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Blick in den Plenarsaal und hauptsächlich die Flaggen für Deutschland, Berlin und Europa

Gedenkworte des Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin Dennis Buchner anlässlich des Erdbebens am 6. Februar 2023 im türkisch-syrischen Grenzgebiet

09.02.2023 10:00, Abgeordnetenhaus, Plenarsaal

Ich bitte Sie, sich von den Plätzen zu erheben. Als Zeichen unserer Trauer und Anteilnahme sind unsere Fahnen vor dem Abgeordnetenhaus auf Halbmast geflaggt.

Seit drei Tagen sehen wir nun die schrecklichen Bilder der Erdbebenkatastrophe in der Türkei und in Syrien. Das Gebiet, in dem das Erdbeben so schlimme Folgen hatte, ist etwa so groß wie die Bundesrepublik Deutschland.

In unserer vielfältigen und internationalen Stadt leben über 200.000 Menschen, deren Familien aus der Türkei zu uns gekommen sind, viele die als so genannte Gastarbeiterinnen und Gastarbeiter. Sie sind Teil von uns geworden.

Viele stammen auch aus den schlimm betroffenen Gebieten des Erdbebens. Sie sind in Sorge um Menschen, die sie lieben und die von dieser unvorhergesehenen Naturgewalt getroffen wurden.

Gleiches gilt für viele Menschen aus Syrien, die vor dem Bürgerkrieg und Verfolgung hier Schutz gefunden haben. In der syrischen Erdbebenregion sind nun besonders auch Syrer und Kurden betroffen, die als sogenannte Binnenflüchtlinge an die türkische Grenze geflohen waren. Menschen, deren Lebenssituation ohnehin schwierig ist und die sich jetzt einer weiteren Katastrophe gegenübersehen.

Auch wir sind in unseren Gedanken bei den mittlerweile über 15.000 Todesopfern der Erdbebenkatastrophe, den unzähligen Verletzten und den Hundertausenden Menschen, die ihr Zuhause verloren haben.

Rund 23 Millionen Menschen sind in der Türkei und in Syrien von dem Erdbeben betroffen.

Die Situation ist auch drei Tage nach dieser Katastrophe unübersichtlich. Immer noch werden Menschen aus den Trümmern geborgen. Die Bergungs- und Aufräumarbeiten werden durch die Eiseskälte erschwert.

Auch die Kommunikationskanäle in die Erdbebengebiete sind gestört. Die Ungewissheit zehrt weiterhin an den Angehörigen. Eine große Verunsicherung hat sich auch in unserer Stadt verbreitet. Wir alle hoffen, dass noch viele Menschen lebend aus den Trümmern gerettet werden können. Ich wünsche dies allen Betroffenen von ganzem Herzen.

Jetzt geht es darum, dass so schnell wie möglich Hilfe organisiert wird.

Die Bundesregierung hat die Entsendung von Hilfsgütern, Such- und Rettungstrupps und technischen Expertinnen und Experten gestartet. Viele von Ihnen sind schon vor Ort oder sind in diesem Augenblick auf dem Weg in die Gebiete. Unsere guten Wünsche sind auch bei Ihnen!

Besonders im durch den Bürgerkrieg stark gezeichneten Syrien hat es viele Menschen auf der Flucht, in Armut und prekären Verhältnissen getroffen. Es muss daher über die Vereinten Nationen jede Initiative ergriffen werden, um humanitäre Hilfe auch in das syrische Erdbebengebiet zu bringen.

Die internationale Solidarität, die in Zeiten dieser Katastrophen immer wieder erlebbar ist, ist ein Zeichen der Hoffnung. Auch in Berlin rufen Hilfsorganisationen zu Spenden auf, packen zahlreiche Helferinnen und Helfer mit an. Berlin steht zusammen, wenn es darum geht, den Erdbebengebieten zu helfen. Und die Menschen sind zwingend auf unsere Unterstützung angewiesen!

Meine Damen und Herren,

viele von uns haben sicher das Bild von Mesut Hancer gesehen, der in den Trümmern seines zerstörten Hauses sitzt und die Hand seiner verschütteten, verstorbenen Tochter hält.

Eines von vielen Bildern, die mich nicht loslassen.

Als ich Dienstag Abend nach den schlimmen Bildern aus der Tagesschau in die Debatte der Berliner Kandidierenden geschaltet habe, hat mich das nachdenklich gemacht, demütig, vor allem aber auch dankbar:

Dankbar in einem Land leben zu dürfen, das Frieden und Sicherheit, Bildung, geheizte Wohnungen, ausreichend Nahrung für alle und eine gute medizinische Versorgung bietet.

Und dankbar dafür, dass manches Problem, über das gleich diskutiert wird, so klein scheint, gegen das, was Millionen Menschen nicht nur in der Türkei und Syrien gerade durchmachen, nach Naturkatastrophen, in Kriegen und Verfolgung, in andauernden Hungersnöten.

Ich danke Ihnen, dass Sie sich zu Ehren der getöteten Erdbebenopfer erhoben haben.