Antrag
der Fraktion der SPD und der Fraktion der PDS
Verbesserte Kontrolle bei der Bereitstellung von Landesbürgschaften
Das Abgeordnetenhaus wolle beschließen:
Der Senat wird aufgefordert:
1.
den
Geschäftsbesorgungsvertrag des Landes Berlin mit der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft
PricewaterhouseCoopers Deutsche Revision AG (PwC) über die Mitwirkung in dem
Verfahren über die Übernahme von Landesbürgschaften zum nächstmöglichen Zeitpunkt
zu kündigen und den Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses über das Vertragsende
zu unterrichten;
2.
die Geschäftsbesorgung
über die Mitwirkung in dem Verfahren über die Übernahme von Landesbürgschaften
im Wege einer Ausschreibung zu vergeben;
3.
den mit dem
Bürgschaftsverfahren zu beauftragenden Wirtschaftsprüfer in der Regel alle 3
bis 5 Jahre zu wechseln;
4.
in der Senatsverwaltung
für Finanzen und der für Wirtschaft zuständigen Senatsverwaltung die Zeichnungsvorschriften
zu der Entscheidung über die Bewilligung einer Bürgschaft so zu verändert, dass
zukünftig die Bewilligung einer Bürgschaft von 2,5 Mio. Euro oder mehr von
der Staatssekretärin oder dem Staatssekretär und die Bewilligung einer
Bürgschaft von 1 Mio. Euro oder mehr von der Abteilungsleiterin oder dem
Abteilungsleiter zu zeichnen ist.
5.
in der Senatsverwaltung
für Finanzen und der für Wirtschaft zuständigen Senatsverwaltung ein geeignetes
Verfahren für die Prüfung von Bürgschaftsanträgen einzuführen, das gewährleistet,
dass die zuständigen Referate eine von dem Votum der beauftragten Wirtschaftsprüfungsgesellschaft
unabhängige Bewertung vornehmen.
6.
in den Richtlinien für
die Übernahme von Bürgschaften zur Förderung der Berliner Wirtschaft vom 17.
Januar 2002, die Regelung in Teil A Nr. 8.2 dahingehend zu ändern,
dass die Bürgschaften auf höchstens 70 v. H. des Ausfalls beschränkt werden.
In begründeten Ausnahmen kann die Beschränkung der Bürgschaft 80 v. H. des
Ausfalls betragen.
Dem Abgeordnetenhaus
ist bis zum 18. März 2005 über die Umsetzung zu berichten.
Begründung:
Nach den bisherigen
Ermittlungen des Untersuchungsausschusses des Abgeordnetenhauses zum Tempodrom
ist das Land Berlin in erster Linie wegen einer im Jahre 2000 vergebenen
Landesbürgschaft finanziell involviert. Bei der Aufklärung hat der
Untersuchungsausschuss Mängel bei der Bürgschaftsvergabe und –durchführung
ermittelt:
Weder die
kreditgebende Landesbank Berlin, noch das bürgende Land haben die
Wirtschaftlichkeit der kreditnehmenden Stiftung Neues Tempodrom, insbesondere
die Prognose über die Ertragsentwicklung der Stiftung hinreichend geprüft. Beide
stützten ihre Entscheidungen nahezu ausschließlich auf die Angaben und
Einschätzungen der Betreiber. Die für die Bürgschaftsbewilligung zuständige
Senatsverwaltung für Finanzen und die mitzeichnende Senatsverwaltung für
Wirtschaft und Technologie verließen weitgehend auf die Expertise der beauftragten
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PwC. Die damaligen politische Leitung der
zuständigen Senatsverwaltungen war nach eigenen Angaben mit der Bürgschaft
überhaupt nicht befasst.
Der Landesbank Berlin,
die sich in dem mit dem Land geschlossenen Bürgschaftsvertrag zur Überwachung
des Baufortschritts beim Neubau Tempodrom und zur laufenden Projektkontrolle verpflichtet
hatte, gelang es nicht, eine erhebliche Baukostensteigerung zu verhindern. Das
Gesamtvolumen des für die Finanzierung des Neubaus eingeräumten
Investitionskredits zahlte die Landesbank erheblich vor Fertigstellung des
Neubaus nahezu vollständig aus.
Als erste Konsequenz
aus der im Jahre 2000 für das Tempodrom bereit gestellten Landesbürgschaft hat
das Abgeordnetenhaus den Senat durch Beschluss vom 18. März 2004 aufgefordert,
die Bürgschaftsrichtlinien so zu ergänzen, dass Bürgschaften für die
gewerbliche Wirtschaft auf 5 Mio. Euro pro Bürgschaftsfall begrenzt werden und
darüber hinausgehende Bürgschaften der Zustimmung des Hauptausschusses bedürfen
(Drucksache 15/2551, Nr. 79; Plenarprotokoll 15/48, S. 3873 (B)).
Zu den einzelnen
Forderungen:
zu 1. bis 3.
Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PwC wirkt seit 1984 an der Vergabe von
Landesbürgschaften mit. Ihr Auftrag ist unter anderem die Entgegennahme,
Bearbeitung und Begutachtung der Bürgschaftsanträge; sie hat die
Bürgschaftübernahme vorzubereiten, die Landesbürgschaften zu überwachen, zu
verwalten und abzuwickeln. Eine an dem Bürgschaftsverfahren mitwirkende
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft muss regelmäßig gewechselt werden, um die
bezweckte Unabhängigkeit der Wirtschaftlichkeitsprüfung zu gewährleisten.
Zu 4.
Die Verantwortlichkeiten und Entscheidungsabläufe in den für Bürgschaften zuständigen
Senatsverwaltungen sind zu verbessern. Durch entsprechende
Zeichnungsvorschriften ist sicherzustellen, dass die Intensität der politischen
Verantwortlichkeit mit der Höhe des finanziellen Risikos für das Land steigt.
Zukünftig ergeben sich hiermit folgende Mitwirkungsregeln:
Bürgschaften
·
bis unter 1
Mio. Euro zeichnet das zuständige Referat,
·
von 1 Mio. Euro bis
unter 2,5 Mio. Euro zeichnet die zuständige Abteilung,
·
von 2,5 Mio. Euro bis 5 Mio. Euro
zeichnet die Staatssekretärin oder der Staatssekretär,
·
über 5 Mio. Euro
bedürfen der Zustimmung des Hauptausschusses des Abgeordnetenhauses.
Zu 5.
Nach den Landesbürgschaftsrichtlinien erstellt die am Bürgschaftsverfahren
mitwirkende Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ein Gutachten über den Bürgschaftsantrag
und gibt ein zusammenfassendes Votum ab. Auf der Grundlage dieses Gutachtens
berät der Landesbürgschaftsausschuss den Antrag und gibt eine Empfehlung ab.
Entschieden wird über die Bewilligung der Bürgschaft durch die Senatsverwaltung
für Finanzen im Einvernehmen mit der für die Wirtschaft zuständigen
Senatsverwaltung. Wird externer Sachverstand für eine Verwaltungsentscheidung
herangezogen, ist nicht auszuschließen, dass der zuständige
Verwaltungsmitarbeiter das Votum des Externen ungeprüft übernimmt. Dies ist
weder Sinn und Zweck der Hinzuziehung. Zu erwarten ist, dass die zuständigen
Senatsverwaltungen bereits vor der Sitzung des Landesbürgschaftsausschusses
einen eigenen Standpunkt erarbeiten, der im Bürgschaftsausschuss zur Diskussion
gestellt wird. Um sicher zu stellen, dass hierbei das zusammenfassende Votum
der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft nicht ohne eigene Prüfung zu dem Standpunkt
der Senatsverwaltungen wird, könnte geregelt werden, dass die Senatsverwaltungen
das Gutachten der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft zunächst ohne das
zusammenfassende Votum erhalten und dieses Votum erst in der Sitzung des
Landesbürgschaftsausschusses vorgelegt wird.
Zu 6.
Nach Teil A Nr. 8.1 der Landesbürgschaftsrichtlinien vom 17. Januar
2002 darf der Anteil des durch eine Landesbürgschaft zu deckenden Kreditrisikos
derzeit bis zu 80 % betragen. Für die kreditgebende Bank verbleibt damit
ein Risiko von mindestens 20 %. Zur Steigerung des Eigeninteresses einer
kreditgebenden Bank an der vertragsmäßigen Bedienung eines landesverbürgten
Darlehens soll der Eigenobligo des Kreditgebers auf 30 % angehoben werden.
Die Bürgschaften sind somit auf einen Anteil von 70 % an dem möglichen
Ausfall zu begrenzen.
Berlin,
den 9. Dezember 2004
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Müller Kolat und die übrigen Mitglieder der Fraktion der SPD |
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Liebich Wechselberg und die übrigen Mitglieder der Fraktion der PDS |
Ausschuss-Kennung
: WiBetrTechgcxzqsq