Grußwort der Präsidentin des Abgeordnetenhauses von Berlin Cornelia Seibeld zur Ausstellung "Berlin - Hauptstadt der Wissenschaftlerinnen"
15.05.2024 16:00, Goethe-Institut in Tokio
Ich freue mich, dass die Ausstellung „Berlin - Hauptstadt der Wissenschaftlerinnen“ Teil der Aktivitäten aus Anlass des Jubiläums „30 Jahre Städtepartnerschaft Berlin-Tokyo 2024“ ist. Die Texte zu den einzelnen Wissenschaftlerinnen beruhen auf einem gleichnamigen Wikipedia-Projekt in Berlin, in welchem unter professioneller Anleitung Hobbyforscherinnen und Hobbyforscher zusammen mit Schülerinnen und Schülern deren Wikipedia-Einträge überarbeitet oder neu erstellt haben. Ziel war es, der Arbeit von Wissenschaftlerinnen jene Sichtbarkeit und Anerkennung zuteilwerden zu lassen, die sie verdienen. Diese Vorgehensweise scheint so viel positive Beachtung gefunden zu haben, dass Sie Vorbild für den jüngst durchgeführten Workshop in Tokio geworden ist.
Die Bedeutung der Wissenschaft kann für Industriegesellschaften wie Japan und Deutschland gar nicht hoch genug eingeschätzt werden. Da die Stadt Berlin – wie der Regierende Bürgermeister anschaulich verdeutlicht hat – ein sehr wichtiger Ort für Wissenschaft und Forschung ist, der über die Grenzen Deutschlands und Europas hinaus weist, hat es hier seit dem Beginn des 20. Jahrhunderts auch sehr wichtige Beiträge von Frauen gegeben. Das war nicht selbstverständlich, es war mühsam und in einem langen Prozess erkämpft. Erstmals 1908 konnte sich mit Agnes Harnack eine Frau an der damaligen Berliner Friedrich-Wilhelm-Universität immatrikulieren. Erst in den 20er Jahren wurde es möglich, durch die Anstellung in Forschungsinstituten und die Berufung auf Lehrstühle eine bezahlte Berufsausübung als Wissenschaftlerin zu bekommen.
Gewisse Parallelen zur Politik sind gewiss nicht zufällig. Die Frauen erlangten in Deutschland und Berlin erstmals das aktive und passive Wahlrecht bei der Wahl zur Nationalversammlung zu Beginn des Jahres 1919. In einer langen Reihe von Präsidenten des Berliner Abgeordnetenhauses bin ich nach Hanna-Renate Laurien erst die zweite Präsidentin. Und so wie der Anteil von Professorinnen in Berlin über lange Jahre auf ein Drittel gestiegen ist, so ist der Anteil der Frauen im Abgeordnetenhaus mittlerweile auf fast 40 Prozent gestiegen. Der Regierende Bürgermeister hat in seine Regierung eine Mehrheit an Senatorinnen berufen. Und sieben Bezirksbürgermeisterinnen führen die kommunalen Bezirksämter im Vergleich zu fünf männlichen Kollegen in Berlin.
Wir können also festhalten, dass in der Wissenschaft und in der Politik viel erreicht worden ist. Es bedurfte oftmals einer besonderen Anstrengung und besonderer Leistungen von Frauen, um sich durchzusetzen. Bis wir von einer gleichberechtigten Teilhabe von Frauen auf allen Stufen sprechen können, bis unterschiedlichen Lebenssituationen Rechnung getragen und vorhandene unsichtbare Barrieren abgetragen sein werden, bleibt weiterhin viel zu tun.
Aus den Lebensläufen vieler hier dargestellter Forscherinnen geht hervor, wie sehr sie durch Vorbilder inspiriert wurden, wie eine Generation von Wissenschaftlerinnen der nächsten Generation den Weg ebnete. Diese Zusammenhänge aufzuzeigen und Karrierewege von Frauen und ihre Spitzenleistungen aufzuzeigen, gelingt dieser Ausstellung in besonders anschaulicher Art.
Daher habe ich als Präsidentin des Abgeordnetenhauses bereits im vergangenen Jahr entschieden, dass die Ausstellung über Berlin als Hauptstadt der Wissenschaftlerinnen in diesem Jahr auch noch im Abgeordnetenhaus gezeigt werden wird. Mit der Rückkehr an den zentralen Ort der parlamentarischen Demokratie in Berlin, an dem auch über die Rahmenbedingungen von Wissenschaft entschieden wird, wird sich der Kreis schließen.
Für die zukünftige Zusammenarbeit zwischen unseren beiden Partnerstädten und ihren jeweiligen Wissenschaftsinstitutionen wünsche ich gutes Gelingen!
Vielen Dank!