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Blick in den Plenarsaal und hauptsächlich die Flaggen für Deutschland, Berlin und Europa
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Begrüßungsrede zur Enthüllung der Büste für Parlamentspräsident a. D. Ralf Wieland

04.03.2024 16:00, Abgeordnetenhaus, Festsaal

Ja, lieber Herr Wieland, liebe Frau Wieland, zunächst noch einmal: Schön, dass Sie da sind. Es ist immer noch ein vertrautes Bild, wenn Sie hier erscheinen, lieber Herr Wieland. Nach 22 Jahren Zugehörigkeit zum Berliner Abgeordnetenhaus kann man wohl sagen: Hier war ja auch Ihr zweites Zuhause. Also nochmals ganz persönlich: Seien Sie herzlich willkommen in Ihrer alten Wirkungsstätte. Heute ist ein besonderer Tag: Für Sie, für uns und für Ihre Gäste. Heute werden wir Ihre Büste enthüllen. Damit gehören Sie dann fest zur Geschichte dieses Hauses. Die Menschen heute, aber auch die kommenden Generationen werden erfahren, wenn Sie dieses Parlament besichtigen: Von 2011 bis 2021 war Ralf Wieland Präsident dieses Hohen Hauses. Und sie bekommen, natürlich künstlerisch geformt, einen Eindruck von Ihrem Aussehen.

Lieber Herr Wieland, wir werden im Anschluss an meine Worte einen Film sehen, in dem Begleiterinnen und Begleiter Ihrer Amtszeit Sie charakterisieren. Auch Sie selbst kommen zu Wort. Das ist auch gut so. Denn Selbstbild und Fremdbild müssen nicht zwingend übereinstimmen. Doch es fällt auf, wie übereinstimmend die Urteile am Ende sind. Und das heißt für mich: Sie sind während Ihrer Amtszeit authentisch geblieben. Das ist schon eine große Leistung im politischen Business. Davor möchte ich persönlich meinen Hut ziehen. Denn wir werden auch sehen, dass es in Ihrer Amtszeit sehr große und ungewöhnliche Herausforderungen gab, die Sie managen mussten.

Drei Meilensteine aus Ihrer Präsidentschaft möchte ich erwähnen, die für die Fortentwicklung des Berliner Parlamentarismus und die personelle Aufstellung der hiesigen Verwaltung wichtig waren und noch immer von Bedeutung sind. Da ist zunächst die Parlamentsreform 2020, die Sie mit angeschoben haben, um unseren Parlamentarismus zu professionalisieren. Ein Ziel war, dass die Abgeordneten ihre Kontrollaufgaben gegenüber dem Senat auf Augenhöhe erledigen können. Das war schon eine große Veränderung für unser Haus. Aus dem einstigen Halbtags-Parlament Abgeordnetenhaus wurde ein Hauptzeit-Parlament. Schon längst waren viele Abgeordnete an ihre zeitlichen Leistungsgrenzen angelangt, um den neuen parlamentarischen Herausforderungen einer wachsenden Stadt gerecht zu werden. Es wurde immer offensichtlicher: mit dem Halbtags-Parlament sind die Anforderungen nicht mehr zu stemmen.

Recht früh nach Ihrer ersten Wahl zum Parlamentspräsidenten haben Sie schon in mehreren Interviews mit den Berliner Medien einen Testballon gestartet und die Notwendigkeit einer Parlamentsreform angesprochen. Das Echo war zunächst eher mäßig. Aber was auffiel: Es gab auch keine grundsätzliche Kritik an Ihrer Forderung. Sie haben das Thema dann immer wieder bei Redaktionsbesuchen angesprochen, was sehr klug war. Denn steter Tropfen höhlt bekanntlich den Stein. Und Ihr Vorgehen setzte nicht nur bei den Fraktionen entsprechende Gedanken frei, sondern auch in den Medien selbst. Und als die Parlamentsreform dann vom Abgeordnetenhaus beschlossen wurde, da begrüßten die Berliner Medien diesen Schritt. Ja, meine Damen und Herren, das muss man erst einmal in Berlin hinbekommen.

Ein weiterer wichtiger Schritt für uns Parlamentarier, den Sie angeschoben haben, lieber Herr Wieland, war die Einrichtung von sogenannten Bürgerbüros. Auf diesem Weg gelangte das Parlament in die Berliner Kieze. Die Abgeordneten rückten so näher an die Menschen in den Wahlkreisen heran. Vor dem Hintergrund einer zunehmenden Politikverdrossenheit in der Bevölkerung war auch das eine kluge Gegenmaßnahme zum Anstieg von Politik-Bashing, das sich immer stärker verbreitete. Ich denke, auch die heutigen Mitglieder des Abgeordnetenhauses sind froh, vor Ort eine Anlaufstelle für die Bürgerinnen und Bürger zu haben. Und viele der Menschen in den Kiezen sind es auch. Jedenfalls ist das meine Erfahrung.

Lieber Herr Wieland, der nächste Aspekt, der eng mit Ihrem Namen verbunden ist, betrifft die Förderung von Frauen, die Sie als Präsident nicht nur gefordert, sondern auch in Ihrer Abgeordnetenhausverwaltung tatsächlich umgesetzt haben. Dass bis heute alle drei Abteilungen im Abgeordnetenhaus von Frauen geleitet werden, ist Ihr Verdienst. Ohne Frage.

Leider muss man sagen, dass Ihr Ansatz noch nicht zum Standard geworden ist. Immer noch müssen Frauen sich mehr beweisen, besser qualifiziert sein, um aufzusteigen. Insofern sind Sie ein Vorbild für andere Entscheidungsträger. Hier im Berliner Abgeordnetenhaus haben Sie den Beweis erbracht. Frauen in Führungspositionen sind mindestens genauso leistungsstark wie Männer. Ich denke, wir wünschen uns alle, dass diese Entwicklung auch in anderen Verwaltungen an Fahrt aufnimmt.

Wissen, wo man hin will, die Sache oder eine Entscheidung auch vom Ende her denken, und immer einen Plan B in der Tasche haben – das sind Kriterien, die Sie als Politiker angelegt haben an Ihr Handeln. Und was eben auch wichtig ist: diese Punkte auch zu kommunizieren. Transparenz herstellen, um eine Debatte oder Diskussion zu ermöglichen, über das, was politisch beabsichtigt ist.

Wenn wir uns heute umschauen, dann merken wir immer häufiger, dass es oft an dieser Stringenz im politischen Handeln und in der politischen Kommunikation fehlt. Das schafft natürlich Unsicherheiten auf allen Ebenen. Und es gibt zudem politischen Kräften Auftrieb, die es nicht gut meinen mit unserer Demokratie. Ich weiß, dass Sie diese Entwicklung beunruhigt. Sie besorgt inzwischen alle aufrechten Demokraten. Und deshalb: Wir müssen alle sehr aufpassen. Heute ist ganz sicher nicht der Tag, um die Welt zu retten. Heute wollen wir ein wenig feiern und die Büste des Präsidenten Ralf Wieland der Öffentlichkeit hier im Hause übergeben. Wir tun das auch in dem Bewusstsein, dass Sie die Weichen für ein zukunftsfähiges Berliner Landesparlament gestellt haben. Dafür sind wir Ihnen sehr dankbar.

Liebe Frau Wieland, lieber Herr Wieland, ich denke, ich spreche für alle Anwesenden, wenn ich Ihnen beiden weiterhin einen angenehmen und auch erfüllenden Ruhestand wünsche. Vor allem aber eines: Bleiben Sie bitte gesund, damit wir Sie noch oft hier im Abgeordnetenhaus begrüßen können.

Und jetzt heißt es eigentlich nur noch: Film ab! Vielen Dank.