Mitteilung – zur Kenntnisnahme –
Vorlage des Stadtentwicklungsplans Verkehr (StEP Verkehr)
Drucksachen 15/511 und 15/1576
Der Senat legt nachstehende Mitteilung dem Abgeordnetenhaus zur Besprechung vor:
Das
Abgeordnetenhaus hat in seiner Sitzung am 8. Mai 2003 Folgendes beschlossen:
„Der Senat
wird aufgefordert, den Stadtentwicklungsplan Verkehr (StEP Verkehr) in Zusammenarbeit
mit den Akteuren am Runden Tisch zum StEP Verkehr zügig fertig zu stellen, mit
einem Maßnahmenplan zu untersetzen und dem Abgeordnetenhaus noch bis 30. Juni
2003 vorzulegen. Eine lebenswerte Stadt erfordert eine hohe Aufenthaltsqualität
im öffentlichen Raum, dabei auch besonders im Straßenraum. Dies ist eine
wesentliche Vorgabe für eine zukunftsfähige Verkehrspolitik. Funktionalität und
Wirtschaftlichkeit des vorhandenen und zukünftigen Verkehrsangebots ist angesichts
der hohen Investitions- und Betriebskosten einschließlich der Erhaltungskosten
zu sichern. Den Belangen von Kindern, älteren Menschen und Menschen mit Behinderungen
sowie geschlechtsspezifischen Unterschieden im Mobilitätsverhalten soll dabei
Rechnung getragen werden.“
Hierzu wird
berichtet:
I. Aufträge und Arbeitsprozess:
Die Erarbeitung eines Stadtentwicklungsplans Verkehr (StEP Verkehr Berlin) war
seit der Zustimmung des Abgeordnetenhauses zum neuen Flächennutzungsplan für
Berlin im Jahr 1994 mehrfach Thema parlamentarischer Anträge. Zuletzt wurde der
Senat mit dem Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion der PDS vom 28. Mai
2002 (Drucksache Nr. 15/511) über „zügige Erarbeitung des
Stadtentwicklungsplans Verkehr“ aufgefordert, „den Stadtentwicklungsplan
Verkehr (StEP Verkehr) in Zusammenarbeit mit den Akteuren am Runden Tisch zügig
fertig zu stellen, mit einem Maßnahmenplan zu untersetzen und dem Abgeordnetenhaus
noch im Jahr 2002 vorzulegen“. Am 8. Mai 2003 hat das Abgeordnetenhaus entsprechend
dem Antrag (mit veränderter Fristsetzung) beschlossen.
Erstmals wurde der Auftrag, einen Stadtentwicklungsplan Verkehr zu erarbeiten,
im Zusammenhang mit der Zustimmung des Abgeordnetenhauses (am 23. Juni 1994) zu
dem vom Senat (am 15. März 1994) beschlossenen Flächennutzungsplan Berlin (FNP
94) erteilt. In diesem „Auflagen-Beschluss“ heißt es: „Der Senat wird
aufgefordert, zügig einen Stadtentwicklungsplan Verkehr zu erarbeiten, zu
beschließen und dem Abgeordnetenhaus zur Kenntnisnahme vorzulegen.“ Im einzelnen
wurde gefordert, das Verkehrsnetz des FNP zu analysieren und auf dieser
Grundlage diverse aufgezählte Planungen zu überprüfen.
In den nachfolgenden Jahren konnten die Arbeiten zur Erledigung dieses
Auftrages nicht zu Ende geführt werden. So wurde im Juli 1995 von der damaligen
Senatsverwaltung für Verkehr und Betriebe ein Bericht zur „Verkehrsplanung für
Berlin – Materialien zum Stadtentwicklungsplan Verkehr“ vorgelegt. Zusammen mit
einem „Verkehrlichen Strukturkonzept“ sollten damit die Grundlagen für einen
künftigen Stadtentwicklungsplan Verkehr aufgezeigt werden. Der sogenannte
„Workshop-Prozess“ der damaligen Senatsverwaltung für Bauen, Wohnen und Verkehr
von 1997/1998 hatte die Aufgabe, mit einem erweiterten Arbeitsansatz zu einem
Ergebnis zu führen. Der Arbeitsprozess wurde jedoch vor Abschluss abgebrochen.
Das Abgeordnetenhaus hat dann in seiner Sitzung am 08. Juni 2000 den Auftrag erneuert,
mit der Maßgabe, bis zum 31. Dezember 2000 einen Entwurf zum Stadtentwicklungsplan
Verkehr (StEP Verkehr) vorzulegen, der u.a. die Ergebnisse der Workshops
berücksichtigen und den zuvor definierten Zielen Rechnung tragen sollte.
Mit dem Bericht über die „Zielsetzungen der Berliner Verkehrspolitik und
Erarbeitung eines Stadtentwicklungsplanes Verkehr“ (Senatsbeschluss im Juli
2001, Mitteilung – zur Kenntnisnahme – vom 22. August 2001, Drucksache 14/1489)
wurde diesem Auftrag entsprochen. Mit diesem strategisch orientierten Bericht
wurde ein nahezu kompletter Durchgang durch das „Produkt“ StEP Verkehr
vorgelegt, indem die Beschreibung des Handlungsbedarfes, der Ziele und des
Leitbildes sowie die maßnahmenbezogenen Strategiekonzepte in ihrem Zusammenhang
dargestellt wurden. Mit diesem Basis-Konzept konnten die Vorschläge in
grundsätzlicher Weise diskutiert werden.
In dem nun vorgelegten StEP Verkehr wurden die Ergebnisse der Diskussionen und
weitere Analysen seit Juli 2001 kontinuierlich eingearbeitet, die Grundstruktur
und die Elemente des Basis-Konzeptes aber übernommen. Im fertiggestellten Konzept
zum StEP Verkehr sind nun zusätzlich die vorgeschlagenen Maßnahmen konkretisiert
und hinsichtlich ihrer Wirkung und ihres Beitrages zur Zielerreichung
untersucht worden. Vorschläge zu infrastrukturellen Langfristoptionen wurden
vor dem Hintergrund einer szenarischen Analyse der Raumentwicklung geprüft.
II. Zusammenfassung der
Inhalte des Stadtentwicklungsplanes Verkehr und wichtige Ergebnisse der Untersuchungen:
Alle Zeichen deuten darauf
hin, dass in den nächsten 10 bis 15 Jahren der allgemeine Trend des
Verkehrswachstums auch in Berlin trotz stagnierender Bevölkerung anhalten wird.
Vor diesem Hintergrund ist es erforderlich, die sich weiter verändernden
Mobilitätsbedürfnisse der Stadt zugleich wirtschaftlich effizient, gesellschaftlich
gerecht und umweltverträglich zu befriedigen. Die vorhandenen Zielkonflikte
müssen transparent gemacht und die teilweise widersprüchlichen Ansprüche zu
einem Ausgleich gebracht werden.
Da die Ursachen der
Verkehrsentwicklung in vielen unterschiedlichen Politikfeldern liegen (Bevölkerungs-
und Raumentwicklung, Wirtschafts- und Technologieentwicklung, Sozialentwicklung
etc.), muss der Versuch einer Einflussnahme auf die Verkehrsentwicklung politikfeldübergreifend
und integrativ sein, wenn Verkehrspolitik sich nicht auf die traditionelle
Rolle der "Bewältigung" des entstandenen Verkehrs beschränken will.
Das Konzept des StEP Verkehr bezieht deshalb relevante und erreichbare
Handlungsfelder ressortübergreifend ein.
Angesichts der noch
zunehmenden Verflechtungen mit Brandenburg muss eine verkehrspolitische
Strategie für Berlin länderübergreifend angelegt und abgestimmt sein. In der
parallel zum StEP Verkehr laufenden Arbeit an einer gemeinsamen Verkehrsentwicklungsplanung
mit Brandenburg wurden deshalb Grundlagen und Konzepte abgestimmt.
Analysen und Wirkungsabschätzungen wurden, soweit erforderlich, länderübergreifend
durchgeführt.
1.
Obwohl die Bevölkerung
im gesamten Metropolen-Verkehrsraum seit 1990 um weniger als 3 % zugenommen
hat, ist der Straßenverkehr in der Größenordnung von fast 20 % gewachsen.
Veränderte Mobilitätsbedürfnisse, gewachsene Motorisierung, maßgeblich aber
auch die räumliche Umverteilung von Einwohnern und Arbeitsplätzen zwischen den
Teilräumen der Stadt und des Umlandes mit der Folge längerer Wege sind Ursache
dieses Verkehrswachstums. Im Metropolenraum Berlin sind seit der Wiedervereinigung
die genannten verkehrswachstumsfördernden Prozesse noch dynamischer verlaufen
als in anderen Großstadträumen. Die günstige Stadtstruktur in Berlin bewirkt
noch vergleichsweise kurze Versorgungs- und Bildungswege. Wegen der Arbeitsplatzverluste
in den östlichen Bezirken sind die Arbeitswege in der Stadt dagegen überdurchschnittlich
lang.
Auch ohne Wachstumsperspektive der Bevölkerung wird die räumliche Umverteilung
von Bevölkerung und Arbeitsplätzen und die Konzentration von Handel und
Dienstleistungen anhalten und für eine weitere Verlängerung der Wege und damit
für einen Zuwachs des motorisierten Verkehrs sorgen. Je nach Umfang und
Intensität der ergriffenen Maßnahmen ist zu erwarten, dass der Kraftfahrzeugverkehr
bis 2015 zwischen 12 und 19 % weiter wächst (Verkehrsleistung in der Stadt).
Für den Zeitraum danach ist ein kontinuierliches weiteres Anwachsen eher
unwahrscheinlich, da der Effekt der Bevölkerungsentwicklung wirksam wird.
2.
Das motorisierte Verkehrswachstum
in der Stadt (und im gesamten Metropolenraum) war trotz aller Angebotsverbesserungen
im ÖPNV überwiegend Straßenverkehrswachstum, und dies im Personen- wie im
Wirtschaftsverkehr. Der modalsplit zwischen den Verkehrsträgern hat sich beim
Personen- und beim Güterverkehr in den zurückliegenden Jahren zulasten
umweltfreundlicher Verkehrsträger verschoben. Damit wurden Anfang der 90er
Jahre gesetzte verkehrspolitische Ziele verfehlt. Im Berliner Verkehr beträgt
der Anteil des Kraftfahrzeugverkehrs an der Zahl der täglichen Wege heute ca.
38 %, des öffentlichen Personennahverkehrs ca. 27 % und der Wege zu Fuß und mit
dem Rad ca. 35 %. Unter der Voraussetzung der Umsetzung der vorgeschlagenen Maßnahmen
zur Förderung und Stärkung des „Umweltverbundes“ ist mittelfristig eine Veränderung
des modal split zugunsten dieses Umweltverbundes in einer Größenordnung von rd.
4 % erreichbar (Gesamtstadt).
3.
Seit 1990 wurde in
Berlin in großem Umfang in die Verkehrsinfrastruktur investiert. Die
Schienennetze für den öffentlichen Verkehr von der Straßenbahn, U-, S- bis zur
Regionalbahn, die 1990 eine Gesamtlänge von rd. 565 km hatten, wurden noch um
rd. 183 km erweitert. Das öffentliche Straßennetz wurde nochmals um rd. 170 km
auf rd. 5.380 km erweitert. Dennoch sind auch heute noch (durch die Teilungsgeschichte
der Stadt bedingt) deutliche Unterschiede in der Struktur und Ausstattung mit
Verkehrsinfrastruktur zwischen der westlichen und der östlichen Stadthälfte geblieben.
Fortbestehende Erschließungsmängel und Erreichbarkeitsunterschiede zwischen
der westlichen und der östlichen Stadthälfte sind die Folge. Die strukturellen
Inkonsistenzen und örtlichen Netzlücken bewirken örtliche Funktionsprobleme
durch Überlastung und Umwegverkehr.
Im Stadt-Umland-Verkehr begrenzt ein relativ großmaschiges Straßennetz auf der
Basis der historischen Landstraßen die Kapazitäten für die weiter wachsende Verkehrsnachfrage.
4.
In den Jahren des
Infrastruktur-Wiederaufbaus wurde die Bestandspflege des Straßen-, teilweise
auch des Schienennetzes nachrangig behandelt. Erhebliche
Instandhaltungsrückstände waren vor allem in den östlichen Bezirken noch übrig
geblieben und haben sich inzwischen in der ganzen Stadt weiter aufgebaut. Bei
einer andauernden Vernachlässigung von Infrastruktur führen Verschleiß und Verfall
zu einem nicht linearen, sondern sprunghaften Anstieg der Reparaturkosten. Der
Landeshaushalt würde damit durch weitere Zusatzkosten belastet, wenn eine
Instandhaltung weiterhin unterbleibt.
5.
Die Zahl
der Kraftfahrzeuge stieg bis 1995 auf rd. 1,28 Mio. und schwankt seither um
diesen Wert. Die Ausstattung der Bevölkerung mit Pkw mit rd. 330 Pkw je 1.000
Einwohner entspricht dem Niveau westeuropäischer Metropolen, liegt aber
deutlich unter dem Wert deutscher Großstädte.
Fast 50 % der Berliner Bevölkerung verfügen nicht über einen Pkw und sind
deshalb auf einen leistungsfähigen ÖPNV und auf sicheren Verkehr mit dem Rad
und zu Fuß angewiesen. Nachteile der Nutzer des ÖPNV und nichtmotorisierter
Verkehrsteilnehmer bestehen darin, dass
·
der
motorisierte Individualverkehr fast generell schneller ist als der ÖPNV und das
Angebot schneller ÖPNV-Verkehrsmittel in den östlichen Bezirken weniger dicht
ist als in den westlichen Bezirken,
·
Fahrradfahrer
und Fußgänger im Verkehr stärker gefährdet sind als motorisierte Verkehrsteilnehmer.
Im übrigen wird die
Bevölkerung mit der geringsten Motorisierung in den dicht bebauten Wohnquartieren
der Innenstadt am stärksten durch den Kfz-Verkehr belastet.
Damit stellt sich die Aufgabe der Vergrößerung gesellschaftlicher Gerechtigkeit
bei der Befriedigung der Mobilitätsbedürfnisse und bei der Verteilung von Verkehrslasten.
Teilweise ist dies gleichbedeutend mit der Aufgabe eines weiteren Abbaus der Geschlechterdifferenz.
Frauen sind (noch) weit häufiger als Männer auf den ÖPNV und auf den nichtmotorisierten
Verkehr angewiesen.
6. Die Belastung
der städtischen Lebensräume und der Umwelt durch Lärm, Luftschadstoffe und klimaschädigende
Gase ist vor allem mit dem Straßenverkehr verbunden. Trotz erheblicher technischer
Fortschritte an den Kraftfahrzeugen (und des Verschwindens der umweltschädigenden
Zwei-Takt-Motoren) hat die Belastung von Menschen und Umwelt wegen des
wachsenden Straßenverkehrs zugenommen. Heute sind tags rd. 250.000 und nachts
rd. 320.000 Menschen an Hauptverkehrsstraßen potenziell gesundheitsgefährdenden
Verkehrs-Lärmpegeln ausgesetzt. Die verbindlichen Grenzwerte für Schwebstaub
werden an vielen Stellen der Stadt überschritten. Die globalwirksamen Klimagasemissionen
des Verkehrs in Berlin sind seit 1990 um rd. 17 % angestiegen. Obwohl in
Zukunft noch erhebliche Entlastungen durch technische Fortschritte zu erwarten
sind, reichen diese technischen Verbesserungen nicht aus, bei dem erwarteten Verkehrszuwachs
die notwendigen Belastungsminderungen zu erreichen. Absehbar wird die Gesetzgebung
der Europäischen Union die Grenzwerte technischer Belastung nochmals
deutlich absenken.
7. Ein
attraktives öffentliches Verkehrsangebot ist für die Urbanität und Lebensqualität
in Berlin konstitutiv. Es wird jedoch noch zu teuer erstellt und ist –
angesichts der heutigen und künftigen Finanzlage der Stadt – dauerhaft nur dann
bezahlbar, wenn es von einer ausreichenden Nachfrage getragen wird. Die
Nachfrage im ÖPNV (BVG und S-Bahn) sank von 1993 bis 1998 um rd. 15 %, nimmt
aber seither bei beiden Verkehrsträgern wieder zu. Erkennbare Veränderungen in
der Gesellschaft werden zu stärkerer räumlicher und zeitlicher Streuung der
ÖPNV-Verkehrsnachfrage führen. Das ÖPNV-Angebot muss sich deshalb künftig auf
geringere Bündelung und höhere Flexibilitätsanforderungen einstellen.
8. Als
Hauptstadt und europäische Metropole ist Berlin auf hervorragende Erreichbarkeit
angewiesen, die bisher noch nicht ausreichend gewährleistet ist. Mit dem Aufbau
des Fernbahnknotens Berlin und dem Ausbau der Straßen- und Schienennetze in Richtung
Westen, Norden und Süden ist Berlin an das mitteleuropäische Netz wieder gut
angebunden. Die Ost-Erweiterung der Europäischen Union ist dagegen bezüglich
der notwendigen Infrastruktur noch nicht ausreichend vorbereitet. Nicht
rechtzeitig beseitigte infrastrukturelle Engpässe in den Schienen- und
Straßennetzen, die Berlin mit den wichtigen mittel-osteuropäischen Städten verbinden,
würden die Entwicklungsmöglichkeiten der Region im erweiterten Binnenmarktbegrenzen.
Bei der Erarbeitung des
StEP Verkehr wurden mit einem konsultativen Arbeitsverfahren neue Wege beschritten.
Von der Wiederaufnahme der Arbeiten in 2000 an wurde der gesamte Arbeitsprozess
von einem Runden Tisch mit 20 Vertretern stadtgesellschaftlich relevanter Interessengruppen
und Akteure sowie einem Wissenschaftlichen Beirat begleitet. Der runde Tisch
setzte sich zusammen aus den verkehrspolitischen Sprecherinnen und Sprechern
der Fraktionen im Abgeordnetenhaus, Bezirksstadträten von SPD, CDU, Bündnis
90/Die Grünen und PDS sowie Vertretern der BVG, der Lokalen Agenda 21, der IHK,
des DGB, der Fuhrgewerbe-Innung, der verkehrsökologischen Gruppen, des ADAG,
des Arbeitskreises Neue Erziehung und Prof. Dr. Beckmann von der
Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule in Aachen. So wurden die
Analyse, Ziele und Konzepte nicht im klassischen „top-down“-Ansatz zunächst erarbeitet
und danach diskutiert, sondern jeder Arbeitsschritt wurde mit den Gremien
diskutiert. Es ist dem kontinuierlichen Engagement des Runden Tisches und des
Wissenschaftlichen Beirates zu danken, dass die Problemsicht aller Beteiligter
dadurch erweitert und Möglichkeiten verbessert wurden, verschiedene
Interessenlagen bereits bei der Konzeptentwicklung zu berücksichtigen.
Während der Runde Tisch als stadtgesellschaftlicher „Resonanzboden“ gewirkt
hat, war es die vorrangige Aufgabe des Wissenschaftlichen Beirates, die
methodischen und technischen Standards zu sichern.
Als beschlossener Plan soll
der StEP Verkehr dem Senat als strategische Leitlinie für die Mobilitätspolitik
des Landes dienen und die Kriterien zur Beurteilung verkehrsrelevanter
Programm- und Einzelentscheidungen liefern. Bei Zielkonflikten werden
Gewichtungen vorgeschlagen, die der Politikberatung dienen. Er definiert die
relevanten Indikatoren zur Beurteilung der Verkehrsentwicklung und zur
Feststellung von Nachsteuerungsbedarf. Als strategischer Plan ist der StEP
Verkehr auf Fortschreibung angelegt.
Bestandteile des StEP
Verkehr sind das Leitbild und die Ziele, das strategische Handlungskonzept (mit
Teilstrategien) sowie die erforderlichen Hintergrundanalysen. Ergänzt ist der
StEP Verkehr um eine Langfristbetrachtung, die vor allem der Beurteilung der
Plausibilität der Aufrechterhaltung wichtiger langfristiger Infrastruktur-Optionen
im Flächennutzungsplan dient.
Es gibt Antwort auf die
Frage "Wohin wollen wir?". Grundgedanke ist, die künftigen Mobilitätsbedürfnisse
zu befriedigen, dabei jedoch die unerwünschten Folgen des Verkehrs zu reduzieren.
Die Botschaften des Leitbilds sind in sieben Zwischenüberschriften enthalten:
Mobilität für alle – Verkehrssparsame Raumstruktur in der ganzen Stadtregion –
Metropolenregion vernetzt – Neue Mobilität verträgt sich mit der Stadt – Neue
Balance in der Innenstadt – Verkehrsinnovationen mit der und für die Wirtschaft
– Berlin international erreichbar.
Sie gehen von den
Zielvorgaben der Abgeordnetenhausaufträge zur Erarbeitung des StEP Verkehr aus
und ordnen diese in ein erweitertes Ziel-Spektrum nachhaltiger Stadt- und
Verkehrsentwicklung ein. Der Konzeptentwicklung werden folgende 12
Qualitätsziele mit vier unterschiedlichen Zieldimensionen zugrunde gelegt:
Ökonomische
Zieldimension:
1. Verbesserung der Fernerreichbarkeit und Ausnutzung der
Lagequalität in Zentraleuropa an der Schnittstelle zwischen West- und
Mittel-Ost-Europa durch bessere Einbindung in die transeuropäischen Netze
2. Verbesserung der Verknüpfung Berlins mit den
regionalen Zentren des Umlandes in Brandenburg
3. Sicherung und Verbesserung der Funktionsfähigkeit des
Wirtschafts- und Güterverkehrs (Bereitstellung notwendiger Infrastruktur, Sicherung
ausreichender Anteile an der Kapazität der Verkehrsnetze)
4. Effizienzsteigerung der Verkehrssysteme (günstiges
Verhältnis Mitteleinsatz/Wirkung, höhere Zielgenauigkeit reduzierter Subventionen)
Soziale Zieldimension:
5.
Herstellung
vergleichbarer Mobilitätschancen auch ohne Pkw; Berücksichtigung unterschiedlicher
Mobilitätsbedürfnisse aufgrund unterschiedlicher Lebensbedingungen
6.
Verbesserung der
Verknüpfung städtischer Teilräume und Stadtteile der polyzentrischen Stadt
untereinander und mit den innerstädtischen Hauptzentren (Reduzierung bestehender
West-Ost-Disparitäten)
7.
Erhöhung der
raumstrukturellen Stadtverträglichkeit des Verkehrs (Begrenzung von Schneisenwirkungen
im Stadtraum, Reduzierung von Zäsuren, Aufwertung von Verkehrsräumen,
Respektierung historischer Verkehrsnetzstrukturen)
8.
Erhöhung der
Verkehrssicherheit (alle Verkehrsarten, alle Stadträume)
Ökologische
Zieldimension:
9.
Reduzierung des
verkehrsbedingten Verbrauches natürlicher Ressourcen (Energie, Freie Fläche/Boden)
10.
Bedienung der sich
verändernden Mobilitätsbedürfnisse in nachhaltiger Weise (Begrenzung des
motorisierten Verkehrsaufwandes)
11. Entlastung der städtischen und globalen Umwelt von
verkehrsbedingten Belastungen
Institutionelle
Zieldimension:
12.
Integration von
Aufgabenfeldern und Einbeziehung von Akteuren bei der Erarbeitung von Zielen
und Konzepten
Raumordnungspolitische
Ziele sind bei den prognostischen Annahmen zur räumlichen Strukturentwicklung
berücksichtigt worden.
Die Qualitätsziele sind mit
insgesamt 42 jeweils zugeordneten Handlungszielen konkretisiert, um Anhaltspunkte
für die Beurteilung der Zielerreichung zu schaffen.
3.
Das Handlungskonzept
Das Handlungskonzept hat
einen – im Hinblick auf den Zeitbedarf von Infrastrukturentwicklung –
"mittelfristigen" Zeithorizont ("2015") und besteht aus
sechs Teilstrategien, die wichtige sachliche und räumliche Handlungsfelder
bezeichnen (Förderung Umweltverbund – Wirtschaftsverkehr – Gesundheit und
Sicherheit – Innere Stadt – Äußere Stadt – Verkehrsverknüpfung Standort Berlin).
Das Handlungskonzept
basiert auf einem Katalog von ca. 60 konkreten Maßnahmen, die mit Kosten,
zeitlicher Einordnung und Zuständigkeit beschrieben sind. Der Maßnahmenkatalog
erhält mit raumstrukturellen, preis- und ordnungsrechtlichen sowie
ordnungspolitischen, organisatorischen, informations- und motivationsbezogenen
sowie infrastrukturellen Maßnahmen unterschiedliche Maßnahme-Arten. Die
Teilstrategien sind so angelegt, dass Synergieeffekte der Maßnahmen erzielt werden.
Das Handlungskonzept ist
durch Analysen bisheriger und künftiger Entwicklungstrends fundiert. Umfangreiche
Wirkungsabschätzungen wurden teils durch expertengestützte Beurteilung (Erfahrungswissen),
teils durch quantifizierende Modellrechnungen vorgenommen.
Generelle und grundlegende
Annahme aller Prognosen und prognostischen Wirkungsabschätzungen ist, dass sich
wesentliche, für die Verkehrsentwicklung relevante Rahmenbedingungen weniger
sprunghaft als kontinuierlich verändern werden. Nicht absehbare
Groß-Ereignisse wie Naturkatastrophen, militärische Konflikte und sprunghafte
Änderungen der Energiepreise würden Veränderungen der Annahmen erforderlich machen.
Da die Maßnahmen des
Kataloges bei notwendigen Auswahlentscheidungen gewichtet und priorisiert
werden müssen, wurden vor dem Hintergrund der analysierten Entwicklungstrends
und des Zielkataloges folgende Regeln formuliert: Prioritäre Bedeutung haben
solche Maßnahmen, die die folgenden Bedingungen erfüllen:
·
Die
Maßnahme ist in besonderem Maße effizient und/oder steigert die Effizienz
anderer Maßnahmen.
·
Die
Maßnahme ist auch unter veränderten Verkehrsnachfragebedingungen noch begründet
oder aber (grundsätzlich) reversibel.
·
Die
Maßnahme trägt dazu bei, die Mobilitätschancen verschiedener Bevölkerungsgruppen
anzugleichen.
·
Die
Maßnahme ist geeignet, das Wachstum des Verkehrsaufwandes zu begrenzen.
Da ein Handlungskonzept
ohne finanzpolitischen Hintergrund beliebig bleibt, wurde eine Abschätzung des
mittelfristig voraussichtlich verfügbaren Finanzvolumens für Verkehrsmaßnahmen
(für Infrastrukturentwicklung bzw. –erhaltung ebenso wie für Betrieb) vorgenommen.
Zur Eingrenzung der Schätzunsicherheit wurden mittels Szenarien Eckwerte eines
wahrscheinlichen Korridors ermittelt, die bei 13 Mrd. Euro (oberer Grenzwert)
und 10,3 Mrd. Euro (unterer Grenzwert) liegen. Dem Handlungskonzept zugrunde
gelegt wurde ein mittlerer Wert mit einem Gesamtvolumen an Landes- und
kofinanzierten Bundes- bzw. EU-Mitteln in einer Größenordnung von rd. 11,9 Mrd.
Euro für den Zeitraum 2003 bis 2015. Auch der obere Grenzwert liegt noch sehr
deutlich unterhalb des verfügbaren Finanzvolumens der zurückliegenden Jahre.
Der untere Grenzwert geht davon aus, dass alle Einnahmerisiken Realität werden
und sich überlagern.
Im Maßnahmenkatalog sind
diejenigen Maßnahmen besonders gekennzeichnet, die mittelfristig nur unter
Voraussetzung eines verfügbaren Finanzvolumens in der Größenordnung des oberen
Szenarios realisierbar wären.
Ein großer Teil der Mittel
(rd. 7,3 Mrd. Euro im gewählten mittleren Szenario) sind z.B. für die
Bestellung von Verkehrsleistungen zweckgebunden. Bei der Ausgestaltung des
Maßnahmenkataloges wurden für die Zuordnung der variabel einsetzbaren Mittel
(rd. 4,6 Mrd. Euro) unter Vorbehalt der Finanzierungsmöglichkeiten folgender
Jahre folgende Ziele zugrunde gelegt:
·
Bis Ende
des Jahrzehnts hat die Beseitigung von Instandhaltungsrückständen, die fortdauernde
Bestandssicherung und die Lärmsanierung der vorhandenen Netzinfrastruktur (Straße
und Schiene) Vorrang vor allen Erweiterungen. Insgesamt ist dafür ein Betrag
von rund 3,0 Mrd. Euro erforderlich.
·
Die
Förderung des Radverkehrs wird kontinuierlich verstärkt, da große
Entwicklungspotenziale in sehr verkehrswirksamer Weise ausgeschöpft werden
können (mit 0,15 Mrd. Euro).
·
Für weitere
organisatorische und „weiche“ Maßnahmen mit nachweisbar hoher Wirksamkeit auf
das Verkehrsnachfrageverhalten ist insgesamt eine Größenordnung von rund 0,2
Mrd. Euro vorgesehen.
·
Die bisher
vernachlässigte Infrastruktur des regionalen Schienengüterverkehrs wird gesichert,
um die Voraussetzungen für eine stärkere künftige Nutzung durch den
Güterverkehr zu erhalten. Dafür ist ein Betrag in der Größenordnung von rund
0,05 Mrd. Euro erforderlich.
·
Für wenige
ergänzende und zwingend notwendige Infrastruktur-Maßnahmen, die mindestens
drei der vier genannten Entscheidungsregeln (vgl. 3.2) erfüllen, sind rund 0,9
Mrd. Euro, davon für die Schieneninfrastruktur 0,5 Mrd. Euro vorgesehen.
Zu dem o. g.
Finanzrahmen hinzuzuzählen sind Finanzmittel des Bundes für Infrastrukturvorhaben
in Berlin, die voll aus dem Bundeshaushalt bezahlt werden. Solche Erweiterungsinvestitionen
haben nach heutigem Kenntnisstand ein Volumen von ca. 4,6 Mrd. Euro, davon rund
3,2 Mrd. Euro für den Schienenverkehr.
Aufgabe ist die
Erhöhung des Verkehrsanteils des „Umweltverbundes“ (ÖPNV/SPNV, Fahrrad, zu Fuß)
und somit die Umkehrung des bisherigen Trends. 66 % des Personenverkehrsaufkommens
(Binnenverkehr) in der Gesamtstadt für den "Umweltverbund" (heute 62
%) und 80 % in der Innenstadt (heute 75 %) sind als mittelfristige Ziele realistisch.
Die Strategie verbindet
siedlungsstrukturelle Maßnahmen, die dem generellen Trend der Wegeverlängerung
entgegenwirken sollen, mit Maßnahmen zur Steigerung der Attraktivität des
ÖPNV/SPNV und des Fahrrad- und Fußverkehrs. Beim ÖPNV sind an wenigen Stellen
noch Netzergänzungen vorgesehen; der Schwerpunkt liegt aber auf organisatorischen
und betrieblichen Maßnahmen insbesondere mit dem Zweck der Beschleunigung und
Angebotsflexibilisierung. Beim nichtmotorisierten Verkehr sollen Sicherheit und
Bequemlichkeit deutlich verbessert werden. Die Straßenneubauprojekte, die die
Netzkapazität deutlich ausweiten, sollen systematisch mit kapazitätsbeschränkenden
und qualitätssichernden Maßnahmen in den entlasteten Bereichen verbunden werden.
Teilstrategie
Wirtschaftsverkehr
Die Aufgaben bestehen in
der Verbesserung der Funktionsfähigkeit und Effizienz des Wirtschaftsverkehrs
einerseits und in der Erhöhung der Stadtverträglichkeit des Güterverkehrs
andererseits.
Die Strategie setzt auf
Sicherung und Verbesserung der infrastrukturellen Voraussetzungen für die
stärkere Nutzung der Schienen- und Wasserwege in der Stadt für den Güterverkehr
und somit auf einen wieder vergrößerten Anteil dieser Verkehrsträger am modal
split. Eine infrastrukturorientierte Standortpolitik für verkehrsrelevante Betriebe
soll diese Infrastrukturpolitik ergänzen. Durch Entlastung wichtiger Teile des
Hauptverkehrsstraßen-Netzes vom privaten Pkw-Verkehr mit
verkehrsorganisatorischen und -rechtlichen Maßnahmen (Verkehrsmanagement,
Erweiterung der Parkraumbewirtschaftung, zusätzliche Sonderspuren etc.) soll
die Zugänglichkeit der Zielorte für den notwendigen Wirtschaftsverkehr auf der
Straße verbessert werden. Die Realisierung von Optimierungspotenzialen der
Wirtschaft durch Logistik und Kooperation soll unterstützt werden.
Teilstrategie Gesundheit
und Sicherheit
Hier liegt die Aufgabe in
der Erhöhung der Umwelt- und Sozialverträglichkeit des Verkehrs durch Reduzierung
verkehrsbedingter Emissionen und Veränderung des Fahrverhaltens. Dies soll
durch verkehrsorganisatorische und verkehrserzieherische Maßnahmen erreicht werden.
Zentralpunkt der Strategie
ist die Veränderung des Umganges mit der Geschwindigkeit, die gleichermaßen den
Emissionsumfang und den Umfang der Gesundheitsgefährdung direkt beeinflusst. Maßnahmen
zur besseren Berücksichtigung vorhandener Geschwindigkeitsregelungen werden um
dosierte Maßnahmen ergänzender Geschwindigkeitsbeschränkung in hochsensiblen
Stadträumen ergänzt. Die Voraussetzung für den Erfolg dieser Maßnahmen soll
durch eine veränderte Mobilitätserziehung zur Stärkung kooperativen Verhaltens
und Vergrößerung gegenseitiger Rücksichtnahme verbessert werden. Durch
verkehrsorganisatorische Regelungen wird der nichtmotorisierte Verkehr sicherer
gemacht. Aktive Lärm- und Luftschadstoffreduzierung wird durch prioritäre
Sanierung schadhafter Fahrbahnbeläge betrieben und durch Anreize zur
Flottenmodernisierung im Güterverkehr unterstützt.
Teilstrategie Innere Stadt
Die Aufgabe besteht in
einer Entlastung der Stadträume innerhalb des S-Bahn-Rin-ges und insbesondere
in der "historischen Mitte" und im Citybereich West vom Pkw-Verkehr
als Voraussetzung für eine Aufwertung des Lebensraumes Innenstadt.
Die Strategie besteht aus
drei gleichgewichtigen Elementen, die sich gegenseitig unterstützen: Erstens
wird das ÖPNV-Angebot durch bessere, d. h. direktere Verbindungen
attraktiver gemacht. Das Netz wird besser verknüpft, und große Netzmaschen im
Schienennetz werden durch zwei Straßenbahnprojekte verdichtet. Zweitens wird
der Pkw-Zielverkehr durch eine schrittweise Ausdehnung der Parkraumbewirtschaftung
auf alle Gebiete starker Parkraum-Nachfrage gedämpft. Dadurch werden auch die
Wohngebiete vom Parkdruck entlastet und die Zentren für Kunden- und Lieferverkehr
besser zugänglich. Drittens wird ein zuträglicher Teil des Durchgangsverkehrs
unter Ausnutzung von Kapazitätsreserven im gesamten Tangentialnetz sowie von
neuen Kapazitäten auf ergänzten Ringstraßen (Innerer Ring, A 100-Verlängerung)
räumlich verlagert.
Die Entlastung wird für die
Verbesserung der Bedingungen des nichtmotorisierten Verkehrs und des Wirtschaftsverkehrs
genutzt und dauerhaft gesichert.
Teilstrategie Äußere Stadt
Hier besteht die Aufgabe
vorrangig in der Reduzierung von Erschließungsdisparitäten zwischen den
westlichen und östlichen äußeren Stadträumen sowie in der Verbesserung der
Verknüpfung der Stadträume untereinander.
Auf die Siedlungs- und
Nutzungsstruktur wirkende Maßnahmen sind in der Äußeren Stadt von großer
Bedeutung, um das Arbeitsplatzdefizit in den östlichen Bezirken zu reduzieren
und die Verkehrsnachfrage in den Abwanderungsgebieten der Wohnbevölkerung zu
stabilisieren. Verkehrsorganisatorische Maßnahmen sollen den ÖPNV attraktivieren,
d. h. in der Äußeren Stadt vorrangig schneller und flexibler gestalten.
Zusätzliche Angebote sollen die Nachfrage in wichtigen tangentialen Relationen
bedienen. Begrenzte Netzergänzungen im Straßennetz insbesondere im Südost-Raum
dienen der Reduzierung von Umwegverkehr und der Entlastung von Transitverkehr.
Sie ermöglichen den Umbau heute stark belasteter Straßen in Siedlungskernen in
qualitätsvollere Stadträume.
Teilstrategie
Verkehrsverknüpfung Standort Berlin
Die Aufgabe liegt in der
verbesserten Anbindung Berlins an die nationalen und internationalen Verkehrsnetze
und die bessere Bewältigung des Stadt-Umland-Verkehrs.
Maßnahmen des Bundes werden
zu einer deutlichen Verbesserung der Einbindung Berlins in die nationalen
Straßen-, Schienen- und Wasserstraßennetze führen. Die Berliner Position eines
beschleunigten Ausbaus der drei TEN-Korridore von Berlin nach Mittelosteuropa
(Warschau, Breslau, Prag) mit Vorrang auf der Bahn wird offensiv vertreten.
Berlin wird sich verstärkt auch für eine Verbessung der Verkehrsangebote in
Richtung Skandinavien und nach Stettin (und weiter in Richtung baltische
Länder) bemühen. Die Beschlusslage zu BBI wird umgesetzt.
Die wichtigsten
Teilelemente der Strategie für die stadtregionale Verkehrsentwicklung sind eine
offensivere gemeinsame Steuerung der Siedlungsflächenentwicklung, die Ergänzung
des bereits leistungsfähigen regionalen Schienenpersonenverkehrs, die
Ertüchtigung wichtiger Stadt-Umland-Radialstraßen und ein gemeinsames Verkehrsmanagement
auf den Bundesfernstraßen.
4.
Wirkungsabschätzung des Handlungskonzeptes
1.
Die der Modellrechnung
zugrunde gelegte Ziel-Prognose der raum- und siedlungsstrukturellen Entwicklung
geht von der Erwartung aus, dass trotz der insgesamt und per Saldo relativ
geringen Veränderungsdynamik erhebliche räumliche Umverteilungen der Wohn- und
Arbeitsplatzstandorte zwischen Innerer Stadt, Äußerer Stadt und dem Umland,
aber auch innerhalb dieser Teilräume stattfinden. Die Prognose geht von der
Annahme aus, dass es gelingt, die bisherigen Trends abzuschwächen, nicht aber
sie grundsätzlich zu verändern. Der Gesamteffekt der räumlichen Umverteilung
wird sein, dass trotz unterstellter erheblicher stadtentwicklungsplanerischer
Anstrengungen zur Verbesserung der
groß- und kleinräumigen Nutzungsmischung die Distanz vor allem zwischen Wohn-
und Arbeitsplatzstandorten noch zunehmen und dadurch weiter Verkehrszuwachs erzeugt
wird.
2. Zur quantitativen Abschätzung der Wirkungen der
Maßnahmen des Katalogs wurden vier Maßnahme-Szenarien gebildet. Die Szenarien
unterscheiden sich bezüglich solcher Maßnahmen bzw. Maßnahmenarten, die der
besonderen Erörterung bedürfen und deren Wirkungsanteil deshalb ermittelt
werden sollte (vgl. Abb. 1).

Abb. 1
Überblick über die untersuchten Maßnahmeszenarien
Gemeinsam sind allen Szenarien
die Annahmen zur Raumstrukturentwicklung und ein Paket von ca. 20
preispolitischen, ordnungsrechtlichen, organisatorischen und informatorischen Maßnahmen.
Auch zusätzliche Infrastrukturmaßnahmen sind in allen vier Szenarien enthalten.
Sie sind nur im 0-Szenario auf solche Maßnahmen begrenzt, die bereits begonnen
sind oder vor Baubeginn stehen. In den Szenarien 1 bis 3 sind alle Infrastrukturmaßnahmen
des Kataloges berücksichtigt. In den Szenarien 2 und 3 kommt das Maßnahmenbündel
des "Parkraummanagements" hinzu; in Szenario 3 werden noch die
Maßnahmen zur Umorganisation des innerstädtischen Straßenverkehrs und zur Anpassung
des Geschwindigkeitsniveaus ergänzt. Szenario 3 umfasst damit den Gesamtumfang
des Maßnahmenkataloges.
1. Ergebnis der veränderten, an die heutigen Erwartungen
angepassten Strukturdatenprognosen für 2015 ist, dass auch die Verkehrsprognosen
nach unten korrigiert werden können. Die neue Prognose der Verkehrsnachfrage im
gesamten Personenverkehr (Binnenverkehr einschließlich Personenwirtschaftsverkehr)
liegt mit ca. 10 Mio. Wegen bzw. Fahrten je durchschnittlichen Werktag somit
etwas niedriger als das Aufkommen zum Ausgangszeitpunkt 1998 und rund 10 %
niedriger als die bisherigen Prognosen. Deutlich zunehmen werden dagegen die
Wege mit Quelle und Ziel in Brandenburg, die aber auch 2015 nur einen
begrenzten Anteil an der Gesamtverkehrsnachfrage der Region ausmachen werden
(rd. 1,25 von insgesamt 11,25 Mio. Wegen/Fahrten).
Auch die Fahrten im Fernverkehr von und nach Berlin werden gemäß der Prognose
der Bundesregierung weiter zunehmen.
2. Dennoch ist
mittelfristig bis 2015 mit weiterem Wachstum der Verkehrsleistung zu rechnen
(beim Kfz-Verkehr je nach Szenario zwischen 12 und 19 %, beim ÖPNV zwischen 12
und 28 %). Die zunehmende Verkehrsleistung ist Ergebnis zunehmender Wegelängen
als Folge der Veränderungen der Raum- und Infrastruktur, aber auch der Organisation
des Wirtschaftens und der Lebensstile. Die in der räumlichen
Strukturentwicklung angenommene Randwanderung ins Brandenburger Umland ist mit
rund einem Drittel am Verkehrswachstum ursächlich beteiligt.
3. Obwohl der Trend des Verkehrswachstums per Saldo und
mit Blick auf die gesamte Stadtregion durch die verschiedenen Maßnahmen nicht
gebrochen werden kann, zeigen die Maßnahmen doch deutliche Wirkung mit
erheblichen Unterschieden zwischen den Szenarien, vor allem aber bei
Betrachtung der Teilräume. Vor allem in der Inneren Stadt, aber auch in großen
Teilen der Äußeren Stadt bewirken die Maßnahmen weitreichende Veränderungen der
Verkehrsströme, erhebliche Angebotsverbesserungen im ÖPNV aber auch im
Straßenverkehr und somit die Möglichkeit zur besseren Verteilung öffentlicher
(Straßen-) Flächen und der Entlastung qualitätsvoller Stadträume von
verkehrsbedingten Emissionen.
4. Der Vergleich der Ergebnisse der Maßnahmen-Szenarien
zeigt auch, dass der vorgesehene Infrastrukturausbau im ÖPNV im Gesamtergebnis
weniger dazu beiträgt, den modal split zu verändern, als die auf Parkraum und
Verkehrsorganisation bezogenen Maßnahmen.
5. Für eine Reihe von kleinräumig wirkenden Maßnahmen
insbesondere zur Verbesserung der Bedingungen für den nichtmotorisierten
Verkehr und zur Qualitätssteigerung innerstädtischer öffentlicher Räume, die im
Maßnahmenkatalog vorgesehen sind, ist in anderen Großstädten eine hohe
Verkehrswirksamkeit beobachtet worden. Da diese Wirkungen mit den verwandten
Verkehrserzeugungs‑ und –verteilungsmodellen nur begrenzt abgebildet
werden können, wurden der Wirkungsumfang der genannten Maßnahmen abgeschätzt
und die Modellierungsergebnisse modifiziert.
Im Ergebnis einer solchermaßen modifizierten Modellrechnung erscheinen bei
Umsetzung des Gesamtkatalogs für die Gesamtstadt, die Innere Stadt und das
Entlastungsgebiet Innenstadt (Mitte und City-West) folgende modal-split-Werte
in 2015 erreichbar:
|
|
Modal split (1998)
2015 |
||||
|
|
zu Fuß |
Rad |
ÖV |
MIV |
MIV |
|
Gesamt-stadt |
(25)
23 |
(10)
13 |
(27)
30 |
(29)
26 |
(9)
8 |
|
Innere
Stadt |
(39)
37 |
(11)
14 |
(26)
29 |
(17)
14 |
(7)
6 |
|
Entlastungsgebiet
Innenstadt |
(52)
51 |
(11)
14 |
(15)
18 |
(15)
12 |
(7)
5 |
Tab. 1 Zahl der Wege und Fahrten in %, jeweils
Binnenverkehr
6.
Die Entlastung der
Innenstadt vom Durchgangsverkehr könnte mittelfristig mit den vorgesehenen
Maßnahmen erreicht werden, allerdings nur, wenn alle Elemente der Strategie
in Kombination zur Wirkung kommen. Durch die starke Ausweitung der Parkraumbewirtschaftung
wird im Ergebnis der Modellrechnung flächig der Zielverkehr gedämpft. Die
verkehrsorganisatorischen Maßnahmen zur Ableitung von Teilen des
Durchgangsverkehrs entlasten die Innenstadt deutlich. Eine Reduzierung des
Durchgangsverkehrs bis auf die Hälfte wäre mit den Maßnahmen des Szenarios 3 erreichbar.
7.
Zum Zweck der Entlastung
der Innenstadt vom Durchgangsverkehr ist die Weiterführung des Stadtautobahn-Ringes
(A 100) bis zum Treptower Park (und langfristig über das Ostkreuz hinaus zur
Frankfurter Allee) sehr wirksam und den anderen untersuchten
Trassierungslösungen vorzuziehen. Ein Ende am Treptower Park würde den Entlastungseffekt
für die Innere Stadt deutlich verringern. Der Eingriff in die Struktur der
Stadt- und Landschaftsräume im Zuge der beschriebenen Trasse ist zwar gravierend,
kann aber durch Bündelung mit der Ringbahn und durch Tunnelabschnitte gemildert
werden (siehe auch 5.2.2).
8.
Negative Nebenwirkungen
der Ausweitung der Parkraumbewirtschaftung auf die Zentrennutzung durch
Änderung der Zielwahl der Pkw-Nutzer halten sich in engen Grenzen. Von den
Pkw-Nutzern, die das Entlastungsgebiet Innenstadt nicht mehr anfahren, steigen
etwa die Hälfte unter Beibehaltung der Ziele auf den ÖPNV um. Die andere Hälfte
verändert die Ziele, die mit dem Kfz angefahren werden. Die geringfügig veränderte
Zielwahl stärkt aber überwiegend die Nachfrage in den innenstadtnahen Zentren.
Die Maßnahmen wirken insgesamt zielgenau im Sinne der Strategie.
9.
Die Kapazitätsgrenzen
der meisten (ergänzten) Ring- und Tangentialstraßen, die abgeleiteten Verkehr
aufzunehmen haben und ihr Charakter als zum überwiegenden Teil bewohnte
Stadtstraßen setzen der räumlichen Verlagerung des
Durchgangsverkehrs durch die Innere Stadt eine Grenze, die etwa bei der Hälfte
des heutigen Durchgangsverkehrs liegt.
10.
Die neuen Straßen im
Südosten (A 113, West-Umfahrung Köpenick (Altstadt) und zusätzliche Spreequerung)
bündeln den Verkehr stark und sind geeignet, bisher sehr hoch belastete
Straßenzüge und Stadträume in der Umgebung dieser neuen Straßen zu entlasten.
Sie würden den notwendigen Spielraum für deutliche und dauerhafte
Qualitätsverbesserungen durch Lärm- und Luftschadstoffentlastung sowie städtebauliche
Maßnahmen in Köpenick (Altstadt) und Treptow (Am Treptower Park – Köpenicker
Landstraße – Adlergestell) schaffen.
11.
Unter der Voraussetzung
begleitender Umbaumaßnahmen entlasteter Straßen wäre der erzeugte Neuverkehrsanteil
der A 113 mit knapp 10 % relativ gering; auch großräumig verlagerter
Durchgangsverkehr wäre nur in sehr begrenztem Umfang zu erwarten.
12.
Wenn die U 5 fertiggestellt
würde, läge ihre wesentliche verkehrliche Wirkung in der schnelleren und
bequemeren Anbindung der östlichen äußeren Stadträume an die Stadtmitte. Sie
würde damit dem Ziel des Abbaus von Erschließungs- bzw. Anbindungsdisparitäten
dienen. Auch unter den veränderten prognostischen Annahmen würde sie nicht nur
Verkehr von anderen Linien des ÖPNV umverteilen, sondern in relevantem Umfang
auch Neuverkehr erzeugen, d. h. zu einer Änderung des modal split beitragen.
Wenn – unter Voraussetzung der Umsetzung relevanter Elemente der
"Förderstrategie Umweltverbund" – in der Innenstadt insgesamt ein
Zuwachs der ÖPNV-Nachfrage bewirkt werden könnte, wäre der Kapazitätszuwachs
auch in der Innenstadt insgesamt zu rechtfertigen. (Zur Beurteilung der
Gesamtwirtschaftlichkeit der Maßnahme müssen allerdings neben dem verkehrlichen
Erfolg weitere Faktoren wie Investitionskosten und Betriebsaufwand sowie die
Minderung der Wirtschaftlichkeit in anderen Netzteilen beurteilt werden.)
13.
Im Fernverkehr werden
zusätzliche Fernbahnhöfe, Zulaufstrecken (A 113) für den Straßenverkehr und der
Flughafen BBI zu einer Neuverteilung und Dezentralisierung der Übergangspunkte
vom Fern- zum Nahverkehr führen. Starke zusätzliche Belastungen oder
Überlastungen der örtlichen Netze durch den Fernverkehr sind nicht zu erwarten.
1. Bezüglich der
Zentrenbereiche Mitte und City-West beseitigt keines der Maßnahmeszenarien den
generellen Reisezeitvorteil des Kfz-Verkehrs gegenüber dem ÖPNV. Dieser beträgt
weiterhin auch 2015 bei mittleren und längeren Reiseweiten in fast allen Relationen
im Durchschnitt 10 bis 15 Minuten. Alle vorgesehenen Maßnahmen zur
Beschleunigung des ÖPNV können wegen der Strukturen und Kapazitäten der
vorhandenen Netze keine umfassende Veränderung der Reisezeitverhältnisse bewirken.
2. In Teilräumen
gibt es jedoch spürbare Veränderungen: In den Stadt-Umland-Verbindungen mit Ausnahme
des Südost-Raumes wird der Kfz-Verkehr durch stärkere Straßenbelegung um etwa
5 Minuten langsamer, während sich im Südost-Raum ein solcher Effekt wegen
der zusätzlichen Kapazitäten und des Zeitvorteils der A 113 nicht einstellt.
Durch die infrastrukturellen und betrieblichen Maßnahmen zur Verbesserung des
ÖPNV wird die Stadtmitte für die Stadträume im Nordosten, Osten und Südosten um
3 bis 10 Minuten schneller erreichbar. Dennoch bleibt die Stadtmitte für die
äußeren Stadträume im Osten langsamer erreichbar als die West-City von den
westlichen äußeren Stadträumen aus. Der Arbeitsplatzschwerpunkt City-Bereich
West ist von den östlichen Bezirken weiterhin nur mit deutlich größerem Zeitaufwand
erreichbar als die Stadtmitte von den westlichen Bezirken aus.
3. Wegen der
stark eingeschränkten Infrastrukturergänzung würde das Szenario 0 im geringsten
Umfang aller Szenarien zur Reduzierung der vorhandenen Erreichbarkeits-Disparitäten
zwischen Ost- und Westteil der Stadt beitragen.
4. Alle
vorgesehenen Maßnahmen, die die Verkehrsmittel des ÖPNV und den nichtmotorisierten
Verkehr attraktiver und nutzerfreundlicher machen, tragen unter den gegebenen
Bedingungen und der zu erwartenden Verkehrsnachfrage auch dazu bei, die
Geschlechterdifferenz im Hinblick auf
die Mobilitätsbewältigung abzubauen.
Gleichzeitig nutzen sie Bevölkerungsgruppen mit geringem Einkommen bzw. mit
besonderen Mobilitätsbedürfnissen (Kinder, Jugendliche, Senioren).
5. Erhebliche
Entlastungspotenziale beim Verkehrslärm im Hauptverkehrsstraßennetz können
trotz wachsenden Verkehrs durch (erwartbare) Verbesserungen der Fahrzeugtechnik
und durch bauliche Maßnahmen zur Geräuschminderung an den Fahrbahnoberflächen
erreicht werden. Vor allem die Zahl der Betroffenen in den höchsten
Belastungsstufen kann tags und nachts mit allen Szenarien deutlich reduziert
werden. Auch beim Szenario 3, das am stärksten wirkt, bleibt gleichwohl ein
hohes Betroffenenpotenzial oberhalb der Orientierungswerte.
6. Die
verkehrsplanerischen Maßnahmen des Katalogs in den Szenarien 2 und 3 bewirken
bezüglich der Gesamtbelastung nur begrenzte Änderungen.
Zusätzliche Infrastrukturvorhaben haben wegen der gesetzlichen Anforderungen an
den Lärmschutz nur geringe zusätzliche Belastungswirkungen, während in den vom
Verkehr entlasteten Straßen auch die Lärmpegel niedriger werden.
Bezogen auf die innerstädtischen Entlastungsbereiche nimmt die Lärmbelastung
durch die Maßnahmen der Szenarien 2 und 3 flächenhaft und spürbar bis zu 5
dB(A) ab. Durch die räumlichen Verlagerungseffekte des Verkehrs infolge der
Maßnahmen des Szenarios 3 werden vor allem tangentiale Straßenzüge außerhalb
der Innenstadt weniger entlastet als die größeren Teile des übrigen
Hauptverkehrsstraßennetzes.
Bezogen auf die Gesamtzahl der be- oder entlasteten Bewohner an Hauptverkehrsstraßen
ist der Saldo aber auch im Szenario 3 positiv.
7.
Auch bezüglich der Luftschadstoffe gilt, dass
vor allem durch Weiterentwicklung der Verbrennungs-, Filter- und Fahrzeugtechnik
bis 2015 erhebliche Entlastungen erwartet werden können. Unter Berücksichtigung
künftig relevanter Grenzwerte kann festgestellt werden, dass voraussichtlich
─
bei Schwefeldioxid,
Kohlenmonoxid und Benzol die Grenzwerte eingehalten werden können,
─
bei
Stickstoffdioxid nur noch vereinzelt Überschreitungen auftreten werden,
─
bei
Feinstaub (PM10) trotz spürbarer Verbesserungen dagegen noch erhebliche
Überschreitungen zu erwarten sein werden.
Beim Feinstaub ist der Kfz-Verkehr der
Hauptverursacher. Trotz deutlicher Reduzierung der Belastungswerte ist also bei
Stickstoffdioxid und PM 10 ohne weitere Maßnahmen die Einhaltung der EU-weiten
Grenzwerte bis 2015 nicht gesichert.
8.
Analog zur
Lärmentlastung sind auch bei den Luftschadstoffen die Wirkungen der verkehrsplanerischen
Maßnahmen zwischen den Szenarien in der Gesamtbetrachtung gering und korrespondieren
im wesentlichen mit der unterschiedlichen Zunahme der Verkehrsleistung.
Bezüglich der städtischen Teilräume wirken sich die Maßnahmen der Szenarien 2
und 3 auf die Luftschadstoffentlastung in vergleichbarer (entlastender) Weise
wie beim Verkehrslärm aus.
9.
Der heutige verkehrsbedingte
CO2-Ausstoß könnte durch keines der Szenarien reduziert werden.
Infolge der Zunahme der Verkehrsleistung in allen Szenarien würde die CO2-Emission
vielmehr noch zunehmen, allerdings je Szenario in unterschiedlichem Umfang. Der
Zuwachs beträgt maximal + 12 % bei Szenario 1 und minimal + 8 % bei Szenario 3.
Die im Rahmen des Stadtentwicklungsplans Verkehr gesetzten Qualitätsziele
hinsichtlich der Senkung der verkehrsbedingten Klimagasemissionen können mit
den Maßnahmen der Szenarien 2 und 3 unter den in den Modellrechnungen angenommenen
Rahmenbedingungen nicht erreicht werden.
1.
Die Maßnahmen des
StEP-Kataloges würden unter der Voraussetzung ihrer vollständigen Umsetzung im
Jahre 2015 dazu führen, dass alle gesetzten Qualitätsziele zumindest teilweise,
d. h. in Bezug auf einzelne oder mehrere Handlungsziele besser erreicht werden
können als heute.
Bei Betrachtung der unterschiedlichen "Zieldimensionen" zeigt sich
allerdings, dass die vier Ziele der ökonomischen Dimension weitergehend
erreicht werden als die vier Ziele der sozialen und vor allem die drei Ziele
der ökologischen Dimension. Die dort teilweise oder gänzlich gegen die
Zielrichtung zu erwartenden Veränderungen sind direkte Folge des auch mit
Szenario 3 erwarteten Verkehrswachstums.
2.
Die Beurteilung der
Zielerreichung wurde für die Gesamtstadt vorgenommen. Dass die abgeschätzten
Wirkungen des umfangreichen Maßnahmenkataloges auf den gesamten Verkehr in der
Stadt nur begrenzt sind, ist eher realistisch als erstaunlich. Das materielle
und institutionelle Gesamt-Verkehrssystem einer Großstadtregion mit insgesamt
rund 4,2 Mio. Einwohnern entfaltet ein erhebliches Beharrungsvermögen gegenüber
den im Vergleich doch begrenzten Veränderungsimpulsen des StEP-Maßnahmenkataloges.
Eine angemessene Beurteilung der möglichen Wirkungen des StEP Verkehr ergibt
sich erst zusammen mit der Betrachtung und Wirkungsbeurteilung in den
Teilräumen der Stadt. Dies ist auch deshalb so, weil die Teilungsgeschichte
Berlins sich noch in sehr unterschiedlichen Infrastrukturqualitäten und
Verkehrsverhältnissen ausdrückt. In den Teilräumen sind die bewirkten positiven
Veränderungen im Sinne des Zielkataloges beim modal split, bei der besseren Erschließung,
bei der Umverteilung von Verkehrsströmen und bei der Entlastung von Verkehrsfolgen sehr erheblich.
3.
Die ökonomische
Zieldimension (und teilweise auch die soziale Zieldimension bezüglich vorhandener
innerstädtischer Erreichbarkeitsdisparitäten) wird vor allem durch
infrastrukturelle Maßnahmen bedient; die ökologischen Ziele können nur dann
erreicht werden, wenn es gelingt, eine Änderung beim Wachstumstrend des
motorisierten Verkehrs zu bewirken. Dass hier ein deutlicher Zielkonflikt
besteht, hat die szenarische Untersuchung belegt: Der Vergleich der Szenarien 0
und 1 zeigt, dass die zusätzliche Infrastruktur zusätzlichen motorisierten
Verkehr erzeugt, und zwar beim motorisierten Individualverkehr wie beim
öffentlichen Personenverkehr. Vor dem Hintergrund der spezifischen Berliner
Problemlage mit durchaus noch unausgeglichenen Infrastruktursystemen und partiellen
Zugangs- bzw. Erreichbarkeitsmängeln vor allem in städtischen Teilräumen, aber
auch in wichtigen nationalen und internationalen Relationen wäre ein grundsätzlicher
Verzicht auf infrastrukturelle Ergänzungen mit Blick auf die wichtigen
ökonomischen und sozialen Ziele nicht zu empfehlen.
Möglichkeiten zur Begrenzung des Zielkonfliktes bestehen darin, beim
innerstädtischen Straßennetz Kapazitätsausweitungen systematisch mit gleichzeitigen
Kapazitätsreduzierungen (für den motorisierten Individualverkehr) in entlasteten
komplementären Netzteilen zu verbinden und diese dauerhaft den Anwohnern und
den umweltverträglicheren Verkehrsmitteln zurückzugeben. Im Regional- und Fernverkehr
können klare Prioritäten für die Schiene die notwendige Trendänderung im modal
split unterstützen.
4.
Ungeachtet der Tatsache,
dass einige Infrastrukturmaßnahmen zumindest längerfristig gut begründbar sind,
zeigen die Wirkungsanalysen, dass – teilräumlich ebenso wie gesamträumlich
betrachtet – auch die nichtinfrastrukturellen Maßnahmen große Wirkungen haben
können. Durch Organisation, konsequente Nutzung der Möglichkeiten des
Ordnungsrechts und kundennahe Information kann Verkehr effizient, d. h.
mit sehr günstigem Aufwands-Ertragsverhältnis gestaltet werden. Dieses Ergebnis
ist besonders in Zeiten sehr knapper öffentlicher Finanzen von Bedeutung.
Der stark begrenzte finanzielle Handlungsrahmen für den StEP Verkehr
begründet die Empfehlung einer (kurz- und mittelfristigen) deutlichen
Verlagerung der Prioritäten von Erweiterungsinvestitionen auf
bestandserhaltende Investitionen und nicht-investive verkehrsgestaltende
Maßnahmen im Sinne einer Annäherung an Szenario 0 in Kombination mit den organisatorischen
und ordnungsrechtlichen Maßnahmen der Szenarien 2 und 3.
5.
Wenn die
umweltpolitische Zieldimension mindestens gleichwertig mit den anderen Zieldimensionen
gewichtet werden soll, bestehen neben Abstrichen an der Verkehrsinfrastruktur
weitere prioritäre, weil sehr wirksame Handlungsoptionen zur Veränderung des
Wachstumstrends des motorisierten Verkehrs: Auf der stadt-regionalen Ebene
konnte belegt werden, dass die zu erwartende siedlungsstrukturelle Entwicklung
zu einem sehr erheblichen Teil zu dem prognostizierten motorisierten Verkehrswachstum
beiträgt. Eine verstärkte Anstrengung zur weiteren Begrenzung der Randwanderung
und der Siedlungsflächendispersion in Stadt und Umland könnte deshalb wirksam
helfen, zusätzlichen motorisierten Verkehr einzusparen.
Auf der nationalen und internationalen Ebene würde die Veränderung externer
Rahmenbedingungen (stärker verursachergerechte Kostenzuordnung zu den
verschiedenen Verkehrsträgern, Abbau von Wettbewerbsverzerrungen, Änderung der
Subventionspraxis) entscheidend die Chancen umweltverträglicher Verkehrsträger
verbessern. Verstärkte Bemühungen um eine landespolitische Einflussnahme auf
diesbezügliche Entscheidungsprozesse würden dem o.g. Ziel dienen.
5.
Plausibilität von Optionen für Infrastruktur-Langfristvorhaben
1. Die geprüften Vorhaben sind nicht Maßnahmen der
mittelfristig orientierten StEP-Strategie. Die Aufgabe bestand in der
Prüfung der Plausibilität einer Aufrechterhaltung bisher vorgesehener
langfristiger Entwicklungsoptionen im Infrastrukturnetz, die zum Teil im Flächennutzungsplan dargestellt sind.
2. Eine verlässliche Prognose der stadt-regionalen Verkehrsentwicklung
für einen langfristigen Zeitraum ("2030") ist wegen der wahrscheinlichen
Änderung vieler relevanter Entwicklungs-Rahmenbedingungen unmöglich. Zur
Eingrenzung der Unsicherheiten wurden plausible Eckwerte eines wahrscheinlichen
Korridors der Einwohner- und Beschäftigtenentwicklung definiert; im
übrigen wurde aber die Rahmenbedingungen des Jahres 2015 konstant gehalten. Mit
den unterschiedlichen Eckwerten der Bevölkerungs- und Beschäftigtenentwicklung
wurden zwei unterschiedliche Raumstrukturszenarien – Szenario A: Abnahme um
200.000 Einwohner gegenüber 2015 im gesamten Metropolenraum bei starker
Umverteilung zulasten Berlins und Szenario B: Zunahme von 200.000 Einwohnern im
stadtnahen Umland bei gleichbleibender Bevölkerung in Berlin - entwickelt. Die
Raumstrukturszenarien berücksichtigen auch zu erwartende räumliche Unterschiede
der Entwicklungsdynamik in unterschiedlichen Siedlungsstrukturtypen.
Auf der Basis der Raumstrukturszenarien wurden Modellrechnungen für die
Verkehrsnachfrage und die Netzbelegung durchgeführt. Unterschieden wurde dabei
ein Planungs-Nullfall, in dem die Infrastruktur des Jahres 2030 gegenüber der
Infrastruktur des StEP-Szenarios 3 für 2015 unverändert ist und der
Planungsfall mit den Infrastrukturergänzungen. Die verkehrlichen Wirkungen des
Planungs-Null-falles und des Planungsfalles wurden für beide Raumstrukturszenarien A und B berechnet.
3. Die Vorhaben wurden im Hinblick auf verkehrliche,
städtebauliche und landschaftsplanerische sowie wirtschaftliche Kriterien untersucht.
Der vorrangige Beurteilungsgesichtspunkt war die Abschätzung der langfristigen
Verkehrsnachfrage in ihrer Wechselwirkung mit der städtebaulichen
Siedlungsentwicklung. Die Prüfung der anderen Aspekte der Realisierbarkeit
erfolgte lediglich auf der Ebene einer Gesamtnetzbetrachtung. Sie ist kein
Vorgriff auf erforderliche detaillierte Untersuchungen im Rahmen weiterer
formeller Planungsverfahren. Ziel der Untersuchung der Realisierbarkeit war die
Identifizierung von gravierenden nicht-verkehrlichen Hinderungs- oder Ausschlussgründen.
Wurden solche Fakten ermittelt, sind diese in die Gesamtabwägung einbezogen worden.
4. Ergebnis der Modellrechnung für 2030 ist in der
Gesamtbetrachtung, dass im Falle des Raumstrukturszenarios A sowohl das Verkehrsaufkommen
als auch die Verkehrsleistung gegenüber 2015 flächendeckend zurückgehen würde.
Im Falle des Szenarios B würde der Verkehr im Gesamtniveau gegenüber 2015 etwa
gleich bleiben, bei leichten Abnahmen in der Inneren Stadt und leichten
Zunahmen in den Stadt-Umland-Beziehungen. Einzig im Berliner Nordosten wäre
aufgrund der in Szenario B angenommenen Inanspruchnahme eines Teils der dort
noch erheblichen Siedlungsflächenpotenziale noch ein deutlicher Verkehrszuwachs
zu erwarten.
1.
Tangentialverbindung Nord (TVN) zwischen
Wittenau und Marzahn
Die Trasse durchquert einen
Stadtraum, der in den zurückliegenden Jahren Wachstumsraum war und noch
erhebliche Entwicklungsreserven enthält. Die Untersuchung belegt, dass die neue
Trasse das bisher vorrangig radial organisierte Gesamtnetz sehr günstig ergänzen
und deshalb historische Dorflagen und Wohngebiete sehr großräumig vom Verkehr
entlasten könnte. Dies wäre die Voraussetzung für die städtebauliche Aufwertung
dieser Gebiete. Über die großräumige Verbindungsfunktion hinaus hätte die neue
Trasse eine wichtige Erschließungsfunktion; ein Verzicht auf die Erschließung
neuer Bauflächen würde die Belegung der neuen Trasse zwar reduzieren, ihre
Bedeutung zwischen B 96a und Marzahn unter den Nachfragebedingungen beider
Szenarien aber nicht generell schmälern. Für den westlichen Abschnitt zwischen
B 96a und Wittenau ist die Verkehrsnachfrage dagegen voraussichtlich geringer
und wäre in jedem Fall mit verringertem Querschnitt zu bewältigen. Die
Nachfrage durch Erschließungsverkehr könnte durch Verzicht auf größere Stadterweiterungsflächen
zusätzlich gemindert werden. Ein Verzicht auf die (gesamte) Trasse hätte eine
deutliche Mehrbelastung heute bereits stark belasteter Ortslagen und Siedlungsräume zur Folge.
Gesichtspunkte, die die Machbarkeit der Trasse ausschließen, sind nicht erkennbar.
Empfehlung: Beibehaltung der (Voll-) Darstellung im FNP zwischen Marzahn
und B 96a, Abstufung zur Trassenfreihaltung (Nordvariante) zwischen B 96a und Wittenau.
2.
A 100-Verlängerung/Südost-Autobahn/Tangentialverbindung Ost (TVO)
Zu prüfen war, ob die im FNP
dargestellte Weiterführung der A 100 über das Autobahndreieck Neukölln hinaus
auch langfristig begründbar ist und ob es zu der Trassenführung entlang dem
S-Bahn-Ring eine verkehrlich sinnvolle und realisierbare Trassenalternative zwischen
S-Bahn-Ring und Eisenbahnaußenring geben könnte. Die TVO zwischen der Straße An
der Wuhlheide und der B 1/5 wurde wegen erwarteter Wechselwirkungen in die
Untersuchung einbezogen.
Ergebnis ist, dass die A 100 wie auch die Alternative Südost-Autobahn auch
langfristig eine sehr große verkehrliche Bedeutung und Wirkung hätten. Die
Weiterführung der A 100 gemäß FNP-Darstellung würde am stärksten Verkehr
bündeln und die angrenzenden Stadträume, besonders aber die Innenstadt
entlasten. Weitere positive Wirkungen der Weiterführung würden in der
Angleichung der Anbindungs- und Erschließungsqualität der Stadträume Neukölln
und Friedrichshain an die vergleichbaren Stadträume im Norden, Westen und Süden
liegen. Die Alternative Südost-Autobahn hätte eine hohe Entlastungswirkung im
Südost-Raum, aber nur eine sehr geringe Wirkung für die Innenstadt.
Im Vergleich beider Trassen werden die Realisierungschancen für eine
Südost-Autobahn als deutlich schlechter beurteilt, da sie durch bestehende
Stadtstrukturen und Landschaftsräume geführt werden müsste. Auch bei der A
100-Weiter-führung sind einzelne gravierende Probleme zu überwinden, die
Konflikte können aber durch Bündelung mit der Ringbahn und Tunnelabschnitte gemildert werden.
Empfohlen wird deshalb die Beibehaltung der
FNP-Darstellung der A 100.
Die TVO bewirkt im Vergleich mit beiden anderen Vorhaben eine geringere
verkehrliche Bündelung. Sie würde die A 100-Verlängerung ergänzen. Ihre
Realisierung würde voraussichtlich die ÖPNV-Nachfrage auf dem Außenring ("Nahverkehrstangente")
beeinträchtigen. Da unter beiden Szenarien eine Bewältigung des langfristig zu
erwartenden Verkehrs auch in dem (um die Nordumfahrung Köpenick erweiterten und
optimierten) Bestandsnetz möglich ist, wird für die TVO im FNP eine Aufgabe
der Trasse zwischen der Straße An der Wuhlheide
und der B 1/5 empfohlen.
3.
B 101 – Neutrassierung in Lankwitz
Das Ergebnis der Modellierung zeigt, dass eine Neutrassierung zwar hochwirksam
Verkehr vom stark belasteten umgebenden Straßennetz abziehen und auf die neue
Trasse bündeln würde, die Wirkung aber eher kleinräumig ist. Begrenzte
Entlastungen im heutigen Netz wären mit erheblichen neuen Belastungen und Störungen
an anderer Stelle in Lankwitz erkauft. Die Kfz-Verkehrsbelastung würde insgesamt
erhöht. Die großräumige Verkehrsverlagerung und der Durchgangsverkehrsanteil
sind gering. Langfristig ist gegenüber 2015 kein relevantes Verkehrswachstum zu
erwarten, das auf bestehenden Straßen zu zusätzlichen Belastungen führen würde.
Die Variante eines größeren "Transittunnels" wäre wegen des
weitgehenden Ausfalls örtlicher Entlastungswirkungen nicht begründbar, würde
aber großräumig noch mehr Verkehr auf die neue Trassen bündeln. Die Auslastung
differiert unter beiden Nachfrage-Szenarien wenig und wäre grundsätzlich gegeben.
Die Neutrassierung stößt allerdings als ebenerdige Stadtstraße und in
der Variante mit Teiltunneln auf grundlegende Realisierungsprobleme wegen
notwendiger schwerer Eingriffe in den Stadt- und Landschaftsraum sowie durch
ihre zusätzliche Zerschneidungswirkung.
Da die großräumige Netzwirkung des Projektes sehr begrenzt wäre und gravierende
Realisierungsprobleme offensichtlich sind, ist in der Abwägung aller Belange
eine bestandsorientierte Optimierung dem Neubau vorzuziehen.
Empfehlung: Verzicht auf Darstellung im FNP.
4.
Spreequerung Verlängerung Paulsternstraße
Mit der zusätzlichen Spreequerung würden im Raum Spandau Zusatzbelastungen
vermieden und Spielraum für städtebauliche Aufwertungen geschaffen.
Andererseits sind die verkehrlichen Wirkungen ambivalent, da gleichzeitig zwar
Umwegeverkehr eingespart, durch die neue zügige Verbindung aber auch Verkehr
induziert würde. In der Gesamtabwägung wird durch Darstellung einer
freizuhaltenden Trasse im FNP eine Aufrechterhaltung der Realisierungsoption empfohlen.
5.
Integrierte Verkehrslösung Weißensee
Zu prüfen war die Begründbarkeit
einer neuen Straßenverbindung zwischen Weißenseer Weg und Michelangelostraße
als Bestandteil einer komplexen Gesamtlösung mit dem Ziel einer Steigerung der
Leistungsfähigkeit der Straßenbahn in der Berliner Allee und der Verbesserung
der Zentrenqualität von Weißensee.
Ergebnis ist, dass die Trasse eine hohe Verbindungsqualität besäße und unter
den Nachfragebedingungen beider Szenarien gut ausgelastet wäre. Mit einer bewirkten
Entlastung um rund 10.000 Kfz/Tag in der Berliner Allee würden die
erforderlichen Voraussetzungen für die Verbesserung des ÖPNV und die
Zentrenqualität geschaffen. Mit der neuen Straßentrasse wären allerdings
erhebliche Eingriffe in Grün- und Kleingartenbereiche verbunden.
Wegen der bedeutenden positiven großräumigen Wirkungen auf den motorisierten
Individualverkehr und den ÖPNV wird die Beibehaltung der Darstellung im FNP
empfohlen.
6.
Ortsumfahrung Falkenberg
Wegen nicht ausreichender
Nachfragepotenziale, nicht zu erwartender Wirtschaftlichkeit und erkennbarer
Realisierungsprobleme wird empfohlen, das Straßenbauvorhaben nicht weiter zu
verfolgen.
7.
Straßenbahn-Südtangente vom U-Bahnhof Zwickauer Damm
bis in den Raum Dahlem bzw. Steglitz
Zwischen Zwickauer Damm und Marienfelde wäre ein verbessertes Verkehrsangebot
mit der Straßenbahn unter den Nachfragebedingungen beider Szenarien
ausgelastet, nicht aber im westlich angrenzenden Stadtraum. Da die Abschätzung
der Wirtschaftlichkeit im Ergebnis für den östlichen Abschnitt positiv ist und
städtebauliche oder freiraumplanerische Ausschlussgründe nicht erkennbar sind,
wird die Aufrechterhaltung einer Option für die Realisierung der
Straßenbahn-Südtangente empfohlen.
8.
Oberirdische Weiterführung der U 8 als Stadtbahn in das Märkische Viertel
Die Machbarkeit der Maßnahme kann
zurzeit nicht belegt werden. Das zu erwartende Nutzen-Kosten-Verhältnis
rechtfertigt die Umsetzung der Maßnahme nicht.
Als Alternative sollte die Verlängerung der Straßenbahnstrecke nach
Rosenthal in das Märkische Viertel geprüft werden.
9.
Straßenbahn/U-Bahn-Integrationsansatz zwischen
Kulturforum, Innsbrucker Platz und Rathaus Steglitz
Aus verkehrlichen Gesichtspunkten ist
der Integrationsansatz für die untersuchte Strecke U4 positiv zu bewerten und
den anderen Lösungen vorzuziehen. Auch städtebauliche Konfliktpotenziale in der
Potsdamer Straße – Hauptstraße würden dadurch erheblich vermindert.
Die Nutzung des U4-Tunnels erfordert aber die Neuentwicklung eines
tunneltauglichen Straßenbahnfahrzeugs und den Umbau des vorhandenen Tunnels
sowie der Bahnsteige. Daher wird kein positives Nutzen-Kosten-Verhältnis für
eine Straßenbahn im U4-Tunnel bis Innsbrucker Platz erwartet. Eine Umsetzung
des Vorhabens ist somit nicht zu begründen.
Deshalb ist die Option für die oberirdisch geführte Straßenbahn zum
Innsbrucker Platz (Variante 1) aufrecht zu erhalten.
Für die weitere Verlängerung bis Steglitz ist ebenfalls die oberirdische
Lösung zu empfehlen.
10.
Verlängerung U 7 bis Rudow Süd und/oder bis Schönefeld
Bei hohen Investitionskosten und
zusätzlichen Betriebskosten ist weder durch eine Verlängerung bis Rudow Süd
noch bis zum Flughafen Schönefeld ein signifikanter verkehrlicher Nutzen zu
erzielen. (Die Einrichtung einer Express-U-Bahn nach Schönefeld scheidet aus
technischen und betrieblichen Gründen aus.) Ein Verzicht auf die Darstellung
wird empfohlen.
11.
S 21 Ergänzungen zur Durchbindung von Hakenfelde
(Spandau) bis Spindlersfeld (Treptow-Köpenick) und Königs Wusterhausen
Der Abschnitt zwischen Hakenfelde und Daumstraße würde zwar eine für einen
Endabschnitt relativ hohe Belastung aufweisen, die hohen Kosten einer
Havelunterquerung wären dennoch nicht zu rechtfertigen. Daher sollte diese
Verlängerungsoption aufgegeben werden.
Der Abschnitt zwischen Daumstraße und Jungfernheide hätte eine vergleichbare
Nachfragewirksamkeit. Da die Trasse (Daumstraße -) Gartenfeld - Jungfernheide
bereits vorhanden ist, sollte die Option einer späteren Wiederinbetriebnahme aufrechterhalten werden.
Am Gleisdreieck muss die Trasse freigehalten werden, um die spätere Option
einer Engpassbeseitigung im Nord-Süd-Tunnel offen zu halten.
Die Cheruskerkurve sollte im FNP als freigehaltene Trasse erhalten
bleiben. Eine spätere Umsetzung des Vorhabens ist weiterhin sinnvoll, da die
Möglichkeit besteht, ohne wesentliche zusätzliche Betriebskosten langfristig
ein neues Verkehrsangebot zu schaffen.
Bei Realisierung der Stammbahn Zehlendorf – Potsdamer Platz bestehen begrenzte
Wechselwirkungen mit den S-Bahn-Zugläufen der Relation Wannseebahn – Lehrter
Bahnhof. Der Betrieb der Stammbahn würde die Wirtschaftlichkeit der S 21
verschlechtern.
III.
Schlussfolgerungen des Senats für die Verkehrspolitik in der 15.
Legislaturperiode: Mobilitätsprogramm 20061:
Mit dem Mobilitätsprogramm 2006
zieht der Senat die Konsequenz aus dem Stadtentwicklungsplan Verkehr für die
Verkehrspolitik in der 15. Legislaturperiode. Mit diesem Programm wird der
Senat sicherstellen, dass Mobilität für alle gewährleistet wird, dass ein guter
Zugang zur Stadt und ihren unterschiedlichen Teilen gesichert wird und dass die
negativen Folgen des motorisierten Verkehrs gemindert werden.
Die verzögerte Nachfrageentwicklung nach Verkehrsleistungen und eine aus heutiger Sicht endliche Wachstumsperspektive, erhebliche Instandhaltungsrückstände in der Verkehrsinfrastruktur sowie die Finanzkrise der Stadt erzwingen veränderte Prioritäten, Konzepte und Instrumente, auch in der Verkehrspolitik. Der Senat wird das erforderliche Sparen mit zielorientierter verkehrspolitischer Gestaltung verbinden.
1.
Der nichtmotorisierte
Verkehr (Fahrrad- und Fußgängerverkehr) wird stärker gefördert.
Fast 45 % aller Wege in Berlin sind kürzer als 3 km. Nahezu die Hälfte aller
Berliner Haushalte verfügt nicht über einen Pkw. Der nichtmotorisierte Verkehr
ist der stadtverträglichste Verkehr. Seine Entwicklungspotenziale sind in
Berlin noch bei weitem nicht ausgeschöpft. Eine konsequente Förderung des
nichtmotorisierten Verkehrs ist nach allen vorliegenden Erfahrungen besonders
wirkungsvoll und kosteneffizient. Mit vergleichsweise geringem Investitionsaufwand
ist ein verkehrlicher Erfolg zu erreichen. Preisgünstige und schnell zu realisierende
Verbesserungen haben dabei grundsätzlich Vorrang.
1.1
Der Senat wird in
Zusammenarbeit mit den interessierten Akteuren die bisherigen Konzepte zu einer
Radverkehrsstrategie weiterentwickeln, die das Gesamtsystem Fahrradverkehr mit
den Elementen Radverkehrsnetz, Abstellplätze und Serviceeinrichtungen,
Wegweisung, Radverkehrssicherheit und Informationsarbeit umfasst.
Bis 2006 sollen die wichtigsten Netzlücken vor allem in der Innenstadt (großer
Hundekopf) geschlossen werden.
1.2
Fußgänger sind gleichberechtigte Verkehrsteilnehmer.
Durch zusätzliche und verbesserte Querungshilfen, Fußgängerwegweisung und Vergrößerung
der Fußgängerflächen bei konkurrierenden Nutzungsansprüchen im öffentlichen
Raum werden die Bedingungen des Zufußgehens verbessert.
Um einen größeren Breiteneffekt zu erzielen, sollen kostengünstige Maßnahmen
bevorzugt werden. Die Liste der für notwendig angesehenen, aber bisher nicht
umgesetzten Lichtsignalanlagen wird dem Ziel überprüft, sie durch Fußgängerüberwege
(Zebrastreifen) oder andere Querungshilfen zu ersetzen.
Bürokratische Hemmnisse, die eine zügige Umsetzung behindern, werden abgebaut.
Bis 2006 werden in geeigneten Gebieten mit Quartiersmanagement beispielhaft
Maßnahmen zur Erhöhung der Fußgängerfreundlichkeit umgesetzt.
1.3
Die Mobilitätsbedürfnisse von Kindern und Jugendlichen sollen stärker
berücksichtigt werden. Zur Ermittlung und Erprobung geeigneter Ansätze für
Kinder wird in Zusammenarbeit mit einem geeigneten Träger bis 2006 ein
Pilotprojekt durchgeführt, bei dem Mobilitätserziehung mit Beteiligung an
Planung verknüpft wird.
Jugendliche erhalten erweiterte Möglichkeiten zur Ausübung von Trendsportarten
im öffentlichen Raum.
2.
Der
Verkehrsinfrastruktur-Bestand wird besser erhalten, gepflegt und funktional optimiert
Erhebliche
Instandhaltungsrückstände insbesondere im U-Bahn-Netz und in Teilen des
Hauptverkehrsstraßen-Netzes wirken sich in höheren Betriebsaufwendungen und
erhöhten Erneuerungskosten aus. Schadhafte Straßen sind lärmintensiv, mindern
die Verkehrssicherheit und erhöhen den Verschleiß bei Kraftfahrzeugen. Solange
der Bestandserhalt nicht gesichert ist, verbieten sich Erweiterungsinvestitionen.
Sinnvoll sind jedoch investive Maßnahmen, die zur besseren oder intensiveren Nutzung
des Infrastrukturbestandes beitragen.
2.1 Der Senat verstärkt im Rahmen einer neuen
Prioritätensetzung die Haushaltsansätze zur Instandsetzung der
Verkehrsinfrastruktur für die Schiene. Die Bezirksämter erhalten ferner zusätzliche
Mittel für größere Sanierungsmaßnahmen im Straßen-Hauptnetz. Die Mittel für die
Straßeninfrastruktur dienen gleichzeitig der Lärmsanierung. Für die Sanierung der
Schieneninfrastruktur werden Finanzmittel umgeschichtet, die bisher für
Erweiterungsinvestitionen in die Finanzplanung eingestellt waren. Die
umgeschichteten Mittel dienen der Sanierung der U-Bahn-Tunnel.
2.2 Zur besseren Verknüpfung der Strecken des
Netzes des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) wird das Programm zur
Verkürzung wichtiger Umsteigewege fortgeführt. Priorität wird auf preisgünstige
Maßnahmen mit guter Wirkung gelegt. Die herausragenden Umsteigepunkte
Warschauer Straße und Frankfurter Allee sollen mit vorläufigen Maßnahmen optimiert werden. Das Programm zur behindertengerechten
Ausstattung von Bahnhöfen des ÖPNV/SPNV wird fortgeführt.
2.3 Der Senat beabsichtigt,
gravierende Verkehrsengpässe an Bahnkreuzungen im Zuge der Treskowallee
(Karlshorst), der Rudower Chaussee (Adlershof) und des Sterndamms am Bahnhof
Schöneweide zu beseitigen sowie Vorleistungen dazu im Verlauf der Hauptstraße
(Ostkreuz) zu erbringen.
2.4 Zur Sicherung zukunftsfähiger
Gleisanschlüsse und sonstiger Infrastruktur für den Eisenbahngüterverkehr in
der Stadt wird in 2003 zunächst geklärt, welche Infrastruktur die Voraussetzung
der Zukunftsfähigkeit erfüllt. Nachfolgend wird die Möglichkeit eines Programms
geprüft, mit dem der Erhalt zukunftsfähiger Infrastruktur privater Eisenbahnverkehrsunternehmen unterstützt wird.
3.
Durch intelligente
Organisation werden die vorhandenen Infrastrukturkapazitäten besser ausgenutzt.
Nach umfangreicher Erneuerung und Erweiterung seit 1990 verfügt Berlin über
eine gute Verkehrsinfrastruktur mit erheblichen Kapazitätsreserven im
ÖPNV-Ange-bot und im Straßennetz (trotz einiger zeitlicher und räumlicher
Engpässe), die durch unterschiedliche organisatorische Maßnahmen besser
ausgenutzt werden sollen.
3.1
Die
ab Ende 2003 von der Verkehrsmanagementzentrale (VMZ) bereitgestellte flächendeckende
dynamische Verkehrslageinformation im motorisierten Individualverkehr (MIV) und
ÖPNV wird als Steuerungsressource für eine zielorientierte strategische
Verkehrssteuerung genutzt. Die organisatorischen Voraussetzungen zur
Optimierung der Kooperation der beteiligten öffentlichen und privaten Einrichtungen
werden 2003/4 geschaffen.
3.2
Der
(öffentliche und private) Parkraum ist in zentralen und dicht bebauten Stadträumen
in der Regel knapp, oft fehlbelegt und vielfach zeitweise auch nicht ausgenutzt.
Im Umgang mit dem öffentlichen Parkraum liegt ein wichtiges Gestaltungsinstrument
der Verkehrspolitik.
Informationen über Parkraumkapazitäten privater Anbieter werden in das
dynamische Verkehrsinformationsmanagement einbezogen.
Parkraumbewirtschaftung entlastet Wohngebiete vom Parksuchverkehr, sichert den
Kfz-Zugang zu Zentren und stärkt den ÖPNV. Der Senat wird die beabsichtigte
schrittweise Ausweitung der Parkraumbewirtschaftung durch die Bezirke auf alle
Bereiche konkurrierender Nachfrage und hohen Nachfragedrucks durch eine
Arbeitshilfe mit Leitliniencharakter koordinieren (noch 2003). Der Gebührenrahmen
wird flexibilisiert und differenziert, um die Gebührenhöhe stärker an der
Nachfrage orientieren zu können.
Der Senat wird im Rahmen der Novellierung der Bauordnung Berlin eine Regelung
schaffen, die es erlaubt, in gut durch ÖPNV erschlossenen innerstädtischen
Stadtlagen privaten Stellplatzbau generell zu begrenzen.
3.3
Zur
Reduzierung des großräumigen Durchgangsverkehrs in der inneren Stadt wird der Senat
schrittweise die innerstädtischen Verkehrsströme neu organisieren. Bis zur
Fertigstellung des inneren Straßenrings 2006 werden an relevanten
Knoten die erforderlichen Maßnahmen getroffen, um vor allem Verkehr auf
tangentialen Straßenzügen flüssiger zu gestalten und Teile des bisherigen
Durchgangsverkehrs bereits vor der Innenstadt tangential abzuleiten.
3.4
Um
den Zugang des Straßengüterverkehrs zu seinen Zielorten besser zu gewährleisten,
wird der Senat prüfen, an welchen Straßenabschnitten mit starker Belastung
zusätzliche Ladezonen sowie Kombispuren für Busse und Lkw eingerichtet werden
können.
3.5
Bei
der stattfindenden Reorganisation des regionalen Schienengüterverkehrs begrüßt
der Senat den Markteintritt weiterer privater Eisenbahnverkehrsunternehmen und
unterstützt alle geeigneten Ansätze, durch Kooperation und Logistik das
Güterverkehrsangebot auf der Schiene wieder zu verbessern. Der Ausbau des Westhafens
zum wichtigsten innerstädtischen Güterverkehrs(sub)zentrum hat dabei
strategische Bedeutung.
3.6
Zur
Erhöhung der Reisegeschwindigkeit im ÖPNV beabsichtigt der Senat, das Programm
zur Beschleunigung von Straßenbahnen bis Ende 2003 und von Bussen bis 2006
abzuschließen. Bei größeren Taktabständen sollen künftig die Anschlüsse besser
gesichert werden.
3.7
Zur
Flexibilisierung von ÖPNV-Verkehrsangeboten in Stadträumen mit geringer Verkehrsnachfrage
bzw. in Schwachlastzeiten (bei gleichzeitiger Reduzierung der Betriebskosten)
werden bis 2006 Modellversuche durchgeführt, um die rechtlichen, technischen
und betrieblichen Voraussetzungen für eine Regel-Einführung zu klären.
3.8
Der
Senat wird zur Förderung von stadt- und umweltgerechter Mobilität Beratung und
Werbung verstärken. Versuchsweise soll die Erarbeitung betrieblicher
Mobilitätskonzepte von großen Unternehmen gefördert werden. Der Senat wird eine
verstärkte Kooperation von Verkehrsunternehmen und die Erprobung innovativer
Ansätze beim Marketing anregen.
3.9
Nicht
ausreichende Transparenz, zu geringe Effizienz und der sich verändernde
Rechtsrahmen im ÖPNV machen organisatorische Konsequenzen erforderlich, um die
erforderliche hohe Attraktivität und Leistungsfähigkeit des ÖPNV dauerhaft zu sichern.
Der Aufgabenträger für den ÖPNV wird sich in Wahrnehmung seiner Funktion für
die Durchführung wesentlicher Aufgaben insbesondere bei der Netz- und
Angebotsplanung, dem Vertragsmanagement und –controlling, der Vorbereitung und
Durchführung von Ausschreibungen sowie dem Bestell- und Qualitätsmanagement
externer Fachfirmen bedienen. Zur Vorbereitung und Koordinierung dieser Aufgaben
sowie zur Steuerung der Aufgabendurchführung durch die Fachfirmen wird ein
Projektsteuerer/-koordinator eingesetzt, der im Dezember 2003
seine Arbeit aufnehmen soll.
Der Nahverkehrsplan wird zu einem Instrument qualifiziert, dass die
verkehrspolitischen Vorgaben für den Aufgabenträger enthält.
3.10 Der Senat unterstützt
bekannte und neue Formen des gemeinschaftlich organisierten MIV durch Ausweisung
privilegierter car-sharing-Stellplätze.
4.
Die Verkehrsnetze werden nur
dort erweitert, wo dies zur Beseitigung der wichtigsten Verknüpfungs- und
Erschließungsmängel zwingend erforderlich ist.
Trotz insgesamt guter Infrastrukturausstattung bestehen im Ergebnis der
Teilungsgeschichte der Stadt noch deutliche Ausstattungsunterschiede in den
östlichen und westlichen Bezirken und etliche Verknüpfungsmängel in den Netzen.
Die Finanzkrise der Stadt erzwingt zum gegenwärtigen Zeitpunkt jedoch eine
klare Prioritätensetzung zugunsten des Infrastrukturbestandserhaltes.
Erweiterungsinvestitionen müssen auf wenige zwingend gebotene Maßnahmen
beschränkt werden.
4.1
Der
Senat wird zur Anbindung des Hauptbahnhofes/Lehrter Bahnhof bis 2005 das Straßenbahn-Streckennetz
durch die Eberswalder Straße – Bernauer Straße bis zum Nordbahnhof und bis 2006
durch die Invalidenstraße bis zum Hauptbahnhof/Lehrter Bahnhof (in Verbindung
mit dem Ausbau des inneren Straßenringes) verlängern. Mit drei
Straßenbahnlinien, darunter der Linie 20, die direkt mit fünf U-Bahnlinien
verknüpft ist, wird der neue Hauptbahnhof in effizienter Weise an das
Straßenbahn- und U-Bahnnetz angeschlossen.
Die Straßenbahn-Verlängerungsprojekte vom Prenzlauer Tor zum Roten Rathaus
(„Alex II“) und weiter über die Grunerstraße – Leipziger Straße zum Potsdamer Platz
und zum Kulturforum werden auf einen Zeitpunkt nach 2006 verschoben. (Das
Planungsrecht für Alex II wird vorbereitet. Soweit zusätzliche Mittel zur Verfügung
stehen, wird das Projekt vorgezogen.) Nach heutiger Erwartung dürfte nach einer
fortgeschrittenen städtebaulichen Entwicklung die Nachfrageentwicklung dann
eine Streckenerweiterung zum Kulturforum zulassen.
4.2
Bundesfinanziert
wird bis 2004 die Verlängerung der S 25 bis Teltow-Stadt umgesetzt. Der Bau der
S 21 (Nord) bis zum Hauptbahnhof/Lehrter Bahnhof wird fortgesetzt, und Vorleistungen
für die Inbetriebnahme werden erbracht.
4.3
Der
Senat wird bis 2006 mit der Öffnung des Tiergartentunnels auch die weiteren
Lücken des inneren Straßenringes im Zuge der Invaliden- und Bernauer Straße (im
Zusammenhang mit dem Straßenbahnbau) schließen. Er wird bis 2005 die neue
Straßenverbindung von Alt-Moabit über Kapelleufer zur Reinhardtstraße und bis
2006 die Westumfahrung der Altstadt Köpenick bis zum Adlergestell fertigstellen
sowie den westlichen Teil der Nordumfahrung beginnen.
Erschließungsmaßnahmen werden bis 2006 insbesondere noch in Adlershof durchgeführt.
4.4
Bundesfinanziert
sollen die Marienfelder Allee (B 101), der Kirchhainer Damm (B 96) und die
Anbindung der B 158 (Ostumfahrung Ahrensfelde) ausgebaut werden.
5.
Die nationale und
internationale Erreichbarkeit Berlins wird weiter verbessert.
Als Hauptstadt und europäische Metropole ist Berlin auf hervorragende
Erreichbarkeit angewiesen, die bisher noch nicht ausreichend gewährleistet ist.
In der Entwicklung als Knotenpunkt in den nach Mittel-Osteuropa erweiterten Verkehrsnetzen
liegen erhebliche Chancen für Stadt und Region.
5.1
Der
Senat wird gemeinsam mit den Mitgesellschaftern das Projekt des Ausbaus des
Flughafens Berlin Schönefeld einschließlich seiner Verkehrsanbindung
realisieren. In 2004 soll der Flughafen Tempelhof geschlossen werden; mit
Eröffnung des Flughafens BBI wird Tegel geschlossen.
5.2
Bis
2006 wird die Eisenbahnkonzeption (mit Ausnahme der Nordbahn) einschließlich
der neuen Fernbahnhöfe Hauptbahnhof/Lehrter Bahnhof, Gesundbrunnen und
Papestraße jeweils mit Erschließung umgesetzt.
Die Fernbahnstrecken nach Hamburg und Dresden werden bis 2005 bzw. 2007 für
eine Höchstgeschwindigkeit von bis zu 230 bzw. 200 km/h, die Strecken nach
Frankfurt/Oder (Warschau) und Rostock bis 2005/09 für eine
Höchstgeschwindigkeit von 160 km/h ausgebaut.
Mit dem Aus- bzw. Neubau des Abschnittes Halle – Nürnberg (Fertigstellung nach
2006) wird auch die Verbindung nach Süden (VDE
Nr. 8) wesentlich beschleunigt.
Für die Strecke Frankfurt/Oder (Warschau) wird sich der Senat für eine Erhöhung
des Geschwindigkeitsniveaus auf 200 km/h einsetzen. Die Planung des Bundes für
die Fernbahnstrecke nach Stettin (Entwurf des Bundesverkehrswegeplanes 2003)
muss nach Auffassung des Senats für eine mittelfristig wachsende Verkehrsnachfrage
zügig und auf ein Geschwindigkeitsniveau von durchgängig 160 km/h realisiert
werden. Bereits kurzfristig soll das Verkehrsangebot auf dieser Strecke
verbessert werden.
5.3
Bis
2005 wird die A 113 einschließlich der Anpassungsmaßnahmen im angrenzenden Straßenhauptnetz
bis zur Anschlussstelle Adlershof fertiggestellt. (Die Gesamtfertigstellung
wird bis Eröffnung des Flughafens BBI erreicht sein.) Zur besseren Aufnahme des
wachsenden Transitverkehrs wird die A 10 Berliner Ring zwischen Autobahndreieck
Schwanebeck und Autobahndreieck Havelland voraussichtlich ab
2005 6-streifig ausgebaut.
5.4
Zur
besseren Nutzbarkeit der Wasserstraßenanbindung Berlins wird die sogenannte
„Nordtrasse“ von der Havel bis zum trimodalen Güterverkehrssubzentrum Westhafen
(möglicher Güterumschlag zwischen Schiff, Lkw und Bahn) ausgebaut. Bis 2006
werden zur Vergrößerung der Durchfahrtshöhe drei Brücken angehoben.
6.
Der Lebensraum Stadt wird
von den Verkehrsfolgen entlastet.
Die bessere
Beherrschung der negativen Folgen des motorisierten Verkehrs (Unfälle, Lärm,
Luft- und Klimabelastung) ist für die Attraktivität des Lebensraums Stadt
zunehmend Existenzbedingung.
6.1
Die
jüngste Entwicklung der tödlichen Verkehrsunfälle und die für Berlin in
wichtigen Bereichen nicht günstigen Kennwerte der Verkehrssicherheit im
nationalen und europäischen Vergleich zeigen Handlungsbedarf: Der Senat wird in
2004 in Zusammenarbeit mit den Trägern der Verkehrssicherheit ein neues Verkehrssicherheitsprogramm
entwickeln und in den Folgejahren umsetzen. Ein Schwerpunkt wird in der
Rückgewinnung des öffentlichen Rechtsbewusstseins und in der Durchsetzung der
vorgeschriebenen Geschwindigkeit liegen.
6.2
Zur
Minderung des Verkehrslärms in hochbelasteten und dicht besiedelten
Stadträumen wird der Senat die bereits begonnenen Pilotvorhaben in Mitte und
Köpenick um weitere typische Problemgebiete ergänzen. In den Modellgebieten
sollen auch Regelungen analog zu den Schweizer „Begegnungszonen“ (in der Regel
Tempo 20 bei Aufrechterhaltung der Trennung von Gehweg und Fahrbahn, aber
erweiterten Fußgängerrechten) erprobt werden. Aus dem Modellvorhaben werden
Schlussfolgerungen abgeleitet, welche Maßnahmen erfolgreich und praktikabel sind.
6.3
Der
Senat wird 2004 einen Luftreinhalteplan mit konkreten verkehrsbezogenen
Maßnahmen zur Einhaltung der Grenzwerte, die vor allem im innerstädtischen
Bereich überschritten werden, vorlegen.
6.4
Zur
Senkung der Belastungen des Lkw-Verkehrs, aber auch zur Optimierung der Routenplanung
im Straßengüterverkehr wird der Senat ein Maßnahmenprogramm „Stadtverträglicher
Lkw-Verkehr“ umsetzen, das u.a. ein Lkw-Routennetz für den Fernverkehr und Steuerungskonzepte
zum Schutz besonders sensibler Stadtbereiche enthält. Das Programm ist mit der
Verstärkung der Sanierungsmaßnahmen im Straßen-Hauptnetz und mit der Umsetzung
einer strategisch orientierten Verkehrssteuerung verbunden.
|
Der Senat von Berlin |
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Der Regierende Bürgermeister In Vertretung Schmitz Chef der Senatskanzlei |
Strieder Senator für Stadtentwicklung |
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7.
Der Vermeidung zusätzlichen
Verkehrs wird hohe Priorität eingeräumt.
Ein erheblicher Teil des Verkehrswachstums im Großraum Berlin ist Resultat des
Siedlungsflächenwachstums, räumlich funktionaler Entmischung und nicht
verkehrsgerechter Standortplanung.
Der Senat wird in
Zusammenarbeit mit Brandenburg bis 2004 den Umfang der Siedlungsflächenreserven
ermitteln, im Lichte der heutigen Entwicklungserwartungen und des verkehrlichen
Aufwandes bewerten und ggf. planungsrechtliche Korrekturen vornehmen. Bei
Aufrechterhaltung eines funktionsfähigen Bodenmarktes sollen Aufwendungen für
die Neuerschließung und die Verkehrsbedienung von neuen Siedlungsflächen und
Zersiedlungsanreize deutlich begrenzt werden.
8.
Die verkehrspolitische
Informationsarbeit wird verbessert und die bewährte Konsultation fortgesetzt.
Die notwendige verkehrspolitische Umorientierung kann nur mit der Unterstützung
einer informierten Stadtöffentlichkeit gelingen. Mobilität ist auch eine Frage
des Bewusstseins und der Werthaltungen. Politische Veränderungen setzen einen
Mindest-Konsens über die wichtigen Ziele und Mittel voraus.
8.1
Der
Senat wird seine verkehrspolitische Informationsarbeit verbessern und
kontinuierlich über die verkehrlichen Problemlagen, die Entwicklung wichtiger
verkehrlicher Kenngrößen unter Bezug auf die verkehrspolitischen Ziele sowie
die Wirkung wichtiger ergriffener Maßnahmen berichten.
8.2 Der Senat wird zur Begleitung der
schrittweisen Umsetzung des Mobilitätsprogramms 2006 und der weiteren
Konkretisierung und Umsetzung der Strategie des Stadtentwicklungsplanes Verkehr
einen „Rat für Mobilität“ einrichten. In das Gremium sollen Persönlichkeiten
berufen werden, die unterschiedliche verkehrspolitische Interessenlagen der
Stadtgesellschaft vertreten bzw. den Senat mit verkehrswissenschaftlichem und
praktischem Sachverstand beraten können.
Der Stadtentwicklungsplan
Verkehr ist als Anlage 22
beigefügt.
Wir bitten, den Beschluss
damit als erledigt anzusehen.
Berlin, den 16. Juli 2003
Ausschuss-Kennung
: StadtUmgcxzqsq