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Blick in den Plenarsaal und hauptsächlich die Flaggen für Deutschland, Berlin und Europa

Grußwort der Präsidentin des Abgeordnetenhauses von Berlin Cornelia Seibeld zum 40-jährigen Jubiläum des Vereins "Wildwasser - Arbeitsgemeinschaft gegen sexuellen Missbrauch an Mädchen und Frauen"

07.07.2023 09:30, Abgeordnetenhaus, Festsaal

Ich gratuliere dem Wildwasserverein herzlich zum 40-jährigen Bestehen. Was vor vierzig Jahren als Selbsthilfe-Projekt begann, ist mittlerweile der älteste Verein in Deutschland, der sich gegen sexualisierte Gewalt engagiert.

Ihr Jubiläum bedeutet auch 40 Jahre Halt und Unterstützung für Mädchen und Frauen in der Stadt. Das verdient die Anerkennung der Stadtgemeinschaft und die Würdigung unseres Landesparlaments. Als Abgeordnetenhaus von Berlin sind wir Ihrem Verein in besonderer Weise verbunden. 2014 zeichneten wir Wildwasser mit der Louise-Schroeder-Medaille aus.

Mit neuen Projekten und Themenschwerpunkten schlagen Sie immer wieder neue Wege ein. Ich denke da aktuell etwa an die Schutzkonzepte in den Schulen, das mobile Kinderschutzteam in Flüchtlingsheimen oder die Beratungsstelle in Prenzlau. Auch bei der fachpolitischen Arbeit in unseren Ausschüssen stehen Sie uns mit Ihrer Expertise zur Seite, wie kürzlich, als es um das Thema Zwangsverheiratung ging.

Wir sind auf die Erkenntnisse und Ratschläge von Vereinen und Initiativen wie Wildwasser angewiesen, um politisch zielgerichtet agieren zu können. Auch wenn in den vergangenen Jahren auf Gesetzesebene viel erreicht werden konnte: zum Beispiel das Gesetz zur Stärkung der Rechte von Opfern sexuellen Missbrauchs, die Verschärfung des Sexualstrafrechts, die Anerkennung von Stealthing als Tatbestand oder die Verschärfung des Stalking-Gesetzes.

Weiterhin müssen wir debattieren, wie es Opfern erleichtert werden kann, Anzeige zu erstatten. Es bedarf zudem eines gesellschaftlichen Wandels, um sexualisierte Gewalt gegen Mädchen und Frauen einzudämmen. Immer wieder treten weitere Dimensionen zutage. Diese können wir mit Ihrer Hilfe besser verstehen und einschätzen lernen, etwa wenn es um die sozialen Medien und sexualisierte Gewalt im Internet geht.

Auch wenn es hierbei nicht in allen Fällen zu direktem Kontakt kommt, sind extremes Leid und die Schädigung des Selbstwertes ebenso schlimme Folgen. Es ist eine politische Fragestellung, wie wir die Freiheit im digitalen Raum verfassungskonform mit dem Kindes- und Jugendschutz in Übereinstimmung bringen können. Ich halte es für eine positive Entwicklung, dass Kinder bereits im Kita-Alter lernen, eigene Grenzen zu setzen.

Bildungspolitisch müssen wir an Berliner Schulen zusätzlich noch dringend die Medienkompetenz von Kindern, aber auch ihren Eltern stärken. Es bedarf weiterer Fortbildungsmaßnahmen im Bereich unserer Justiz und Polizei, damit Missbrauch auch erkannt und bekämpft werden kann.

Gesellschaftlich und politisch müssen wir antiquierte Bilder von Männlichkeit verändern und insbesondere die Empathie in der Sozialisation von Jungen stärken. Das hilft auch, Sexismus zu bekämpfen. Zudem müssen wir uns auch gesellschaftlichen Tabus stellen, etwa der Rolle von Müttern als Mittäterinnen und Täterinnen oder der sexualisierten Gewalt im Sport.

Ebenso gilt es, bei jugendlichen Täterinnen und Tätern noch viel gezielter hinzusehen, um präventiv besser tätig zu werden. Mir ist wichtig, dass jedes Mädchen und jede Frau so unbeschwert und frei wie möglich leben kann und dass es für sie immer noch Hoffnung auf ein solches Leben gibt, falls sie Opfer sexualisierter Gewalt geworden ist.

Hierzu leistet Wildwasser einen wertvollen Beitrag, den wir gar nicht hoch genug einschätzen können. Sie helfen Mädchen und Frauen auf ihrem Weg zurück in ein selbstbestimmtes und selbstbewusstes Leben. Vielen Dank für Ihr Engagement. Ganz besonders danken möchte ich den vielen haupt- und ehrenamtlich Aktiven.

Alles Gute für die Zukunft! Vielen Dank!