Grußwort der Präsidentin des Abgeordnetenhauses von Berlin Cornelia Seibeld anlässlich der Gedenkstunde mit Kranzniederlegung auf dem Friedhof der Märzgefallenen
18.03.2023 15:00, Ernst-Zinna-Weg 1, 10249 Berlin
Ich freue mich, dass die Kranzniederlegung hier auf dem Friedhof der Märzgefallenen einer meiner ersten offiziellen Termine als Präsidentin des Abgeordnetenhauses von Berlin ist. Zweifelsohne ist der 18. März 1848 ein wichtiger Tag in der deutschen und auch in der Berliner Geschichte. Wir gedenken der Toten, die vor nun schon 175 Jahren für das Ideal der Freiheit, für mehr politische Mitbestimmung und für soziale Gerechtigkeit auf den Straßen Berlins kämpften. Wir alle wissen: Jede Geschichte hat einen Anfang. Das gilt auch für die Geschichte der Demokratie in Deutschland, um die 1848 gestritten und gekämpft wurde.
Heute leben wir die Überzeugungen von damals ganz selbstverständlich. Die damaligen Forderungen nach Bürgerrechten sind heute noch aktuell, etwa, dass wir im Leben durch Leistungen weiterkommen wollen, nicht durch unsere Geburt und die gesellschaftliche Stellung unserer Eltern. Wir informieren uns unabhängig, da die Presse nicht zensiert wird. Wir forschen frei, um uns Möglichkeiten für eine bessere Zukunft zu erarbeiten. Wir äußern unsere Meinung, ohne Repressalien fürchten zu müssen. Gerichtsverhandlungen finden öffentlich statt, da Geheimprozesse niemals gerecht sein können. Hierzulande ist dies überwiegend Konsens. Das ist unser gemeinsames Verständnis darüber, wer wir sind und was uns ausmacht. Das basiert alles auf 1848. Leider ist das Wissen über den Ursprung dieses gemeinsamen Einvernehmens nicht sehr ausgeprägt. Das ist schade und ich denke, daran können und sollten wir arbeiten.
Es waren im 19. Jahrhundert bewegte Zeiten seit den Tagen des Vormärz. Veränderung der politischen Verhältnisse stand auch in den deutschen Landen auf der Tagesordnung. Das Hauptmotiv war, endlich auch dem Volk eine politische Stimme zu geben. Strittig war aber in der Opposition selbst, auf welchem Weg dies erfolgen sollte. Dabei spielte auch immer die Frage eine zentrale Rolle: Muss nicht auf gewaltsamen Weg das Ende der Monarchie herbeigeführt werden, so wie es ja in Frankreich der Fall war.
In Deutschland führte der Wunsch nach einer geordneten, weitgehend gewaltfreien Revolution zu einer Blockade in der Opposition, an deren Ende in Deutschland eben nicht die Ablösung der Monarchien stand. Damit waren dann auch letztlich die demokratischen Kräfte mit ihrer Vorstellung einer Republik gescheitert.
Hier in Berlin entlud sich die revolutionäre Erhebung am 18. März 1848 jedoch in einem mit aller Härte geführten Straßenkampf gegen die preußischen Soldaten des Königs. Mehr als 250 Menschen starben. Viele von ihnen sind später hier auf dem Friedhof der Märzgefallenen beerdigt worden.
Die Frauen und Männer, die hier begraben sind, waren die Vorkämpferinnen und Vorkämpfer unserer heutigen Demokratie. Und auch wenn der Weg der Demokratie in unserem Land nicht gradlinig verlief, so denke ich, können wir alle stolz darauf sein, in einem freien und demokratischen Land zu leben.
Ich verneige mich vor den Opfern des 18. März 1848. Lassen Sie uns für die damals eingeklagten demokratischen Werte auch in Zukunft zusammenstehen, lassen Sie uns diese immer wieder aufs Neue mit Leben füllen.
Vielen Dank!