Vorlage – zur Kenntnisnahme –
Verwendung des Bilanzgewinnes 2003 der Berliner
Wasserbetriebe (BWB)
Der Senat legt nachstehende Vorlage dem Abgeordnetenhaus zur Besprechung vor:
Die BerliKomm musste sich aufgrund ihrer stark investiven Geschäftsfelder und der dafür nicht ausreichenden Eigenkapitalausstattung sowie der kumulierten Jahresfehlbeträge seit ihrer Gründung extern durch Unternehmen der Berlinwasser-Gruppe finanzieren bzw. mussten diese die BerliKomm durch Bürgschaften absichern.
Um
u.a. die längerfristige Finanzierung der BerliKomm sicherzustellen, durch die
eine Insolvenz der BerliKomm und damit auch der BWH AG (BWH) vermieden werden
konnte, haben die Gesellschafter der BWH entsprechend ihren Anteilen (Land
Berlin, RWE und Veolia Water Deutschland GmbH) im Jahr 2002 einem Bankenkonsortium
eine Bürgschaft über insgesamt 316 Mio. € gegen Einrichtung einer
entsprechenden Kreditlinie für die BWH eingeräumt. Dies war der Tatsache
geschuldet, dass die BWH in Rahmen der Teilprivatisierung nicht mit den für das
Wettbewerbsgeschäft erforderlichen liquiden Mitteln ausgestattet worden ist.
Der Kreditlinienrahmen wurde 2002 sogleich in Höhe von 253 Mio. € in Anspruch
genommen. In diesem Betrag ist auch der bestehende Kredit gegenüber der LBB in
Höhe von 28 Mio. € enthalten, der bis zur Aufnahme eines noch fehlenden
Konsorten bestehen bleibt und bis dahin nicht verbürgt ist. Die weiteren Mittel
wurden in Höhe von 222 Mio. € zur Ablösung von fälligen Altverbindlichkeiten,
insbesondere für die der BerliKomm (ca. 182 Mio. €), genutzt.
Mit der Bürgschaft wurde ein
erhebliches finanzielles Risiko, welches insbesondere mit dem Scheitern und der
Rückabwicklung der Teilprivatisierung einhergegangen wäre, für das Land Berlin
abgewendet (s.u.). Gleichzeitig wurde damit ein erheblicher Vertrauensverlust
für das Land Berlin in Investorenkreisen vermieden.
Die BerliKomm weist von 1997 bis 2003 einen kumulierten Jahresfehlbetrag von 131 Mio. € auf, der nicht durch Eigenkapital gedeckt ist. Eine darauf beruhende Insolvenz wurde bisher durch Rangrücktrittserklärungen auf bereits ausgereichte bzw. in Aussicht gestellte Darlehen durch die BWH vermieden.
Die aktuelle Mittelfristplanung mit Stand vom 18. Dezember 2003 für
2004-2008 sieht einen weiteren kumulierten Jahresfehlbetrag von 15 Mio. € für
die Jahre 2004 bis 2006 vor. Ab 2007 soll ein positives Jahresergebnis
generiert werden.
Bei dieser Planung ist zu berücksichtigen, dass aufgrund der schlechten
Branchenlage die jeweiligen Jahresergebnisse in der Vergangenheit überwiegend
schlechter ausgefallen sind als es die einzelnen Planungen und die
unterjährigen Prognosen vorgesehen hatten. Weitere Planungsabweichungen könnten
weitere Kreditmittelabrufe und eine Insolvenz der BerliKomm, verbunden mit
einer Insolvenz der BWH und einer Bürgschaftsinanspruchnahme des Landes Berlin,
nach sich ziehen.
Dies würde insbesondere aufgrund der damit einhergehenden
Rückabwicklung der Teilprivatisierung zu einer finanziellen Belastung des Landeshaushaltes,
vor Berücksichtigung eventueller späterer Erlöse aus einer erneuten
Teilprivatisierung, in Höhe von mindestens 1,7 Mrd. € führen.
1. Wirtschaftliche Perspektiven der BerliKomm und daraus
resultierendes Erfordernis eines Verkaufes
Für die BerliKomm ergeben sich unter Berücksichtigung der Geschäftsergebnisse der vergangenen Jahre sowie der momentanen Einschätzungen ihrer wirtschaftlichen Situation mittelfristig zwei Fortsetzungsszenarien. Zum einen die Fortführung der bisherigen Geschäftstätigkeit ohne einen weiteren Investor („stand-alone-Lösung“). Zum anderen die Veräußerung an einen Investor. Das Beschreiten der ersten Alternative begegnet insofern Bedenken, als die BerliKomm in der Vergangenheit nicht bewiesen hat, dass sie sich eigenständig auf dem Berliner Telekommunikationsmarkt wirtschaftlich erfolgreich etablieren kann. In den zurückliegenden Jahren mussten vielmehr wiederholt Finanzmittel zugeführt werden, um die Fortführung der Geschäftstätigkeit zu sichern. Dies ist unter den derzeitigen Voraussetzungen auch für die Zukunft nicht auszuschließen. Das Land Berlin müsste dann über einen längeren Zeitraum Finanzmittel aufwenden, um die Fortführung der BerliKomm zu sichern. Des Weiteren besteht ein Risiko hinsichtlich der Anschlussfinanzierung für die im Jahre 2007 auslaufende Konsortialfinanzierung. Bei einer Fortführung würden damit die enormen Haftungsrisiken, die sich aus einer möglichen Insolvenz der BerliKomm (und in Folge der BWH) für das Land Berlin ergeben, weiter bestehen (s.o.).
Aus diesen Gründen scheint derzeit die einzige erfolgversprechende
Möglichkeit eine Veräußerung der BerliKomm zu sein.
2.
Konsequenzen einer Veräußerung der Berlikomm und der dafür
erforderlichen Entschuldung der BerliKomm und der BWH
Aufgrund der Finanzlage der BerliKomm ist eine Entschuldung
Voraussetzung für deren Veräußerung. Eine Veräußerung ohne Entschuldung ist
unter den derzeitigen Marktverhältnissen nicht möglich. Die Entschuldung der
BerliKomm kann aufgrund der Anforderungen der Konsortialbanken zwangsläufig nur
im Rahmen einer teilweisen Entschuldung der BWH erfolgen.
Nach aktuellem Kenntnisstand müssten für eine vollständige Entschuldung
der BerliKomm einschließlich der Rückführung der im Rahmen der BerliKomm-
Finanzierung aufgenommenen Konsortialkredite seitens der BWH sowie der
Abdeckung der Risiken aus weiteren Tochterunternehmen ca. 200 Mio. € aufgewandt
werden.
Eine vollständige Entschuldung der BerliKomm und eine damit verbundene teilweise Entschuldung der BWH hätte zwei Vorteile: Zum einen würde sie die rasche Veräußerung der BerliKomm im Jahre 2004 ermöglichen. Zum anderen könnte das enorme Haftungsrisiko, dem die BWH und ihre Gesellschafter (private Investoren und Land Berlin) ausgesetzt sind, durch eine mögliche Inanspruchnahme aus der Bürgschaft des Konsortialkredits langfristig reduziert werden und eine Trennung von weiteren verlustreichen Tochterunternehmen seitens der BWH erfolgen. Somit wird die Grundlage für eine Konsolidierung der BWH geschaffen. Der dazu erforderliche Betrag von 200 Mio. € müsste entsprechend den Gesellschafteranteilen vom Land Berlin (50,1%) und den privaten Investoren (49,9%) aufgebracht werden.
Dieses Ziel kann durch eine Abtretung der Gewinnansprüche
für das Geschäftsjahr 2003 von den Anspruchsinhabern (Land Berlin und
RWE-Veolia Berlinwasser Beteiligungs AG) entsprechend den Beteiligungsverhältnissen
50,1% und 49,9% an die BWH erreicht werden.
Das Land Berlin hat für das Geschäftsjahr 2003 einen Anspruch auf
Ausschüttung des Bilanzgewinns der BWB gem. § 6 Abs. 2 des Gesetzes zur
Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe (TPrG) in einer Höhe von 107,6
Mio. €. In den Haushalt für das Jahr 2004 sind Einnahmen aus dem Bilanzgewinn
der BWB in Höhe von 7 Mio. € eingestellt. Tritt das Land Berlin den notwendigen Betrag in Höhe von 100 Mio. € an
die BWH ab, der im Wesentlichen zur Entschuldung der BerliKomm und der
Rückführung der im Rahmen der BerliKomm- Finanzierung in Anspruch genommenen
Kredite verwendet werden soll, verbleibt ein Restbetrag von 7,6 Mio. €, der an
den Haushalt des Landes Berlin abgeführt wird.
Sowohl das Land Berlin als auch die privaten Investoren würden in einem ersten Schritt sofort 90 Mio. € an die BWH (Summe Land Berlin und private Investoren = 180 Mio.€) abtreten. Des Weiteren würde das Land Berlin 10 Mio. € in die Gewinnrücklage der BWB einstellen, für die eine entsprechende Verzinsung erfolgt. Auf die Gewinnrücklage wird erst in einem zweiten Schritt in Form einer Abtretung zurückgegriffen, wenn nach Abschluss des Kaufvertrages mit der BerliKomm der Verkaufserlös feststeht und klar aufgezeigt werden kann, welche offenen Posten und Risiken noch durch Gesellschaftermittel abgedeckt werden müssen.
Die Verwendung dieser Landesmittel steht unter der Bedingung, dass von Seiten der privaten Gesellschafter Mittel in gleicher Höhe zur Verfügung gestellt werden. Wird die Rücklage des Landes für den angegebenen Zweck nicht benötigt, soll sie an den Landeshaushalt von Berlin abgeführt werden. Hierüber wird gesondert berichtet.
3.
Reduzierung des Konsortialkredits nach Veräußerung der BerliKomm und
entsprechender Gewinnabtretung
Bringen das Land Berlin und die privaten Investoren eine Einlage in Höhe von insgesamt 200 Mio. € in die BWH ein, kann ausgehend von der aktuellen Mittelfristplanung der BWH die verbürgte Kreditlinie inklusive der LBB Darlehen auf maximal 55 Mio. € zurückgeführt werden.
Berlin, den 3. Juni 2004
Der
Senat von Berlin
Klaus W o w e r e i t
Regierender
Bürgermeister
Harald W o l
f
Senator für
Wirtschaft, Arbeit
und Frauen
Ausschuss-Kennung
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