Grußwort der Präsidentin des Abgeordnetenhauses von Berlin Cornelia Seibeld zum Israeltag der Deutsch-Israelischen Gesellschaft
28.04.2023 15:00, Wittenbergplatz
Sie haben als Gesellschaft wieder Tolles geleistet und auf die „Beine gestellt“. Dafür danke ich Ihnen sehr, lieber Herr Feilcke und Herr Beck.
Ohne Frage: Wir leben in schwierigen Zeiten. Der Krieg ist leider zurück in Europa, genauer gesagt: Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine hat die bestehende Friedensordnung auf unserem Kontinent massiv infrage gestellt. Es ist aber nicht nur ein Angriff auf ein Land. Es ist mindestens ebenso ein Angriff auf die Demokratie, auf die Freiheit in Europa. Und daher hat die ukrainische Bevölkerung unsere volle Solidarität im Kampf gegen den russischen Krieg verdient.
Unsere Solidarität gehört aber auch dem Staat Israel und den dort lebenden Menschen. Die Aussöhnung mit uns Deutschen in den letzten Jahrzehnten lässt sich nur als Geschenk bezeichnen. Sie ist auf keinen Fall eine Selbstverständlichkeit angesichts unserer Verbrechen an den Millionen Jüdinnen und Juden in Europa. Das dürfen wir niemals vergessen. Mehr noch: Wir haben eine Verpflichtung gegenüber Israel. Eine Verpflichtung, die sich für die heutigen Generationen nicht als Schuld definieren lässt. Aber es ist eine historische Verantwortung, in der wir Deutschen stehen.
Dass diese historische Verantwortung natürlich bis in unsere Zeit hineinragt, können wir daran festmachen, dass es immer noch Hass gegenüber Jüdinnen und Juden gibt, dass der Antisemitismus bis heute anhält. Leider. Und deshalb plädiere ich ganz entschieden dafür, dass wir unsere eigenen Probleme angehen und lösen. Denn trotz aller Anstrengungen haben wir es immer noch nicht geschafft, die Angriffe auf Jüdinnen und Juden zu unterbinden und den Antisemitismus effektiv in unserem Land und in unserer Stadt zu bekämpfen.
Ich denke, an diesem Punkt haben wir noch deutlichen Nachholbedarf. Das machen auch die jüngsten Zahlen antisemitischer Vorfälle in Berlin deutlich. Ja, auch wir im Abgeordnetenhaus sind gefordert, dieses Problem entschiedener anzugehen.
Es ist und bleibt eben unsere Verpflichtung, dass der Antisemitismus in unserer Stadt keinen Platz hat. Das sollten wir immer wieder beherzigen. Und deshalb dürfen wir nicht nachlassen in unserem Bemühen, der historischen Bildung einen eigenen Stellenwert zu geben, in den Schulen und in den außerschulischen Bildungseinrichtungen. Denn machen wir uns nichts vor: Das Unwissen über die Shoah leistet natürlich dem Antisemitismus auch bei uns Vorschub.
Doch wir sollten nicht nur das Negative sehen: Wir sollten alle gemeinsam auch mit Zuversicht nach vorne schauen. Längst macht uns die junge Generation vor, wie man ganz praktisch und vor allem länderübergreifend voneinander lernen kann.
Die vielen schulischen oder universitären Austauschprogramme und nicht zuletzt die Sozialen Medien lassen Distanzen schwinden. Aber auch der Zuzug junger Israelis nach Berlin macht Hoffnung. Hierdurch entstehen sogar echte Freundschaften zwischen israelischen und deutschen Jugendlichen, und es entsteht auch ein gegenseitiges Verständnis füreinander. Und das ist gut so und sollte uns freuen.
In der Tat: Freundschaft ist ein großes Wort - ein vielleicht zu großes Wort in der Beziehung zweier Länder. Doch wir Deutschen können doch dankbar sein, dass sich im Laufe der vergangenen Jahrzehnte eine tiefe und respektvolle Beziehung zwischen Israel und Deutschland entwickelt hat. Das können und sollten wir nicht als selbstverständlich ansehen. Dass es aber so gekommen ist, daran hat auch die Deutsch-Israelische Gesellschaft ihren Anteil. Auch dieser Israeltag steht dafür.
Israel begeht nun seinen 75. Staatsgründungstag. Dieses Ereignis kann gerade uns Deutschen nicht gleichgültig sein. Das Ergebnis aus dem unverzeihlichen Holocaust kann nur lauten, dass Deutschland eng an der Seite Israels steht. Auch das gehört zu unserer historischen Verantwortung: Sie verpflichtet uns, mit dafür einzugestehen, dass Israel existieren kann. Das ist das Band, das die Bundesrepublik Deutschland und Israel fest verbindet. Und das gilt über den heutigen Tag weit hinaus.
Wir alle sollten das nie vergessen.
Ich danke Ihnen.