ganz
unterschiedlichen Aktivitäten, also das gesunde Städtenetzwerk, den Prozess der
lokalen Agenda, die Umsetzung der Leitlinien für eine kinder- und jugendfreundliche
Stadt, das Quartiersmanagement und dann zuletzt noch die Weiterentwicklung des
Konzepts Stadtteilzentren. Parallel dazu die
Infrastrukturentwicklungsmaßnahmen, die in der Senatsverwaltung für
Stadtentwicklung liegen, die die Qualität eines Quartiers maßgeblich mitbestimmen.
Wir haben jetzt auch
– und das ist natürlich für mich ein bisschen schwierig, als letzte Rednerin,
Sie haben gerade darauf hingewiesen – jetzt den Sozialstrukturatlas, der
wesentliche und wichtige Daten gibt. Er gibt uns auch ein gutes Instrument zur
Bewertung. Die Verkehrszellen könnten beispielsweise bei der Bewertung von
Problemgebieten und bei sich entwickelnden neuen Problemgebieten helfen. Sie
sind kein Allheilmittel, denn der Kollwitzplatz oder der Helmholzplatz, die ja
auch ziemlich weit unten auf der Liste sind, weil sich wahrscheinlich viele
Studierende dort aufhalten mit geringem Einkommen. Die würde ich als durchaus
nicht in dieses Raster mit Quartiersmanagement zu unterstützende Gebiete einordnen
wollen. Ich denke aber, auch bei der Bewertung, wie man künftig mit der
Mittelvergabe an die Bezirke umgeht, also in der Höhe der Globalhaushalte, dass
es dort notwendig und sinnvoll ist, meinetwegen das untere Drittel dieser
Verkehrszellen zu bewerten und zu sagen, wir machen einen sozialen Ausgleich,
und die Bezirke, die anteilig mehr solcher Quartiere haben, die im unteren
Drittel liegen, bekommen eben einen Wertausgleich durch irgendein Vergabeverfahren,
was man eben auf der Basis dieser Sozialindizes dann treffen kann.
Ich denke aber auch,
dass dieser Strukturatlas Anlass sein sollte, die Ursachen genauer zu
erforschen, weshalb in bestimmten Gebieten bestimmte Probleme auftauchen. Und
es sind eine ganze Menge Rahmenbedingungen genannt worden. Ich finde aber ein
wesentlicher Aspekt ist zum Beispiel in der Verkehrspolitik zu sehen, also auch
änderbar durch Verwaltungshandeln, also die ganze Frage eines
Lärmsanierungsprogrammes meinethalben, die Frage nach mehr Verkehrssicherheit
in den Quartieren, oder, was auch ein Problem ist, was uns die Segregation
beschert hat in einigen Quartieren, und dazu haben wir hier in diesem Ausschuss
maßgeblich beigetragen, also wir ja nicht, weil wir haben dann uns in aller
Regel solchen Projekten kritisch gegenüber verhalten. Das ist die ganze
Ausweisung der Standorte für großflächigen Einzelhandel. Wir wissen heute, dass
wir da in der Vergangenheit sehr viele Fehler gemacht haben und dass uns auf
diese Art und Weise Stadtstrukturen, kleinteilige Ladenstrukturen kaputtgegangen
sind. Wir haben aber auch riesengroße Immobilienprojekte vorangetrieben,
dadurch natürlich die Option auf die verschiedensten Angebote eröffnet, so dass
jeder jetzt quasi aus diesen Gebieten ohne Not auch wegziehen kann. Und das ist
ja auch ein weiteres Problem, wie halten wir denn die Leute, wenn wir
tatsächlich so lukrative und preiswerte Angebote in Konkurrenz in einer
Größenordnung von 140.000 leerstehenden Wohnungen haben. Das sind also Fragen,
wo man wirklich etwas anbieten muss und da kommt man sehr schnell zur Frage des
öffentlichen Grüns, zur Frage, wie kann ich denn Brachflächen nutzen, wie kann
ich dort auch bürgerliches Engagement möglich machen, in Bereichen, wo
öffentliche Flächen quasi ungenutzt in der Stadt rumgammeln. Und dort gibt es
sicherlich auch eine ganze Menge, was vom Land Berlin auch mit, ja, zumindest
in dem Zeitraum, wo sich keine sinnvolle Veräußerungschance darbietet, machen
lässt. Das bürgerschaftliche Engagement ist jetzt von allen angesprochen worden
und ich denke auch, es kann natürlich sein, saß der eine oder andere Betrag mal
in den Sand gesetzt wird und dass es in den Quartieren zu Entscheidungen kommt,
die wir nicht gutheißen können. Aber das zu Verdammen oder zum Anlass zu
nehmen, zu sagen, das ist hier nicht der richtige Weg hier, den wir einschlagen,
das sollten wir nicht tun. Ich glaube aber auch, dass wir sehr aufpassen müssen
bei der Frage, wie wir in Zukunft mit den Quartieren umgehen. Wir dürfen bei
allem, was an Aufmerksamkeit für die problematischen Quartiere dieser Stadt
notwendig ist, nicht die Entwicklung in anderen Quartieren vernachlässigen und
vergessen. Es gibt da ganz praktische Beispiele, wo ich weiß, dass auf Grund
des Lärmpegels z. B. in der Langhansstraße durch eine bestimmte
Verkehrssituation der Straßenbahn die Leute einfach wegziehen. Die
Sanierungsmaßnahmen, die alle Jahre wieder erfolgen, treiben die letzten
Geschäftstreibenden aus der Straße, und wir bekommen an der Ecke wieder eine
Entwicklung, und die sich dort engagierenden Leute werden quasi von der
Verwaltung vor den Kopf geschlagen, weil ihnen erklärt wird, sie hätten keine Ahnung,
sie seien nicht die Experten, sie seien blöd, und nach zwei Jahren stellt sich
dann raus, Lärmmessung usw., die Bürgerinnen und Bürger hatten Recht. Inzwischen
passiert hier ein bisschen was. Also, in dem Sinne müssen Sorgen und Nöte der
Menschen ernst genommen werden. Man muss sie unterstützen darin, sich zu engagieren
für ihren Kiez, und man muss sie dann also auch gewähren lassen und darf ihnen
nicht erzählen, wir haben aber alles im Griff, wir sind die Klugen, und im
Übrigen ist eure Aktivität unerwünscht.
Insgesamt ist die
Verknüpfung der Aktivitäten aller Senatsverwaltungen, die Bündelung und die
Konzentration auf bestimmte Schwerpunkte notwendig, ohne die anderen Gebiete zu
vergessen. Aber eben auch, und das ist ein wichtiges Argument für die nächste
Haushaltsaufstellung und gerade an die große Koalition. Man kann natürlich auch
nicht den Haushalt vor allem konsolidieren auf Basis der Bezirke, indem man den
Bezirken das Geld wegnimmt und genau dort, wo Bildung, wo so kleinteilige Freizeitangebote
gemacht werden, dass man dort reinhaut, sondern, wenn, dann muss man sich hier
wirklich im eigenen Hause mal an den Ressorts der Senatsverwaltung vergreifen
und gucken, ob da nicht noch ein bisschen Spielraum ist. Wir haben ja im letzten
Jahr eine ganze Menge hier in diesem Ausschuss benannt, von dem wir glauben,
dass man das nicht unbedingt so notwendig braucht wie das Geld vor Ort. Wenn
wir in der Richtung arbeiten, dann können wir auch in Zukunft ein weiteres Abdriften
verhindern, soweit es in unserem Maß möglich ist. Allerdings, das
Auseinanderklaffen der Schere zwischen Arm und Reich, das werden wir nicht
alleine lösen können, da brauchen wir noch ein Stück weit Unterstützung von der
Bundesebene, und da sind wir frohen Mutes.
Vors. Klemm: Danke Frau
Hämmerling! – Wir kommen zur zweiten Rederunde, wo wir uns ja insbesondere auf
die CDU-Anträge konzentrieren wollten. Herr Wellmann, würden Sie dann die
Rederunde anfangen oder Herr Goetze. Herr Goetze, Sie haben das Wort!
Abg. Goetze (CDU): Zu den Anträgen –
deswegen kann ich mich an dieser Stelle kurz fassen, bitten wir, wie vorhin
schon im Redebeitrag vom Kollegen Wellmann angekündigt, diese zu vertagen, weil
wir sie ersetzen wollen durch andere Texte. Wer sich die Dauer der Beratung
hier anschaut oder die Dauer, wie diese Anträge hier behandelt wurden, der wird
feststellen, dass die zwei bis zweieinhalb Jahre alt sind, also mit die ersten,
die in dieser Legislaturperiode gestellt wurden und dass sie daher den
aktuellen Sachstand nicht wiedergeben. Wir werden die dann gegebenenfalls, wenn
wir entsprechende anders formulierte Anträge im Plenum gestellt haben,
wahrscheinlich zurückziehen. Insofern will ich jetzt nicht, da wir uns jetzt
primär nicht mit diesen Anträgen befassen, das Recht der ersten Rederunde hier
in Anspruch nehmen. Das wäre vielleicht unfair, aber reden möchte ich
natürlich.
Vors. Klemm: Sie haben jetzt nicht
geredet, sondern nur mitgeteilt, dass Sie zu den Anträgen heute um Vertagung bitten.
Gibt es dagegen Widerspruch? Aber wir führen noch die angekündigte zweite
Rederunde durch. Die machen wir dann in der alten Reihenfolge, und da hat sich
Herr Hahn gemeldet. Bitte!
Abg. Hahn (FDP): Na gut, dann erübrigt
sich das Nähere, ich kann vielleicht nur so sagen, dass wir schon der Ansicht
waren, dass die Anträge in die richtige Richtung gingen. Insofern sind wir dann
gespannt auf die textliche Neufassung. Aber zu den hier in Rede gestellten
Problemen muss man doch noch einige Anmerkungen machen.
Der zentrale Einwand,
der von uns gegen das Quartiersmanagement, so wie es betrieben wird, kommt, ist
der, dass es nicht ermutigt, in Richtung auf eine Bürgergesellschaft zu gehen,
auf eine, oder nennen Sie es Zivilgesellschaft, so wie Sie wollen, sondern dass
das wieder ein Weg ist in die Gesellschaft der Betreuten. Sie werden über kurz
oder lang dahin kommen, die Einrichtungen, die Sie da haben, in eine
Dauersubventionierung überführen, und die sich immer wieder in die
Rechtfertigung für ihr Tun daraus suchen, dass die Situation doch so schlecht
ist. In Wahrheit drehen wir uns im Kreise, so wie wir uns in der Stadt in
vielen Dingen im Kreise gedreht haben. Ich will Ihnen gar nicht die gute
Absicht absprechen, die Absicht, Quartiere zu stabilisieren, nur muss man sich
genau fragen, wenn man das Geld in die Hand nimmt, da hat der Herr Wellmann
durchaus Recht, was denn die Ergebnisse da sind. Und da hat uns die Antwort,
obwohl sie etwas nüchterner und wohltuender war, vielleicht als das, was wir
hier schriftlich vorgesetzt bekommen hatten, in seiner doch naiven Lobpreisung
des Ganzen, dennoch nicht überzeugt.
Es ist doch so, wenn
Sie die Indikatoren nehmen, die objektiven, Sozialstrukturatlas wurde ja schon
angesprochen, woraus klar hervorgeht, dass diese Gebiete in allen Beziehungen
wieder abgerutscht sind, wenn Sie die Statistik nehmen innere Sicherheit, das
mag auch sein. Aber es gibt so vieles, was darauf hinweist, dass das in
Wahrheit die Quartiere nicht voran bringt, kleiner Erfolge zum Trotz. Das große
Geld rechtfertigt die aber auch nicht bisher. Und wir kommen nicht voran. Das
ist der Kernfehler in der Konstruktion des Ganzen, dass Sie nicht genügend den
Bürgerwillen stabilisieren. Wir sind hier kürzlich von einem Experten
unterstützt worden, der in der Enquetekommission auftrat, Professor Penta hieß
der, glaube ich, ein New Yorker, der hat das ja mal ganz drastisch so
formuliert vor der Enquete, der sagte, das Management von Quartieren ist das
Gegenteil dessen, was gebraucht wird. Das hat er sehr präzise formuliert. Er
hat das auch begründet. Er sagt, dass man die Eigenverantwortung stärker
stimulieren muss. Dazu sind ganz andere Dinge nötig. Natürlich, das ist auch
klar, man wird über solche Maßnahmen nicht die gesellschaftspolitischen Probleme
lösen können, die auf ganz anderer Ebene eingebrockt wurden. Wir werden da
nicht hinkommen, die gescheiterte Integration aufzuheben. Das ist auch von
Niemandem so gesehen. Dennoch, man darf sich auch hier nicht der Illusion
hingeben, man könne da etwas bewirken und nur die Auffassung vertreten, wir müssten
etwas mehr Geld für das Quartiersmanagement bezahlen, dann würde sich das
lösen. Das ist der falsche Weg. Der führt, wie gesagt, in die
Dauersubventionierung, die Dauerfinanzierung dieser Einrichtungen und damit
eigentlich nur in die Verlängerung der Probleme. Das ist die Kernaussage dazu.
Frau Senatorin, ich
hätte von Ihnen allerdings erwartet, dass Sie zu der Kritik des Rechnungshofes
hier doch detailliert Stellung nehmen, denn das was dort gekommen ist, das war
allerdings schon gravierend. Hier war die Rede davon, dass man die Weiterfinanzierung
von Projekten vorgenommen hatte, ohne Einzelprojekte zu evaluieren, in die
Evaluation einzubeziehen. Das ist ein schwerer Vorwurf, dazu ist von Ihnen
nichts gesagt worden. Ein Konstruktionsfehler des Ganzen ist ebenso
angesprochen. Der Rechnungshof hat hier vorgehalten und hat erklärt, dass es
ein Problem gibt, weil zuwendungsrechtlich hier Quartiersmanagement als Antragssteller
und Zuwendungsempfänger zugleich auftreten und das nicht in geringem Umfang,
sondern in recht hohem Umfang, 78 v. H., hier sind die QM-Sachen als
Projektträger und Endverwender aufgetreten. Das ist hier ganz glasklar
angesprochen worden, dass sie auf der zuwendungsgebenden Seite als in das Bewilligungsverfahren
eingebunden sind als Antragssteller und Empfänger von Zuwendungen verfolgen.
Sie haben ein Interesse der zuwendungsempfangenden Seite und geraten
zwangsläufig in einen Interessenkonflikt. Und der führt dann dazu im Ergebnis,
dass man solche Dinge hat, die wir krass nur als Steuergeldverschwendung
beschreiben können. Und das, was hier von der PDS kam, das war eigentlich
schon, ja, was soll man da sagen, erschreckend, wenn Sie der Meinung sind, man
müsse das einfach so hinnehmen, das gehöre eben dazu, und empfehlen uns ein
Weiter-So. Das ist erschreckend. Da kann ich Ihnen sagen, wir sind lange nicht
mehr in der Situation in diesem Lande, dass wir das einfach achselzuckend hier
hinnehmen können, dass Gelder eingesetzt werden ohne jeden Sinn und Zweck und
Verstand und ohne jedes Ergebnis. Der Rechnungshof kritisiert das zu Recht, und
deswegen hätte ich heute erwartet, dass wir auf diese fundamentale Kritik des
Rechnungshofs eine Antwort kriegen, und zwar eine Antwort dergestalt, was Sie
in Zukunft ändern wollen, wie Sie diese Kritik hier aufnehmen und wie Sie die
Dinge im Quartiersmanagement selbst ändern. Das ist das Mindeste, was man hier
heute hätte erwarten können, und das ist nicht eingetreten, und das lässt uns
mit Sorge auf die weitere Entwicklung hier schauen.
Vors.
Klemm: Danke Herr Hahn, jetzt hat Frau Hertlein das Wort:
Frau Abg. Hertlein (SPD):
Vielen Dank, Herr Vorsitzender! –
Wir haben eine neue Senatorin, wir haben einen neuen Zuständigen in der
Verwaltung. Ich sehe darin eine neue Chance, denn es ist ja durchaus angeklungen,
dass manches verändert werden soll. Da sehe ich auch einen gewissen Bedarf.
Mit Ihrer Erlaubnis,
Herr Vorsitzender, zitiere ich aus einem Rundbrief der Berliner Tafel, die
jetzt zwölf Grundschulen mit regelmäßigem Frühstück und Mittagstisch versorgt:
"Immer mehr Kinder werden zuhause nicht mehr ausreichend mit Essen versorgt.
Zum einen reicht hinten und vorne das Geld in den Familien nicht mehr, zum anderen
zeichnet sich aber durchaus auch ein gewisses Desinteresse den Kindern
gegenüber ab." Ich sage dazu, dass nach meinem Kenntnisstand auch die
Sozialhilfe reichen müsste, reichen soll, dass hier keiner hungern muss und
dass die Kinder eigentlich Frühstück bekommen müssten zu Hause, ohne dass da eine
wohltätige Organisation eintreten muss. Und ich möchte wissen, ob Sie meine
Auffassung teilen, in den Quartiersmanagements solche Art Zentren zu sehen oder
sie dazu auszubauen, in denen auch Alltagskompetenz vermittelt wird. Wir haben
eine lange Wunschliste, was alles gemacht werden soll, eben mehr Menschen in
den Arbeitsmarkt, wobei man sich sagen muß, dass es auch in Deutschland ja
Working pur gibt. Jemand, der wie diese Kontrollettis von der BVG 6 Euro pro
Stunde verdient und davon Sozialabgaben und Steuern und seine Miete zahlt, der
ist wahrscheinlich de facto nicht besser dran als ein Sozialhilfeempfänger. Es
ist nur für sein Lebensgefühl besser und für das Land Berlin. Aber jedenfalls
kann er eine Steigerung seiner persönlichen Kompetenz oder jedenfalls sein
Haushalt eine Steigerung der Alltagsbewältigungskompetenz, wie das die
Soziologen so schön nennen, durchaus gebrauchen. Und da sehe ich in den Quartiersmanagements
durchaus eine Chance, weil es niedrigschwellige Angebote sind. So jemand geht
vielleicht nicht in einen Volkshochschulkurs, der geht auch nicht in ein
Nachbarschaftsheim, aber er sollte sich dort Informationen abholen können. Und,
Frau Senatorin, da Sie auch davon gesprochen haben, die Zusammenarbeit mit
Ihrem Kollegen zu stärken, ist das wirklich eine reale Möglichkeit, denn zum Beispiel
die Sozialsenatorin wünscht sich mehr zugehende Beratung in den Bezirken. Das
kann da stattfinden, und ich denke, das sollte da auch stattfinden. Ich stelle
bei den Quartiersmanager(inne)n manchmal eine Abneigung fest, sozusagen den
pädagogischen Zeigefinger zu heben, das kann ich auch verstehen, nur wenn wir
so etwas hören, was eben zu Hause alles nicht mehr stattfindet, dann frage ich
mich, ob wir nicht jeden Versuch machen sollten, da gegenzusteuern.
Vors. Klemm:
Danke Frau Hertlein, jetzt hat
die CDU das Wort, Herr Goetze, bitte:
Abg. Goetze (CDU): Das Schlimme an
dieser Diskussion ist, dass mir scheint, dass man Erkenntnisse, die eigentlich
schon seit vielen Jahren vorhanden sind, nun mühsam, vielleicht ein zweites Mal
gewinnt, um daraus Schlussfolgerungen zu ziehen. Wenn ich mir also anschaue,
dass im Bericht der Gutachter angegeben ist, Zitat: "Zum Teil ist nur
eingeschränkt zu erkennen, dass zwischen dem genannten Kernproblem im Gebiet
und dem tatsächlichen Bemühungen des Quartiersmanagement der Quartiersmanagementteams
ein Zusammenhang besteht.", dann zeigt das ja schon deutlich, dass die
Kritik, die hier überwiegend geäußert wurde, letztlich auch von den Gutachtern
geteilt wird und dass man weit über zwei Dinge hinausgehen muss, nämlich einmal
weit über den eher stadträumlich- und stadtplanerischen Ansatz hinausgehen muss
und zweitens mit Sicherheit auch über die Gebietsgrenzen hinausgehen muss, weil
nämlich das, was als Quartiersmanagementgebiete ausgewählt ist, natürlich nicht
scharf und überhaupt nicht vollständig die Problemgebiete der Stadt beschreibt.
Das ist die Erfahrung, die man jetzt nach einigen Jahren offensichtlich macht
und wo man relativ viel Geld eben auch für Koordinierung und für die Quartiersmanager
selber ausgegeben hat, unabhängig davon, dass die in dem Auftrag, mit dem sie
arbeiten mussten, ganz überwiegend sicherlich gut gearbeitet haben. Aber man
hat dieses Geld eben für ein solches Management ausgegeben, obwohl man schon
längst ganz andere Erkenntnisse hatte. Man hatte zum Beispiel die Erkenntnis,
dass der nicht vorhandene Spracherwerb und die vorhandenen
Parallelgesellschaften ganz wesentliche
Probleme an dieser Stelle sind,. So, das ist ja auch unstreitig, vom türkischen
Elternverein über bis hin zu, ja, darüber braucht man ja nicht mehr zu
diskutieren, das ist einfach Fakt. Und an dieser Stelle kommt dann zum Tragen,
dass sich jetzt das Gebietsmanagement sozusagen dieser Erkenntnis nähert und
jetzt mit dem zitierten Projekt in Mitte erste Ansätze versucht in die Wege zu
leiten um das zu bekämpfen. Braucht man aber eigentlich gar nicht machen, weil,
es steht alles schon auf der Agenda, bloß ist es zusammengestrichen worden.
Also, irgendwelche Projekte dieser Art kann man sich vollständig schenken, wenn
man zum Beispiel die zusammengestrichenen Mütterkurse, allerdings aus dem anderen
Ressort, nämlich der Senatsjugend- und Schulverwaltung, wenn man die zum
Beispiel wieder vernünftig ausstatten könnte, um eben zum Beispiel Frauen und
hier insbesondere eben Frauen mit Kindern aus Migrantenfamilien einen
vernünftigen Spracherwerb und das Heranführen an die sozialen Verhältnisse
Deutschlands zu ermöglichen. Man könnte sich konzentrieren auf den Spracherwerb
der Kinder. Was sagt uns der Jugendsenator? Der Jugendsenator sagt, es gibt nur
600 Kinder in Berlin, die nach dem neuen Sprachtest, nach dem neuen
Schulgesetz jetzt künftig in Sprachkurse gehen müssen. Da brechen alle vor
Lachen zusammen, die sich ein bisschen vor Ort auskennen, und klopfen sich auf
die Schenkel. Das ist vielleicht das Zehnfache, was da ansteht, aber nicht
diese 600, aber die 600 sind nur ausfinanziert. So die Vorlage zum neuen
Schulgesetz, da fehlen also 90 % der Mittel. Man hat offensichtlich keinen
Ansatz, um an bildungsferne Eltern, egal mit welcher Sprachherkunft, heranzukommen.
Das ist auch kein Wunder, denn die entsprechende Senatsverwaltung hat ja den
Bereich Familie aus ihrem Namen getilgt. Warum sollte sie sich also letztlich
darum schwerpunktmäßig kümmern?
Und wir wissen zum Beispiel, dass an den Schulen und zwar insbesondere in den Problembezirken, Schulpsychologen fehlen. Über 50 % der Einsätze von Schulpsychologen derzeit, Auskunft auf eine kleine Anfrage, werden für die Lehrer eingesetzt, nicht etwa für die Schüler oder die Betreuung der Eltern oder das Heranführen oder Ähnliches, sondern werden für die Betreuung der Lehrer eingesetzt. Also da gibt es ganz offensichtlich Mängel, allerdings Mängel in Bereichen, wo man ganz klar weiß, was die Kürzungen der letzten Jahre für Auswirkungen hatten und wo man auch ganz klar weiß, wie man wieder vorankommen würde, mit welchen Effekten, wenn man dort Mittel hineingibt. Stattdessen geht es um Koordinierung. Koordinierung ist immer bürokratisch und aufwendig. Und Koordinierung ist natürlich, weil es die Eigenverantwortung lähmt, auch immer ein bisschen problematisch. Da gibt es ja die Staatssekretärslenkungsgruppe, da heißt es hier in dem Bericht: "In den fünf bisher stattgefundenen Staatssekretärslenkungsgruppen wurden grundlegende Probleme zu Fragen der sozialen Stadt erörtert, es wurden jedoch in der Regel keine verbindlichen Beteiligungen, weder finanziell noch durch eigene Maßnahmen des jeweiligen Ressorts" und so weiter und sofort, "vereinbart". Natürlich, klar, gut, dass man mal drüber gesprochen hat. Es gibt aber keine Auswirkungen. Uns deswegen sagen wir: Gebt den Bezirken oder gebt den Senatsverwaltungen das was sie wirklich sinnvoll und ohne die Koordinierung, ohne Antragstellung, auch ohne Abrechnung, ganz schnell einsetzen können. Warum ohne Abrechnung? Da heißt es an anderer Stelle: "Es zeigt sich an vielen Stellen, dass die Bewilligung und Abrechnung der Programmmittel einen erheblichen Teil der Ressourcen der Quartiersmanager bindet, die eigentlich für andere Aufgaben zur Verfügung stehen müssten". Klar, so ist es, diese ganzen Koordinierungen, Absprachen, die Einbindung von Verwaltungen etc., alles unproduktiv, bindet alles Mittel und Ressourcen, die eigentlich dort vor Ort viel besser eingesetzt werden müssten und deswegen geht dieses Vorgehen, sich jetzt so langsam mit hohem Aufwand zu einer ressortübergreifenden Denk- und Handlungsweise zu nähern, wirklich in die falsche Richtung, weil alles vorliegt, alles klar ist und die knappen Ressourcen dann doch wieder dort eingesetzt werden sollten, wo sie schon einmal sinnvoll eingesetzt waren, bevor die Streichorgien kamen. Das ist ein ganz wesentlicher Kritikpunkt an diesem ganzen Sonderprogrammbis hin zum Schul- und Sportanlagensanierungsprogramm. Wenn man sich mal vor Augen hält, dass die Bezirke – kleine Abschweifung – anfangen, sobald der Haushalt bewilligt ist, mit der Projektbearbeitung und der Antragstellung in ihrem Hause, da alles begutachtet wird, natürlich viel mehr Anträge vorliegen, als man bewilligen kann, dann ausgewählt werden muss und so weiter und so fort, dann kriegen die in den Bezirken einfach zuviel. Und da muss reingehauen werden, das muss wirklich im wahrsten Sinne des Wortes reduziert, abgeschichtet werden und dann kommen auch wieder die Effekte bei den Betroffenen an. Die Ideen sind glaube ich da, die Erfolge hat es schon einmal gegeben. Und da müssen wir wieder hin, allerdings ohne diesen ganzen zusätzlichen Aufwand.
Vors. Klemm:
Jetzt hat die PDS das Wort, Herr
Dr. Nelken, bitte:
Abg.
Nelken (PDS): Ich schwanke jetzt ein bisschen hin und her bei dem Beitrag von Herrn
Goetze. Da dachte ich immer: zum Teil ganz vernünftige Beschreibung, um es dann
hintenrum wieder einzureißen. Ich fange vielleicht mal damit an: die Frage ist
gekommen damit, wir kommen da nicht wieder hin, Herr Goetze, wo Sie vielleicht
meinten, dass man hinkommen könne. Eins ist ja klar, ich gebe Ihnen ja völlig
Recht, dass die Bezirke und vielleicht auch manche Hauptverwaltung gnadenlos
unterausgestattet sind. Wir werden es aber sozusagen in absehbarer Zeit nicht
möglich machen in dieser Stadt, dass die vielleicht notwendigen und von vielen
als angemessen betrachteten Mittel den Bezirken und auch den Verwaltungen für
bestimmte Aufgaben vor Ort zur Verfügung stehen. Es ist so. So, dann kann man
sagen, jetzt haben sie ja das Thema aufgemacht, diese ganzen Sonderprogramme
hätten die Schulen oder hätten die Kitas oder hätten die Sportplätze sozusagen
eine ausreichende Finanzierung, dann müsste nicht jeder im Bezirk gucken, ob er
wenigstens über Quartiersmanagement oder soziale Stadt hier Sachen finanziert bekommt,
die er normalerweise, sage ich jetzt mal, unter normalen Verhältnissen,
eigentlich aus dem baulichen Unterhalt bekommen müsste. Wer, Sie haben es den
Bezirken vorher weggenommen? Wollen wir jetzt eine Großdebatte über die
finanzielle Situation des Landes Berlin und wie sie entstanden ist, hier
führen? Das ist doch jetzt nicht Ihr Ernst? Wenn Sie jetzt sagen, dass sozusagen
diese jetzige Regierung dafür verantwortlich ist, dass dieses Land in einer
totalen Unterausstattung sich befindet, das führen wir jetzt sicher nicht die
Debatte. Jetzt sage ich nur, kommen Sie her und sagen zu dem nächsten Punkt,
Sonderprogramme sollten lieber in die Bezirke gehen, wenn wir jetzt sozusagen
nicht andere Möglichkeiten haben. Sicherlich muss diskutiert werden, dass dann
die Bezirke damit – dies ist ja hier irgendwie in so einer Kritik angeklungen –
dann Sachen finanzieren, die sie eigentlich aus den Haushaltsmitteln finanzieren
sollen. Diese Situation haben wir auch heute schon. Wir haben die Situation
auch heute schon, dass die Bezirke gucken, wenn sie Quartiersmanagementgebiete
in ihrem Bereich haben, dass die kriegen dann nix mehr, um da in der Kita
irgendwas zu machen, da geht doch zu eurem Quartiersmanager und versucht über
soziale Stadt an Mittel ranzukommen. Den Effekt haben wir ja schon heute, da
besteht also keine zusätzliche Gefahr, dass immer man drauf achten muss, dass
man dann sage kann, wir wollen da projektbezogen arbeiten und es nicht in der
Fläche eines Bezirks versickern lassen. Ich denke, auch bei der Abschichtung in
die Bezirke besteht ein Anspruch, dass diese Diskussion stattfindet. Die muss
zwischen der Gesamtstadt, der Senatsverwaltung, dem Abgeordnetenhaus und den Bezirken
stattfinden, spricht aber nicht gegen eine Abschichtung, sondern ich gehe mal
davon aus, dass die Bezirke auch genau dieses gleiche Problem haben und das
Problembewusstsein haben. So ein Bezirk
reicht ja von problematischen Innenstadtgebieten mitunter hinaus bis in
Villengegenden. Also insofern werden solche Konzentrationsprozesse auch in dem
Bezirk stattfinden. Man muss da keine große Angst haben, glaube ich, dass dann
Mittel sozusagen in der Fläche versickern, statt die zielgerichtet einzusetzen.
Also insofern glaube ich schon, dass man da auf dem Weg ist und bloß
verlässliche Methoden haben will, dass das dann auch funktioniert. Da können
wir uns ja in einem Jahr wieder sprechen oder in anderthalb Jahren, ob es denn,
wie die Ergebnisse sind und wie dann umgesetzt worden ist.
Der zweite Punkt: Sie
haben angesprochen, Herr Wellmann und Herr Hahn im Prinzip auch, diese Bürger
verschwendeten irgendwie die Mittel, Tanzkurse oder weiß der Teufel was. Ihr
beliebtes Steckenpferd ist wie ein Reflex. Man kann drauf warten, wenn das
Thema kommt, kommen auch immer die gleichen Sachen. Vielleicht wäre es besser
getan, Sie hätten sich mal so in der ganzen Breite angeguckt, was vor Ort
passiert, außer die Tabellen durchzustudieren. Da komme ich gleich noch einmal
darauf zurück, warum das mitunter in die Irre führt, was die Quartiersfonds
verausgabt haben. Da könnte ich vielleicht ein anderes Thema anführen als
gerade Sprach- oder Tanzkurse, wo ich auch denke, dafür hätte ich mich nun als
Bezirkspolitiker oder vielleicht auch als Abgeordneter nicht eingesetzt, aber
es finden sich auch Sachen, über die man streiten kann. Ich glaube, das ist
nicht das Problem. Und da sollte auch nicht die Politik in dieser Stadt sich
derartig aufspulen, obwohl ich das nicht unbedingt alles persönlich für richtig
finde, denn was die Politik an Mitteln, an öffentlichen Mitteln in den Sand
gesetzt hat, in eigener Verantwortung, durch Beschlüsse dieses Abgeordnetenhauses,
das haben die in den Quartiersmanagementgebieten direkt vor Augen. Da gibt es
Gebiete, wo Hunderte von Millionen öffentliche Gelder durch die Politik in den
Sand gesetzt worden sind. Ja, gehen Sie mal ins Quartiersmanagementgebiet
Falkplatz oder nach Spandau. Da können
Sie überall hingehen, das haben die alles vor Augen. Jetzt zu sagen, weil ihr
30 000 Mark oder Euro, je nachdem, irgendeinen Kurs gemacht habt, den ich
nicht für richtig finde, das ist eine Debatte an der Sache vorbei.
Dann sagt Herr
Goetze: Weg mit der Kontrolle der Ausgaben. Sicherlich müssen diese Quartiersmanager,
wenn sie diese Ausgaben gegenüber der IBB abrechnen müssen, tagelang Formulare
ausfüllen, alles machen, was zum Beispiel ein Projektträger mitunter gar nicht
auf die Reihe kriegen würde. Deswegen bin ich aber nicht dafür, dass die
Kontrolle der Ausgaben abgeschafft wird, aber vielleicht kann man sie ja
vereinfachen.
Damit kommen wir zu
Ihrem Problem, Herr Wellmann, ich will jetzt mal gerade zu Herrn Wellmann noch
was sagen. Sicher, wenn Sie die Listen durchgehen, stellen Sie fest, und ich
gebe auch zu, das ist ein Problem, dass Antragssteller und Projektträger
mitunter identisch sind. Es ist ein Problem. Es ist aber vielleicht nicht so,
wie es sich im ersten Augenblick darstellt. Es bleiben genügend problematische
Fälle übrig, weil der Antragsteller, ich sage jetzt mal der Bürger X oder Y,
der ist mitunter nicht in der Lage, als
Antragssteller aufzutreten, er ist nicht mal eine richtige juristische Person,
also stehen oft hinter Projekten, der Träger, weil der das Geld beantragt und
auch wieder abrechnen muss, weil dazu Herr Bayer, Lehmann oder Schulze vor Ort
oder die Gruppe sowieso nicht in der Lage ist, weil sie eine Zusammenkunft von
Bürgern ist. Das kommt vor. Es bleiben aber, da gebe ich Ihnen ja Recht, wenn
man es genau anguckt, genügend Sachen übrig, wo man sich fragt, ob hier so eine
Interessenkollision ist. Ich bezweifle aber, dass die bei 74 oder was Sie da
als Zahl aus den Tabellen ausgerechnet haben, gegeben ist. Da gibt es andere
Gründe, warum auf beiden Seiten sozusagen die gleiche Institution auftaucht.
Das Problem bleibt aber. – Jetzt wollte Herr Hahn eine Zwischenfrage stellen.
Vors. Klemm: Herr Hahn, bitte Ihre Zwischenfrage!
Abg.
Hahn (FDP): Meinen Sie wirklich, dass mit dem Hinweis auf unzweifelhafte Geldverschwendung
des Staates müssen wir darüber hinwegsehen, dass es in anderen Bereichen auch
welche gibt? Das kann doch nicht sein.
Abg.
Nelken (PDS): Nein, ich habe ja nicht gesagt, dass wir darüber hinwegsehen müssen, ich
würde auch nicht jede Ausgabe rechtfertigen. Ich kenne einige dieser
Quartiersmanagementgebiete sehr gut und auch einige Ausgaben, die ich für
völlig zweifelhaft halte, aber ich glaube, das ist in der Frage Quartiersmanagement
und deren Aufgaben und Probleme ein absolutes Randproblem. Deswegen ärgert es mich,
dass man es immer wieder so reflexartig in die Mitte dieser Debatte rückt.
Zum Abschluss will
ich noch etwas zu den Anträgen sagen, die wir heute nicht behandelt haben. Ich
gebe zu, wir hätten sie wahrscheinlich abgelehnt. Aber an dem einen Antrag, vielleicht
wenn Sie ihn denn neu fassen, ist ja – das sollte man auch mal sagen – etwas
dran, was ich für einen richtigen Gedanken halte. Sie nennen es ein
wirkungsorientiertes Wertausgleichsprogramm. Zwar halte ich es für
problematisch, wie Sie es aufgeschrieben
haben, aber die Idee, die dahinter steht, zu sagen, wir brauchen entsprechend
der tatsächlichen Probleme vor Ort sozusagen zielgerichtet und
wirkungsorientiert einen Wertausgleich zwischen der Stadt und vielleicht auch
innerhalb von Bezirken, von Gebieten, finde ich richtig. Dass man es so machen
kann, wie Sie es aufgeschrieben haben, möchte ich bezweifeln. Bei Ihnen kommt
es am Ende irgendwie doch darauf hinaus, dass Sie sagen,
Hauptverwaltungsprogramme sollten zwingend in die Bezirke abgeschichtet werden.
Ich habe eingangs gesagt, im Prinzip ja, aber das ist auch keine heilige Kuh,
das ist ein Glaubensbekenntnis. Aber wenn Sie Ihre Anträge neu fassten,
vielleicht sollten Sie mal über diesen Aspekt l anders nachdenken oder
vielleicht können wir da zu einer Diskussion in dem Punkt kommen, denn diesen
Ansatz halte ich grundsätzlich für richtig.
Vors. Klemm:
Danke Herr Dr. Nelken, jetzt hat
Frau Hämmerling das Wort:
Frau
Abg. Hämmerling (Grüne): Herr Nelken, zu Ihrer Einlassung, was die Bezirkshaushalte betrifft, da
möchte ich doch energisch widersprechen. Wir haben den Bezirken schon die
Streichung so weit angedeihen zu lassen, dass sie keine Luft mehr kriegen und
dass sie wirklich den sozialpolitischen Kahlschlag bei den Projekten und
überall in den Gebieten machen müssen. Wir können uns da in Zukunft auch anders
verhalten, und das ist der Appell und, denke ich, so habe ich auch Herrn Goetze
verstanden. Ich meine aber im Gegensatz zu Herrn Goetze, dass eine
ressortübergreifende Abstimmung notwendig ist. Es muss zunächst mal evaluiert
werden, und dafür haben wir ja nun den Sozialstrukturatlas, welches Gebiet
welche Probleme hat. Ist es Bildung, die gebraucht wird, ist es das Grüne, ist
es der Lärm, was die Hauptprobleme verursacht, oder ist es alles zusammen? Und
dann muss geguckt werden, wer macht wann was wo. Es macht wenig Sinn, wenn die
einzelnen Verwaltungen aus ihren verschiedenen Projekten tröpfchenweise das
Geld versprengen. Ich glaube, das muss gezielter als bisher eingesetzt werden,
und deswegen finde ich die Abstimmung ressortübergreifend in Ordnung. Damit
will ich auch schließen.
Vors.
Klemm: Danke, Frau Hämmerling! Damit hat der Tagesordnungspunkt auch seine
Erledigung gefunden, eine Abstimmung gibt es nicht.
Ausschuss-Kennung : StadtUmgcxzqsq