Antrag

 

der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen

 

 

Kudamm-Modell für den Boulevard unter den Linden

 

 

 

 

Das Abgeordnetenhaus wolle beschließen:

 

 

Der Senat wird aufgefordert, die geplanten Umbaumaßnahmen für den Boulevard Unter den Linden zwischen Wilhelmstraße und Schlossbrücke wie folgt zu modifizieren:

 

  1. Die Anzahl der Fahrspuren für den motorisierten Individualverkehr ist von zwei auf eine zu reduzieren.

  2. Der vorhandene Querschnitt der Sonderspur für Busse, Taxis, Fahrräder und Rettungsfahrzeuge von 4,50 Metern ist beizubehalten.

  3. Der Umbau des Abschnitts Universitätsstraße bis Schlossbrücke hat Priorität.

  4. Im Bereich der zu verbreiternden Bürgersteige sind standsichere Bäume, die nicht versetzt werden können, an ihrem Ort zu erhalten.

 

 

Begründung:

 

Der Senat will den Boulevard Unter den Linden durch umfangreiche bauliche Maßnahmen aufwerten.

 

Ab September diesen Jahres sollen zwischen Wilhelmstraße und Glinkastraße der nördliche und der südliche Bürgersteig um insgesamt 4,70 Meter verbreitert werden. Im Gegenzug sollen die Fahrbahnen um 2,85 Meter verengt werden.

 

 


 


Die logische Konsequenz aus der begrüßenswerten Verbreiterung der Bürgersteige müsste die Aufgabe einer Fahrspur für den motorisierten Individualverkehr (MIV) sein. Eine solche Lösung wird seit vielen Jahren am Kurfürstendamm erfolgreich und konfliktfrei praktiziert. Mit der Begründung, die Menschen führen nun mal gern mit ihren Autos die Linden entlang, verweigert sich der Senat der stadtpolitisch, ökologisch und auch finanziell nachhaltigen Schlussfolgerung aus seinen Umbauplänen.

 

Unbestritten ist, dass die Beibehaltung von zwei Fahrspuren für den MIV bei gleichzeitiger Ausweitung des Fußgängerbereichs ein Heranrücken des Verkehrs an die Mittelpromenade und die auf ihr befindlichen Bäume zur Folge hat. Zur Zeit existiert zwischen Mittelpromenade und Fahrspur noch ein bis zu 120 cm langer Abstandsstreifen. Eine Reduzierung dieses Abstandes hätte für die in ihrer Gesundheit bereits angegriffenen Linden auf der Mittelpromenade katastrophale Folgen. Zum einen müssten bei den dafür notwendigen Straßenarbeiten Teile der Wurzelbereiche der Bäume gekappt werden, zum anderen müssten die Bäume bei einer Fahrspur in ihrer direkten Nähe auf ein Lichtraumprofil von 4,50 Meter beschnitten werden. Verbunden mit den Eingriffen in den Wurzelbereich würde dies das Todesurteil für die Linden auf der Mittelpromenade bedeuten.

 

Bei einer Realisierung der bisherigen Planung würde zudem eine besonders kostspielige Neupflanzung im gesamten Mittelbereich notwendig, weil die neu angepflanzten Bäume sinnvoller Weise weiter in den Innenbereich der Promenade rücken müssten.

 

 

 

 

 


 Dies wiederum hätte zur Folge, dass dann auch die neue Pflasterung der Mittelpromenade teilweise wieder aufgehoben und anschließend neu verlegt werden müsste. Insgesamt würde sich der begehbare Teil der Mittelpromenade verkleinern.

 

Die Reduzierung der Fahrspuren für den MIV ist daher nicht nur das Gebot einer nachhaltigen Verkehrspolitik, sondern auch einer finanziell nachhaltigen Finanzpolitik. Bei dem Verzicht auf eine Fahrspur könnte zudem der bestehende Querschnitt der Sonderspur beibehalten werden. Die geplante drastische Verkleinerung der auch von sehr vielen Radfahrenden benutzen Sonderspur würde zu einer gegenseitigen Blockade führen, die der apostrophierten Förderung des Umweltverbundes entgegenstünde.

 

Angesichts der beschriebenen Probleme scheint es sinnvoll, der Umgestaltung des Abschnittes zwischen Schlossbrücke und Universitätsstraße den Vorrang einzuräumen. Hier bedarf der Stadtraum am dringendsten und nachhaltigsten einer Aufwertung. Durch die in die zukünftige Tiefgarage verlagerbaren Parkplätze im Mittelbereich der Straße ist das ökologische und stadträumliche Konfliktpotenzial am geringsten.

 

Ergänzend zu dieser Prioritätenänderung sollte festgelegt werden, dass die Beseitigung der Bäume, die nach der Aufweitung der Bürgersteige nicht mehr direkt an der neuen Straßenkante stehen,  unterbleibt, soweit es deren Zustand erlaubt. Eine nachhaltig entwickelte Stadtpolitik kann ein paar zentraler in den Gehwegbereich gerückte Linden ohne Probleme tolerieren. Erst recht in der Straße Unter den Linden.

 

Berlin, den 5. Juni 2003

 

 


Dr. Klotz   Ratzmann

Cramer   Hämmerling

und die übrigen Mitglieder

der Fraktion Bündnis90/Die Grünen

 

 

 

 

Ausschuss-Kennung : StadtUmgcxzqsq