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Blick in den Plenarsaal und hauptsächlich die Flaggen für Deutschland, Berlin und Europa

Begrüßungsansprache der Präsidentin des Abgeordnetenhauses von Berlin Cornelia Seibeld zur Feierstunde "30 Jahre Abgeordnetenhaus im Preußischen Landtag"

25.05.2023 09:00, Abgeordnetenhaus, Plenarsaal

Wer ein neues oder umgebautes Haus bezieht, kennt das Problem: Die Bauarbeiten sind meistens noch nicht endgültig abgeschlossen, Staub und Bauabfälle sind hartnäckiger als der Wunsch nach Ordnung und Gemütlichkeit. So war es auch beim Einzug hier in den ehemaligen Preußischen Landtag. Doch die Freude über den Bezug dieses Hauses war so groß, dass die Abgeordneten selbst zu Wasser und Putzlappen griffen, um Tische und Stühle vom Baustaub zu befreien. Dann konnte die parlamentarische Arbeit beginnen.

So jedenfalls berichtet es die langjährige Abgeordnete Barbara Saß-Viehweger aus den ersten Tagen des Einzugs in dieses umgebaute Haus.

Im April/Mai 1993 bezog das Berliner Parlament das Gebäude des Preußischen Landtages. Nun ziehen Parlamente vergleichsweise selten um.

Der Bundestag von Bonn nach Berlin und der Brandenburger Landtag vom Brauhausberg ins neue alte Potsdamer Stadtschloss.

Genau wie der Umzug des Bundestages hatte der Umzug des Berliner Parlamentes seine Ursache in der deutschen Wiedervereinigung. Nach Jahrzehnten hatte sich die Demokratie mit dem Einzug des Abgeordnetenhauses in den Preußischen Landtag im April 1993 dieses Gebäude zurückerobert.

Die Revitalisierung dieses Hauses für die Berliner Demokratie lässt sich durchaus als Schlusspunkt eines wahrhaft historisch-politischen Prozesses begreifen.

Die Friedliche Revolution der Menschen in der DDR hat

  • den Fall der Mauer mit erwirkt,
  • hat die Wiedervereinigung der Stadthälften ermöglicht,
  • hat eine weitere deutsche Diktaturgeschichte beendet,
  • hat der Demokratie für ganz Deutschland den Weg geebnet.

Und so mussten wir uns auch in Berlin die Frage stellen: Wo soll eigentlich das 1990 neu gewählte gemeinsame Landesparlament seinen Sitz haben?

Dass das Rathaus Schöneberg als zukünftige Bleibe des Gesamtberliner Parlaments ausschied, verstand sich von selbst, denn für 200 Abgeordnete war es dort einfach zu eng. Und das gemeinsame Abgeordnetenhaus künftig im Berliner Rathaus tagen zu lassen, war vor dem Hintergrund der Gewaltenteilung ebenso abwegig.

Das Berliner Landesparlament sollte eine eigene Bleibe bekommen. Das war jedenfalls der Konsens zwischen den damaligen Präsidien von Stadtverordnetenversammlung und Abgeordnetenhaus.

Schon im Laufe des Sommers 1990 fiel dann die Entscheidung. Beide Präsidien einigten sich auf das Gebäude des ehemaligen Preußischen Landtags als Sitz des neuen Abgeordnetenhauses und traten mit diesem Wunsch an den damaligen Magi-Senat heran.

Denn klar war auch: Umfangreiche Umbauarbeiten waren erforderlich, um ein modernes Parlament in dieses Haus zu integrieren. Umbauarbeiten, die das Abgeordnetenhaus unter der Führung der Präsidentin Hanna-Renate Laurien erfolgreich selbst steuerte – und das in einer Rekordzeit von nicht einmal zwei Jahren.

Aber nicht jeder Abgeordnete war mit dieser Entscheidung glücklich, es stellte sich die Frage, wie das neue Parlament heißen sollte und ob chronologisch die Legislaturperioden weitergezählt werden oder neu begonnen werden sollte – Fragen, die den unseren nach der Wiederholungswahl gar nicht so unähnlich sind.

Neben Hanna-Renate Laurien, der Präsidentin des Berliner Abgeordnetenhauses zum Zeitpunkt des Umzuges, hatten auch Jürgen Wohlrabe, der bis Januar 1991 Präsident unseres Hauses war, und Reinhard Führer, der seinerzeit als Vizepräsident die Baukommission leitete, erheblichen Anteil an der Entscheidung für den Umzug und dessen Umsetzung.

Ohne diese drei engagierten Parlamentarier säßen wir heute vielleicht nicht in diesem historischen und repräsentativen Haus, auf das wir wirklich alle stolz sein können.

Und das nicht nur, weil es sich hier auch gut arbeiten lässt, sondern auch, weil es dem Parlamentarismus und der Demokratie einen würdevollen und angemessenen Rahmen gibt. Das spüren auch Besucher und Kollegen immer wieder, wenn sie das Haus über den Haupteingang betreten. Auch mir geht es noch immer so.

Ich möchte mich nun bei den beiden Festrednern der heutigen Feierstunde bedanken. Es ist schön, dass sowohl Christian Huber, der als Architekt damals am Umbau beteiligt war, als auch der ehemalige Abgeordnetenhauspräsident Reinhard Führer, damals Vizepräsident während der Bauphase, die Zeit gefunden haben, uns in die bautechnischen und politischen Geheimnisse dieses Hauses einzuweihen. Ich freue mich auf Ihre Vorträge, bin sicher nicht die einzige, und heiße Sie beide noch einmal ganz herzlich willkommen.

Zum Abschluss erlauben Sie mir einen Hinweis in eigener Sache. In der heutigen Abgeordnetenhausverwaltung arbeiten noch 24 Kolleginnen und Kollegen, die damals im April 1993 mit in das neue Abgeordnetenhaus eingezogen sind. Einige von ihnen sind heute hier im Saal. Sie möchte ich besonders begrüßen. Haben Sie vielen Dank, dass Sie dem Abgeordnetenhaus so lange die Treue gehalten haben.

Und nun möchte ich das Wort an Herrn Huber übergeben.

Vielen Dank.