Gedenkworte der Vizepräsidentin des Abgeordnetenhauses von Berlin Cornelia Seibeld anlässlich des Todes des Stadtältesten Dr. Martin Kruse
05.05.2022 10:00, Abgeordnetenhaus, Plenarsaal
Ich möchte Sie bitten, sich von Ihren Plätzen zu erheben. Im Alter von 93 Jahren starb der ehemalige evangelische Landesbischof und Stadtälteste Martin Kruse am vergangenen Freitag. Martin Kruse hat sich als engagierter Kirchenmann über die Grenzen Berlins hinaus einen Namen gemacht. 1976 wählte ihn die Landessynode im westlichen Berlin zum Nachfolger von Bischof Kurt Scharf in das Amt des Landesbischofs. Die Kirche war in dieser Zeit zerstritten. Hinzu kam die Trennung der einst zusammengehörenden Kirche im Ost- und Westteil der Stadt, die erst ein paar Jahre zurücklag. Es gab also viel zu tun für Bischof Kruse als er sein Amt 1978 antrat. Er musste die eigenen engagierten Kirchenmitglieder versöhnen, um die Kirche zu einen. Er musste die Brücke zur Evangelischen Kirche in Ost-Berlin und zum dortigen Bischof Gottfried Forck schlagen. Er musste mit der abnehmenden religiösen Bindung in der Stadt zurechtkommen. Und er musste ein überzeugender Seelsorger sein.
Später dann kam noch eine weitere Mammutaufgabe auf ihn zu: Er musste die beiden Evangelischen Kirchen der Stadt nach der Wiedervereinigung zusammenführen. Das war mehr als nur eine organisatorische Aufgabe. Es galt eine staatskritische und oppositionelle Kirche im Ostteil Berlins mit einer eher weniger staatskritisch geprägten Kirche im Westteil zu vereinigen. Und dass in einer Stadt, in der das Verhältnis von Kirche und Politik nicht immer spannungsfrei war. Mit dem Ende seiner Amtszeit 1994 konnte Bischof Martin Kruse aber auf eine wieder geeinte Berliner Kirche blicken. Die Stadt hatte ihren Weg gefunden und sich den Herausforderungen der Zukunft gestellt. Und mit der Stadt ebenso die Kirchen.
In der Verleihungsurkunde zum Titel „Stadtältester“ heißt es über Bischof Kruse:
„Sie haben mit ihrem versöhnenden Naturell Maßstäbe gesetzt…, haben den Menschen Mut gemacht und mit Rat und Tat zur Seite gestanden.“ So werden wir Bischof Martin Kruse in Erinnerung behalten. Unsere Anteilnahme gilt seiner Ehefrau Marianne und der gesamten Familie. Ich danke Ihnen, dass Sie sich zu Ehren des Verstorbenen erhoben haben.