Antrag
der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
Lokale Agenda Berlin umsetzen (IX) –
fair gehandelten Berlin-Kaffee einführen
Das Abgeordnetenhaus wolle beschließen:
Der Senat wird aufgefordert, gemeinsam mit interessierten Handelsorganisationen und NGO´s ein Projekt fair gehandelter „Berlin-Kaffee“ zu initiieren.
Dem Abgeordnetenhaus ist bis zum 31.Oktober 2005 zu berichten.
Begründung:
Aachen, Wolfsburg, Osnabrück, Lüdenscheid, Bingen, Hildesheim, Friedrichshafen, Castroph-Rauxel, Göttingen und viele andere deutsche Städte haben ihn bereits. Den fair gehandelten Stadtkaffee gibt es mittlerweile in vielen deutschen Städten. Die Stadtkaffees wurden in der Regel von den Kommunalbehörden gemeinsam mit örtlichen NGO´s initiiert und werden vom örtlichen Handel vertrieben..
Im Rahmen des Agenda Prozesses in Berlin wurde auch der Projektvorschlag eines Stadtkaffees aufgegriffen. Durch das Projekt soll entsprechend des Agenda Beschlusses des Senats der Anteil fair gehandelter Produkte auf dem Berliner Markt erhöht werden. Die Erfahrungen anderer Städte zeigen, das ein Stadt Kaffee dafür ein geeignetes Instrument ist.
Stadtkaffees sind ein wirkungsvolles Instrument zur Stärkung des fairen Handels und tragen wesentlich zur Bewusstseinsbildung der Bevölkerung über Handfelsstrukturen bei. Sie helfen aber auch direkt in den Produktionsländern durch die Erhöhung des fairen Handelsvolumens.
Kaffee ist ein gutes Produkt um die Ungerechtigkeiten des jetzigen Welthandelssystems klar zu machen und auch die Handlungsalternativen der Konsumenten in Europa darzustellen. Die Konsumenten können Verantwortung für die Lebensbedingungen in anderen Ländern der welt übernehmen und aktiv an deren Verbesserung mitwirken.
Der Rohkaffeepreis ist in den letzten vier Jahren um mehr als 50% gefallen. Unter Berücksichtigung der Inflationsrate beträgt der Kaffeepreis heute nur noch 25% des Preises von 1960. 25 Millionen KaffeeproduzentInnen sind davon betroffen. Sie müssen ihre Kinder aus den Schulen nehmen, weil sie das Schulgeld nicht mehr zahlen können, sie leiden unter Nahrungsmangel und die medizinische Versorgung in ganzen Regionen bricht zusammen. Ganzen Volkswirtschaften droht der Bankrott. Die Exporterlöse aus Kaffee sind in den letzten 5 Jahren um 4 Mrd. Dollar zurückgegangen. Die Dimension wird deutlich, wenn man dagegen den gesamten Schuldendienst von Honduras, Vietnam und Äthiopien, der bei 4,7 Mrd. Dollar jährlich liegt, betrachtet. Während Äthiopiens Exporteinnahmen aus dem Kaffee innerhalb eines Jahres von 257 Mio. Dollar auf 149 Mio. Dollar fielen , feierten die Industrienationen die Wohltaten in Folge des Kölner EU-Gipfel, dessen Schuldenerlassbeschlüsse den jährlichen Schuldendienst des Landes um 58 Mio. Dollar reduzierten.
Gleichzeitig sind die Umsatzrenditen der Kaffeekonzerne deutlich angestiegen und lagen bei Nestle z.B. bei 26%. Diesen enormen Gewinne gehen im Wesentlichen zu Lasten der Produzenten. Während diese vor 10 Jahren noch rund 30% der Umsätze des Kaffeemarktes in den Produzentenländern verblieben, sind es heute weniger als 10%. Die KaffeebäuerInnen erhalten für ein Kilo ca. 14 US-Cents, in der Rösterei landet der Kaffee dann für rund 1,64 Dollar und wenn der Kaffee dann als löslicher Kaffee im Supermarkt steht müssen dafür in England rund 26 Dollar bezahlt werden. Eine Preissteigerung von rund 7000% vom Produzenten zum Handel. In Deutschland ist Kaffee deutlich billiger, hier liegt die Preissteigerung bei 4000%.
Kaffee ist der Goldesel der Lebensmittelbranche. Die Umsatzrendite beträgt bei den verschiedenen Konzernen zwischen 17% (USA) und 30%. Im Vergleich dazu sind die Gewinnmargen bei Brot- und Backwaren mit 5,5% und Fleisch- und Wurstwaren mit 10% fast schon bescheiden zu nennen. Kaffee ist ein Bombengeschäfte – für die Konzerne und Händler, nicht für die ProduzentInnen.
Fair gehandelter Kaffee versucht diesen Kreislauf der zu einer zunehmenden Verarmung der von Kaffee abhängigen Landbevölkerungen vieler Länder führt, zu durchbrechen. Produzenten erhalten garantierte Preise, die bei einem vielfachen des üblichen Marktpreises führt. So erhalten z.B. Arabica-ProduzentInnen zur Zeit einen Mindestpreis von 1,26 Dollar. 350 Unternehmen arbeiten mittlerweile im Kaffeemarktnach den Fair Trade Richtlinien.
Stadtkaffees sind ein erfolgreiches Modell zur Förderung des Wissens um die verheerenden Auswirkungen des Weltmarktsystems im Kaffeesektor. Sie haben überall dort wo sie eingeführt wurden, zu einer erheblichen Absatzsteigerung von fair-gehandeltem Kaffee geführt.
Berlin, den 22. März 2005
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Dr. Klotz Ratzmann Schruoffeneger und die übrigen Mitglieder der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen |
Ausschuss-Kennung
: StadtUmgcxzqsq