Gesetz

zur Entbürokratisierung

der Berliner Verwaltung

als Daueraufgabe

(Entbürokratisierungsgesetz – EbG)

Vom ...

 

Artikel I

 

Änderung der Landeshaushaltsordnung (LHO)

 

§ 1

 

Die Landeshaushaltsordnung in der Fassung vom 20. November 1995 (GVBl. S. 805), zuletzt geändert durch Zweites Gesetz zur Änderung dienstrechtlicher und haus­haltsrechtlicher Vorschriften vom 10. Februar 2003 (GVBl. S. 62) wird wie folgt geändert:

 

1. § 88 erhält folgende Fassung:

 

§ 88

Aufgaben des Rechnungshofes

(1) Die gesamte Haushalts- und Wirtschaftsführung Berlins, einschließlich seiner Sondervermögen und Be­triebe, wird vom Rechnungshof geprüft.


 (2) Der Rechnungshof berät aufgrund der Prüfungserfah­rungen das Abgeordnetenhaus, den Senat oder einzelne Senatsverwaltungen.

 

(3) Der Rechnungshof unterrichtet das Abgeordnetenhaus und den Senat über den Gegenstand der Beratung und gibt Handlungsempfehlungen.“

 

 

 

 


2. § 89 erhält folgende Fassung:

 

§ 89

Prüfung

(1) Der Rechnungshof prüft insbesondere

1.        die Einnahmen, Ausgaben, Verpflichtungen zur Leistung von Ausgaben, das Vermögen und die Schulden,


2.     Verwahrungen und Vorschüsse,

3.     der Mittel, die zur die Verwendung Selbstbewirtschaf­tung zugewiesen sind.

4.     Organisationsstrukturen und Arbeitsprozesse der Ver­waltung einschließlich der sie begründenden Rechts- und Verwaltungsvorschriften.

 

5.  sonstige Maßnahmen, die sich finanziell auswirken können,

 

(2) Der Rechnungshof kann nach seinem Ermessen die Prüfung beschränken und Rechnungen ungeprüft lassen.“

3. § 90 erhält folgende Fassung:

 

§ 90

Inhalt der Prüfung

Die Prüfung erstreckt sich auf die Einhaltung der für die Haushalts- und Wirtschaftsführung geltenden Vorschrif­ten und Grundsätze, insbesondere darauf, ob

 

1.  das Haushaltsgesetz und der Haushaltsplan eingehal­ten worden sind,

2.     die Einnahmen und Ausgaben begründet und belegt sind und die Haushaltsrechnung und die Ver­mögensrechnung ordnungsgemäß aufgestellt sind,

3.     wirtschaftlich und sparsam verfahren wird,

4.     die Aufgabe mit geringerem Personal- oder Sachaufwand erfüllt oder die Leistung der Verwaltung verbessert werden kann.“

 

Artikel II

Änderung des Gesetzes über den Rechnungshof von Berlin (Rechnungshofgesetz – RHG)

 

§ 2

 

§ 5 Absatz 2 des Gesetzes über den Rechnungshof von Berlin (Rechnungshofgesetz – RHG) vom 21. Juli 1966 (GVBl. S. 1145) in der Fassung vom 1. Januar 1980 (GVBl. S. 2) erhält folgende Fassung:

 

„(2) das Kollegium beschließt die Geschäftsordnung und die Grundsätze und Richtlinien für die Einheitlichkeit des Prüfungsgeschäftes. In der Geschäftsordnung ist auch zu regeln, welches Mitglied für die Überprüfung der Organi­sationsstrukturen und Arbeitsprozesse der Verwaltung, einschließlich der sie begründenden Rechts- und Verwal­tungsvorschriften nach § 89 Absatz 2 Ziffer 4 der Landeshaushaltsordnung, zuständig ist und wie die übri­gen Mitglieder des Kollegiums ihm ihre Erkenntnisse zugänglich machen. Die Geschäftsordnung ist dem Abge­ordnetenhaus und dem Senat mitzuteilen.“

 

Artikel III

Inkrafttreten

 

§ 3

 

(1) Das Gesetz tritt am Tage nach der Veröffentlichung im Gesetz- und Verordnungsblatt in Kraft.

 

(2) Das Gesetz wird für einen Zeitraum von fünf Jahren nach Inkrafttreten befristet. Danach entscheidet das Ab­geordnetenhaus von Berlin über die Aufhebung der Norm. Zu diesem Zweck legt der Senat dem Abgeordnetenhaus das Gesetz rechtzeitig vor Ablauf der Frist vor.

 

Begründung:

 

I. Allgemeine Begründung

 

Das Phänomen der Bürokratie ist immer wieder Gegenstand von Untersuchungen, sowohl in der Privat­wirtschaft, als auch in der öffentlichen Verwaltung. Be­steht jedoch in der Privatwirtschaft ein originäres In­teresse – und daraus folgend ein entsprechendes Instru­mentarium – im Sinne der Profitmaximierung, die mit einer Überbürokratisierung einhergehenden Kosten zu minimieren, gibt es einen solchen Mechanismus in der öffentlichen Verwaltung, deren Erfolg monetär praktisch nicht messbar sind , nicht.

 

Da Bürokratie unverzichtbar ist und jede Bürokratie eine Eigendynamik entfaltet, kann eine auf Dauer wirksame Entbürokratisierung nur erfolgreich sein, wenn sie als permanente Aufgabe begriffen wird. Während hinsicht­lich des Ressourceneinsatzes über die Finanzinforma­tions- und -steuerungssysteme grundsätzlich regelmäßig Daten erhoben werden und damit eine permanente Kon­trolle, zumindest theoretisch sichergestellt ist, gibt es bezüglich der Frage der fachlichen Interessen der Bürger bisher kein Instrument zur regelmäßigen Überprüfung der Bürokratie.

 

Um diese zu ermöglichen, müssen die Arbeitsprozesse dokumentiert sein. Die Dokumentation der Arbeitspro­zesse ist bei neuen Anforderungen (neue Vorschriften oder veränderte organisatorische Rahmenbedingungen) zeitnah fortzuschreiben. Durch den regelmäßigen Ab­gleich der Arbeitswirklichkeit (Ist-Zustand) mit den do­kumentierten Prozessen (Soll-Zustand), kann die Ent­wicklung überbordender Bürokratie frühzeitig erkannt und bekämpft werden.

 

Als logische Konsequenz aus der Abschaffung von Ver­waltungsvorschriften und der Befristung von Verwal­tungsvorschriften (siehe hierzu die korrespondierenden Anträge der CDU-Fraktion des Abgeordnetenhauses von Berlin „Entbürokratisierungsinitiative I und II“) ist die permanente Kontrolle durch eine unabhängige Instanz unabdingbar. Andernfalls wäre nicht gewährleistet, dass in absehbarer Zeit wiederum überflüssige Vorschriften erlassen werden.

Dieser „Bürokratie-TÜV“ sollte – unabhängig davon, dass er in den einzelnen Verwaltungen als permanente Managementaufgabe zu begreifen ist – durch eine unab­hängige und damit unbefangene Institution durchgeführt werden. Dabei ist gleichermaßen betriebswirtschaftlicher, juristischer und verwaltungspraktischer Sachverstand einzubeziehen, um keine kontraproduktiven Ergebnisse zu erzielen. Da Entbürokratisierung wesentlich für die wirt­schaftliche Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben durch die Verwaltung ist, ist es sachgerecht, eine solche Instanz dem Rechnungshof zuzuordnen.

 

Die Aufgaben des Rechnungshofs ergeben sich aus dem Haushaltsgrundsatzgesetz des Bundes , der Verfassung von Berlin und der Landeshaushaltsordnung. Sie sind methodisch grundsätzlich als Überprüfung der Buchfüh­rung angelegt. Zunehmend besteht jedoch das Erfordernis vor dem Hintergrund der Forderung des § 7 LHO, der seine Entsprechung in den einschlägigen Gesetzen des Bundes und der anderen Länder hat, über die ursprüng­liche Aufgabe hinaus, auch den betriebswirtschaftlichen Erfolg der Verwaltung zu überprüfen. Einen ersten, wenn auch schwachen, gesetzgeberischen Ausfluss hat diese Entwicklung bereits in der Aufgabenbeschreibung des § 42 Haushaltsgrundsätzegesetz:Der Rechnungshof prüft insbesondere Maßnahmen, die sich finanziell auswirken können“.

Dem Erfordernis einer Erfolgskontrolle kommen die Rechnungshöfe auch zunehmend nach.

 

 

 

II. Einzelbegründungen

 

Zu § 1 Ziffer 1:

 

Die Beratungsfunktion des Rechnungshofs wird stärker herausgearbeitet. Zusätzlich wird der Rechnungshof ver­pflichtet, sowohl dem Senat als auch dem Parlament Handlungsempfehlungen zu geben. So wird sichergestellt, dass mögliche Fehlentwicklungen im Bereich der Gesetz­gebung oder der Verwaltungsorganisation frühzeitig er­kannt und korrigiert werden können.

 

Zu § 1 Ziffer 2 und zu § 2:

 

Zusätzlich zu den bisherigen Aufgaben soll der Rech­nungshof als obligatorische Daueraufgabe die Überprü­fung von Organisationsstrukturen und Arbeitsprozesse der Verwaltung einschließlich der sie begründenden Rechts- und Verwaltungsvorschriften wahrnehmen. Er agiert damit im Rahmen seiner Prüfungen als „Bürokratie-TÜV“. Dabei obliegt die Organisation dieser Aufgabe dem Kollegium. Der Gesetzgeber stellt über die Änderung des Rechnungshofgesetzes lediglich sicher, dass die Auf­gabe einem verantwortlichen Kollegiumsmitglied zuzu­ordnen ist und dass innerhalb des Kollegiums hinsichtlich der Entbürokratisierung eine informatorische Vernetzung erfolgt.

 

Zu § 1 Ziffer 3:

 

Die Änderung der Ziffer 4 legt als zusätzliches Kriterium die Kundenorientierung fest. Gegenstand der Entbürokra­tisierung darf nicht nur der Aspekt der Kostensenkung sein. Auch hinsichtlich der Qualität der Dienstleistung gegenüber dem Bürger sind nach dem Wirtschaftlich­keitsprinzip des § 7 LHO Verwaltungsstrukturen und -prozesse zu überprüfen und ggf. zu optimieren.

 

Zu § 3:

 

Das Gesetz soll schnellstmöglich in Kraft treten.

 

 

 

 

 

Berlin, 31. August 2004

 

 

 

 

 

 

Zimmer  Wegner

und die übrigen Mitglieder der Fraktion der CDU

 

 

Ausschuss-Kennung : VerwRefKITgcxzqsq