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Blick in den Plenarsaal und hauptsächlich die Flaggen für Deutschland, Berlin und Europa

Begrüßung des Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin Dennis Buchner zum zweiten Berliner Behindertenparlament

03.12.2022 11:00, Abgeordnetenhaus, Plenarsaal

Ich möchte Sie recht herzlich im Abgeordnetenhaus, dem Landesparlament von Berlin, begrüßen. Es ist mir eine große Freude und auch Ehre, hier bei Ihnen zu sein. Denn wir schreiben heute ein kleines bisschen Geschichte. Das erste Behindertenparlament in unserem Plenarsaal ist ein echter Meilenstein - sowohl für die Inklusion in unserer Stadt als auch für die Geschichte dieses Hauses und des Parlaments!

Ich weiß, wie lange Sie diesem Moment entgegen gesehnt und sich dafür engagiert haben. Und deswegen lassen mich ganz zu Beginn sagen: Im Namen des gesamten Abgeordnetenhauses bedanke ich mich bereits jetzt ausdrücklich für Ihren Einsatz. Sie sorgen dafür, dass Berlin eine Stadt der Vielfalt ist, die diesen Titel auch verdient hat. Sie stoßen Veränderungen an. Und sie geben uns Politikerinnen und Politikern heute ganz konkrete Forderungen und Anliegen an die Hand. Das verdient meinen, das verdient unseren großen Respekt.

Wir setzen heute an diesem historischen Ort aber auch ein deutliches Zeichen des Wandels. Denn der Saal hat eine düstere Geschichte und diese kann und möchte ich nicht verschweigen. Im Nationalsozialismus war dieser Saal mit vielerlei Unrecht verbunden. Unter anderem der Volksgerichtshof wurde hier gegründet. Im Jahr 1941 fand hier die Juristenkonferenz statt, auf der die Spitzen der deutschen Justiz angewiesen wurden, die sogenannte Euthanasie nicht strafrechtlich zu verfolgen. Hermann Göring richtete sich hier im ehemaligen Plenarsaal einen Veranstaltungssaal für Festmahle und Bälle ein. Er ließ Hass mit Einfalt tanzen und Ressentiment mit Unmenschlichkeit. Das ist zum Glück lang vorbei. Vergessen werden darf es dennoch nicht.

Ich finde, das Behindertenparlament tagt hier heute auch als lebendiges Symbol, dass diese Ideologie in unserem Land und in unseren Parlamenten nie wieder Fuß fassen darf und dass die Menschenwürde eines jeden Einzelnen unantastbar ist. Jeder Mensch hat ganz individuelle Voraussetzungen und Bedürfnisse. Und genau deshalb ist es wichtig, dass wir allen Teilen der Gesellschaft - vor allem auch den Minderheiten - unsere Aufmerksamkeit schenken, ihre berechtigten Wünsche und Forderungen ernstnehmen und unser politisches Handeln daran ausrichten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

das Behindertenparlament ist damit nicht nur ein weiterer Schritt weg von der Vergangenheit, sondern auch ein Schritt in die Zukunft. Schließlich lebt es vor, was Gemeinschaft ausmacht. Für Berlin ist es ein tolles Zeichen, dass sich hier so viele Menschen füreinander und miteinander engagieren. Nebenbei räumt es mit Klischees über Behinderung auf und fördert einen realistischeren Blickwinkel: Sie sind aktiv und Sie sprechen für sich selbst.

Zuhören müssen dagegen vor allem diejenigen, die im Alltag seltener über Barrieren stolpern und die, die Macht haben, Barrieren abzubauen. Das sind allen voran wir Politikerinnen und Politiker. Es ist völlig klar: Je mehr Barrieren wir in allen Bereichen des Lebens aus dem Weg räumen, umso mehr schaffen wir gleichberechtigte Teilhabe für alle Menschen in unserer Stadt. Den Prozess des Behinderns können wir politisch minimieren, indem wir Ihre Selbstbestimmung in Gesetzen fördern, die Diversität von Behinderungen anerkennen, nicht in Stereotypen denken, nicht bevormunden, uns nicht allzu lange auf Erreichtem ausruhen, sondern dran bleiben und dabei vor allem wie gesagt eins machen: Ihnen zuhören.

Dazu stehen Ihnen jetzt Senat und Abgeordnete zur Verfügung. Ihre Forderungen für eine inklusive Stadt müssen für uns in der Politik zur Handlungsmaxime werden - das gilt für alle Politikfelder. Denn Inklusion ist Querschnittsaufgabe: Egal ob Stadtentwicklungs-, Bildungs- oder Sozialpolitik - wir müssen überall die Belange von Menschen mit Behinderungen mitdenken. Erinnern Sie uns lautstark daran, wenn genau das nicht passieren sollte!

Das Behindertenparlament beschreitet mutig neue Wege. Sie haben die Kraft, Veränderungen herbeizuführen und gestalten Berlin als Stadt der Vielfalt. Das ist ein Hoffnungsschimmer – und zwar für alle von uns. Schlussendlich geht es eben auch darum, in welcher Gesellschaft wir leben wollen.

Herzlichen Dank!