
Grußwort der Präsidentin des Abgeordnetenhauses von Berlin, Cornelia Seibeld, zum 25-jährigen Jubiläum von donum vitae Berlin-Brandenburg
13.06.2025 16:00, Cardinal-Bengsch-Saal, Kolonnenstraße 39, 10829 Berlin
25 Jahre donum vitae in Berlin-Brandenburg – das ist ein ganz besonderer Anlass. Es ist ein Meilenstein, der nicht nur einen Rückblick erlaubt, sondern auch ein Innehalten und ein würdiges Dankeschön.
Der Berliner Tagesspiegel schrieb im Oktober 2002: „Gut ein Jahr nach Gründung des Landesverbands der katholischen Schwangeren-Beratungsstellt ‚Donum Vitae‘ in Berlin und Brandenburg haben deren Mitarbeiterinnen alle Hände voll zu tun.“ Gegründet wurde der Landesverband, „nachdem die katholische Kirche keine Beratungsscheine für einen straffreien Schwangerschaftsabbruch mehr ausgestellt hat“ – soweit der Tagesspiegel.
Viele Christinnen und Christen sahen diese Entscheidung der katholischen Kirche damals mit großem Unverständnis – und entschieden sich, Verantwortung zu übernehmen, wo ein Vakuum entstand. Die Gründung des Landesverbands war durchaus ein mutiger Schritt – getragen von Überzeugung, Verantwortung und der Bereitschaft, einen schwierigen Weg in einem konfliktreichen Feld menschlicher Beziehungen zu gehen. Donum vitae, das „Geschenk des Lebens“, ist nicht nur ein Name. Es ist ein Programm. Es ist eine Haltung. Es ist – und das seit einem Vierteljahrhundert – eine kraftvolle Stimme für das Leben. Für das ungeborene Leben. Für das werdende Leben. Und ebenso für das Leben der Frauen, die in schwierigen, manchmal existenziellen Situationen Rat suchen. Die Geschichte von donum vitae ist also auch eine Geschichte zivilgesellschaftlichen Engagements und christlicher Gewissensentscheidung. Von Menschen, die sagten: Wir lassen die Frauen nicht allein. Wir stehen ein – für das Leben, aber auch für die Freiheit, die Würde und die Verantwortung jeder einzelnen Frau.
Diese Verbindung von christlichem Menschenbild und praktischer Hilfe ist das Herzstück Ihrer Arbeit. Sie zeigen in ihrer Beratung Perspektiven für ein Leben mit dem Kind auf und trauen Frauen zu, eine Entscheidung zu treffen – informiert, beraten, gestärkt. Und Sie tun dies mit Achtung vor dem Leben in all seiner Verletzlichkeit und Vielfalt. Und genau hier liegt eine der größten Herausforderungen Ihrer Arbeit: Die Schwangerschaftskonflikt-
beratung ist keine einfache Beratung über Optionen. Für den Schutz des Lebens in Konfliktsituationen gibt es keine Patentlösung. Die Beratung findet in einer emotional extrem aufgeladenen Situation statt. Frauen stehen oft unter großem Druck – sei es durch wirtschaftliche Not, familiäre Konflikte oder das Gefühl, allein zu sein. Inmitten dieses inneren und äußeren Sturms sind Sie da – nicht als Richterinnen, nicht als Moralinstanz, sondern als Begleiterinnen und als Anwälte für das Leben. Mit Empathie, Sachkenntnis und dem tiefen Respekt vor dem Gewissensentscheid der Frau geben Sie dem ungeborenen Leben eine Stimme.
Nach Abschluss der Beratung erhalten die Frauen auf Wunsch die gesetzlich vorgesehene Beratungsbescheinigung. Sie ist keine bloße Formalie. Sie ist Ausdruck eines Systems, das Beratung vor Sanktion stellt, Information vor Druck, Verantwortung vor Zwang. Es ist ein Balanceakt zwischen dem Schutz des ungeborenen Lebens und der Selbstbestimmung der Frau. Donum vitae ist eine der Organisationen, die diese Gratwanderung mit so viel ethischer Klarheit und menschlicher Wärme gestalten und damit einen gesetzlichen und zugleich diakonischen Auftrag erfüllt. Ich bin Ihnen sehr dankbar, dass Sie das Vakuum gefüllt haben, dass nach dem Ausstieg der Katholischen Kirche aus dem staatlichen System der Schwangerschaftskonfliktberatung entstanden ist.
Wie notwendig und richtig dieser Schritt war, hat der ehemalige Bundestagspräsident Norbert Lammert einmal treffend auf den Punkt gebracht. Er sagte: „Ungeborene Kinder kann man nicht ohne ihre Mütter schützen – und schon gar nicht gegen sie.“ Diese Einsicht ist keine politische Phrase. Sie ist eine ethische Grundlage. Und sie ist eine Mahnung an uns alle – gerade auch an die Politik. Denn Politik darf nicht nur fordern. Politik muss ermöglichen. Wenn wir vom Schutz des ungeborenen Lebens sprechen, dann sprechen wir auch über bezahlbaren Wohnraum, über verlässliche Kinderbetreuung und über eine Familienpolitik, die diesen Namen verdient. Dann sprechen wir über Bedingungen, die es Frauen auch in Konfliktsituationen leichter machen, Ja zum Leben zu sagen – aus Überzeugung, nicht aus Überforderung.
Donum vitae leistet hier seit 25 Jahren einen unschätzbaren Beitrag. In Ihren Beratungsstellen begegnen Sie den Menschen mit Respekt. Sie geben Orientierung ohne zu drängen, Sie helfen ohne zu überreden, Sie stützen, ohne zu bevormunden. Und Sie tun das Tag für Tag, oft im Verborgenen, oft in schwierigen Situationen. Für dieses stille, beharrliche, so wichtige Wirken möchte ich Ihnen im Namen des Berliner Abgeordnetenhauses meinen Respekt aussprechen und ganz ausdrücklich danken. Danken möchte ich auch Ihnen, Frau von Falkenhayn, ganz persönlich. Seit 2017 prägen Sie als Vorsitzende den Landesverband Berlin-Brandenburg und geben mit Ihrem ehrenamtlichen Engagement den Ungeborenen eine Stimme. Nach acht Jahren reichen Sie den Staffelstab als Vorsitzende in der kommenden Woche weiter. Ohne den Vorstandswahlen vorgreifen zu wollen wünsche ich dem neuen Vorstand vorab viel Erfolg.
25 Jahre donum vitae Berlin-Brandenburg ist auch ein Auftrag für die Zukunft. Denn das Geschenk des Lebens – donum vitae – bleibt kostbar. Und verletzlich. Lassen Sie uns gemeinsam dafür sorgen, dass es auch in den kommenden 25 Jahren geschützt und begleitet wird.
Herzlichen Glückwunsch – und von Herzen: Danke.