Punkt 1 der Tagesordnung
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Aktuelle Viertelstunde |
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Siehe Beschlussprotokoll.
Vors. Henkel: Wir kommen zu
Punkt 2 der Tagesordnung
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Besprechung gemäß § 21 Abs. 3 GO Abghs Ergebnis der Verhandlungen zur
Neustrukturierung der Eliteschulen des Sports (auf Antrag der Fraktion der SPD) in Verbindung mit |
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Besprechung gemäß § 21 Abs. 3 GO Abghs Konzept zur Umstrukturierung der
Sportoberschulen in Berlin und daraus erwachsende Konsequenzen (auf Antrag der Fraktion der PDS) in Verbindung mit |
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Besprechung gemäß § 21 Abs. 3 GO Abghs Die Eliteschulen des Sports bzw. die
Sportoberschulen Berlins – welche Veränderungen stehen bevor, welche
Ziele verfolgt der Senat? (auf Antrag der Fraktion der CDU) in Verbindung mit |
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Besprechung gemäß § 21 Abs. 3 GO Abghs Sportbetonte Oberschulen – Konsequenzen und Maßnahmen in Auswertung der Olympischen Spiele
(auf Antrag der Fraktion der Grünen) |
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Wir haben dazu Gäste eingeladen. Ich setze die Zustimmung des Ausschusses voraus, dass wir auch Herrn Dr. Neumes von der Werner-Seelenbinder-Schule hören, der heute hier ist. Diese Zustimmung gibt es. Ich begrüße zur Anhörung den Vizepräsidenten des Landessportbundes Berlin, Herrn Dr. Gerber. Ich begrüße Herrn Nitzsche von der Gesamtelternvertretung des Coubertin-Gymnasiums, Herrn Barney, Leiter der Poelchau-Oberschule, Herrn Sunkel, Leiter der Flatow-Oberschule, Herrn Wandelt, Leiter des Coubertin-Gymnasiums, und Herrn Dr. Zinner, Leiter des Olympiastützpunktes Berlin und Herrn Dr. Neumes.
Ich schlage folgendes
Verfahren vor: Zunächst hören wir die Begründungen der antragstellenden Fraktionen
SPD, PDS, CDU und Grüne und anschließend die Stellungnahme des Senats durch
Herrn Staatssekretär Härtel. Anschließend haben die Anzuhörenden für ca. sieben
Minuten das Wort. Dann folgt die Aussprache. – Frau Seidel-Kalmutzki, bitte!
Frau Abg. Seidel-Kalmutzki (SPD): Ich
schlage vor, auf die Begründungen zu verzichten und den Anzuhörenden und dem
Herrn Staatssekretär mehr Zeit zu geben, der uns vorab erst einmal darüber
informieren sollte, wie der Stand der Arbeitsgruppe ist.
Vors. Henkel: Herr Dr. Kaczmarczyk,
wollen Sie begründen oder nicht?
Abg. Dr. Kaczmarczyk (PDS): Ich schließe
mich an!
Vors. Henkel: Gut! Dann begründet
jetzt die CDU ihren Antrag.
Abg. Rabbach (CDU): Herr
Vorsitzender! Meine Damen und Herren! – Mich wundert nicht, dass Sie auf Ihre
Begründung verzichten, weil der Herr Staatssekretär für die Koalition die
Veränderungen erläutern wird. Ich möchte einige Sätze dazu sagen, warum wir –
und sicher auch die anderen Fraktionen – diesen Antrag gestellt haben. Das gilt
sicher auch für die FDP, die das für genauso wichtig hält, obwohl sie keinen
Antrag gestellt hat, weil wir mehrmals darüber gesprochen haben.
Die Sportschulen sind
von Anfang an im besonderen Blickfeld der CDU-Fraktion. Auch zu Zeiten der großen
Koalition haben die Sportschulen häufig das Thema von Besprechungen, Sitzungen,
Arbeitskreisen usw. bestimmt. Die Sportschulen sind für die CDU-Fraktion ein
unverzichtbarer Mosaikstein der Sportstadt Berlin. Wenn wir von der Sportstadt
Berlin sprechen, hat jeder etwas anderes im Kopf, manchmal auch das Gleiche.
Dazu gehören auch die Sportschulen und die Internate. Sie sind für uns ebenso
unverzichtbar, weil wir uns in einer Konkurrenzsituation mit anderen
Sportschulen der Bundesrepublik Deutschland befinden. Wenn wir uns schon Sportschulen
leisten, wollen wir auch ihre beste Ausstattung haben.
Wir lehnen
Veränderungen nicht von Anfang an ab, sondern wir stellen uns zweifellos der
Diskussion über Neustrukturierungen und Veränderungen in den Sportschulen. Aber
wir werden – wie auch in den vergangenen Jahren und egal in welcher Position
der Regierung oder der Opposition – ganz besonders darauf achten, dass die
Veränderungen bedarfsgerecht sind. Das ist unsere leitende Überschrift. Es muss
sich auch nach den Bedürfnissen und Ansprüchen richten, die einerseits der
Haushaltsgesetzgeber und das Parlament haben, auf der anderen Seite aber
insbesondere auch die Schülerinnen und Schüler und deren Eltern. Das muss
übereinstimmen, und deswegen werden wir die Veränderungen ganz genau
betrachten, wie sie sich auf die Eltern und Schülerinnen und Schüler auswirken
und auf die Förderung des Leistungsports. Die Förderung des Leistungssports in
unserem Land ist eine wesentliche Aufgabe der Sporteliteschulen, die ein
Kernstück der Sportförderung in der Bundesrepublik sind. Deshalb darf nicht das
Primat des Haushalts die Strukturierung beherrschen, sondern wir müssen
haushaltsmäßige Bedrängungen, unter denen wir alle stehen, berücksichtigen,
aber auch sehen, dass wir aus diesen Bedrängungen heraus die Sportschulen
ordentlich leben lassen, so dass das Ziel, den Leistungssport zu fördern,
100 %ig weiter verfolgt werden kann. Sonst müssen wir sie uns sparen, aber
das wollen wir nicht. Deswegen sehen wir genau hin, was der Senat in dieser
Frage tut. – Schönen Dank!
Vors. Henkel: Herzlichen Dank,
Kollege Rabbach! – Frau Martins, bitte!
Frau Abg. Martins (Grüne): Nachdem Herr
Rabbach eine Lanze gebrochen hat, möchte ich sagen, warum wir es auf die
Tagesordnung gesetzt haben. Es war in den Fachblättern des Sports sehr deutlich
zu lesen, dass es nach der Olympiade eine Enttäuschung darüber gab, dass nicht
genug Medaillen geholt wurden. Natürlich hat das auch etwas mit der
Eliteförderung im Leistungssport und mit unseren Schulen zu tun.
Nichtsdestotrotz:
Berlin hat sehr viele Medaillen geholt. Deshalb könnte man sich zurücklehnen,
aber in einer Zeitschrift des LSB wurde deutlich, dass man mit der
Medaillenausbeute nicht sehr zufrieden war. Ich finde es gut, wenn der Sport
das kritisch beleuchten will. Uns geht es darum, dass die Schulen effektiv ausgestattet
werden. Die Eliteförderung ist eine wichtige Sache, da gebe ich Herrn Rabbach
durchaus Recht, aber es sind nur sehr wenige Schüler, die zur Elite kommen.
Diese müssen gefördert werden, und für mich ist es wichtig, heute zu erfahren,
wie die Schulen es sich vorstellen, dass die Schüler, die die Förderung brauchen
und sie auch bekommen sollen, auch erhalten. Aber ich verstehe auch, dass Sie
die Schüler an den Schulen lassen, die nicht so gut sind und nicht zur Elite
gehören werden. Wie werden Sie umstrukturieren, dass die Schüler bleiben können?
– Andererseits brauchen Sie dann nicht mehr die erhöhte Ausstattung bzw. den höheren
Lehrer- und Erzieherbedarf. D. h. nicht, dass wir die Schulen ausbluten lassen
wollen, aber wir sind der Meinung, dass man reflektieren sollte, wie die Ergebnisse
in der Eliteförderung sind, auch für ganz Deutschland. Aber wir sind nicht im
Bundestag, und deshalb interessiert es mich insbesondere, wie sich unsere vier
Schulen positionieren.
Vors. Henkel: Herzlichen Dank! –
Herr Staatssekretär, Sie haben das Wort!
StS Härtel (SenBildJugSport):
Herr Vorsitzender! Meine Damen und Herren! – Die Senatsverwaltung für Bildung,
Jugend und Sport hat durch das Abgeordnetenhaus zu Beginn des vergangenen
Jahres den Auftrag erhalten, dem Parlament zu berichten, wie sich die
Profilierung der Sportoberschule aus der Sicht des Senats künftig entwickeln
kann und soll. Damit ist schon zum Ausdruck gebracht, dass die Olympischen
Spiele nicht Ausgangspunkt der Überlegungen für die Weiterentwicklung der Eliteschulen
des Sports sind. Aber natürlich haben uns die Ergebnisse der Olympischen Spiele
in Athen Rückendeckung für entsprechende konzeptionelle Überlegungen bezogen
auf die Konzentrierung auf den Leistungssport an den Eliteschulen des Sports
gegeben. Wir haben in unserem Haus eine Arbeitsgruppe eingerichtet, an der der
Landessportbund und der Olympiastützpunkt teilnehmen und wo wir gemeinsam in
einem Workshop mit den Schulleitern, Eltern, den Schülerinnen und Schülern,
Trainern und Sportkoordinatoren der Eliteschulen des Sports versucht haben,
einen Weg zu finden, wie sich diese Profilierung entwickeln kann. Danach
zeichnet sich schon ein gewisser Konsens an folgendem Punkt ab, nämlich eine
Konzentration auf die Förderung leistungssportlich trainierender Schülerinnen
und Schüler. Das bedeutet in der Konsequenz, dass klare Regelungen für die Aufnahme
der Schülerinnen und Schüler, für ihren Verbleib und auch für das Verlassen der
Schulen geschaffen werden müssen, zweitens eine Verringerung der Schülerzahlen
und effizienter Einsatz der personellen, materiellen und finanziellen Mittel an
den Eliteschulen des Sports, drittens eine zielgenaue Beschreibung der
schulischen und sportlichen Fördermöglichkeiten. Die Schüler und Schülerinnen
sollen im Mittelpunkt stehen und für jeden ist ein gezielter klarer Förderplan
zu erstellen, der erst einmal das Sportliche umfasst, also wie dann die
sportlichen Trainingsvoraussetzungen geschaffen und welche
Trainingsanforderungen gestellt werden können und dann wie sich die schulischen
Fördermöglichkeiten gestalten. Wir sind uns aber alle darüber einig geworden,
dass die Sportart, die Trainingsgruppe der Ausgangspunkt sein muss, denn es handelt
sich um eine Eliteschule des Sports. Es muss aber auch sichergestellt sein,
dass die qualitativen Anforderungen, die wir an eine allgemeine schulische Bildung
stellen, in diesen Schulen auch entsprechend berücksichtigt werden.
Und es geht dann schließlich um eine effiziente Nutzung der vorhandenen Schulstrukturen, Vermeidung von schulischen und sportlichen Doppelangeboten, Auslastung der Schulen nach schulischem Standardprogramm auf der Grundlage von Aufnahmezahlen und Festlegungen für die Profil- und Projektsportarten entsprechend der Planung des Landessportbundes. Das heißt, wir setzen hier auch voraus, dass der Landessportbund bezogen auf die Schwerpunktsportarten, die Profil- und Projektsportarten, eine klare Entscheidung trifft. Das hat er mittlerweile getan. – Ich möchte das jetzt nicht vorwegnehmen, das können dann die Anzuhörenden erläutern. – Das hat dann aber auch Konsequenzen für die Konzentration unserer Schulen und für die Einrichtung eines – und das ist unser Ziel – Schul- und Leistungssportzentrums Berlin. Das bedeutet, dass wir unter diesem Begriff Coubertin-Gymnasium und Werner-Seelenbinder-Schule zu einem solchen Schul- und Leistungssportzentrum als Berliner Eliteschule des Sportes zusammenführen wollen. Das bedeutet, dass die Flatow-Oberschule und die Poelchau-Oberschule selbstverständlich als Eliteschulen des Sports erhalten bleiben, jeweils zweizügig entsprechende Leistungssportbezüge anbieten sollen und damit in dem Kooperationsverbund Berliner Eliteschulen des Sportes weiterhin ihre Existenzberechtigung haben und damit ein Signal für diese Schulen gegeben ist. Mit den parallel laufenden, allgemeinbildenden auch sportorientierten Zügen ist dann auch sichergestellt, dass in den Schulen beispielsweise bei Verlassen der Leistungssportzüge die Möglichkeit besteht, in der Schule zu bleiben. Das betrifft die Flatow- und die Poelchau-Oberschule. Beim Schul- und Leistungssportzentrum Berlin müssen wir darauf achten, dass bestimmte Leistungen erfüllt werden, die zu bestimmten Zeiten einer entsprechenden Bewertung und Überprüfung unterzogen werden müssen. Das bedeutet dann im Ernstfall: Werden bestimmte sportliche Leistungen nicht erbracht, dann wird zu bestimmten Zeiten dann auch ein Verlassen der Schule und des Leistungssportzentrums notwendig sein, dass dann aber auch andere Schulen in dem Verbund, möglicherweise auch Kooperationsschulen über Flatow-Oberschule und Poelchau-Oberschule hinaus, in die Lage versetzt werden können, die Schülerinnen und Schüler aufzunehmen, ohne dass sie ihre sportlichen Neigungen und Interessen aufgeben müssen. Deswegen ist ein solcher Verbund von zentraler Bedeutung.
Bezogen auf die jetzige Schülerschaft besteht Handlungsbedarf. Das ist von einigen hier schon erwähnt worden. Wir haben eine Gesamtschülerzahl an den vier Schulen Werner-Seelenbinder-Schule, Coubertin-Gymnasium, Flatow-Oberschule und Poelchau-Oberschule von rund 2 970 Schülerinnen und Schülern. Davon haben wir 1 090 Kadersportler, das heißt 37 % sind Kadersportlerinnen und -Sportler. Das bedeutet, dass man daraus eine klare Konsequenz ziehen muss. – [Zuruf des Abg. Rabbach (CDU)] – Die ist jetzt mit dabei. Ich kann das auch für die einzelnen Schulen nennen: In der Werner-Seelenbinder-Schule sind immerhin 50 % Kadersportlerinnen und -sportler. Am Coubertin-Gymnasium sind es 40 %, Flatow-Oberschule 17 % und Poelchau-Oberschule 26 %. – Das zeigt, dass neben den Leistungssportlerinnen und -sportlern andere die Schule besuchen, weil die Schule sehr attraktiv ist und damit eine Magnetwirkung hat, aber dass wir hinsichtlich der Ressourcen, die wir zur Verfügung stellen müssen, eine klare Fokussierung auf den Leistungssport vornehmen müssen, weil auch unter diesen Voraussetzungen die sportlichen Trainingsbedingungen nur so optimiert werden können und unter diesen Voraussetzungen das schulische Angebot vernünftig um das Training herum gestaltet werden kann. – Es ist uns wichtig, dass Training und Schule so miteinander verzahnt werden, dass dem Schüler bezogen auf seine Allgemeinbildung keine Nachteile aus seinem Leistungssport entstehen und umgekehrt die Allgemeinbildung und die Angebote so flexibel sind, dass er jederzeit seine sportlichen Leistungen entwickeln kann. – Das ist die Überlegung, eine klare Konzentration bezogen auf die Schüleranzahl. Das ergibt sich dann auch aus der Zusammenführung des Coubertin-Gymnasiums und der Werner-Seelenbinder-Schule zu einem Schul- und Leistungssportzentrum Berlin.
Der Landessportbund hat eine Beschlussfassung über die Profil- und Projektsportarten herbeigeführt. Darüber wird nachher berichtet werden. Es ist festzustellen, dass es zu einer Reduzierung gekommen ist. Das hat dann auch Konsequenzen auf die möglichen Schülerzahlen an einem Schul- und Leistungssportzentrum. Darauf werden wir dann nachher entsprechend eingehen. Das wird dann auch in der Arbeitsgruppe, die in der nächsten oder übernächsten Woche weiter tagt, berücksichtigt werden. In diese Arbeitsgruppe fließen die Stellungnahmen der Schulen mit ein, die heute hier entsprechend angehört werden. Der Senat wird dann im Frühjahr dem Parlament über die Ergebnisse und seine konzeptionellen Vorstellungen zum Schul- und Leistungssportzentrum Berlin einen Bericht vorlegen.
Ich möchte abschließend noch einmal etwas zu den auf Aufnahmekriterien, die es gemeinsam zu erarbeiten gilt, sagen: Die entsprechende Entscheidung über die Aufnahme hat über die entsprechenden Sportfachverbände, Landessportbund und gemeinsam mit dem Olympiastützpunkt zu erfolgen, weil mit der Unterstützung hinsichtlich der gesundheitlichen Eignung, der sportfachlichen Unterstützung usw. hier klare Entscheidungen getroffen werden müssen und allein diese Kriterien eine Voraussetzung für die Aufnahme an den Eliteschulen des Sportes sind. Deswegen ist eine enge Abstimmung mit dem Landessportbund und den Sportfachverbänden erforderlich. Es wird möglicherweise zu gewissen Schwierigkeiten kommen, weil andere, die diese Voraussetzungen nicht erfüllen, gerne an diese Schule gehen wollen. – Letzte Aussage: Was ist mit denen, die jetzt an dieser Schule sind und nicht die entsprechenden Voraussetzungen erfüllen? – Wir entschieden, dass wir, wenn das Konzept die Zustimmung findet, mit dem Schuljahr 2006/2007 beginnen. Das heißt, das neue Schuljahr wird nach den alten Kriterien, Voraussetzungen usw. organisiert, und die Schülerinnen und Schüler, die jetzt an den Schulen sind, können auch dort bleiben. Das heißt, die laufen aus und nicht, dass in der Bildungs- und Leistungskarriere der Schülerinnen und Schüler ein Bruch die Folge ist, sondern die bleiben, so dass das ein etwas längerer Prozess sein wird, um gemeinsam zu diesem Schul- und Leistungszentrum zu kommen. – In diesem Prozess muss man dann auch die Standortfrage klären, wobei wir wissen, dass auf Grund der sportlichen Angebote sowohl Sportforum Hohenschönhausen sowie der Sportkomplex Paul-Heise-Straße und Max-Schmeling-Halle für uns weiterhin von zentraler Bedeutung sind, aber die organisatorischen Bedingungen für die Organisation der Schule durch das Schul- und Leistungssportzentrum Berlin zusammengefasst und verantwortet werden müssen. – Soweit unsere Überlegungen. Ich denke, dass wir da insbesondere im Interesse der Eliteförderung mit einer klaren Konzentration auf den Sport die Voraussetzungen schaffen können. Wir hoffen auch auf die Zustimmung aller, die sich hiermit befassen. Aus der sportlichen Sicht haben wir bisher die entsprechende Unterstützung bekommen. Ich bin optimistisch, dass wir gemeinsam mit den Betroffenen zu einem Ergebnis kommen werden, auch wenn es einzelne Veränderungen beinhaltet, und wir dann im Ergebnis insbesondere zu einer qualitativen Ausstattung mit Lehrerinnen und Lehrern, Trainerinnen und Trainern kommen werden, um dem entsprechenden Leistungsgedanken der Eliteschulen des Sportes auch gerecht werden zu können.
Vors. Henkel: Herzlichen Dank, Herr Staatssekretär! – Wir beginnen mit der Anhörung. Herr Dr. Gerber, bitte!
Dr. Gerber (Landessportbund Berlin): Herr Vorsitzender! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! – Ich bedanke mich im Namen des Landessportbundes und des Olympiastützpunktes dafür, dass wir die Möglichkeit haben, zu diesem Thema mit Ihnen zu sprechen. – Die Damen und Herren kenne ich alle. Es sind sportbetonte Menschen, und ich bin ganz begeistert von dem sportlich eleganten und flotten Einstieg in die heutige Anhörung. Ich hoffe, dass wir das in diesem Tenor weiterführen können. – Ich möchte ein bisschen ausholen, um zum Thema hinzuführen. Es könnte sein, dass ich die jeweils eine Minute, die die beiden Fraktionen für die Begründung ihrer Anträge aufgegeben haben, dafür in Anspruch nehmen muss.
Der deutsche Sport erscheint in den letzten olympischen Zyklen nicht aufstrebend. Die meisten Nationen haben eine etwas wechselhafte Ergebnissituation, was die Medaillen betrifft. Nur die deutsche Nation hat eine sehr kontinuierliche Entwicklung, die nämlich nach unten geht. Nun ist der deutsche Sport Bestandteil von verschiedenen Teilorganisationen. Berlin ist ein Teil davon. Wir können sicherlich mit Stolz und einer gewissen Bescheidenheit davon ausgehen, dass der Standort Berlin für den Sport in Deutschland hervorragend und sehr wichtig ist. Der leistungssportliche Anteil ist immer sehr hoch, auch wenn wir sehen, dass die Gesamtsituation der Nation nicht gerade prosperierend ist. Wir haben daran einen Anteil und einen Anteil an Problemen, die wir seit geraumer Zeit kennen. Die Entwicklung der Eliteschulen des Sports, die von Berlin aus bundesweit initiativ war, ist aus der Sicht des Sports nicht befriedigend. Viele haben sich an Berlin ein Beispiel genommen, sind aber in den Jahren zum Teil in ihrer Arbeitsweise besser geworden als die Arbeitsweisen, die wir in Berlin praktizieren. Die meisten werden sich daran erinnern, dass wir seit Jahren darauf hinweisen, dass wir mit den vielen Schwerpunktsportarten, die uns die Spitzenverbände zugeordnet haben, Probleme haben, weil solche Schwerpunktarten mit allen dazugehörenden Rahmenbedingungen spitzenmäßig zu betreuen und zu begleiten sind.
Bei der Entwicklung der Eliteschulen des Sports ist über die Jahre festzustellen gewesen – der Staatssekretär hat es kurz erläutert –, dass der Anteil von wahrhaftig leistungssportorientierten Schülerinnen und Schülern rückläufig war, dass die Schulen zum Teil ergänzende Einschulungen hatten, um die Konfiguration zu erhalten und um die Sicherheit zu haben, was auch verständlich ist, die nicht dem Leistungssportgedanken entsprechen. Die prozentualen Anteile an den Schulen hat der Staatssekretär vorhin erläutert. – Es ist unsere Aufgabe – und da spreche ich sicherlich im Sinne der Grünen –, dass wir die Ausstattung, die wir für den Sport errichtet haben, auch für den Sport nutzen. Das ist unsere Verpflichtung, die wir gerne eingehen wollen und sogar als Sport fordern.
Mit der Veränderung der Schulen, die der Sport seit geraumer Zeit fordert, ist natürlich auch eine Klarheit für die Schulen verbunden, welche Sportarten Schwerpunkte in Berlin sein werden. Sie können sich daran erinnern, Sie haben es in der Zeitung gelesen oder waren zum Teil dabei, dass wir in Bremen aus Sicht des Deutschen Sportbundes eine Reihe von zukunftsweisenden Beschlüssen gefasst haben, deren Inhalte man vielleicht mit den Worten kennzeichnen kann: Schwerpunkte setzen, Erhöhen der Effizienz, die Dinge besser machen, und das alles vor dem Hintergrund der Ressourcen auf finanzielle Art und Weise, wie wir sie alle kennen. – Ich möchte nicht über die Dinge reden, die den Sport in den letzten Jahren fiskalisch betroffen haben. 1,6 Millionen € im gegenwärtigen Doppelhaushalt weniger für den Leistungssport hat Konsequenzen. Darauf müssen wir uns einstellen. Das hat Auswirkungen auf Traineranstellungen. Das hat Auswirkungen auf das Gesamtsystem des Leistungssports in der Stadt.
Vor dem Hintergrund der Bremer Beschlüsse hat sich der Berliner Sport im Gespräch mit den Berliner Verbänden und den Spitzenverbänden dazu bekannt, dass wir nicht mehr eine so hohe Zahl an Sportarten schwerpunktmäßig, das heißt optimal, fördern können, sondern wir sind unter Berücksichtigung der Entwicklung der letzten Jahre – und das ist jetzt Präsidiumsbeschluss, das hat der Staatssekretär angedeutet – zu dem Ergebnis gekommen, dass wir nicht mehr 21 Schwerpunktsportarten in Berlin spitzenmäßig betreuen können, sondern nur noch 16, davon 12 Individualsportarten und 4 Mannschaftssportarten. Was passiert mit den Sportarten, die nun nicht mehr Schwerpunkt sind? – Hier haben wir die Möglichkeit über den Bundesvorstand Leistungssport geschaffen, dass über den Status eines Bundesstützpunktes für den Nachwuchs die Möglichkeit besteht, zumindest im Nachwuchsbereich bis zum Übergang in den C-Kader, eine hervorragende Arbeit zu leisten und dann die Athleten, die dann B-, C- oder A-Kader werden, an den Standort wechseln, wo die Dinge richtig und am besten gemacht werden können. Das betrifft dann auch Wechsler nach Berlin, denn insofern ist die Schulsituation ganz wichtig. Dazu gehören natürlich auch Herbergen und die Dinge, die begleitend dazu gehören, aber das soll jetzt nicht der Schwerpunkt sein. Auf diese Entwicklung müssen wir uns einrichten. Die erwarten wir auch von anderen Regionen.
Im Zuge der Neustraffung unserer Schulen war es für den Bereich Bildung wichtig, dass wir die Sportarten nennen. Die Sportarten sind bekannt. Danach soll dann die Schule die Sportlerinnen und Sportler, Schülerinnen und Schüler schwerpunktmäßig einschulen. Wir werden in Einzelfällen je nach Projekt die Möglichkeit haben, für die Sportarten, die jetzt nicht mehr an der Spitze mit dabei sind, Einzeleinschulungen vorzunehmen. Das ist dann abzustimmen und abzusprechen, aber es ist dann nicht mehr die gesicherte Situation für eine Sportart an der oder jener Schule: Kann ich meine Schülerinnen und Schüler einrichten? – Mit diesem Anspruch aus dem Sport heraus haben wir an die Senatsverwaltung, an die Regierung dieser Stadt eine große Voraussetzung geschaffen, um unsere Schulen wieder fit zu machen für die Zukunft, um vielleicht in Peking schon etwas besser auszusehen, aber spätestens dann 2012 bei den nächsten olympischen Sommerspielen. Bei den Winterspielen werden wir als Berliner, außer im Eisschnelllauf und Eiskunstlauf, nicht die große Rolle spielen.
Die internationalen Entwicklungen und den Anteil der Berliner Sportler wird Herr Dr. Zinner nachher aus seiner Situation und seinem Überblick heraus noch etwas vertiefen. – Danke!
Vors. Henkel: Ich danke Ihnen! – Herr Dr. Zinner!
Dr. Zinner (Leiter des Olympiastützpunktes Berlin): Vielen Dank! – Ich möchte noch einmal die Situation umreißen, in der wir versuchen, die Umstrukturierung der Eliteschulen in Berlin vorzunehmen, und da ich insbesondere für den Spitzensport verantwortlich bin, muss ich das aus dem Ergebnis von Athen ableiten. – Es hat nach den Spielen etwa einen bis zwei Monate gedauert, ehe die Sicht über die Einschätzung der Deutschen in Athen klar geworden ist, nämlich: Das Abschneiden der Deutschen war schlecht, es war vielleicht sogar dramatisch schlecht. Zu dem Urteil muss man kommen, wenn man sich überlegt, dass die Deutschen zum Beispiel 1992 noch 33 von 257 möglichen Goldmedaillen erreicht haben und im Jahr 2004 nur noch 13 von 301 möglichen Medaillen. Man kann nachvollziehen, wie schlecht das auch in der Öffentlichkeit ist, wenn man sich vorstellt, dass in den Kampfsportarten, im Turnen, Leichtathletik und Schwimmen, die die ganzen 14 Tage über die Bildschirme flattern, 119 Goldmedaillen möglich sind und die Deutschen keine bekommen, ist das fast die Höchststrafe. Und wenn man in die Zukunft schaut und sieht, wie sich die Chinesen entwickelt haben, dass die Japaner innerhalb von vier Jahren vom 15. auf den 5. Platz gekommen sind, und was Vietnamesen, Koreaner und Australier in Vorbereitung auf Peking machen, dann werden die Aussichten trübe.
Diese klare Sicht hat dazu geführt, dass ein großer Druck zu wirklichen Veränderungen im Sport entstanden ist, der dazu geführt hat, dass in Bremen Konzepte verabschiedet worden sind, die eine eindeutige Sprache sprechen. Der Tenor ist, es geht um eine offensive Qualität in diesem Sport, weg von den Mengenzahlen, von Quantitäten, von großen Gruppen, sondern hin zu dem, was Leistungssport ist: Zutiefst individuell, weniger Kader, weniger Standtorte, mehr Konzentration auf die Top-Kader, die sich auf die Olympischen Spiele vorbereiten. Das führt zu Konsequenzen. Ich möchte zwei nennen, die mich beschäftigen: Die Leichtathleten hatten im vorigen Jahr noch 66 A-Kader, die haben dieses Jahr nur noch 16, wir Berliner einen. Die Segler haben ihre neuen Konzepte, ihre Schlussfolgerungen aus Bremen festgelegt und haben ihr Konzept „Kurswechsel“ genannt. Spitzenseglerinnen und -segler werden nur noch in Kiel und Warnemünde/Rostock gefördert. Wir sind dabei, mit den Universitäten für studierende Sportler die Gasthörerschaft in Rostock oder in Kiel zu organisieren. Das ist die bundesweite Schiene, die auf uns Einfluss hat. Wie sieht die Berliner aus? – Sie hatten freundlicherweise gesagt: Wir sind vielleicht nicht ganz so schlecht und können uns ein bisschen zurücklehnen. – Das können wir genauso wenig. Man muss die Medaillen von Athen ansehen und mit 1992 vergleichen.
Das Turin-Team, vom Deutschen Sportbund benannt, hat eine große Chance, 2006 in Turin an den Start zu gehen: 118 Mitglieder, 3 Berliner – die 33-jährige Pechstein, die 36-jährige Monique Garbrecht-Enfeldt und eine neue Jenny Wolf. Das ist kein Kompliment für unsere Arbeit in Berlin. – Es gibt das Peking-Team der Leichtathleten: 56 Sportler sind benannt, davon sind 4 Berliner. Der beste Hammerwerfer kommt aus Cottbus, Harting. Der beste Hochspringer kommt aus Brandenburg, Haniske, und der beste Weitspringer, Kaczmarek, kommt aus Wolfsburg. – [Frau Abg. Seidel-Kalmutzki (SPD): Turnen?] – Über das Turnen brauchen wir gar nicht mehr zu reden. Wir sind in manchen Sportarten nicht einmal mehr dabei. – Das, was ich jetzt sage, ist genauso eine Kritik an dem Olympiastützpunkt. Ich komme zum Schluss noch einmal darauf.
Ich möchte noch eine letzte Zahl nennen, wie das in Berlin geworden ist. Wir haben über viele Jahre den Juniorsportler des Jahres in Berlin mit van Almsick, Mugge und Raue gestellt. Wir sind nicht einmal mehr bei den Kandidaten dabei. Es werden 30 Kandidaten aufgestellt, kein Berliner ist dabei. Bei uns geht es um eine offensive Qualität, und zwar überall im Sport, nicht nur in den Schulen. Die Schulen kommen erst später ins Blickfeld. Dr. Gerber hat gesagt, der Landessportbund und damit auch der Olympiastützpunkt konzentrieren sich auf 16 Sportarten. Wer sich die Statistik der letzten Jahre ansieht, erkennt: Wir hatten in Berlin seit 1992 304 Sportler, die an den Spielen teilgenommen haben. Die sind mit knapp 100 Medaillen zurückgekommen. Wenn man sich ansieht, welche Sportarten sich lohnen, wie das von Richthofen immer ausdrückt, stellt man fest, dass etwa 12 Sportarten in Berlin 5/6 der Medaillen und 5/6 der Teilnehmer realisieren. Die 16 Sportarten – großartiger Beschluss des Landessportbundes – liegen schon an der oberen Grenze, und wir müssen uns vorstellen, dass wir mehr als doppelt so viel Schüler von doppelt so vielen Sportarten in unseren Eliteschulen haben. Wir müssen uns auf die Sportarten konzentrieren. Wir müssen uns auf die Betreuung der Topathleten – die Top 100 in Berlin – konzentrieren. Es wird nicht auf 750 Bundeskaderathleten ausgerichtet. Wir sind mit den Sportfördergruppen in Kontakt – in der vorigen Woche war der oberste Sportsoldat, General Dieder, bei uns –, die dieselben Probleme haben: Wie bekommen wir die 704 Sportförderstellen so, dass genau die da sind, die es wirklich brauchen?
Wir müssen mit den Universitäten bessere Vereinbarungen treffen. Das kommt da meistens überraschend gut zusammen. Teilweise haben wir an der Technischen Fachhochschule Bedingungen, die ein bisschen an die amerikanische Situation erinnern, weil sie auch Sportler in der Zwischenzeit fördern. – Jetzt kommen die Schulen ins Blickfeld. Da würde ich eine Zahl nennen, die an den Schulen für mich die entscheidende ist: In jedem Jahr haben wir an den Schulen zwischen 210 und 220 Abiturienten, junge 18-, 19- und manchmal durch die Schulzeitstreckung auch 20-jährige Sportler. Von denen sind zwischen 10 und 20 Bundeskaderathleten. In dem Alter, das Athen prägt: Der 19-jährige Schwimmer Brian Michael Phelps, der fünf Goldmedaillen erreicht. Der 17-jährige Grieche Soladis wird Goldmedaillengewinner im Judo. Der 15-jährige Schwimmer wird Zweiter über 100 Meter Brust. Der 19-jährige Chinese gewinnt mit Weltrekord 110 Meter Hürden. – Und wir haben in den Abiturklassen nicht mehr die Einstiegsmentalität in den großen Sport, sondern die Ausstiegsmentalität.
Man muss man sich in der Schule die Frage stellen – das ist kein Vorwurf an Direktoren oder Lehrer, sondern an uns alle: Eliteschule des Sports heißt, das Verbundsystem, nicht der Schulkörper, sondern Schule, Verein, Olympiastützpunkt, Landessportbund sind betroffen. Ich bin immer in der Kritik mit dabei. Wer bestimmt das Klima in der Schule, in der 190 früh Ausgeschlafene zum Unterricht kommen und sich auf das Abitur vorbereiten, und in der die, für die das gemacht ist, die Exoten sind? Die 10 bis 12, die müde sind, die 90 oder 100 Tage im Jahr auf Lehrgängen sind. – Dort muss sich grundsätzlich etwas ändern. Die tragende Zahl muss 80, 100 C-Kaderathleten, junge Athleten sein, die in den Leistungssport einsteigen, und nicht welche, die alles andere im Sinn haben als Leistungssport.
Was brauchen wir für Schulen? – Der Staatssekretär hat das ausgeführt, ich möchte es noch einmal mit meinen Worten sagen: Wir wünschen uns Schulen und suchen die Unterstützung, in denen das Training die Stellgröße ist – um das Training herum muss der Unterricht organisiert werden –, in der die Trainingsgruppen die Klassenstruktur vorgeben, in der ein Lehrertrainer da ist, der das alles miteinander verbindet, in dem es ein Haus der Athleten gibt, wo sich die Leute nicht in der Frühe um 6.00 Uhr ihren Brei warm machen, sondern wo es eine spitzensportgerechte Versorgung gibt. Wir sind in der Zwischenzeit weit hinterher. Wir waren weit vorne. Wir brauchen Schulen, in denen Stütz- und Förderunterricht stattfindet, in denen am Samstag und in den Ferien unterrichtet wird. Das sind die Bedingungen, wenn wir an der Spitze mithalten wollen. Das ist die Aufgabe der Eliteschulen, die wir irgendwie gemeinsam schaffen wollen. Das Konzept ist ein gutes Konzept. Das geht in diese Richtung, und deswegen unterstützen wir das vorbehaltlos. Wir sind überzeugt, dass Berlin immer noch ein großartiger Standort ist. Der DSB, das BMI, die uns insbesondere unterstützen, wissen, dass an diesem Standort Berlin nichts vorbeiführt, übrigens auch in der Region. Fast ein Drittel, ein Viertel der Bundeskader kommen aus dieser Region. Wir werden mit diesem Konzept vorankommen.
Ich möchte noch eine letzte Bemerkung zu der mentalen Seite machen, das scheint mir wichtig zu sein: Da muss auch mehr Ehrlichkeit und mehr Nüchternheit einkehren. Der Weg zu einer Eliteschule, zum Sport generell, bietet Chancen und Risiken, und jeder, der dort einsteigt, muss die Chancen und Risiken kennen. Es hat keinen Zweck, die Kinder und die Eltern zu überzeugen, dass das tolle Schulen sind, sondern man muss auch klar machen: Wollen sie wirklich, dass ihr Kind in der 9. Klasse fünf Stunden am Tag trainiert? Wollen sie wirklich, wenn Sie in Urlaub fahren, dass ihr Kind zum Wettkampf fährt? – Es muss klar sein, dass der Sport ein privilegierter Bereich ist, aber das Prinzip von Leistung und Gegenleistung ist nicht außer Kraft gesetzt. Wir müssen uns auf die konzentrieren, die die Risiken in Kauf nehmen und denen deshalb geholfen werden muss, dass sich diese Risiken und Doppelbelastungen abbauen. – Vielen Dank!
Vors. Henkel: Herzlichen Dank, Herr Dr. Zinner! – Herr Barney, bitte!
Herr Barney (Leiter der Poelchau-Oberschule): Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Herr Vorsitzender! – Auch ich bedanke mich recht herzlich dafür, dass ich heute geladen worden bin und meine Stellungnahme zur vorgetragenen Problematik abgeben darf. Ich kann Ihnen versprechen, dass es sehr schnell geht, weil ich unterm Strich vorwegnehmen kann, dass ich aus der Sicht der Poelchau-Oberschule in Charlottenburg-Wilmersdorf mit dem hier vorgestellten Konzept ausgesprochen zufrieden bin und die Interessen, die sich im Speziellen daraus ergeben, dass wir die einzige Schule im Westteil der Stadt sind, verbunden mit den dort vorhandenen Wettkampfstätten, ausgesprochen gut in diesem Konzept vertreten sind.
Die Poelchau-Oberschule begrüßt die Initiative der Senatsschulverwaltung zur Neustrukturierung ausdrücklich und sieht ihre Interessen gut vertreten. Wir werden unsere Profilsportarten, die wir bisher an der Schule vertreten haben, behalten dürfen. Das heißt, wir werden auf dem eingeschlagenen Weg weiterarbeiten können. Wir befinden uns an unserer Schule im vierten Jahr eines Schulversuches, und ich gehe davon aus, dass wir durch das hier vorgestellte Konzept so wie bisher weiterarbeiten können. Ich bin sehr zufrieden, dass es offensichtlich so ausläuft, wie es im Moment aussieht. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit!
Vors. Henkel: Herzlichen Dank, Herr Barney! – Herr Sunkel, Leiter der Flatow-Oberschule, bitte!
Herr Sunkel (Leiter der Flatow-Oberschule): Herr Vorsitzender! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! – Vielen Dank für die Einladung. Ich möchte versuchen, mich ebenfalls so kurz zu fassen wie mein Vorredner, aber ich möchte noch einige Hinweise aus der Sicht unserer Schule ergänzen. Zunächst einmal sind die sportbetonten Schulen Schulen, das heißt, wir haben den Auftrag – so verstehen wir uns –, Spitzensportler, die mit einer ganz erheblichen Belastung zu rechnen haben, schulisch so zu betreuen, dass sie den optimalen Weg bis zum entsprechenden vorgesehenen Abschluss finden. Wenn es möglich ist, die allgemeine Hochschulreife, das heißt, das Abitur, denn wir haben die Erfahrung gemacht, dass, je länger die Verweildauer im schulischen Bereich ist, desto günstiger ist die Möglichkeit, diese Schülerinnen und Schüler, diese Sportler, zeitlich zu fördern.
Herr Staatssekretär Härtel hatte vorhin die Zahl der Kader der
einzelnen Schulen benannt. Wenn Sie genau hingehört haben, dann haben Sie
festgestellt, dass unsere Schule die geringste Anzahl an Kadern hat, was in der
Öffentlichkeit immer sehr kritisch betrachtet werden kann. Auf der anderen
Seite, wenn Sie gerade die vergangenen Olympischen Spiele sehen, stellt sich
heraus, dass unsere Schule erstaunlich gut bei den Ergebnissen bedacht war.
Unsere Ehemaligen, Oppelt, Rutsche, Ulm, waren dabei, und wenn man die Hockeydamen
rechnerisch auf eine Medaille reduziert, stellt man fest: Das war gar nicht
schlecht, was wir gemacht haben. – Und wenn man in die Sportarten noch ein
bisschen tiefer einsteigt, dann kann ich das nur bestätigen, was Herr Dr.
Zinner sagte, dass hier bei uns an der Schule festzustellen ist, dass einzelne
Sportarten sehr effektiv die Sportlerinnen und Sportler fördern. – Kritisiert
wurde der Bereich Segeln. Wir stellen auch fest, dass sich vom Berliner
Seglerverband ein gewisses distanziertes Verhältnis zu unserer Schule aufgebaut
hat, während zum Beispiel die Zusammenarbeit mit dem Berliner Kanuverband
optimal funktioniert, von Anbeginn dieser Schule, und dementsprechend auch die
Erfolge zeigt. Dieses Konzept, eingebunden in der Zusammenarbeit mit etwa
sieben Vereinen im Vorort im Raum Grünau, Köpenick, funktioniert optimal. Die
Zusammenarbeit mit dem leitenden Landestrainer ist vorbildlich. Insofern
wundert es nicht, dass unsere
Ehemaligen bis dahin kommen. Das gilt übrigens auch für den Fußball: Robert
Huth, der Spieler der Nationalmannschaft Chelsea London, stammt von uns.
Insofern ist das Konzept, das für die Zukunft angedacht worden ist, sehr plausibel. Wir haben festgestellt, dass in unseren Sportarten, die sich auch von ihrer Struktur und von den Förderungsmöglichkeiten her fundamental von Turnen oder Leichtathletik unterscheiden, denn bei uns liegt der Leistungshöhepunkt jenseits des Abiturs. Das heißt, Sie können in einigen Sportarten, in den Wassersportarten, bei uns frühestens Ende der 8. Klasse, eigentlich erst ab der 9. Klasse, vom Leistungskader reden. Vorher sind es Sichtungskader oder Perspektivkader. In der Oberstufe ist das bei uns so, und insofern deckt sich das künftige Konzept, das man sich für uns ausgedacht hat, mit dem, was wir im Einzelfall versuchen zu betreiben, vor allem mit der Einzelförderung in der Oberstufe. Das heißt, dass die Spitzenkader von einzelnen Kollegen in einer Art Tutorensystem, nicht vergleichbar mit der gymnasialen Oberstufe, sondern Tutoren- oder Mentorensystem, bis zum Abitur geführt werden. Das Ganze ist extrem arbeitsaufwendig und erfordert viel Einsatz von den Kollegen.
Wir stimmen diesem neuen Konzept zu. Wir fahren fort in unseren alten, traditionellen Wassersportarten: Rudern, Kanu, Surfen, Segeln und dem Fußball, der hier in einer Traditionsschiene in Köpenick und Treptow angesiedelt. Die Leichtathletik ist bei uns zur Disposition gestellt. Aus Sicht der Schule sollte man darüber noch einmal diskutieren. Berlin ist eine große Stadt, aber das werden die nächsten Wochen sicherlich noch zeigen, ob es da noch Möglichkeiten einer Diskussion über die Struktur gibt. Grundsätzlich ist das Konzept, was die Zukunft betrifft, aus unserer Sicht richtig. – Danke!
Vors. Henkel: Vielen Dank, Herr Sunkel! – Herr Wandelt,
bitte!
Herr Wandelt (Leiter des Coubertin-Gymnasiums): Sehr
geehrter Herr Vorsitzender! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! – Das
Coubertin-Gymnasium ist bekannt für seine sehr sportlich aktive Arbeit. Ich
verzichte auch auf Grund der Zeit darauf, aufzuzählen, welche Sportler bei uns
die Schullaufbahn durchlaufen haben. – Für mich stellt sich für die zukünftige
Perspektive, die von Herrn Staatssekretär dargestellt wurde, die im Übrigen
auch unsere Zustimmung erhält – – Wir sind aufgefordert – und das machen wir gerne
– an diesem Konzept inhaltlich mitzuwirken. Das ist bereits in ersten Bereichen
geschehen. Für mich stellt sich aus den vorhergehenden Redebeiträgen dar – Herr
Dr. Zinner hat das in einem späteren Teil seiner Rede noch einmal modifiziert
–, dass die Eliteschule des Sports eine Kombination aus schulischer Bildung,
sportlicher Ausbildung und Wohnen ist. Wir vertreten die schulische Ausbildung.
Die schulische Ausbildung hat für uns in der Weise Priorität, dass wir der
Meinung sind, also Priorität nicht in der Weise verstehen, dass wir die Ausbildung
negieren. Nein, es muss ein Konzept erstellt werden – das im Übrigen seit
Jahren positiv läuft –, das die schulische und die sportliche Ausbildung
zusammenfasst und die daraus hervorgehende Belastung so gering wie möglich hält
und abfängt.
Was heißt das für das
neue Zentrum? – Das Coubertin-Gymnasium ist vorhin als eine der Schulen genannt
worden, die in dieses Zentrum mit integriert werden sollen. Für uns stellt sich
die Forderung und die Problematik, dass wir ausgehend auch von der aktuellen
Bildungsdiskussion in der Bundesrepublik eine möglichst späte Trennung nach
noch eventuell vorhandenen Schultypen – man muss heutzutage sehr vorsichtig
sein, man weiß letztlich nicht, was als Schultyp überhaupt herauskommt – den
Schülern und den Kindern lange Zeit ermöglichen, in einem schulischen Bereich
tätig zu sein, um sich später zu entscheiden: Wo wollen wir hin? – Die neue
Schule soll eine Schule sein, die alle Abschlüsse ermöglicht, vom Abitur
ausgehend bis zum mittleren Schulabschluss. Wir gehen davon aus, dass wir mit
einer möglichst hoch qualifizierten schulischen Ausbildung beginnen sollen. Das
ist unsere Forderung an dieses neue Konzept, weil wir der Meinung sind, dass
nicht nur die Note des Abiturs in der späteren Auswahl an Universitäten etc.
eine Rolle spielt, sondern die Basiskompetenzen, von denen auch im Schulprogramm
viel gesprochen wird, vorhanden sind. Das heißt, wir wollen dazu beitragen,
dass die Eltern auch mit ruhigem Gewissen eine gymnasiale Ausbildung mit einem
hochqualifizierten Abitur erfahren, das dann ermöglicht, in die entsprechenden
Universitäten oder die entsprechende Berufsauswahl hineinzugehen, weil diese
Schülerinnen und Schüler zusätzlich zu ihrer sportlichen Situation
Basiskompetenzen erfüllen können. Das ist unsere Forderung. Das ist unser
Wunsch. Wir sind aktiv dabei, dieses Konstrukt mit zu unterstützen und mit
Gedanken auszufüllen, noch einmal ausgehend von der Situation, so
hochqualifiziert wie möglich die Schulausbildung zu starten. – Ich bedanke mich
recht herzlich!
Vors. Henkel:
Vielen Dank, Herr Wandelt! – Herr Dr. Neumes, bitte!
Dr. Neumes (Leiter der Werner-Seelenbinder-Schule):
Vieles von dem, was gefordert wird, ist zum Teil bereits realisiert worden. –
Die Werner-Seelenbinder-Schule ist eine Schule, die nur Schüler aufnimmt, die
sportlich begabt und vom Landessportbund empfohlen sind. Gesamtschule hat für
uns bisher den Vorteil gehabt, dass wir eine Konzentration von Talenten finden
konnten. Aus diesen Vorgaben hat sich eine sehr große Schule ergeben. Wir
hatten einmal 1 400 Schüler, jetzt haben wir 1 100 in 19 Sportarten.
Sie können sich in etwa vorstellen, was für ein riesiger Apparat das Ganze ist.
Wir haben versucht, in
den vorhandenen Schulstrukturen, dieses zu realisieren, was man allgemein Doppelbelastung
nennt. Sie müssen sich das einmal klar machen: Nehmen wir einmal einen
Schwimmer im 10. Jahrgang, der 20 Stunden in der Woche trainiert, dann
muss er noch 30 Unterrichtsstunden absolvieren. Das ist eine wöchentliche
Arbeitsbelastung von etwa 50 Stunden, und das nicht nur einmal, sondern
regulär. Dies ist eigentlich eine permanente Überforderung. Wir haben – das war
unsere Aufgabe – alles daran gesetzt, diese Doppelbelastung zu minimieren, und
waren auch sehr erfolgreich und haben das, so weit es ging, geschafft.
Die Frage ist, warum
dieses Thema Sportschulen, wenn doch nicht alles so schlecht war, wie es gesagt
wurde oder durchschimmert, jetzt noch einmal auf der Tagesordnung steht. – Das
eine ist, dass diese Eliteschulen des Sports mit den Strukturen des Leistungssports
kompatibel sein müssen. Nur so macht es Sinn. Wenn sich der Sport in seiner
Struktur ändert – Herr Dr. Zinner und Herr Dr. Gerber haben das
dargestellt –, muss sich zwangsläufig die Struktur dieser Schule ändern. Wir
haben zurzeit 19 Sportarten, und Sie können sich vorstellen, dass das
vielleicht ein bisschen viel ist. Insofern gibt es aus dieser Perspektive
heraus Änderungsbedarf. – Der zweite Gesichtspunkt ist, dass wir noch einmal
darüber nachdenken müssen, ob die Schulen in dem Sinne effektiver werden
können, dass das zu realisieren ist, was Herr Dr. Zinner gesagt hat, dass die
zentrale Mess- oder Steuerungsgröße das Training sein soll. Um dies zu
realisieren, müsste man auch noch einmal neu über Schulstrukturen nachdenken,
das heißt, man sollte sich von Schulformdebatten lösen, sondern überlegen, wie
man realisieren kann, dass es eine Schule gibt, in der für den jungen Sportler
– nehmen wir einmal den Schwimmer – die Trainingserfordernisse die zentrale
Steuerungsgröße in seinem Alltag sind. Da wird man viele Dinge möglicherweise
künftig andenken müssen, die zurzeit noch nicht gehen. Insofern wird diese neue
Form etwas sein, was es bis jetzt noch nicht gibt, so dass das jetzt ein
Quantensprung stattfindet.
Ich nenne einmal ein
paar Dinge: Schulzeitstreckung in der Sekundarstufe I oder Unterricht in der
Ferienzeit. Alle diese Dinge, die bis jetzt noch nicht gehen, müssten dann
eigentlich gehen. Das heißt, man müsste überlegen, ob man nicht zu einer ganz
neuen Form kommt, um es in diesem von mir beschriebenen Sinne zu effektivieren.
– Kernpunkt der ganzen Überlegung ist – das ist noch im Prozess des Überlegens,
und es hat sich herauskristallisiert, dass wir sicherlich die Trainingsgruppe
als zentrale Organisationsform nehmen. Das bedeutet aber auch, dass Sie dann
eine Organisationseinheit haben, die möglicherweise von den Begabungen her
heterogen ist. Die Schwimmer sind also alle in einer Gruppe, sie trainieren
zusammen und haben zusammen Unterricht. Jetzt sind dabei aber besonders Kluge
und welche, die nicht so klug sind, und dennoch sollen sie zusammenbleiben und
die Einheit sein, die das Basiselement ist. Dann wird man überlegen müssen, wie
man das trotzdem durch Binnendifferenzierung und Teilungsstunden auffangen
kann. Alles das ist zu überlegen, und ich denke, dass diese Chance, die uns
Herr Härtel eingeräumt hat, keine Veränderung ist, die sich von einem zum
anderen Tag per Stichtag realisiert, sondern dass das ein Prozess ist, der sich
über mehrere Jahre gestaltet und uns die Chance eröffnet, zu experimentieren
und zu diesen neuen Formen, die ich hier skizziert habe, in einem Prozess von
vier bis fünf Jahren zu kommen und etwas qualitativ Neues schaffen. – Danke
schön!
Vors. Henkel:
Vielen Dank! – Die Eltern sind jetzt mehrfach angesprochen worden, und deshalb
wollen wir ihnen zur Abrundung der Anhörung das letzte Wort erteilen. – Herr
Nitzsche, bitte!
Herr Nitzsche (Gesamtelternvertreter des
Coubertin-Gymnasiums): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Herr Staatssekretär!
Sehr geehrte Abgeordnete! Meine Damen und Herren! – Ich bin sehr froh und
bedanke mich deshalb auch für die Einladung, dass wir die Gelegenheit haben,
unseren Standpunkt äußern zu dürfen. – Ich beginne damit, dass ich allen fast
3 000 Schülern an den Sportschulen, den Eltern und den Trainern den Respekt
zollen und mich für die allseitige Leistungsbereitschaft, die alle
Verantwortlichen in diesem System Sport erbringen, und zwar jeden Tag, bedanken
möchte. Sie werden verstehen, dass wir als Elternvertreter oder als Eltern mehr
oder weniger die Risiken des Systems Sport personalisiert auf unseren Schultern
tragen – im Gegensatz dazu werden die Erfolge des Sports sozialisiert – und
unseren eigenen Blick auf die Dinge haben, die in diesem Konzept stehen, das
mir insofern noch unschlüssig ist. Ich kann es noch nicht beurteilen, weil ich
es im Sinne nicht kenne. Wir haben schon unser Problem damit, und zwar nicht so
sehr auf der institutionellen Ebene, sondern eher damit, was in den letzten
Monaten hier gelaufen ist. Es wäre schön gewesen, wenn das zuträfe, was Herr
Dr. Zinner eben gesagt hat, dass nach drei Monaten klar wurde: Was waren
die Grundlagen? Was waren in Athen die Gründe? – Nein, nein – am
30. August kam der erste Presseartikel darüber, wer eigentlich schuld hat,
nämlich faule, kiffende Kinder an den Sportschulen und deren tolerierende
Eltern, nachzulesen in der „Berliner Zeitung“ vom 30. 08. Seit diesem Tage
fordern wir als Eltern, dass man endlich dazu kommt, eine Prozessanalyse zu
machen. – Herr Härtel, Sie haben vorhin Zahlen genannt. In diesen Zahlen haben
Sie sich nicht einmal die Mühe gemacht, die Klassenstärken herauszurechnen, die
auf Grund der sportartspezifischen Besonderheiten und von der Altersstruktur
der Kinder her noch gar keinen Kaderstatus haben können. Wenn Sie das umsetzen,
was der DSB jetzt vorhat und was aus unserer Sicht richtig ist, nämlich die
Anforderung an die Kaderathleten anzuziehen, dann wird dieser Prozentsatz in
den Klassen 5, 6, 7 und 8 noch geringer werden, also ein Automatismus, zu
sagen: 30 %, 37 % sind Kaderathleten, dann kann man nur die Gruppe
nehmen, die eigentlich in dem Kaderstatus D, C, B und A sein müssten.
Wir als Eltern haben
auch unsere Reserven. Wir haben unsere Mütter, die so genannten
„Eiskunstlaufmuttis“ und andere. Wir haben auch Eltern, die sich nicht kümmern.
Wir möchten gerne erfragen, ob es nach wie vor den Konsens für die Eliteschulen
des Sports gibt, deren Namen wir und unsere Kinder auch nicht erfunden haben,
dass die dazu da sind, Nachteile in der bildungsbezogenen Leistungsfähigkeit zu
verhindern. Wenn das so ist, stellt sich die Frage, ob sich durch den Wegfall
des automatischen Übergangs vom Abitur zur Universität, nämlich durch die
Einfügung flächendeckender Aufnahmeprüfungen, irgendwelche Konsequenzen daraus
ergeben. – Wir als Eltern des Coubertin-Gymnasiums sind nicht gegen eine
Verlegung des Standorts nach Hohenschönhausen. Wir sind auch nicht dagegen,
dass man andere Aufnahmekriterien einführt und auf Grund von anderen
Bewertungen verringerte Schülerzahlen hat. Das ist nicht unser Problem. Unser
Problem ist, dass bis heute und auch hier niemand einmal gesagt hat, warum wir
eigentlich so viele Kinder auf dem Weg zum Spitzensport verlieren. Es gibt
keinerlei Informationen. Liegt es am Trainerhandeln? Liegt es an den Eltern?
Liegt es am System? Pressen wir den Sport zu viel in ein bestehendes
Schulsystem? – Es gibt keinerlei qualitative Aussagen. Wir waren bereit, so
offen und transparent darüber zu reden. Wir haben uns eingebracht. Wir hatten
die Möglichkeit, uns auch als Eltern der Kinder, die jetzt da sind, durch den
gegebenen Bestandsschutz, den wir auch in Kienbaum schon bekommen haben,
unbeschadet des Vorwurfs oder des Verdachtes auf Eigennutz einzubringen.
Insofern interessiert mich: Wenn man die Schulen zusammenlegt, wie wird die
Studierfähigkeit abgesichert? Was haben die Vergleichsarbeiten aus den 10.
Klassen der letzten Jahre ergeben? Was ist bei den Analysen von PISA E und PISA
herausgekommen? – Ich bitte Sie als Abgeordnete, uns zu helfen, dass wir zu
dieser inhaltlichen Diskussion kommen, und bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Für Fragen stehe ich jederzeit zur Verfügung.
Vors. Henkel:
Herzlichen Dank, Herr Nitzsche! – Wir beginnen mit der Aussprache. – Frau
Senftleben, bitte!
Frau Abg. Senftleben (FDP): Vielen Dank, Herr Vorsitzender! – Wir sind die einzige Fraktion,
die heute nicht auf der Tagesordnung auftaucht. Ich muss gestehen, wenn vier
Mal ein Thema bearbeitet wird, habe ich es auch nicht für notwendig gefunden,
als fünfte Fraktion die Sache darauf zu setzen. Ich möchte es erklären, und
vielleicht haben Sie es auch in Erinnerung: Eigentlich sollten die Schulen 1992
eingeebnet werden. Da war es die FDP, die sich dafür eingesetzt hat.
Ich fand die
selbstkritische Haltung von Herrn Dr. Zinner und Herrn Dr. Gerber sehr
erfrischend. Ich fand die diesbezügliche Reformfreudigkeit sehr erfrischend,
die heute angesprochen wurde, und ich würde mir wünschen, diese Stimmung, das
Leistungsorientierte und auch der charmante Umgang mit dem Begriff „Elite“ auch
auf anderen Gebieten würden sich in unserem Land, in unserer Stadt etwas
einprägen.
Ich habe spezielle
Fragen: Herr Dr. Neumes, Sie sagten, das Training selber, die Trainingsgruppe
wird zukünftig als zentrale Einheit angesehen. Das finde ich einen klugen Gedanken.
Das heißt in der Folge, dass wir altersgemischte und generell heterogene
Gruppen haben. Jetzt müssen wir auch die Frage an den Staatssekretär stellen:
Wenn wir an flexiblen Nachmittagsunterricht, an Unterricht in den Ferien, an
Samstagsunterricht usw., der ganze Rattenschwanz der dazukommt – ich sage das
einmal als Bildungspolitikerin – denken, brauchen wir mehr Flexibilität. Das
halte ich für einen ganz wichtigen Punkt, die brauchen Sie, Herr Dr. Neumes.
Das heißt, Sie müssen einen Lehrer spontan einsetzen können und sagen: Hier,
die Ferien, die und die Gruppe, wie auch immer. – Ist das mit dem Personal
zukünftig so geregelt? Wie bekommen wir es hin, dass auf einmal in einer bestimmten
Schulform wirklich flexibler Personaleinsatz – das, was wir als FDP schon lange
gefordert haben – möglich wird. Ich würde es sehr begrüßen, und wenn wir hier
den Anfang machen würden, wäre es wunderbar. Wir können es auch auf andere
übertragen. Wie schaffen Sie das, Herr Härtel?
Ich gehe davon aus,
dass wir diese Schule, die dann entsteht – – Ich glaube, dass man über Struktur
gar nicht reden kann, sondern man redet schon über vorgegebene Ziele, und diese
Ziele erreiche ich, die muss ich erreichen, ich muss über zentrale Prüfungen
überprüfbar sein. Ich gehe davon aus, das gilt auch für dieses Leistungszentrum.
Diese Schule braucht, um Erfolg zu haben, eine bestimmte Ausstattung. Auch da
die Frage an Sie, Herr Härtel: Wie sieht konkret die Ausstattung dieser Schule
aus? – Über die trainingsbezogenen Einheiten und die Gruppengröße können wir
jetzt nicht sprechen. Gibt es da eine Maximalgröße, oder entscheidet man das an
dem einzelnen Fall selber? – Das sind entscheidende Faktoren um den Erfolg
Schule. Den Erfolg des Sports kann ich nicht beurteilen. Ich finde es im
Übrigen sehr wichtig, dass wir so etwas wie eine Aufnahmeprüfung haben. Wir
haben, wenn es um Hochbegabung geht, inzwischen auch Aufnahmeprüfungen, um
Kindern zu sagen: Gehörst du da hin, oder gehörst du da nicht hin? – Wir haben
nicht mehr die Angst, Kinder in bestimmter Form zu testen. Insofern finde ich
es richtig und wichtig, dass hier so etwas wie ein Test durchgeführt wird. In
den Test muss natürlich auch der Landessportbund mit einbezogen werden, da es
diesbezüglich um Leistung auf sportlichen Gebieten geht.
Mich interessiert aber
in diesem Fall auch der bildungspolitische Aspekt, und da kann es nicht sein,
dass wir „diesen“ machen. Das wäre eine Katastrophe. Das war früher die
Handbewegung für Sportler. Das heißt, da oben war nicht so richtig viel. Das
kann es nicht sein. Hier müssen wir schon dafür sorgen, dass wir eine
anständige Bildung bekommen. Die Fragen, Herr Härtel, wie die Ausstattung
aussieht, müssen wir machen, und die Frage des wirklich hochflexiblen
Personaleinsatzes, den ich sehr begrüßen würde, erscheint mir auch sinnvoll.
Dann habe ich noch eine
konkrete Frage zum Segeln in der Flatow-Schule: Sie hatten vorhin gesagt, das
Segeln konzentriert sich auf Kiel und Warnemünde. Sie haben das Segeln bei sich
ein bisschen selbstkritisch gesehen. Bleiben Sie beim Segeln? – Sie haben das
Segeln auch weiterhin als Sportart an Ihrer Schule aufgeführt.
Vors. Henkel:
Herr Rabbach!
Abg. Rabbach
(CDU): Herr Vorsitzender! Meine Damen und Herren! – Diese ganze Medaillenfrage
ist nur der Output dessen, was bei den Olympischen Spielen geschehen ist, und
das Zeichen, wie sich das eigentlich entwickelt. Wir sind auch, bis auf Frau
Martins, sie ist ebenso interessiert, alle Mitglieder des Schul-, Jugend- und
Sportausschusses, den wir Mutterausschuss nennen. – Deswegen möchte ich auf
meinen Kern zurückkommen, obwohl ich die Medaillenfrage auch sehr interessant
finde. Ich sage es einmal plastisch: Ich gebe oben in einen Trichter das
Coubertin-Gymnasium und die Werner-Seelenbinder-Schule, und dazu habe ich weder
vom Staatssekretär noch von den beiden Rektoren Definitives gehört: Was kommt
eigentlich unten als Schultyp heraus? Was ist das für eine Schule, die dabei
herauskommt? Wie werden die Ansprüche erfüllt, die der Elternvertreter als sein
wesentliches Kriterium genannt hat, wie die Studierförderung gehoben wird. Das
ist meine Frage an den Staatssekretär und auch an die beiden Rektoren.
Ich bedaure sehr, und
deswegen möchte ich das jetzt auch ganz konkret wissen, weil sich die Eltern
auch darum Sorgen machen oder sich darum kümmern, wie ich denn diese Ziele, die
Herr Wandelt auch genannt hat – – Bloß, Herr Wandelt, Sie haben zu der Frage
keine Stellung genommen oder wollten es nicht. Sie können es sicher. Sie
fordern bei dieser Schaffung der neuen Schule oder des Schul- und
Leistungszentrums Berlin in der Zusammenführung der beiden Schulen eine
hochqualifizierte Schulausbildung. Wird denn diese Forderung durch die
Zusammenlegung erfüllt? – Das möchte ich gerne von Ihnen, vom Staatssekretär
und von Herrn Härtel wissen. Die beiden Rektoren sind noch näher an der Sache.
Herr Wandelt, Sie
hatten gesagt, die Eltern erwarten eine gymnasiale Ausbildung. Das ist auch
Ihre Forderung. Wird die im neuen Schultyp erfüllt? – Die Eltern erwarten sie.
Was ist jetzt konkret, wenn ich die beiden Schulen zusammenfüge? Glaubt die
Schulverwaltung, Herr Härtel, dass diese Forderung erfüllt wird? – Für die CDU
ist unabdingbar, dass – wir unterstützen das nachdrücklich, was beide Rektoren
sagten, Herr Dr. Neumes und Herr Wandelt – die schulische Ausbildung nicht der
sportlichen hinten anstehen darf. Das unterstellen wir einmal, weil das Leben
für die jungen Menschen weitergeht. Deswegen erwarte ich jetzt, um das noch
einmal deutlich zu sagen, losgelöst von allen Medaillenhoffnungen und Träumen, Konkretes
über den Schultyp, der dann entsteht und wie es mit dem Schulzentrum
weitergeht.
Vors. Henkel:
Frau Martins!
Frau Abg. Martins (Grüne): Man muss nicht im Schulausschuss sein, um Ahnung von Schulpolitik zu haben. Deshalb habe ich Fragen. Der Sport wurde sehr kritisch betrachtet, sehr viele Jugendliche steigen aus dem Spitzensport aus, weil sie kaum berufliche Perspektiven sehen und nicht wissen, was nach dem Sport kommt. Viele sportliche Karrieren enden sehr früh, und sie sind dann in dem Alter, in dem sich andere im Beruf etabliert haben. Deshalb muss auch geklärt werden, wie die Zusammenarbeit mit den Universitäten ist. Es gibt den Numerus clausus und überall werden strengere Maßstäbe gesetzt. Es gibt eine Zusammenarbeit, die aber nicht immer funktioniert. Das beste Beispiel dafür war die Hockeyspielerin, die während der Olympischen Spiele zu einer Prüfung fahren sollte. Das darf auch nicht das Ziel von zwei Ausbildungen sein.
Zu den Schulen: Ich finde es gut, dass Sie das alle begrüßen. Aber es wurden Forderungen gestellt, die ich mir mit der GEW überhaupt nicht vorstellen kann, z. B. Samstagsunterricht oder in den Ferien. Die Lehrer haben schon bei den kleinen Forderungen von Herrn Böger, sie mögen in den Ferienzeiten die Fortbildung machen, mächtig aufgeschrien. Sind die Lehrer so flexibel? – Ich würde das sehr begrüßen. Auf der anderen Seite ist die Einrichtung von heterogenen Arbeits- und Lerngruppen ein sehr hoher Anspruch. Wie werden die Lehrer darauf vorbereitet? – Das passiert nicht von allein. Es ist doch ein Unterschied, ob eine Lerngruppe heterogen ist oder nicht. Das sind unterschiedliche Voraussetzungen. Man muss mehr mit Wochenplänen arbeiten, man muss mehr individuell vorbereiten. Die späte Trennung nach Schultypen begrüßen wir als Grüne. Das haben Sie sicherlich zur Kenntnis genommen, weil es viele Talente der Kinder besser fördert.
Herr Staatssekretär, Sie sprechen von der Verringerung der Schülerzahl. Wo wollen wir denn ankommen? – Ich sehe auch, dass es ein Prozess ist, und es ist richtig, dass man die Schüler nicht einfach in ein anderes System geben kann. Bestandsschutz ist doch ein großes Markenzeichen. Wohin wollen Sie mit Ihren Zahlen, und was heißt das für die Entwicklung der Lehrerzahlen? Korrespondieren die Pensionierungen damit? Wie sieht die durchschnittliche Zahl der Lehrer dort aus? Gibt es da schon einen Plan?
Der Ausdruck „Verweildauer an der Schule“ ist etwas schwierig. Aber Sie haben völlig Recht, denn für das Abitur ist die Flexibilität wesentlich höher. Das Ziel sollte aber nicht eine hohe Verweildauer sein, sondern ein gutes Abitur oder entsprechend ihren Leistungen ein guter Schulabschluss.
Meine letzte Frage richtet sich an Herrn Gerber. Wer zieht die Konsequenzen, wenn eine Schule feststellt, dass es so eine Distanz gibt? – Es kann auch eine andere Sportart sein, aber ich fand es sehr gut, dass Sie ehrlich gesagt haben, dass es bei den Seglern nicht optimal ist. Es ist legitim, manchmal auch zu sagen: Das klappt nicht. – Es muss nicht immer alles über das Bein gebrochen werden. Wer moderiert solche Prozesse? – Es ist ja nicht gut, wenn man solch einen Klotz am Bein hat, der nicht so gut funktioniert.
Ansonsten bin ich darüber überrascht, wie viele gute Aspekte es gibt, und ich freue mich, wenn es so positiv losgeht und die Schüler tatsächlich bessere Bedingungen haben.
Vors. Henkel: Vielen Dank! – Frau Seidel-Kalmutzki, bitte!
Frau Abg. Seidel-Kalmutzki (SPD): Ich stelle heute wieder eines fest: Unterschiedliche Fraktionen, die Fragen ähneln sich aber. Das eint uns wieder, wenn es um die Interessen des Sports und heute um die Interessen der Schulen geht. Meine Fragen wurden fast schon alle genannt. Es geht mir noch einmal darum, wie man sich das mit der Streckung der Schulzeit, Einzelunterricht und dem Unterricht in den Ferien vorstellt, das ist heute noch nicht richtig klar geworden, und vor allen Dingen auch, wie man mit der Lehrerschaft umgeht. Dazu braucht man motivierte Lehrer – [Abg. Rabbach (CDU): Motivierte Eltern!] –, ja, auch die, und motivierte Schüler und wahrscheinlich auch noch – mit Blick auf die Grünen, weil das immer wieder aus Ihrer Richtung kritisiert wird – weiterhin eine höhere Lehrerausstattung an den Sportschulen.
An Herrn Wandelt und Herrn Dr. Neumes habe ich folgende Frage: Es war davon die Rede, dass die Schulen kleiner und effektiver sein sollen. Nun habe ich heute viel Einheitliches gehört, frage aber trotzdem noch einmal nach: Die Filiallösung kann doch nicht das Optimale sein? – Sie haben sich dazu nicht richtig geäußert. Es gab Zustimmung, über die ich etwas verwundert bin.
Nicht nur die sportliche, sondern auch die schulische Eignung sollte festgestellt werden, denn wenn wir Schüler haben, die schon im Ansatz Unterstützung in mathematischen o. ä. Bereichen brauchen, sind sie dort nicht richtig untergebracht. – [Zuruf Abg. Senftleben (PDS)] – Die Frage richtet sich auf die Eingangskriterien, also auf was alles getestet wird, wenn Schüler an die Sportschule kommen.
Ich kann nicht nachvollziehen, was Sie mit der Studierfähigkeit meinen. Wenn ich Sie richtig verstanden habe, meinen Sie, dass wir jeden Schüler bis zum Abitur führen sollten. Aber das kann es doch nicht sein. Zur Studierfähigkeit gehört nicht nur die Schule, sondern auch das Elternhaus und das Leistungsvermögen und der Leistungswille der Schüler.
Vors. Henkel: Frau Harant!
Frau Abg. Harant (SPD): Es ist sehr deutlich geworden, dass wir uns bei dieser Diskussion in einem Spannungsfeld – einerseits Bildung und andererseits Sport – bewegen. Die Frage, was im Vordergrund steht, spielt eine Rolle. Ich habe von Seiten der Vertreter des Sports gehört – und ich verstehe das auch –, dass es in diesen Schulen in erster Linie um den Sport geht. Alles muss auf den Sport zugeschnitten sein, und das Training steht im Mittelpunkt. Ich finde es völlig richtig, dass wir ein klares Bekenntnis – so habe ich alle verstanden – zu einer Förderung des Spitzensports in diesen Schulen ablegen. Das ist unbestritten. Es wird alles lösbar sein – der Einzelunterricht, der Unterricht am Wochenende, der Unterricht in den Ferien –, wenn man das will. Dann wird das machbar sein. Das kostet natürlich zusätzliche Ressourcen. Aber die Frage ist: Was will ich? – Eine Konzentration auf die förderungswürdigen Schüler ist unbestritten. Das ist die eine Seite, und ich denke, dass wir da gar nicht weit auseinander liegen. Die andere Seite ist: Wir haben es hier mit Menschen zu tun, die zwar bestimmte Leistungen bringen sollen, die aber vielleicht auch an einem bestimmten Punkt versagen und es nicht mehr schaffen.
Dazu habe ich noch einige Fragen: Was passiert mit den Schülern, die die Leistungen nicht mehr bringen? –Ich gehe einmal davon aus, dass sie die bewusste Entscheidung getroffen haben, an eine Sportschule, an eine Eliteschule zu gehen. Ich habe herausgehört, dass sie die Schule eventuell verlassen müssen. Andererseits habe ich herausgehört – es ging um die Flatow- und um die Poelchau-Schule –, dass es Schulen gibt, die einen zweiten Strang haben, d. h., dass die Schüler immerhin zu einer sportbetonten Ausbildung wechseln können, aber nicht mehr diese Eliteausbildung haben. Ich hätte gern eine Antwort auf die Frage, wie man vertretbar mit den Schülern und Schülerinnen umgeht. Der Sportgedanke sollte auch weiterhin bei den Schülern, die nicht mehr die Eliteförderung bekommen, im Vordergrund stehen.
Von Seiten der Eltern – das wurde von den Elternvertretern nicht angesprochen – wurde mehrfach an mich herangetragen, dass Schüler – selbst wenn sie diese Eliteförderung nicht mehr wollen oder brauchen – immer noch den Leistungskurs Sport im Abitur belegen müssen. Besteht diese Forderung noch? – Vielleicht können Sie darauf antworten, wie wir damit umgehen können.
Nicht alle Elitesportler werden von klein auf in den Schulen aufwachsen. Es gibt auch Spätentwickler, die dann erst später in diese Schulen eintreten. Welcher Anteil ist das, und wie werden diese Schüler in die Schulen mit einbezogen? Gibt es da Probleme oder ist das eher unproblematisch?
Meine letzte Frage: Es stehen wohl fünf Sportarten zur Diskussion, die abgebaut werden sollen. Wie geht man mit diesem Abbau um? Lässt man das auslaufen, oder wie muss man sich es vorstellen, wenn man Sportarten in Zukunft nicht mehr in dem Umfang fördern wird wie bisher?
Vors. Henkel: Herr Dr. Kaczmarczyk!
Abg. Dr. Kaczmarczyk (PDS): Vielen Dank, Herr Vorsitzender! – Es ist bemerkenswert, dass alle Anzuhörenden sehr einmütig strukturelle Veränderungen und die neue konzeptionelle Richtung befürworten. Ich schließe da auch ausdrücklich die kritischen Bemerkungen von Herrn Nitzsche mit ein, die meines Erachtens sehr hilfreich sind. Eine Frage, die uns in diesem Ausschuss immer wieder beschäftigt hat, stelle ich vorweg. Wenn wir über Sportschulen oder die Eliteschulen des Sports sprechen, tauchen Fragestellungen auf, die bei einer Ballett- oder bei einer Musikschule nie gestellt werden würden. Kein Mensch kommt auf die Idee, zu sagen: Er kann nicht mehr Klavier spielen, das funktioniert nicht mehr, oder er kann nicht mehr tanzen, also müssen wir eine Sonderausbildung an der Ballett- oder Musikschule für die Nichttänzer oder Nichtmusiker finden. Die Bekennung zum klaren und eindeutigen Leistungsprinzip, und zwar von der Gesellschaft gewollten und finanzierten Unterstützung für die Eliteschulen muss unzweideutig sein. Das ist eine Fragestellung, über die wir uns einmal verständigen müssen. Es ist auf wenig hilfreich, wenn wir gelegentlich über Überausstattung sprechen, weil temporär möglicherweise einmal mehr Lehrer an einer Schule zur Verfügung stehen, als das die Durchschnittsklausel erforderlich macht.
Die zweite Frage: Wir sollten uns – uns hier fühle ich mich durch die Ausführungen von Herrn Dr. Zinner besonders angeregt – die Stellung der Sportschulen einmal im System des Sports und im System der gesellschaftlichen Konditionen vorstellen. Die Annahme – wenn wir viele Sportoberschulen haben oder in Zukunft das Schul- und Leistungszentrum und weitere Schulen –: Die machen es schon – ist einfach irrig, Wir haben ein sehr gutes System, das sicherlich in der Bundesrepublik Nachahmung gefunden hat, aber das hängt aus meiner Sicht etwas in der Luft. Das wird sicherlich nicht im Rahmen dieser Gesprächsrunde zu lösen sein, aber es ist eine strategische Aufgabe, auch die Frage, die Herr Nitzsche gestellt hat: Warum verlieren wir denn so viele Kinder auf dem Wege zum Spitzensport? – und ich ergänze: Haben wir denn auch wirklich schon alle Potentiale ausgeschöpft, um allen Kindern diesen Weg ermöglichen zu können, die dafür in Frage kämen? – Dazu bedarf es eines Systems, eines Verbunds und einer gesellschaftlichen Anerkennung dieses Systems und Verbunds der sportlichen Betreuung und Förderung von Talenten bei den Mädchen und Jungen aller Klassenstufen in allen Bereichen.
Das setzt voraus, dass der Sportlehrer an der Schule sich durchaus der Aufgabe bewusst ist, an der Talentesichtung und -förderung mitzuarbeiten. Das kann nicht nur mit einer Arbeitsgemeinschaft Sport, die willkürlich irgendwo durchgeführt wird, erledigt sein. Hier sind Potentiale, wie wir durch die vorhandenen gesellschaftlichen Möglichkeiten an den Schulen Potenzen und auch den Leistungswillen fördern können, die wir noch nicht ausgenutzt haben. Es erfordert aber auch weitere Strukturen, z. B. die Einbindung der Strukturen des Sports auf der territorialen Ebene, nicht nur mit der zufälligen Zusammenarbeit einer Sportschule, einer Schule oder einer Sportoberschule mit einem Verein, sondern hier muss ein System der Förderung von Talenten her. Das ist aber nicht nur eine einseitige Forderung, sonst würde ich das nicht so aufstellen, sondern hier findet auch ein Rücklauf statt. Die Festschreibung der Förderung des Sports im Artikel 32 unserer Verfassung und die Existenz eines Sportfördergesetzes ist Ausdruck dafür, dass die Gesellschaft durchaus den Wert des Sports in seinen gesamten Bestandteilen erkannt hat, also nicht nur Breiten- und Spitzensport, sondern alle Leistungsbereiche. Ich denke, dass der Sport, wenn wir ihn so fördern, wieder an die Gesellschaft zurückgibt durch die wertebildende Funktion, die der Sport hat. Mehr wertebildende Funktionen als gerade durch den Sport kann ich mir kaum in einem anderen Fach, einer anderen schulischen Ausbildung vorstellen. Die Vorbildwirkung, die daraus erwächst, die sozialen Funktionen, sind doch Dinge, die wir alle wissen und die wir auch fördern wollen. Deshalb bedarf es nicht nur der Förderung und Umstrukturierung der Sportschulen, sondern auch der Herstellung eines Systems, in das die Sportschulen und Eliteschulen 100 %ig hineinpassen. – Danke schön!
Vors. Henkel: Herzlichen Dank! – Herr Staatssekretär, bitte!
StS Härtel (SenBildJugSport): Herr Dr. Kaczmarczyk, wir sind uns einig darüber, dass wir uns auch über die Frage der Talentsichtung zu unterhalten haben. Das ist nicht Aufgabe der Eliteschulen des Sports, aber es gehört in das System der Sportförderung mit hinein, und insofern haben wir die klare Aufgabe, hier deutlich etwas zu sagen.
Ich will kurz auf die Fragen antworten. Der Schüler steht im Mittelpunkt, und die entsprechenden Förderpläne, die wir zu erstellen haben, sind immer auf den einzelnen Schüler bezogen, so wie es auch im Schulgesetz festgelegt ist. Auch wenn die Trainingsgruppe der Kernpunkt, die zentrale Einheit ist, wissen wir, dass in dem Zusammenhang auf die Förderung des Sports und bezogen auf die Förderung der Allgemeinbildung individuelle Förderpläne zu erstellen sind. Das hat zur Folge, Herr Rabbach, dass wir sicherstellen müssen, dass an der Schule, an dem Schul- und Leistungssportzentrum sämtliche Schulabschlüsse möglich sein müssen.
Jetzt sage ich einmal sehr klar, weil man sonst sehr schnell eine ideologiebehaftete Debatte führt: Bei der John-F.-Kennedy-Schule spricht gar keiner darüber, welche Schulart diese Schule ist. Das ist die John-F.-Kennedy-Schule als ein Leuchtturm in dieser Stadt. Ich möchte das Schul- und Leistungssportzentrum dieser Stadt auch als einen sportlichen Leuchtturm haben, und nur darüber redet man und darüber, dass alle Schulabschlüsse dort möglich sind. Deswegen ist diese Schule weder eine Hauptschule, noch eine Realschule, noch eine Gesamtschule, noch ein Gymnasium. Wir werden die Voraussetzungen für die individuelle Förderung der Schülerinnen und Schüler schaffen, dass jeder Abschluss möglich ist. Das ist bundesweit durchaus ein einmaliges Modell, das wir entwickeln. Es ist für uns eine große Herausforderung – Frau Senftleben, das war Ihre Frage –, das entsprechende Personal zur Verfügung zu stellen. Das muss uns auch gelingen.
Herr Nitzsche hat gefragt, wie künftig die Anzahl der Schülerinnen und Schüler sein wird. Jetzt haben wir knapp 3 000, künftig werden es bezogen auf die Sportklassen der Eliteschule des Sports etwa 2 000 sein. Wenn ich vorhin gesagt habe, dass wir 1 090 Kadersportler haben, wird auch deutlich, Herr Nitzsche, dass sich die Schule nicht nur auf die Kadersportler bezieht, sondern auch auf die Schülerinnen und Schüler, die noch Kadersportler werden. Deswegen haben wir eine Größenordnung, die eine Reduzierung der Schülerzahl bedeutet, und aus den daraus frei werdenden Mitteln müssen wir die entsprechenden Voraussetzungen schaffen, um diese gezielte Förderung um diese Trainingsgruppe herum sicherstellen zu können. Mit der notwendigen Flexibilität, Frau Senftleben! Selbstverständlich ist das notwendig. Wir wissen auch, dass die Schülerinnen und Schüler bei Wettkämpfen, Wettbewerben usw. sind, und deswegen muss man bestimmte Stunden, Unterrichtsanteile zu verschiedenen Zeiten anbieten. Genau unter dem Gesichtspunkt – es wäre schön, wenn wir möglichst viele Lehrer-Trainer hätten und es in einer vernünftigen Weise zusammengeführt werden kann – bedeutet das eine hohe Herausforderung an die Lehrerinnen und Lehrer, die heute schon Unermessliches leisten. Aber ich bin mir ziemlich sicher, dass es gerade dort an der Schule Verständnis bei den Lehrerinnen und Lehrern gibt, sehr individuell bezogen auf ihre Arbeitszeiten im Interesse des Schülers ihre Einsätze zu bringen. – [Frau Abg. Seidel-Kalmutzki (SPD): Das ist jetzt schon so!] – Das ist jetzt schon so, um das auch klar zu sagen. Das unterscheidet die Lehrerinnen und Lehrer von vielen anderen.
Es wurde von Frau Seidel-Kalmutzki nach der Streckung der Schulzeit gefragt. Die haben wir jetzt schon. Es muss natürlich klar sein, dass man so etwas als Grundvoraussetzung etabliert, weil die Zeiten unterschiedlich sein werden, wann man beispielsweise zur Hochschulreife kommt. Auf Vorschlag der Schulen müssen wir auch sehen, inwieweit wir möglicherweise einen berufsbildenden Anteil an dieses Schul- und Leistungssportzentrum anschließen, denn es geht nicht nur um die Schulabschlüsse der allgemein bildenden Schule, sondern wir müssen auch sehen, dass diejenigen, die dann in die Berufsausbildung kommen, möglichst auch über das Schul- und Leistungssportzentrum gefördert werden können. Darüber werden wir noch mit den Schulleitungen reden müssen.
Die Gruppengrößen sind festzulegen. Wir haben jetzt Eingangsgruppengrößen von 20. Das sind Grundlagen, die wir möglichst halten wollen. Der Eingangstest ist durch den Landessportbund eindeutig vorgegeben. Dieser Test wird allein unter den sportfachlichen Gesichtspunkten durchgeführt. Damit hat man entsprechende Voraussetzungen geschaffen, um den Unterricht angemessen organisieren zu können. Bei Ausstattung – das habe ich schon gesagt, Frau Senftleben – werden wir uns unterhalten müssen. Es ist immer die zentrale Frage: Wie viele Lehrerstunden brauche ich, um diese individuelle Förderung zu ermöglichen? – Das werden wir am Ende auch festhalten müssen, und wir hoffen, dass wir die Zustimmung des Parlaments bekommen, auch für die Durchführung von Angeboten in den Ferien, Sommerschule, Wochenendangebote etc. Das muss flexibel gestaltet sein, und das werden wir auch erreichen. Dafür müssen wir auch das Personal zur Verfügung stellen.
Vors. Henkel: Herzlichen Dank! – Ich bitte Herrn Dr. Gerber, die ihn betreffenden Fragen zu beantworten.
Dr. Gerber (LSB): Es war gar nicht so leicht, die mich betreffenden Fragen herauszufiltern, weil die Fragestellungen teilweise so extensiv lang waren, dass man vergessen hat, was die Frage war. Es wurde nach dem Segeln an der Flatow-Schule gefragt. Das gehört mit zu den Profilsportarten.
Dann wurde danach gefragt, welche Sportarten nicht mehr in der Super-Plus-Förderung in dieser Stadt sind. Ich will es Ihnen nicht verheimlichen: das sind Boxen, Gewichtheben, Eiskunstlaufen, Turnen weiblich und Schießen. Diese Sportarten sind nicht mehr in der Super-Plus-Förderung, also in der Spitzenförderung. D. h. aber nicht, dass sie gänzlich herausfallen und nicht in Einzelfällen – ich habe das vorhin angedeutet – Einschulungen sein können.
Ich glaube, das waren die zwei konkreten Fragen, die mich betreffen. Wenn Sie gestatten, Herr Vorsitzender, möchte ich noch etwas zu dem Geist, der seit kurz nach 10.00 Uhr durch diesen Raum fegt, bemerken. Mich hat sehr beeindruckt, dass dieses Thema offensichtlich die Sport- und Bildungspolitiker dieser Stadt außerordentlich beschäftigt. Dafür bin ich sehr dankbar. Ich beziehe mich jetzt auf etwas, das Herr Dr. Kaczmarczyk gesagt hat und was sicherlich alle so sehen: Wer etwas Besonderes und Außerordentliches erreichen will, wird auch bereit sein, dafür besondere oder außerordentliche Belastungen hinzunehmen, um dieses Ziel zu erreichen. Der Pianist, der Weltklasse sein will, wird nicht nur seine fünf Stunden am Tag üben, sondern er wird auch zu Hause üben, auch am Sonnabend und Sonntag und vielleicht jemanden haben, der ihn dabei begleitet – sprich einen Lehrer –, der sagt: Dies ist ein Talent, eine Perle, und die will ich in Gold fassen und sie soll ganz toll blinken.
Akrobaten werden mit drei Stunden Üben am Tag nicht auskommen, genauso wie ähnliche Bereiche, die eine außerordentliche Qualität abliefern. Das müssen wir auch auf den Sport beziehen, wer im Spitzensport etwas erreichen will. Wir wollen dazu die Rahmenbedingungen schaffen. Die Schulen sind das eine, aber die persönliche Begleitung durch den Schüler selbst, durch das Elternhaus ist das andere. Herr Nitzsche, ich kenne die Eltern von Kindern, die leistungssportlich weit kommen wollen. Wir haben manchmal soziale Fälle, bei denen Vater und Mutter arbeitslos sind, und das Kind macht eine Sportart, die immer einen finanziellen Zusatzbedarf braucht. Die Kinder werden dennoch selbst zu Lasten familiärer Situationen gut ausgestattet. Da kann ich nur sagen: Alle Achtung, was solche Elternhäuser vollbringen. Wir wissen alle, dass die Eltern ohnehin die größten Sponsoren unserer Sportlerinnen und Sportler sind.
Aber das sind die Ansprüche, und damit komme ich auf das abschließende Thema für Lehrer und Schulen. Wer sich dem Sport widmet, muss von Hause aus bereit sein, auch einmal einen Schlag mehr zu tun, als es ihm die Norm gebietet.
Vors. Henkel: Danke schön! – Herr Dr. Zinner!
Dr. Zinner (Olympiastützpunkt Berlin): Ich komme noch einmal zu den 16 Sportarten. Das ist ein riesiges Ziel, weil wir uns verpflichten, in 16 Sportarten zu den Elitezentren in Deutschland zu gehören, und für diese 16 Sportarten muss die Schule einen Beitrag leisten, es muss hauptamtliche Trainer geben – das Haus der Athleten –, also dort muss die Betreuung stimmen. Die anderen Sportarten fallen nicht weg, sondern wenn sich dort Leistungsträger zeigen, sollten sie die Möglichkeit haben, an den Schulen als Quereinsteiger in die Klassen zu kommen.
Zur Förderungs- und Trainingsgruppe. Man muss immer die Alternative sehen. Wenn es uns nicht gelingt, sie zumindest zeitweise in gewissen Jahrgangsstufen gemeinsam zu unterrichten, haben wir folgendes Problem, und das sage ich ein bisschen drastisch: Wir schulen 15 Eisschnellläufer ein, drei gehen an die Werner-Seelenbinder-Schule, drei gehen an das Coubertin-Gymnasium, drei sagen, dass sie ihre Schule nicht wechseln, und sechs nehmen wir, weil viele Schüler viel Förderung heißt. Das kann sich niemand leisten. Das Segelbeispiel, das angesprochen wurde, soll verdeutlichen, dass wir im deutschen Sport dominiert werden. Die fragen gar nicht mehr, sondern wenn du als Segler bei Olympia teilnehmen willst, musst du dich an den Standort begeben, wo das entsprechende System besteht. Das System kommt nicht zu jedem einzelnen Athleten, sondern der muss dahin. Wir bewegen uns in Berlin und trauen uns kaum, jemandem in Charlottenburg zu sagen: Wenn du ein großer Schwimmer werden willst, musst du in das Schwimmzentrum in Hohenschönhausen gehen. Wir kriegen aber vom BMI für das Schwimmzentrum Hohenschönhausen jedes Jahr 400 000 € Betriebs- und Unterhaltungskosten, weil dort die Schwimmhalle ist. Dort ist das Umdenken notwendig.
Bei der Schulpolitik bin ich dafür dankbar, was der Staatssekretär ausgeführt hat. Man darf doch nicht Bescheidenheit mimen. Ich bin davon überzeugt – und in Zukunft noch mehr, wenn ich die Universitäten sehe, die immer mehr darauf Wert legen, Image zu gewinnen und deswegen Athleten zu nehmen –, dass es ein Vorteil sein wird, wenn Sie kommen uns sagen: Ich bin in einer Spezialschule. Ich bin ein erfolgreicher Athlet gewesen. Ich kann mich organisieren, bin zielstrebig, bin mobil. Das sind genau die, die Sie jeden Sonntag in der Zeitung – – Da sollte man keine Bescheidenheit mimen.
Nicht nur derjenige, der Weltmeister wird, profitiert von unserem System, sondern jeder, der auf diese Schule geht, weil er Eigenschaften gewonnen hat – Herr Dr. Kaczmarczyk –, die vorbildlich für viele sind. Ich würde mir wünschen, dass unsere Kinder viel leistungsbewusster sind. Nicht die Überbelastung des einzelnen Leistungssportlers ist das Problem, sondern die drastische Unterbelastung der Mehrzahl der Jugendlichen.
Vors. Henkel: Herzlichen Dank! – Herr Barney!
Herr Barney (Poelchau-Oberschule): Ich bin sehr dankbar darüber, dass die Abgeordnete der SPD-Fraktion die Frage gestellt hat: Was machen wir eigentlich mit den Schülerinnen und Schülern, Sportlerinnen und Sportlern, die nicht mehr – aus welchen Gründen auch immer – dem Leistungsport zugetan sein können? – Ich weise darauf hin, dass wir an unserer Schule ein Modell entwickelt haben, dass diese Kinder nicht sofort aus dem Sport herausgenommen werden, sondern, dass sie – sofern es ihnen körperlich möglich ist – weiter teilweise trainieren können, aber im weiteren dann einen Kurs im Bereich des Sportmanagements belegen können, dass sie also dem Sport mental verbunden bleiben, wenn sie sich einmal dafür entschieden haben. Dieses wird von den Kindern zunächst nicht sonderlich gern aufgenommen, denn sie wollen sich bewegen und in der Regel auch beim Sport bleiben. Aber je größer die Erfolge sind, z. B. bei der Organisation von Events für Grundschüler etc., im Bereich der Sportökonomie, -ökologie, Sportenglisch, desto interessanter wird für die Kinder und Eltern dieses Modell. Ich müsste mit dem Kollegen Sunkel von der Flatow-Oberschule noch einmal näher besprechen, inwieweit das ausbaufähig ist. Wir machen uns auch darüber Gedanken, diese Sportlerinnen und Sportler günstig im schulischen Bereich abzufedern und sehen die Verantwortung auf uns zukommen. – Danke!
Vors. Henkel: Das war eine gute Brücke. – Herr Sunkel!
Herr Sunkel (Flatow-Oberschule): Die Frage zu dem Segeln wurde bereits beantwort. Wir werden selbstverständlich nicht auf das Segeln verzichten. Nicht nur, weil es eine Vorgabe ist, sondern weil das Berliner Umfeld auf nationaler Ebene sehr erfolgreich ist. Darauf muss man ganz deutlich hinweisen. Wir haben ausgezeichnete junge Athleten, auch insbesondere in der schwierigen Sportart Surfen, die sich immer wieder an der Weltspitze versuchen.
Zur Frage von Frau Harant: Wir denken uns das so – und haben auch damit unsere Erfahrungen –, dass es Schülerinnen und Schüler geben wird, die eben nicht immer die ganz hochgesteckten Erwartungen in den Leistungssportzügen erfüllen werden können. Das ist eine temporäre Sicht, denn Sie wissen, dass gerade bei Jüngeren die Pubertät zu durchschreiten ist, viele Lebenskrisen kommen usw. Wir legen großen Wert darauf, dass diese Schülerinnen und Schüler, die nicht mehr ganz an der Spitze sind, dem Sport erhalten bleiben. Gerade auch im Segeln haben wir große Erfolge damit erzielt, dass sie dann wiederum als Seiteneinsteiger in diese Spezialklasse hineinkommen.
Ein weiter Grund, diese nicht so leistungssportorientierte Klasse zu haben, ist: Sie brauchen auch geeignete Trainingspartner. Das ist das Problem. Sie haben vielleicht einen Spitzenkanuten, einen Supermann, der auch einmal einen Vierer fahren soll. Mit wem soll er den fahren? – Das kann er doch nicht mit irgendwelchen Leuten, die daherkommen. D. h., er muss Leute mit im Boot haben, die annähernd seine Leistungsfähigkeit besitzen. Das Interessante dabei ist, dass dieser eine die anderen mitzieht. Man erlebt manchmal tolle Sachen, welche Ansprüche die jungen Leute an sich stellen – gerade, wenn sie in der gymnasialen Oberstufe sind –, nämlich, dass sie wieder versuchen, den Anschluss an den Leistungssport zu finden. Diese Chance geben wir ihnen mit dieser dritten Klasse, die wir vorgesehen haben. Das Modell funktioniert bei uns recht gut, und wenn der Kollege Barney mit seinem Modell des Sportmanagements Erfolg hat, soll uns das nur freuen.
Vors. Henkel: Herr Wandelt!
Herr Wandelt (Coubertin-Gymnasium): Eine kurze Antwort auf die Frage von Frau Seidel-Kalmutzki: Selbstverständlich soll und kann nicht jeder Schüler das Abitur erreichen und somit seine Studierfähigkeit nachweisen. Deshalb muss in diesem Zentrum die Möglichkeit geschaffen werden, diejenigen Schüler zu beschulen, die intellektuell das Abitur nicht erreichen können. Ich gehe davon aus – das ist meine innere Überzeugung –, dass wenn ich von dem Abitur rede, dass ich auch den Eltern dementsprechend argumentativ gegenübertrete und sage, dass es eine gymnasiale Ausbildung ist. Wie wir das Kind nachher bezeichnen, ist eine zweite Frage. Aber erst einmal gehe ich von einer gymnasialen Ausbildung aus, genauso wie ich von einer anderen Ausbildung ausgehe, die zum mittleren Schulabschluss führt. Diese Freiheit und Offenheit muss in diesem System erhalten bleiben, denn ich muss die Schüler auffangen, die leistungssportlich aktiv sind, aber die schulische Qualifikation bis dahin nicht erreichen oder nach der 10. Klasse mit dem mittleren Schulabschluss die Schullaufbahn beenden wollen.
Kurz zur Filiallösung: Sie wird sicherlich organisatorische Probleme bereiten, wobei ich selbst als Planer tätig bin und weiß, dass in Einzelfällen mit den Trainingsgruppen der Werner-Seelenbinder-Schule Kooperationen stattfinden. Ich sehe zwar Probleme auf uns zu kommen, aber wir sind innovativ. Ich möchte an eine Veranstaltung bildungspolitischer Art von Frau Senftleben erinnern: Wir fragen nicht, was nicht geht, sondern wir sollten uns immer wieder die Frage stellen und sie verinnerlichen: Was können wir tun? Was geht?
Herr Rabbach, wenn ich von hoch qualifizierter Schulausbildung rede, spielt die Schulprogrammentwicklung des neuen Schulgesetzes eine Rolle, d. h., was passiert in der internen Evaluation, was passiert mit so genannten Vergleichsarbeiten? – Die müssen natürlich an dieses neue Zentrum angeglichen und spezialisiert werden. Somit können wir auch belegen, welche Qualitätsstufe wir in dieser Schule erreicht haben.
Vors. Henkel: Herr Dr. Neumes!
Dr. Neumes (Werner-Seelenbinder-Schule): Es ist schon fast alles abgearbeitet. Vielleicht noch ein Punkt: Herr Rabbach, warum haben Sie Zweifel an hoch qualifizierter Bildung? – [Abg. Rabbach (CDU): Nein, Herr Wandelt hat sie gefordert! Es ging darum, wie diese Forderung erfüllt wird.] – Ich kann Ihnen Dinge nennen, die belegen, dass wir ein relativ hohes Niveau haben. Es gibt dafür objektive Parameter. Vergleichsarbeiten sind zum Teil schon geschrieben. Wir haben auch an Pisa teilgenommen. Es gibt das Abitur durch Fremdvorsitzende und Korrekturen von außen. Es gibt Quereinsteiger, die von woanders kommen. Daran kann man auch messen, wie das Niveau ist. Da bin ich relativ zufrieden. Wir haben auch eine Elternschaft, die weiß, dass es für das Kind wichtig ist, dass es später einmal einen vernünftigen Beruf haben wird. Sie achten schon darauf, dass neben dem Sport die Schulausbildung hochwertig ist.
Sie fragten nach den heterogenen Lerngruppen, ob das denn ginge. – [Frau Abg. Martins (Grüne): Dass es geht, wissen wir. Wir wollten wissen, ob Sie es können!] – Wenn es geht, gehe ich davon aus, dass wir es können. Ich will noch zwei Dinge kurz dazu sagen: Das sind dann natürlich kleine Lerngruppen, weil sie es einfacher machen, dies zu handeln, und es sind Lerngruppen von Schülern, die motiviert und fleißig sind und die sich einen Arbeitstag organisieren können. Das ist eine besondere Klientel. Insofern glaube ich nicht nur, dass es generell geht, sondern bei uns besonders gut geht.
Vors. Henkel: Herr Nitzsche!
Herr Nitzsche (Gesamtelternvertreter, Coubertin-Gymnasium): Eine Frage bezog sich auf den Leistungskurs Sport. Der ist bei uns mit drin. Wir haben die ersten Abgänge von guten Spitzenathleten an normale Gymnasien zu verzeichnen. Ansonsten müssen ihn alle belegen, weil es sonst eine Benachteiligung für den weiteren Lebensweg wäre. Also, es gibt die ersten Entscheidungen über Abgänge vom Coubertin-Gymnasium. – [Zuruf von Herrn Dr. Neumes] – Ich kann nur das sagen, Herr Dr. Neumes, was ich kenne, und was Ihre Schule betrifft, halte ich mich zurück.
Das Zweite: Ich rede bei der Studierfähigkeit auch nur aus der Sicht meiner Schule. Für die anderen bin ich nicht befugt.
Vors. Henkel: Es gibt keine weiteren Wortmeldungen. – Ich bedanke mich im Namen des Ausschusses dafür, dass Sie uns heute Vormittag zur Verfügung gestanden haben. – Damit hat die Besprechung gemäß § 21 Abs. 3 unserer Geschäftsordnung ihre Erledigung gefunden.
Punkt 3 der Tagesordnung
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Verschiedenes |
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Siehe Beschlussprotokoll.