Senatsverwaltung für Finanzen Berlin, Januar 2004
II C 16 (920) 2921
Gegenstand: Bericht
über die Bewertung der Aufgabenkreise für Bearbeiter/innen mit Allzuständigkeit
in den bezirklichen Bürgerämtern
Kapitel 3511 (Bürgerämter)
Auftrag: Das Abgeordnetenhaus hatte in seiner Sitzung am 30. Oktober 2003 die Senatsverwaltung für Finanzen beauftragt, rechtzeitig zur 2. Lesung des Einzelplans 15 bei der Haushaltsberatung 2004/2005 über die Prüfung der Bewertung der o.g. Aufgabenkreise in Bürgerämtern zu berichten.
Inhaltsverzeichnis:
I. Ausgangssituation........................................................................................................ 1
II. Aktuelle Entwicklung.................................................................................................... 2
a. Bericht der AG Zielorganisation................................................................................. 2
b. Arbeitsbeobachtungen................................................................................................. 2
III. Einzelaspekte................................................................................................................. 3
a. Arbeitsvorgänge........................................................................................................... 3
b. Bewertungen................................................................................................................. 4
c. Zeitermittlung................................................................................................................. 5
IV. Ergebnis........................................................................................................................... 6
V. Schlussbemerkungen / Weiteres Vorgehen........................................................... 6
Bereits mit
der Konzeption der Idee von fachübergreifenden Bürgerämtern wurde die Bezahlung
der dort zu beschäftigenden „Einheitssachbearbeiter/innen mit Allzuständigkeit“
– bei verzahnter, also verbundener Wahrnehmung der Aufgaben aus Meldestellen
und Bezirk – thematisiert und die Vergütungsgruppe V c BAT/BAT-O in Aussicht
genommen[1].
Die zu integrierenden Mitarbeiter/innen der Meldestellen wurden zum Teil auch
mit der künftigen Bezahlung für die neue, erweiterte Aufgabe in Bürgerämtern
motiviert. Die auf Wunsch der Bezirke von einer bezirklichen Arbeitsgruppe
unter Beteiligung der Zuständigen aus dem Projekt Bürgerdienste und dem Stellenplanreferat
der damals zuständigen Senatsverwaltung für Inneres festgestellte, im „Bericht
über die Bewertung der Aufgabenkreise für Sachbearbeiter/innen mit Allzuständigkeit
(Einheitssachbearbeiterin) in den bezirklichen Bürgerämtern“ im Juni 2001
bekannt gegebene, tarifliche Wertigkeit der 26 Arbeitsvorgänge in diesem Aufgabenkreis
konnte jedoch dieser Erwartung nicht entsprechen.
Die Bezirke
haben entsprechend dem Beschluss des Innenausschusses des Rates der Bürgermeister
vom 14.04.2003 eine weitere Arbeitsgruppe eingerichtet, die sich erneut mit der
Eingruppierung der in den Bürgerämtern beschäftigten Bearbeiter/innen befasste.
Diese „AG Zielorganisation / Bewertung Bürgerämter“ hat Ihren Bericht vom
12.09.2003 nunmehr der Senatsverwaltung für Finanzen zur Stellungnahme
vorgelegt.
Der Bericht der AG Zielorganisation baut auf den bestehenden Arbeitsergebnissen auf. Die bereits formulierten 26 Arbeitsvorgänge wurden daraufhin untersucht, inwieweit sie dem künftigen Bedarf entsprechen. Dabei wurden auch die für die einzelnen Arbeitsvorgänge im Jahr 2001 festgestellten Bewertungen hinterfragt. Ergebnis dessen war, dass 18 Arbeitsvorgänge nahezu unverändert übernommen und zwei weitere neu hinzugefügt wurden. Die Bewertung zweier Arbeitsvorgänge wurde abweichend von der durch die Senatsverwaltung für Inneres ausgesprochenen Bewertung höherwertig beurteilt.
Zur Beurteilung, ob und inwieweit der von der AG Zielorganisation formulierte neue Arbeitsvorgang 1 „Ermitteln von Anspruchsvoraussetzungen und Handlungsnotwendigkeiten[2].“ im Sinne eines der Bearbeitung der einzelnen Dienstleistungen vorausgehenden Kundengespräches zur Klärung der Handlungsnotwendigkeiten als eigenständiger Arbeitsvorgang anfällt und welchem Tarifmerkmal dieser Arbeitsvorgang zuzuordnen ist, wurde der zuständigen Bearbeiterin der Senatsverwaltung für Finanzen eine Arbeitsbeobachtung im BA Mitte, örtlicher Bereich Rathaus Tiergarten ermöglicht.
Im
Rahmen dieser Beobachtung wurde eine separate, im Einzelfall umfassende
Kommunikation zwischen Einheitssachbearbeiter/in und Bürger/in erkannt. Diese
kann ggf. in einer eröffnenden (Erst-) Beratung, einer Ermittlung der aktuellen
Lebensumstände des Bürgers oder als eine sich dem Verwaltungshandeln anschließende,
tariflich zu trennende Kommunikation in Form weitergehender, auf andere
Zuständigkeitsbereiche bezogene, teilweise auf allgemeine Belange abstellende
Fragerunde stattfinden.
Die Bildung der Arbeitsvorgänge orientiert sich gemäß der Protokollnotiz Nr. 1 zu § 22 Abs. 2 BAT/BAT-O am Arbeitsergebnis. Arbeitsleistungen, die in einem engen inneren Zusammenhang stehen und tariflich gleich zu bewerten sind[I1], wären zu einem ggf. großen Arbeitsvorgang zusammenzufassen. Dies kommt hier nicht in Betracht, da die einzelnen im Bürgeramt zu bearbeitenden Antragsarten und Produkte in keinem engen inneren Zusammenhang stehen, und tariflich unterschiedlich zu bewerten sind.
Die von der AG Zielorganisation in Ergänzung des Berichts vom Juni 2001 vorgenommene Einteilung der Arbeitsvorgänge entspricht grundsätzlich den tariflichen Anforderungen und wird insoweit mit einer weiteren Ergänzung akzeptiert (siehe IV). Das von der Erledigung der Verwaltungsleistungen zu trennende ggf. konkret getrennte (Info-Schalter[3]) Kundengespräch über Zuständigkeiten, Formalitäten, aber auch verschiedene Handlungsnotwendigkeiten und –empfehlungen kann nicht in die verwaltungsleistungsbezogenen Arbeitsvorgänge eingegliedert werden. Hierfür sind zwei gesonderte Arbeitsvorgänge auszuweisen:
Ø Ermitteln von Anspruchsvoraussetzungen und Handlungsnotwendigkeiten
Ø Allgemeine
Auskünfte und Informationen (s. AV 26 in der Muster-BAK v. Juni 2001)
Dass die ehemaligen Arbeitsvorgänge Nr. 5 (einmalige Beihilfen nach dem BSHG), Nr. 6 (Lohnsteuerkartenverteilung), Nr. 14 (Ausstellen von Familien- und Ferienpässen) und Nr. 17 (Bearbeitung von Anträgen auf BZR- /GZR- Auszügen) in Bürgerämtern künftig nicht auszuüben sind, wird hier nicht weiter behandelt. Bei gegebenen anderen Organisationsformen stehen die Bewertungsentscheidungen für diese Arbeitsvorgänge in der früheren Muster-BAK von Juni 2001 zur Verfügung.
Die Bewertungen der einzelnen Arbeitsvorgänge – wie sie im o.g. Bericht der Senatsverwaltung für Inneres vom Juni 2001 begründet sind – bleiben unverändert bestehen (siehe IV). Der abgespaltene (neue) Arbeitsvorgang „Durchführung melderechtlicher Verwarnungen / Vorbereitende Fertigung von Owi-Anzeigen nach dem Ausweis- und Meldegesetz“ erfordert lediglich gründliche und vielseitige Fachkenntnisse. Selbständige Leistungen werden weder bei der Bearbeitung von Meldeangelegenheiten noch bei den melderechtlichen Verwarnungen gefordert.
Im vorliegenden Aufgabenkreis haben sich die Angestellten bei der Behandlung von Verstößen an die Geschäftsanweisung der fachlich übergeordneten Stelle zu halten und keine bzw. nur äußerst geringe Entscheidungsspielräume. Die Angestellten brauchen keine konkreten Regeln zu abstrahieren und keinen Regeltransfer durchzuführen, ebenso müssen keine abstrakten Regeln in konkrete Handlungsanweisungen umgeformt werden.
Dem Urteil der AG Zielorganisation, die Arbeitsvorgänge 15 und 16 (neu) würden das selbständige Erarbeiten eines Ergebnisses unter Entwicklung einer eigenen geistigen Initiative erfordern, wird somit nicht gefolgt.
Bei der Feststellung der Bewertung für den gesamten Aufgabenkreis der
allzuständigen Sachbearbeiter/innen in einem Bürgeramt ist für die Arbeitsvorgänge
15 und 16 (neu) von dem Erfordernis gründlicher bzw. gründlicher und
vielseitiger Fachkenntnisse und somit deren (zusammen betrachteter) Bewertung
nach Vgr. VII, Fgr. 1a des Teils I der Anlage 1a zum BAT/BAT-O auszugehen.
Der (neue) Arbeitsvorgang 1 (Ermitteln von Anspruchsvoraussetzungen und Handlungsnotwendigkeiten) erwartet für sich genommen gründliche und vielseitige Fachkenntnisse, da ein gegebenes vertieftes Eröffnungs- bzw. erweitertes Kundengespräch das Fachwissen über die gesamte Leistungspalette des Bürgeramtes sowie Kompetenz im Umgang mit Publikum verschiedenster Ausprägung erfordert. Dieser Arbeitsvorgang erfordert gleichfalls selbständige Leistungen im tariflichen Sinne, da allzuständige Bearbeiter/innen Kundengespräche initiativ führen. Überlegungen, die aufgeklärte Bürger/innen für sich erwägen, werden für bürokratieungeübte und/oder der deutschen Sprache nur eingeschränkt mächtige Bürger/innen durch die Bearbeiter/innen in den Bürgerämtern vollzogen. Daher ist wahrscheinlich, dass dieser Arbeitsvorgang in den verschiedenen Regionen Berlins deutlich unterschiedliche Zeitanteile aufweisen wird – letztendlich mit der Folge, dass die Bewertung des Aufgabenkreises für allzuständige Bearbeiter/innen in einigen Bezirken höher ausfallen könnte als in anderen Bezirken.
Ausgehend von den Bewertungsentscheidungen für die einzelnen Arbeitsvorgänge und den nicht repräsentativen Ermittlungen der zeitlichen Anteile in den Bezirken Lichtenberg und Mitte wäre die Bewertung der Aufgabenkreise für allzuständige Bearbeiter/innen
Ø Im Bezirk Lichtenberg nach Vgr. VI b, Fgr. 1a BAT/BAT-O (30,10 % selbst. L.),
Ø Im Bezirk Mitte nach Vgr. V c, Fgr. 1a / V b, Fgr. 2 BAT/BAT-O (50 % selbst. L.)
festzustellen.
Dieser Vergleich macht deutlich, dass auf die einwandfreie Ermittlung der zeitlichen Anteile gerade auch der bewertungsbestimmenden Arbeitsvorgänge größter Wert gelegt werden muss.
Die in Bürgerämtern zu erledigenden 21 Arbeitsvorgänge sind mit der AG Zielorganisation einvernehmlich aufgestellt und durch SenFin abschließend bewertet.
|
Lfd. Nr. |
Arbeitsvorgang |
Bewertung (Vgr.) |
Zeitanteil z.B. Mitte |
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1. |
44 % |
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2. |
Beglaubigungen |
VII, Fgr. 1b |
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3. |
Auskünfte und Vermittlung zum BSHG |
VII, Fgr. 1b |
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4. |
Befreiung von Rundfunkgebühren bei nicht laufenden Sozialhilfefällen |
VII, Fgr. 1b |
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|
5. |
Bearbeitung von Lohnsteuerkarten |
VII, Fgr. 1b |
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6. |
Ausstellung v. lohnsteuerrechtlichen Bescheinigungen |
VII, Fgr. 1b |
|
|
7. |
Beratung und Antragsannahme in Wohngeldangelegenheiten |
Vc, Fgr. 1a |
4 % |
|
8. |
Beratung, Antragsannahme und Erstprüfung in Angelegenheiten des
geförderten Wohnungsbaus |
Vc, Fgr. 1a |
1 % |
|
9. |
Antragsannahme und Beratung zu Erziehungsgeld / Elternzeit |
Vc, Fgr. 1a |
1 % |
|
10. |
Antragsausgabe und –annahme für Tagesbetreuung von Kindern |
VII, Fgr. 1b |
|
|
11. |
Informationen und Vermittlungen in Familien- und Jugendangelegenheiten |
Vc, Fgr. 1a |
0 % |
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12. |
Fundsachen |
VIII, Fgr. 1a |
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13. |
Bearbeitung von Ausländerangelegenheiten |
VII, Fgr. 1b |
|
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14. |
Bearbeitung von Führerscheinangelegenheiten |
VII, Fgr. 1b |
|
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15. |
Bearbeitung von Meldeangelegenheiten |
VII, Fgr. 1b |
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16. |
Durchführung der melderechtlichen Verwarnungen / Vorbereitende
Fertigung von Owi-Anzeigen nach dem Ausweis- und Meldegesetz |
VII, Fgr. 1a |
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17. |
Bearbeitung von Personaldokumenten |
VII, Fgr. 1b |
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18. |
Bearbeitung von Kfz-Angelegenheiten |
VII, Fgr. 1b |
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19. |
Bescheinigung von Gewerbeanzeigen |
VII, Fgr. 1b |
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|
20. |
Ausstellen von Nachuntersuchungsberechtigungsscheinen nach dem
JarbSchG |
VIII, Fgr. 1a |
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21 |
Informationen und Auskünfte |
VII, Fgr. 1b |
|
Die zeitlichen Anteile der einzelnen Arbeitsvorgänge an der Gesamtarbeitszeit sollen in allen Bürgerämtern in einer einheitlichen Vorgehensweise ermittelt werden. Die Bewertung der Aufgabenkreise wird sich daraus ergeben.
Die Ermittlung der zeitlichen Anteile der einzelnen Arbeitsvorgänge an der Gesamtarbeitszeit obliegt bei Anwendung einer Muster-BAK stets den Bezirken, die damit die abschließende Bewertung dieser Aufgabenkreise vorzunehmen haben. Wegen der großen Anzahl betroffener Beschäftigter, der hohen Aufmerksamkeit und der erforderlichen Gleichbehandlung der in den Bürgerämtern Beschäftigten, ist eine einheitliche Vorgehensweise bei der Ermittlung der Zeiten von erheblicher Bedeutung. Die Senatsverwaltung für Finanzen wird daher in Zusammenarbeit mit bezirklichen Serviceeinheiten ein Verfahren zur Feststellung der zeitlichen Anteile erarbeiten, das in allen Bürgerämtern der Stadt zur Anwendung kommen und somit eine breite Akzeptanz schaffen soll.
Die Ermittlung der zeitlichen Anteile der einzelnen Arbeitsvorgänge kann nicht auf die Produkterfassung gestützt werden, da die entsprechende Statistik Doppelerfassungen zulässt.
Nach
Kenntnisnahme dieses Berichts durch den Hauptausschuss wird die Senatsverwaltung
für Finanzen mit den bezirklichen Serviceeinheiten Kontakt aufnehmen.
[1] S. S. 22 des Zwischenberichts SenInn ProBüd 05/2000
[2] Hier wurde bewusst auf die verkürzte Bezeichnung abgestellt, da die Begriffe „Lebenssituationen“ und „Entwicklung“ als zu weitgehend angesehen werden. Originaltext lautet: „Ermitteln von Lebenssituationen, Anspruchsvoraussetzungen und Handlungsnotwendigkeiten; Entwicklung erforderlicher Handlungsschritte“
[3] S. Tz. 4.1 Abs. 2 und 4.2 Abs. 3 des Berichts zur Beschreibung der Zielorganisation „Bürgerämter“ im Lichte der aktuellen Vorgaben und über die Bewertung der Aufgabenkreise für Sachbearbeiter/innen mit Allzuständigkeit in den bezirklichen Bürgerämtern vom 12.09.2003 sowie Nr. 4 im Feld Tz 4 der Muster-BAK
[I1]S. RdNr. 145 Tz. 2.5.2 zu § 22 BAT