Mitteilung – zur Kenntnisnahme –

 

 

Bürgernahe Dienstleistungen in der Verwaltung (1)

hier: Eckwerte für die weitere Entwicklung der Bürgerämter in Berlin

 

Drucksachen 15/777, 15/883,15/1351 und 15/2154 - Schlussbericht -

 

 

 

 

 

 

Anlagen:

Anlage 1 - Standortübersicht Bürgerämter, Stand: 10.09.2004

Anlage 2 - Kurzauswertung zur Meilensteinabfrage, Stichtag 31.12.2003,

                    zzgl. Aktualisierungen zu den Bezirken Neukölln und Treptow-Köpenick

Anlage 3 - Erfahrungsbericht GPO I

Anlage 4 - Übersicht über verfügbare Mittel aus der Anschubfinanzierung, Stand: 10.09.2004

Anlage 5 - Produktkatalog Bürgerservice, Version 7.0 

 

 

 

Die Senatsverwaltung für Inneres legt nachstehende Mitteilung dem Abgeordnetenhaus zur Besprechung vor:

 

 

Das Abgeordnetenhaus hat in seiner Sitzung am 31.10.2002 Folgendes beschlossen:

 

„Der Senat wird aufgefordert, in Wahrnehmung seiner Steuerungsverantwortung gesamtstädtisch einheitliche Rahmenbedingungen für die Bürgerdienste entsprechend der nachstehenden Eckwerte zu entwickeln, um im Rahmen der vorhandenen Haushaltsmittel ein Höchstmaß an Bürgerfreundlichkeit zu erreichen.

 

1.        Das Bürgeramt als zentrale Anlaufstelle für Bürgerinnen und Bürger

 

                  Das Bürgeramt wird die Anlaufstelle für alle An- liegen der Bürgerinnen und Bürger:

 

a)       Der Standardaufgabenkatalog für die Bürgerämter wird mit dem Ziel weiterentwickelt, dass die Bürgerinnen und Bürger hinsichtlich all ihrer Anliegen zumindest die erforderlichen Anträge im Bürgeramt stellen können, unabhängig von der internen Zuständigkeit der Landes- und Bezirksverwaltungen.


b)       Bis Ende 2003 sind die im Standardaufgabenkatalog für die Bürgerämter enthaltenen Leistungen in allen Bürgerämtern als Mindestangebot vorzuhalten. Das hindert die Bezirke nicht, darüber hinausgehende Leistungen anzubieten, soweit sie nicht in den Aufgabenbereich der Stellen für Wirtschaftsberatung und Wirtschaftsförderung im Sinne des § 37 Abs. 4 des Bezirksverwaltungsgesetzes oder der in der Sozial- und Jugendhilfe vorgesehenen besonderen front-office Bereiche gehören.

 

c)       Zugleich ist im engen Zusammenwirken zwischen den beteiligten Stellen die qualifizierte Bearbeitung weiterer Leistungen vorrangig aus dem bezirklichen Aufgabenspektrum in die Bürgerämter zu verlagern.

 

 

2.        Erweiterung der Öffnungszeiten

 

Ab sofort werden die Öffnungszeiten über den bisherigen Umfang von 30 Wochenstunden hinaus schrittweise, aber deutlich und bedarfsgerecht  erweitert. Als erster Schritt soll bis Januar 2003 in jedem Bürgeramt eine zweite Spätsprechstunde eingerichtet werden. Die Personalvertretungen und  Gewerkschaften sind bei der Umsetzung zu beteiligen.

 

 

3.   Freie Wahl des Bürgeramts - Landesweite Zuständigkeit

  Bürgerinnen und Bürger sollen unabhängig von ihrem Wohnbezirk das Bürgeramt ihrer Wahl besuchen können. Bis 2006 muss daher in den Bürgerämtern die landesweite Zuständigkeit bei allen nach dem zu erweiternden Standardaufgabenkatalog angebotenen Dienstleistungen hergestellt sein.

 

 

4.        Mobile Bürgerämter

 

Vor allem in den Außenbezirken könnten an geeigneten Orten ab 2005 mobile Anlaufstellen mit dem Leistungsspektrum der Bürgerämter als ergänzendes Angebot vorgesehen werden.

 

 

5.        Interne Organisation optimieren

 

a)       Ziel der Organisationsstruktur ist es, dass Bürgerinnen und Bürger ihre Anliegen in der Regel mit einmaligem Vorsprechen im Bürgeramt und ohne lange Wartezeit abschließend erledigen können.

b)       Es wird, insbesondere durch die Einbindung der Fachverwaltungen, sichergestellt, dass die in den Bürgerämtern landeseinheitlich angebotenen Dienstleistungen jederzeit dem neuesten Rechts-, Organisations- und Ablauf-Stand entsprechen.

c)       Informationsmaterialien über Bürgerämter und deren Leistungsangebote, einschließlich der dazu gehörenden Informationsmaterialien, sollten mehrsprachig gefasst sein.

d)       Die zunächst für die Bürgerämter geschaffene Infrastruktur (Start-Infosystem) ist zielführend weiter zu entwickeln und für weitere Vertriebswege (z.B. Internet, Call Center) verfügbar zu machen.

e)       Bis Ende 2003 ist generell durchzusetzen, dass in den Bürgerämtern jede bzw. jeder Beschäf-tigte alle dort angebotenen Leistungen (einschließlich der Melde-, Pass- und Ausweisangelegenheiten) bearbeitet (Allzuständigkeitsprinzip).

f)        Die dezentrale organisatorische Bewältigung standortbedingter Besonderheiten, wie beispielsweise der zeitlich unterschiedlichen Verteilung der Nachfrage nach den angebotenen Leistungen durch die Bürgerinnen und Bürger, ist zu ermöglichen, etwa durch eine standort- und bezirksbezogen teilautonome Arbeitszeitgestaltung.

g)       Zur Ermittlung der regionalen Leistungsnachfrage ist mit dem Instrument des Kundenmonitoring zu arbeiten, um möglichst objektive Entscheidungsgrundlagen für die organisatorische Umsetzung zu haben.“

 

 

 

Die Senatsverwaltung für Inneres hat auftragsgemäß mit der Mitteilung – zur Kenntnisnahme – vom 30.01.2003 und 17.10.2003 die dazu eingeleiteten Maßnahmen dargestellt. Über den nunmehr erreichten Sach- und Arbeitsstand wird im Kontext mit den Ergebnissen des Controllings – vgl. Auflagenbeschluss Nr. II B 29 zum Haushalt 2002, Drs. 15/581 - und den dazu vorgenommenen Erörterungen mit den bezirklichen Verantwortungsträgern (Politik- und Verwaltungsebene) abschließend berichtet:

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


 

Inhalt

 

1.       Zusammenfassung-- 4

2.       Vorbemerkung-- 4

3.       Auftrags- und Ausgangslage- 5

4.       Zielsetzung, Vorgehen und Zielerreichung-- 5

4.1.               Standorte- 6

4.2.               Organisation- 6

4.3.               Anschubfinanzierung, Vereinbarungen, Controlling- 6

5.       Besondere Aufgabenschwerpunkte- 7

5.1.               Standardaufgabenkatalog, Dienstleistungsangebot 7

5.2.               Öffnungszeiten- 7

5.3.               Wartezeiten- 7

5.4.               „Landesweite Zuständigkeit“- 8

5.5.               Mobile Bürgerämter 8

5.6.               Infosystem / Internetmandant 8

5.7.               Bürger-Telefon- 9

5.8.               Pilotierung von Zahlungssystemen- 9

5.9.               Budgetierung der Bürgerämter 10

5.10.             Qualifizierung, gebündelte Aufgabenwahrnehmund (Allzuständigkeit) 10

6.       Ausblick-- 11


 

1.       Zusammenfassung

Die Senatsverwaltung für Inneres hat das mit dem Auftrag des Senats vom 4. April 1997 erwünschte Ziel erreicht, gemeinsam mit den Berliner Bezirken alle notwendigen organisatorischen, informationstechnischen und finanziellen Voraussetzungen zu schaffen, um Bürgerämter in den Bezirken einzurichten und Bürgerinnen und Bürgern an allen Standorten gleiche Beratung und Bearbeitung ihrer Anliegen anzubieten.

 

·         Das Projektziel war, basierend auf den Erkenntnissen einer Vorstudie (Machbarkeitsstudie) 60 Bürgerämter in Berlin einzurichten.

        Die im Mai 2004 erreichte Anzahl von 41 Standorten (unter Einbeziehung von Doppelstandorten kapazitär 55) wird nach Planung und Zusage der Bezirke bis Jahresende 2004 auf 46 Standorte (unter Einbeziehung von Doppelstandorten kapazitär 61) gesteigert werden. Auch wenn die Zahl der Anlaufstellen in den Bezirken zwischen fünf und drei differiert, ist im Ergebnis am Bundesvergleich orientiert eine ausreichende Anzahl von Anlaufstellen für Bürgerinnen und Bürger geschaffen worden.

·         Projektauftrag war die Umsetzung des § 37 Abs. 4 Bezirksverwaltungsgesetz (BezVG). Hiernach sollen in den Bürgerämtern die hauptsächlichen, in den Bezirksverwaltungen nachgefragten Dienstleistungen zusammengefasst und wenn möglich abschließend bearbeitet werden. Zusätzliche Behördengänge sollen vermieden werden.
Leistungsbreite und -tiefe aller in den Bürgerämtern angebotenen Dienstleistungen sind gemeinsam mit den Bezirken ausgewählt und beschrieben worden und stehen an allen Arbeitsplätzen dokumentiert im Infosystem zu Verfügung. In der praktischen Umsetzung gibt es jedoch noch deutlich Ungleichgewichtigkeiten in den Bezirken. Deshalb entwickelt gegenwärtig eine Arbeitsgruppe der Bezirke unter Beteiligung der Senatsverwaltung für Inneres und für Finanzen sowie des Landeseinwohneramtes Berlin gemeinsam mit der Deutschen Hochschule für Verwaltungswissenschaft Speyer und der KGSt Qualitätsstandards und -indikat-oren, die zugleich auch Grundlage für das Budgetierungsmodell bilden sollen.

·         Alle bürgerrelevanten Informationen zu den derzeit in den Bürgerämtern angebotenen 94 Dienstleistungen sind im Infosystem für das Internet aufbereitet und werden in diesem Jahr im Verwaltungsführer bei berlin.de eingestellt.

·         Noch während des Projektverlaufes wurden die (Mindest-) Öffnungszeiten berlinweit von ursprünglich zum Teil nur 19 auf zunächst 30 und inzwischen mindestens 31 Wochenstunden (plus Mittwochs Sprechstunde nach Vereinbarung) vereinheitlicht und ausgeweitet.

·         Ca. Dreiviertel aller mehr als 700 Beschäftigten wurden bisher ergänzend für eine gebündelte Aufgabenwahrnehmung (Allzuständigkeit) qualifiziert. Damit ist sichergestellt, dass in allen Bürgerämtern aufgabenverzahnt, d.h. Mehrfachanliegen „aus einer Hand“ bearbeitet werden können. Tatsächlich kommt es jedoch zu unterschiedlichen Leistungsangeboten in den einzelnen Bürgerämtern, die kurzfristige Lösungen erforderlich machen. Dies gilt auch für die angestrebte einheitliche Vergütung der Sachbearbeiter/innen nach Vgr. V C BAT.

·         Im Projektverlauf wurden die Auswirkungen der Bezirksfusion und die Abschichtung der Meldeangelegenheiten vom Landeseinwohneramt in die Bezirke berücksichtigt.

·         Zusammenfassend ist festzustellen, dass der Entwicklungsstand der bezirklichen Bürgerämter unterschiedlich ist und aus Sicht der Senatsverwaltung für Inneres eine z.T. noch stärkere Priorisierung in der jeweiligen bezirklichen Arbeit erforderlich macht.

 

2.       Vorbemerkung

Die Senatsverwaltung für Inneres nimmt den Projektabschluss zum Anlass, dem Abgeordnetenhaus abschließend zu berichten. Die Senatsverwaltung für Inneres hat dem Parlament zuvor regelmäßig über den Projektfortschritt berichtet. Zuletzt erfolgten am 12. Februar 2004 im Ausschuss für Verwaltungsreform und Kommunikations- und Informationstechnik eingehende Erörterungen auf Grundlage der Mitteilung – Zur Kenntnisnahme – Bürgernahe Dienstleistungen in der Verwaltung (1) Eckwerte für die weitere Entwicklung der Bürgerämter in Berlin – Drsn Nr. 15/777 und 15/883 - 2. Zwischenbericht – Drs. 15/2154 vom 17.10.2003 und des ergänzenden Schreibens „Bilanz und Neuausrichtung des Projektes Bürgerdienste“ vom 6. Februar 2004.

 

 

 

 Der jetzt vorgelegte Abschlussbericht konzentriert sich auf

·         eine Zusammenfassung notwendiger Hinweise zur Auftragslage und Zielsetzung,

·         den Grad der Zielerreichung,

·         die Darstellung besonderer Problemlagen, Aufgabenstellungen und Lösungen

·         den Stand der Umsetzung des Eckwertebeschlusses

·         einen Ausblick.

 

Status, Funktionsfähigkeit und Qualität der Bürgerämter unterlagen bereits während der Aufbauphase regelmäßig der kritischen Begleitung durch die öffentlichen Medien. Zuletzt wurden die Bürgerämter verschiedenen Tests verwaltungsexterner Einrichtungen unterzogen. Die sich daraus ergebenden Erkenntnisse, soweit diese nicht schon im Bericht unter Tz. 5, „besondere Aufgabenschwerpunkte“ behandelt sind, werden im Rahmen der Folgeaufträge , Tz. 6, „Ausblick“, durch die jeweiligen Linienverantwortlichen in den Bezirken und der Leitstelle des Landeseinwohneramtes ihre Berücksichtigung finden.

 

3.       Auftrags- und Ausgangslage

Ein Ziel des Abgeordnetenhauses und des Senats von Berlin war Mitte der neunziger Jahre, die Verwaltungsreform für die Bürgerinnen und Bürger erlebbar zu machen und den Bürgerinnen und Bürgern die überwiegend nachgefragten Verwaltungsdienstleistungen an einem Ort (One-Stop shopping) aus einer Hand (On Face to the Customer) anzubieten. Als eine Maßnahme zur Zielerreichung war die Errichtung von Bürgerämtern vorgesehen, die zudem in § 37 Abs. 4 Bezirksverwaltungsgesetz (BezVG) festgeschrieben wurde.

 

Zur Umsetzung der Ziele hat der Senat mit Beschluss vom 04.04.1997 die Senatsverwaltung für Inneres beauftragt, „ ... eine Projektgruppe einzurichten, die die Meldestellen des Landeseinwohneramtes, die Bezirkseinwohnerämter und weitere bürgerbezogene Einrichtungen dahingehend untersucht, welche Organisationsstruktur unter Beachtung der Oberziele der Verwaltungsreform und der Kosten optimale Bürgerfreundlichkeit realisiert.[...]“.

 

Die Senatsverwaltung für Inneres hat nach vorangegangener Machbarkeitsstudie und fünfjähriger Projektlaufzeit den Auftrag des Senats abgeschlossen und das Projekt Bürgerdienste am 31. Dezember 2003 beendet. Damit wird diese Aufgabenerledigung voll in die jeweilige Linienverantwortung überführt. Die konkrete Arbeit in den Bürgerämtern einschließlich des Einhaltens der bisher in den Vereinbarungen über die Anschubfinanzierung einvernehmlich definierten und vereinbarten Qualitätsstandards obliegt den Bezirken. Die ggf. erforderliche landesweite Koordination der notwendigen Weiterentwicklungen insbesondere bei der Umsetzung der Eckwertbeschlüsse (Drsn Nr. 15/777 und 15/883) nimmt die Leitstelle Bürgerdienste im Landeseinwohneramt Berlin vor. Die Senatsverwaltung für Inneres übernimmt dabei weiterhin die Steuerung der Entwicklung gesamtstädtischer einheitlicher Rahmenbedingungen für die Bürgerdienste.

Mit der Bildung einer bezirklichen Arbeitsgruppe für die Weiterentwicklung von Qualitäts- und Leistungsstandards und daraus abzuleitenden Organisationsstandards der Bürgerdienste (siehe T.Z. 5.9, Budgetierung der Bürgerämter) auf der Grundlage der Ergebnisse des Monitorings sind die Bezirke in der Verantwortung, die sich daraus ergebenden finanzpolitischen Entscheidungen mitzutragen. Die Bezirke haben selber über die Nutzung dieses Instruments entschieden. Die Festlegung der Anforderungskriterien für die Budgetierung der Bürgerämter schließt die weitere von den Bezirken zu tragende und von SenInn strategisch zu begleitende Diskussion um Qualitätsstandards für die Arbeit der Bürgerämter nicht aus, sondern fordert diese im Sinne eines kritischen Impulses heraus. Mit der Bildung der bezirklichen Arbeitsgruppe und der Durchführung des landesweiten Kundenmonitors ist die Möglichkeit gegeben, zu empirisch fundierten und zukunftsorientierten Qualitätsindikatoren für die Arbeit der Bürgerämter zu kommen. In diesem Prozess wird die Innenverwaltung eine strategisch steuernde (Umsetzung des Eckwertebeschlusses) und das LEA eine koordinierende Funktion übernehmen. Die von der bezirklichen Arbeitsgruppe entwickelten Qualitätsaspekte für die Arbeit der Bürgerämter müssen Berücksichtigung finden bei der Finanzmittelzuweisung (Neufestsetzung der Budgetierung).

 

4.       Zielsetzung, Vorgehen und Zielerreichung

Die Projektarbeit hatte insbesondere folgende Aufgabenstellung:

Einrichtung einer am Bundesvergleich orientierten ausreichenden Anzahl von Bürgerämtern (dort 40.000 Einwohner pro Bürgeramt) als Anlaufstelle für Bürgerinnen und Bürger zur möglichst abschließenden Identifikation und Behandlung von Mehrfachanliegen. Hierzu war im Interesse der Beschäftigten und unter deren Einbeziehung und Qualifizierung (zum sog. allzuständigen Einheitssachbearbeiter) ein Organisationsentwicklungsprozess durchzuführen. Die Erfahrungen aus dem laufenden Verwaltungsreformprozess sowie die Erkenntnisse des Projektes „Modellbezirksamt“ waren einzubeziehen. Damit stand als aufbauorganisatorisches Modell eine „Front-Back-Office-Organisation“ in den Bezirken fest. Das abzuleitende Projektkernziel war folgerichtig die Entwicklung des Front-Office-Bereichs, also des Bürgeramtes.

 

4.1    Standorte

 

Tatsächlich wurde bei der Bemessung der Anzahl der Bürgerämter für Berlin abweichend vom Bundesdurchschnitt eine um 20.000 höhere Richtgröße von 60.000 Bürgern pro Bürgeramt zu Grunde gelegt, da die Entlastungseffekte durch die prognostizierte zunehmende Nutzung des Internet- und künftiger Call-Center-Funktionalitäten (jetzt: Berlin-Telefon) sowie Effizienzsteigerungen durch Geschäftsprozessoptimierungen (u.a. auch mobile Dienste) bereits eingerechnet wurden. Im Ergebnis waren also 60 Bürgerämter in 12 Bezirken (fünf pro Bezirk) mit einer durchschnittlichen Personalausstattung von ca. 12 Dienstkräften pro Standort oder mehr als 20 Dienstkräften pro Doppelstandort einzurichten.

Terminliche Verzögerungen bei der Zielerreichung haben sich auf Grund von Schwierigkeiten bei der bürgernahen Standortauswahl, Anmietung oder dem Bau ergeben und sind angesichts der Dimension und des Gesamtrealisierungszeitraumes beginnend ab Fertigstellung aller Grundkonzepte von weniger als vier Jahren durchaus vertretbar. Das anspruchsvolle Ziel wird dennoch bis Ende 2004 mit 61 Bürgerämtern an 46 Standorten erreicht sein

 

4.2    Organisation

 

Mindestens ebenso komplex wie die Einrichtung von ca. 720 Bürgeramtsarbeitsplätzen an 46 Standorten im gesamten Stadtgebiet war die inhaltliche Ausgestaltung der Bürgerämter. Zunächst waren 23 Bezirke, später 12 Bezirke, und das Landeseinwohneramt einzubeziehen und  ein gemeinsames Grundverständnis zu entwickeln, das letztlich in die Organisationsrichtlinien eingeflossen ist. Die darauf aufsetzende eigentliche Organisationsarbeit wurde auftragsgerecht grundsätzlich als moderierter Prozess im Arbeitskreis Bürgerämter/Bürgerservice und seinen Arbeitsgruppen betrieben. Dies gewährleistete zugleich eine hohe Akzeptanz der Arbeitsergebnisse bei den Betroffenen.

 

Es sind in Abstimmung mit den Bezirken u.a. folgende Handlungshilfen zu den Komplexen Organisation, Personal und Technik erarbeitet worden:

·         Ratgeber „Von der Bürgerberatung zum Bürgeramt - Erste Schritte für die Einrichtung von Bürgerämtern -“,

·         Ratgeber für die Standortplanung und -auswahl sowie

·         Ratgeber für die Einrichtung und Ausstattung künftiger Bürgerämter,

·         Dienstleistungsstandards in Umfang und Güte (Standardaufgabenkatalog), sowie schließlich

·         Mindest- und Rahmenbedingungen für die Einrichtung und den Betrieb der Bürgerämter.

 

4.3    Anschubfinanzierung, Vereinbarungen, Controlling

 

Zur finanziellen Absicherung des Vorhabens wurden in Umsetzung des entsprechenden Parlamentsauftrages folgende Mittel für die Anschubfinanzierung zur Einrichtung der Bürgerämter (rd. 4,94 Mio. €), die Qualifizierungsmittel für die bezirklichen Bürgeramtsbeschäftigten (rd. 1,1 Mio. €) sowie die Mittel für die Konzipierung und Entwicklung der IT-Unterstützung (Infosystem sowie Weiterentwicklungen; rd. 2,58 Mio. €) in Höhe von insgesamt rd. 8,62 Mio. € aus dem Einzelplan 05 der Senatsverwaltung für Inneres zur Verfügung gestellt. Die Bezirke haben sich darüber hinaus mit Komplementärmitteln aus ihren Haushalten an der Realisierung dieses Vorhabens beteiligt.

 

Mit allen 12 Bezirken wurden zwischen Oktober 2000 und August 2001 jeweils bilaterale Vereinbarungen über die Anschubfinanzierung für die Einrichtung von Bürgerämtern abgeschlossen, die sowohl die Voraussetzungen für die Ausreichung der Mittel als auch die jeweiligen Verpflichtungen (u.a. Zeit- und Maßnahmenplan, Mindestöffnungszeiten, Standardaufgabenkatalog, Verpflichtung zur Mitarbeit an der zentralen Beschaffung und Nutzung des Infosystems und Einführung von bargeldlosen Zahlungsverfahren usw. sowie Zulieferungen zum halbjährlichen Controlling) bei der Einrichtung der Bürgerämter fixierten.

Die Controllingberichte wurden auch zur Ermittlung von Planungsabweichungen genutzt. Wegen der durch den Hauptausschuss eingeforderten Beschränkung auf wenige Merkmale hat es sich als zweckmäßig erwiesen, die Controllingergebnisse und ggf. spezifische weitergehende Fragestellungen möglichst mit allen politisch verantwortlichen Bezirksamtsmitgliedern und Leitungen der LuVs Bürgerdienste zu erörtern. Diese Kontakte führten in sechs Fällen zu Modifikationen der Vereinbarungen, die auch zu der  Zielerreichung hinsichtlich der angestrebten Anzahl von 60 Bürgerämtern – allerdings mit zeitlicher Verzögerung um voraussichtlich bis zu einem Jahr – beigetragen haben.

 

5         Besondere Aufgabenschwerpunkte

Im Folgenden werden besondere Aufgabenschwerpunkte sowie der jeweilige Realisierungsstand dargestellt.

5.1    Standardaufgabenkatalog, Dienstleistungsangebot

Nach Angaben der Bezirke werden in den Bürgerämtern derzeit zwischen 13 und 18 der Standardaufgaben (Produktkatalog 7.0) mit insgesamt 94 Dienstleistungen angeboten. Selten werden zusätzlich mehr als zwei optionale Aufgaben angeboten. Beratungsdienstleistungen in Bürgerämtern über Produkte anderer Fachbereiche wurden kaum durch eine anteilige Ressourcenverlagerung „honoriert“. Daher ist eine abnehmende Bereitschaft erkennbar, im Interesse der Bürgerinnen und Bürger zusätzliche Dienstleistungen zu erbringen, die dann aber in den Bürgerämtern nicht budgetiert werden. Bei knapper werdenden finanziellen und damit verbundenen personellen Kapazitäten konzentrieren sich die Bezirke auf die „Pflicht“-Aufgaben. Eine aktuelle Übersicht ist in Anlage 5 beigefügt.

 

5.2    Öffnungszeiten

 

In der Projektarbeit wurde auch bei den Öffnungszeiten auf eine berlineinheitliche Gestaltung wert gelegt. Die im Jahr 2003 vereinbarten neuen Öffnungszeiten werden auch von allen Bezirken umgesetzt, d.h. es gibt zwei Spätsprechtage, 31 Wochenstunden Öffnungszeit einschließlich der Sprechzeiten mit Terminvergabe. Die Bezirke Lichtenberg und Marzahn–Hellersdorf gehen sogar darüber hinaus und bieten 2 bzw. 4 Std./Woche mehr an:

·                     Lichtenberg verlängert die Öffnungszeiten an den Spätsprechtagen bis 19 Uhr,

·                     Marzahn-Hellersdorf öffnet jeweils eine Stunde früher, also bereits um 7 Uhr bzw. um 10 Uhr.

Allerdings zeigen Beobachtungen der Bürgerämter zuletzt ein unterschiedliches, möglicherweise bezirks- oder ortsteilspezifisches Kundenbesuchsverhalten an verschiedenen Standorten, das auch dazu führt, dass einzelne Bürgerämter häufig schon vor dem Ende der jeweiligen Öffnungszeiten ihre tägliche  Bedienkapazität erreicht haben. Dies führt wiederum zu Einschränkungen für die betroffenen Bürgerinnen und Bürger. Um hier zu gesicherten Erkenntnissen zu gelangen, ist die Durchführung eines landesweiten Kundenmonitors vorgesehen. Er wird derzeit von den Bezirken gemeinsam mit der Leitstelle Bürgerdienste im Landeseinwohneramt vorbereitet. Aufbauend auf Vorarbeiten des Bezirks Marzahn-Hellersdorf, Amt für Bürgerdienste, wird dieser in allen Bezirken in Form einer repräsentativen, komplexen Befragung der Bürgerinnen und Bürger voraussichtlich im IV. Quartal 2004 durchgeführt. In diesem Zusammenhang werden auch die Öffnungszeiten Gegenstand der Befragung sein.

 

5.3    Wartezeiten

 

Im Projektverlauf haben sich die Wartezeiten der Bürgerinnen und Bürger unterschiedlich entwickelt. Waren anfangs in den ersten Bürgerämtern eher kurze Wartezeiten zu beobachten, haben sich die Wartezeiten mit der räumlichen Integration der Meldestellen teilweise stark ausgedehnt. Die Meldestellen haben ihre temporär hohen Wartezeiten mitgebracht. Der zur Bewältigung dieses Problems vorher im Landeseinwohneramt praktizierte landesweite standortübergreifende tagesaktuelle Personalausgleich kann nach erfolgter Personalabschichtung auf Basis der Einwohnerzahlen (RdB-Beschluss) „nur“ noch teilweise bezirksweit vorgenommen werden. Zur Lösung des grundsätzlichen Problems einer bedarfs- und qualitätsgerechten Budgetierung wird im Rahmen des vom Rat der Bürgermeister eingerichteten Projektes zur Ermittlung von Kennzahlen und Durchführung einer Kundenbefragung ein Entscheidungsvorschlag entwickelt (siehe Tz. 5.9 „Budgetierung“). Unabhängig hiervon liegt es in der Steuerungsverantwortung aller Bezirke, das Problem der Belastungsspitzen und damit einhergehend starker Abweichungen bei den Wartezeiten durch einen tagesaktuellen standortübergreifenden Personalausgleich zu reduzieren. Eine weitere, nunmehr auch berlinweit zu realisierende dezentrale Steuerungsmaßnahme muss die Ausrichtung der Dienstzeit insbesondere der Teilzeitdienstkräfte an den erwarteten Besucherspitzen sein. Zwischen dem Senat und den Bezirksbürgermeister/innen ist in der Klausurtagung am 26. März 2004 vereinbart worden, zunächst eine Analyse der Fallzahlen und Bearbeitungszeiten in den einzelnen Bezirken vorzunehmen.

 

 

5.4    „Landesweite Zuständigkeit“

 

Die AG „Standardaufgaben“ der Bezirke erachtet in ihrem Abschlussbericht - auch im Sinne einer bürgernahen Verwaltung - die Beratung und Antragsannahme durch die Bürgerämter über ihre örtliche Zuständigkeit hinaus als erforderlich. Hierzu wird eine Schnittstellenanalyse zum jeweiligen Fachamt bzw. aller Fachämter zum Bürgeramt als zwingend notwendig angesehen. Entsprechend der Entwicklung der Bürgerämter zu der Anlaufstelle für alle Anliegen der Bürgerinnen und Bürger (vgl. sog. Eckwerte-Beschluss vom 30.10.2002 - Drs. 15/777 - ) ist eine förmliche Verpflichtung der Bürgerämter angezeigt, Anträge, die in ihr fachliches Aufgabenspektrum fallen, auch bei örtlicher Unzuständigkeit entgegenzunehmen und an das jeweils zuständige Bürgeramt weiterzuleiten. Sie sollen zuvor den Antragsteller in Bezug auf die Vollständigkeit der Anträge beraten. Die Überlegungen zu einer Novelle des VGG gehen dahin, den Senat ausdrücklich zu ermächtigen, durch Verwaltungsvorschriften die in jedem Bürgeramt mindestens zu erledigenden Aufgaben zu bestimmen. Es würde sich anbieten, die o.g. Regelung im Rahmen dieser Verwaltungsvorschriften zu treffen.

 

5.5    Mobile Bürgerämter

 

Im Projekt Mobile Bürgerdienste „MoBüD“ konnten, dem Zeitplan entsprechend, im November und Dezember 2003 die ersten Testszenarien des mobilen Bürgeramtes unter Beteiligung von Mitabeitern der Bezirke Pankow und Spandau durchgeführt werden. Im Vorfeld dieser Feldtests wurden die technischen Voraussetzungen in Zusammenarbeit mit dem LIT und dem LEA erfolgreich erprobt. Im Feldtest wird ein „Bürgerberatungs-Koffer“ eingesetzt, mit dem mobile Bürgeramts-Dienstleistungen durchgeführt werden können. Der Koffer (Beschaffungskosten rd. 5.000 €) enthält alle dafür wichtigen Komponenten (Notebook, Drucker, Netzzugang etc.) in ergonomisch sinnvoller Anordnung. Die mobile Nutzung des bereits in den stationären Bürgerämtern etablierten Infosystems soll helfen, den Beschäftigten für ihre Beratungstätigkeit umfassende fachliche und allgemeine Informationen über die Dienstleistungen der Bürgerämter auf einfache Weise anzuzeigen und diese zu verarbeiten. Der ebenso eingerichtete sichere mobile Datentransfer zum IT-Verfahren Einwohnerwesen (EWW) ermöglicht es, fast das gesamte Dienstleistungsportfolio eines stationären Bürgeramtes auch mobil anzubieten. Sobald die technische und rechtliche Machbarkeit des Probebetriebs im Rahmen dieses Forschungsvorhabens erfolgreich nachgewiesen ist, ist es möglich, an verschiedenen Orten Bürgeramts-Dienstleistungen anzubieten, ohne vorher in Ausstattung bzw. Raumkosten investieren zu müssen. Dazu werden bereits vorhandene öffentliche Gebäude temporär für die Durchführung von Bürgeramts-Dienstleistungen genutzt oder Kooperationsverträge mit externen Partnern geschlossen. Dadurch werden stationäre Bürgerämter entlastet und Einsparpotenziale generiert. Eine Wirtschaftlichkeits- und Potenzialanalyse ist Bestandteil der Projektdurchführung. Das Projekt läuft planmäßig, alle Teilziele wurden bisher erreicht.

Als weitere Anwendungsbereiche des Produkts bzw. der entwickelten Dienstleistung „Sicherer drahtloser Datentransfer ins Berliner Landesnetz“, sind Nutzungen im Bereich der Ordnungsaufgaben, Geoinformation, Bau, Gewerbe und Umwelt denkbar.

Die Senatsverwaltung für Inneres hatte sich am 3. E-Government -Wettbewerb 2002/03 der Firma Bearing Point und Cisco Systems beteiligt und für die Idee eines  „Amtes, das zum Bürger kommt“ auf der CeBIT 2003 den 1. Preis erhalten.

Im Rahmen des ebenfalls prämierten media@komm-Transfers bietet MoBüD erfolgreich anderen Städten Kooperationen an.

 

 

5.6    Infosystem / Internetmandant / IT-Ausstattung

 

Nach der Mitte 2001 durchgeführten EU-weiten Ausschreibung des Infosystems und der anschließenden technischen Realisierung stehen ab Januar 2002 alle Grundfunktionalitäten einer arbeitsablaufunterstützenden Software fehlerfrei den Bezirken im Probebetrieb unter Echtbedingungen zur Verfügung. Bisher nicht vollständig erreicht wurde jedoch eine flächendeckende Akzeptanz und Nutzung des Systems. Unverändert werden vereinzelt die Langsamkeit, Fehlerhaftigkeit und Inkompatibilität als Gründe angegeben. Die Probleme liegen dabei im Wesentlichen in dezentralen Infrastruktureinstellungen, sowie in fehlerhaften Dateneingaben. Diese Probleme sind überwiegend nur dezentral lösbar. Die IT-Ausstattung der Bürgerämter wurde von den Bezirken z.T. beklagt und kritisiert. Auf Nachfrage der Senatsverwaltung für Inneres in den Bezirken sind zwischenzeitlich alle Probleme gelöst worden. Gleichwohl ist für das Infosystem eine zentrale Verfahrensverantwortung zur Steuerung und Koordinierung erforderlich. Seit dem 1. April 2004 nimmt die beim LEA eingerichtete Geschäftsstelle diese Aufgabe wahr.

Der Internet-Mandant des Infosystems bedurfte vor der bereits avisierten Inbetriebnahme noch der abschließenden Abstimmung vorrangig mit den Verantwortlichen der Portale von „berlin.de“ (Verwaltungsführer) und „Bürger aktiv Berlin“, da inzwischen auch die dort in anderer Redaktionsverantwortung bereitgestellten Informationen z.T. inhaltsgleich waren. Angestrebt wird eine zügige Freischaltung in 2004.

 

5.7    Bürger-Telefon

 

Neben persönlichem Erscheinen im (mobilen) Bürgeramt oder schriftlichem bzw. elektronischem Kontakt ist der Aufbau einer Call Center Funktionalität als weiterem Kommunikationskanal für die Bürgerdienste erforderlich. Entsprechende vorbereitende Arbeiten im Arbeitskreis Bürgerämter sind vom Bezirk Mitte aufgegriffen worden und haben zur Einrichtung eines „Call Centers für die Bürgerämter in Mitte“ geführt. Damit werden zugleich vorbereitende Aktivitäten vor Ort geleistet, die in die landesweiten Aktivitäten zum Aufbau des Berlin Telefons integriert werden können. Über Maßnahmen des Bezirks Tempelhof-Schöneberg zur Verbesserung der telefonischen Erreichbarkeit und zur Entlastung der Sachbearbeiter im Front-Office-Bereich wurde bereits berichtet (2. Zwischenbericht vom 17.10.2003 – Anlage 1 Tz. 7. -). Zum Aufbau des landesweiten Berlin-Telefons durch den LIT ist das Ausschreibungsverfahren zwischenzeitlich abgeschlossen und die Zuschläge für die Realisierung sind erteilt.

 

5.8    Pilotierung von Zahlungssystemen

 

Aus dem Erfordernis heraus, Zahlungen wirtschaftlich, möglichst automatisiert, auch außerhalb der üblichen Öffnungszeiten der Bezirkskasse und in räumlicher Nähe zum Pilotbürgeramt im Bezirk Köpenick zu ermöglichen, wurde bereits im Jahre 2000 ein Zahlungssystem beschafft und eingesetzt. Das Projekt Bürgerdienste der Senatsverwaltung für Inneres hat dieses Vorhaben im Rahmen einer Zielvereinbarung teilweise finanziert und begleitet. Ein wesentlicher sichtbarer Bestandteil dieses Zahlungssystems ist ein Einzahlautomat, an dem Bürgerinnen und Bürger die für Dienstleistungen des Bürgeramtes anfallenden Gebühren bar einzahlen können. Weitere Bestandteile des Zahlungssystems sind die Möglichkeiten der unbaren Einzahlung mittels ec-cash an Multifunktionsterminals direkt am Sachbearbeiterplatz. Die eigentliche Effizienzsteigerung wird jedoch durch die dem Zahlungssystem zu Grunde liegende Buchhaltungssoftware und die von der Senatsverwaltung für Finanzen freigegebene Schnittstelle zu ProFISKAL erreicht. Manuelle Buchungen in den Bürgerämtern konnten entfallen, die Öffnungszeiten von Bürgerämtern und Bezirkskassen konnten entkoppelt werden.

Die Ergebnisse dieses Pilotvorhabens sind in einen vom BA Köpenick erstellten Erfahrungsbericht eingeflossen und waren Arbeitsgrundlage für die Entwicklung eines Musterpflichtenheftes für Zahlungssysteme. Neben fachlichen, organisatorischen und informationstechnischen Anforderungen sind auch die Bedürfnisse der Bürgerinnen und Bürger mit Behinderung berücksichtigt worden.

Das Bezirksamt Spandau hat im Jahr 2001 auf der Basis dieses Pflichtenheftes europaweit ein Zahlungssystem ausgeschrieben und im Ergebnis Software und Einzahlautomaten beschafft, die über den Einsatz des Bereichs der Bürgerämter hinausgehen. Auch dieses Pilotprojekt wurde von ProBüD begleitet und anteilig finanziert.

Das Musterpflichtenheft wurde allen übrigen Bezirken sowie der Senatsverwaltung für Finanzen Ende 2001 zu Verfügung gestellt. Letztere ließ im Vorfeld landesweiter Aktivitäten (Projekt Kassenkooperation) Anfang 2003 sowohl die Pilotvorhaben in Treptow-Köpenick als auch in Spandau evaluieren.

Insgesamt ist die Einführung von Zahlungssystemen sowohl in den Dienststellen (Vertriebsweg "persönlicher Besuch") als auch im Internetauftritt berlin.de (Vertriebsweg "elektronische Kommunikation") ein wichtiger Aspekt der Geschäftsprozessoptimierung und Rationalisierung des Verwaltungshandelns. E-Cash gewährleistet eine durchgängige Bedienung der Verwaltungskunden an einem Platz ohne zusätzliches, die Bearbeitung unterbrechendes Aufsuchen einer Kasse und hilft gleichzeitig, personelle Kapazitäten in Kassen zu reduzieren. Der Online-Zahlungsverkehr (E-Payment) fördert die „Selbstbedienung“ der Verwaltungskunden via Internet und führt zu Arbeitsentlastungen (Wegfall von Buchungsaufwänden und Dienstleistungserstellungsaufwänden) innerhalb der Verwaltung. Im Ergebnis haben sich historisch bedingt für den Vertriebsweg „persönlicher Besuch“ mehrere Systeme in der Berliner Verwaltung etabliert. Diese bestehenden unterschiedlichen Systeme wurden von den jeweiligen Verwaltungen beschafft und können daher aus vergaberechtlichen Gründen nicht von anderen Verwaltungen nachgenutzt werden. Zur Harmonisierung und Weiterentwicklung des automatisierten Zahlungsverkehrs in der Berliner Verwaltung befindet sich derzeit ein Projekt in der Konzeptionsphase, welches zum Ziel hat, eine einheitliche, vertriebswegeunabhängige Zahlungsverkehrsplattform für die Berliner Verwaltung bereitzustellen. Das Projekt wird gemeinsam von der Senatsverwaltung für Inneres und der Senatsverwaltung für Finanzen durchgeführt.

 

5.9    Budgetierung der Bürgerämter

 

     Die Globalsummenzuweisung an die Bezirke erfolgt ab dem Jahr 2005 nicht mehr über kamerale Modelle, sondern über das Instrument der Produkt-Budgetierung. Für die Berechnungen der Mittel des Jahres 2005 werden die von den Bezirken der Senatsverwaltung für Finanzen gemeldeten Mengen aus dem Jahre 2003 zu Grunde gelegt.

 

     Das Abgeordnetenhaus hat im Rahmen eines Auflagenbeschlusses zum Haushaltsplan 2004/05 vom 18.03.2003 – Drucksache Nr. 15/2551 (II.B.72) – gefordert, dass eine Benachteiligung von Bezirken, die die Leistungen der Bürgerämter entsprechend den Forderungen des Abgeordnetenhauses (Eckwertebeschluss Drucksachen Nr. 15/777) ausgebaut haben, bei der Budgetierung für das Jahr 2005 ausgeschlossen sein soll.

 

     Die kurzfristig vorgenommene Festlegung der Anforderungskriterien für die Budgetierung der Bürgerämter in 2005 ist jedoch auf Kritik der Bezirke gestoßen und macht eine einvernehmliche Verabredung von Qualitätsstandards für die Arbeit der Bürgerämter erforderlich. Hierzu hat der Rat der Bürgermeister am 24. Juni 2004 die Bildung einer Arbeitsgruppe für die Erarbeitung anwendbarer und verbindlicher Qualitäts- und Organisationsstandards für die Produkte der Bürgerämter beschlossen. Diese von den Bezirken, den Senatsverwaltungen für Inneres und für Finanzen getragene und vom Landeseinwohneramt begleitete Arbeitsgruppe hat sich am 7. Juli 2004 konstituiert und wird mit externer Begleitung zunächst einen Projekt- und Meilensteinplan erarbeiten. Ziel der Arbeiten ist der ganzheitliche Ansatz, also die Verknüpfung von Qualitäts- und Wirtschaftlichkeitskriterien. Die Bürger-/Kunden- und Mitarbeiterzufriedenheit sowie der Bedarf werden hierbei durch eine berlinweite, repräsentative und wiederholbare Befragung ermittelt. Die Arbeitsgruppe wird dem Rat der Bürgermeister und einem Gremium der für das Ressort Bürgerdienste verantwortlichen Bezirksstadträte und Stadträtinnen berichten. Im Rahmen dieser Arbeitsgruppe sollen auch die möglichen Auswirkungen der Qualitätsmessung auf das Budgetierungsverfahren thematisiert werden. Es kann davon ausgegangen werden, dass allein durch die Schaffung von Transparenz und Öffentlichkeit über die Einhaltung der Qualitätsstandards eine wirksame Beeinflussung im Sinne eines Qualitätswettbewerbes möglich sein wird. Ob die neu zu entwickelnden Qualitätsindikatoren darüber hinaus auch in zukünftige Budgetberechnungen integriert werden sollten, wäre noch zu prüfen.

 

Vor diesem Hintergrund wurde auf der 3. Klausurtagung des Senats mit den Bezirksbürgermeister/innen vom 11.08.2004 die Kritik der Bezirke an dem festgelegten Bonusmodell für das Haushaltsjahr 2005 erörtert. Dem RdB wurde anheim gestellt, dem Hauptausschuss eine Vorlage mit der Bitte zu unterbreiten, den Auflagenbeschluss II.B.72 auf die Zeit nach dem Monitoring zu verschieben. Der RdB hat zwischenzeitlich eine entsprechende Initiative eingebracht.

 

5.10   Qualifizierung, gebündelte Aufgabenwahrnehmung (Allzuständigkeit)

 

Seit Beginn der Qualifizierungsmaßnahme Anfang 2001 wurden 279 Seminare durchgeführt. Sie verteilen sich auf 101 Schulungen in Bezirksaufgaben, 134 Schulungen in Meldestellenaufgaben, 20 Schulungen zum Datenschutz, 23 Schulungen zur Vertiefung fachübergreifender Kompetenzen und einen Workshop zur Standortbestimmung für Leitungen der Bürgerämter.

Auf der Plangröße von 330 zu qualifizierenden Beschäftigten im Bereich Meldestellenaufgaben ist der Bedarf annähernd gedeckt. Im Bereich der Bezirksamtsaufgaben wurde mit der Verwaltungsakademie eine Plangröße von 747 zu schulenden Beschäftigten vereinbart. Die Spannbreite der Qualifizierten liegt je nach Modul zwischen 423 und 576 Beschäftigten. Die Differenz zwischen Soll und Ist ist ein Indikator für die noch nicht flächendeckende gebündelte Aufgabenwahrnehmung. Eine forcierte Durchführung der verbleibenden Qualifizierungsmaßnahmen führt zu erhöhter Abwesenheit der Beschäftigten und beeinflusst die Wartezeiten der Bürgerinnen und Bürger.

Der Qualifizierung schließt sich regelmäßig die Erprobung an sog. Tandemarbeitsplätzen an, bevor die gebündelte Aufgabenwahrnehmung tatsächlich realisiert werden kann. Die flächendeckende Umsetzung im Interesse der Bürgerinnen und Bürger ist mit den Bezirken „vertraglich“ vereinbart und war Grundlage für die Gewährung der Anschubfinanzierung. Die Überzeugung der Beschäftigten von der Notwendigkeit dieses Job-enlargements und die tatsächliche Durchsetzung liegt in der Verantwortung der Führungskräfte der Bürgerämter.

Die mit der gebündelte Aufgabenwahrnehmung verbundene Bewertungsfrage der Arbeitsgebiete in Bürgerämtern (angestrebt wird Vgr. V c) wird nunmehr von einer Arbeitsgruppe der Bezirke eigenverantwortlich bearbeitet werden. Die notwendige Ermittlung der Zeitanteile über einen repräsentativen Zeitraum für die ausschlaggebenden Tätigkeiten mit selbstständiger Leistung erfolgt ab September 2004.


 

6         Ausblick

Das Projekt Bürgerdienste der Senatsverwaltung für Inneres ist zum 31. Dezember 2003 beendet worden.

Das Landeseinwohneramt, Leitstelle Bürgerdienste, führt die zuletzt im Projekt konzentrierten Durchführungsaufgaben und Umsetzungsaktivitäten seit dem 01.04.2004 fort. Diese umfassen auch die zentrale Verfahrensverantwortung für das eingesetzte Infosystem, d.h. die der Weiterentwicklung der landesweiten IT-(Infrastruktur-) Komponente.

Die Senatsverwaltung für Inneres nimmt gemäß Abschnitt IV Ziff. 14 der Geschäftsverteilung des Senats Grundsatz-, Steuerungs- und Controllingfunktionen der Bürgerdienste einschließlich der Optimierung der öffentlichen Aufgaben und ihrer Wahrnehmung sowie der Ablauforganisation wahr. Die Senatsverwaltung für Inneres wird auch über die Verwendung der noch zur Verfügung stehenden Mittel der Rücklage auf Grundlage der mit den Bezirken abgestimmten Planung des Landeseinwohneramtes befinden.

Die LuV-Leitungen Bürgerdienste der Bezirke und das LEA werden die Evaluationsarbeiten planmäßig fortsetzten. Zurzeit nehmen die Leitstelle Bürgerdienste des LEA und die Bezirke eine Priorisierung der nächsten konkreten Maßnahmen zur Fortführung der Umsetzung, u.a. des Eckwertebeschlusses vor. Im Ergebnis werden konkrete Festlegungen getroffen, so dass dann die Fortschreibung der Zeit- und Maßnahmenplanung (vgl. 2. Zwischenbericht vom 17.10.2003, Anlage 2 – Weitere Entwicklung der Bürgerämter in Berlin gem. Eckwertebeschluss des Abgeordnetenhauses – Zeit- und Maßnahmenplan -) möglich sein wird.

Mit dem Projekt Bürgerdienste sind

·         zur konsequenten Verbesserung der Bürgerorientierung,

·         zur Optimierung der Arbeitsabläufe (Einführung von Front-Office/Back-Office-Strukturen) und

·         zur Reduzierung der Kosten

wichtige Grundlagen geleistet worden. Sie sind Voraussetzung für eine weitergehende leistungsstrangbezogene Betrachtung und Weiterentwicklung der gegebenen behördeninternen und -übergreifenden Ablauf- und Aufbauorganisation.

Mit der Einrichtung der Berliner Bürgerämter ist eine Institution geschaffen worden, die von den Bürgerinnen und Bürgern intensiv genutzt wird.

Mehr als 700 Bürgerberaterinnen und Bürgerberater an 47 (kapazitär 61) Standorten in Berlin bieten den Bürgerinnen und Bürgern Beratung zu und Bearbeitung von 94 Dienstleistungen (in einigen Bezirken optional weitere 20) aus einer Hand an.

Unbeschadet regelmäßig bekannt werdender neuer Erkenntnisse von Anpassungsnotwendigkeiten der Bürgerämter insbesondere an Kundenanforderungen und Verbesserungspotenzialen in der Aufbau- und Ablauforganisation wird daher gebeten, die Auflösung des Projektes Bürgerdienste zur Kenntnis zu nehmen und die Berichtsaufträge des Projektes Bürgerdienste als erledigt anzusehen.

 

Berlin, den 19. Oktober 2004

 

Dr. Körting

Senator für Inneres

 

Ausschuss-Kennung : VerwRefKITgcxzqsq