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Blick in den Plenarsaal und hauptsächlich die Flaggen für Deutschland, Berlin und Europa

Grußwort des Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin Ralf Wieland anlässlich der Eröffnung des Kongresses "Was ist Leistung?" der Überparteilichen Fraueninitiative Berlin - Stadt der Frauen

30.11.2012 14:00, Abgeordnetenhaus von Berlin

20 Jahre Überparteiliche Fraueninitiative in Berlin – das ist wahrlich ein Grund zum Feiern. Deshalb beglückwünsche ich Sie, die Akteurinnen des Vereins – auch im Namen des Berliner Abgeordnetenhauses – sehr herzlich. Mein besonderer Dank geht an die Gründerinnen der Überparteilichen Fraueninitiative, die vor 20 Jahren, 1992, den Schritt gewagt haben, sich über die Parteigrenzen hinweg zusammenzutun, um gemeinsam für die Rechte der Frauen zu kämpfen. In Ihrer damaligen Presseerklärung schrieben sie: „Wir, Frauen im Parlament, wollen, dass Berlin eine Stadt der Frauen ist!“

In den letzten 20 Jahren haben Sie mit unzähligen Veranstaltungen und Aktionen Ihr großes Engagement für Geschlechtergerechtigkeit unter Beweis gestellt. Dafür gebührt Ihnen meine uneingeschränkte Hochachtung.

Hier auf die Fülle Ihrer Aktivitäten eingehen zu wollen, wäre vermessen. Besonders herausstellen möchte ich aber, dass sich Ihr Verein über die Jahre hinweg zu einem weit verzweigten politischen Netzwerk entwickelt hat, das bundesweit seinesgleichen sucht.

Als Initiative aus dem Abgeordnetenhaus heraus hat alles begonnen, und so sind Sie all die Jahre immer ganz nah an der Politik geblieben. Sie binden die Senatorinnen ein, laden zu Fachgesprächen mit den frauenpolitischen Sprecherinnen der Fraktionen und arbeiten im Frauenpolitischen Rat der Senatorin für Frauen mit.

Das Abgeordnetenhaus von Berlin hat ihre anspruchsvolle Arbeit immer unterstützt, wo es ging. Das werden wir auch weiter tun.

Das Berliner Parlament möchte damit auch seiner besonderen Anerkennung für Ihren aktiven und – wie ich besonders hervorheben möchte – ehrenamtlichen Einsatz für die Rechte der Frauen Ausdruck verleihen.

Bei der Gleichstellung von Mann und Frau handelt es sich nicht um irgendein politisches Ziel, sondern es handelt sich um die Erfüllung eines Verfassungs-auftrags. Wenn wir in das Jahr 1949 zurückblicken, so war es der Politikerin Elisabeth Selbert im Parlamentarischen Rat gelungen, die rechtlich uneingeschränkte Gleichberechtigung im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland zu verankern. Artikel 3 machte auch den Weg frei, ihm entgegenstehendes Recht zu verändern. 1994 wurde der Artikel 3, Abs. 2 Grundgesetz „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“ ergänzt durch den Satz „Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Männern und Frauen und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.“

Wir Politiker, Männer wie Frauen, sind uns bewusst, dass offene oder versteckte Diskriminierungen auch heute noch ein Problem in unserer Gesellschaft darstellen. Besonders plastisch zeigt sich der lange Weg zur Gleichstellung, wenn man sich die Arbeitswelt ansieht. So betitelte der Tagesspiegel vor ca. zwei Wochen seinen Bericht über den geringen Anteil von Frauen in Führungspositionen mit der Überschrift: „Noch 792 Jahre bis zur Gleichstellung.“ Ich möchte an dieser Stelle nicht auf die Berliner Studie eingehen, die Sie sicherlich alle kennen, sondern an dieser Stelle nur so viel sagen: Die Beibehaltung von Frauenquoten und die Einführung von Frauenquoten in bestimmten Bereichen ist leider immer noch notwendig. Das gilt für die Wirtschaft und auch für die Politik. Der Anteil von Frauen in Führungspositionen kann als symptomanisch genommen werden für die Chancen von Frauen in unserer Gesellschaft insgesamt.

In den letzten Wochen wurde viel über einen Gesetzentwurf des Europäischen Parlamentes für eine verbindliche Frauenquote in Aufsichtsräten und Vorständen diskutiert. Es hat sich deutlich gezeigt: Appelle und freiwillige Selbstverpflichtungen der Wirtschaft reichen nicht aus. Unter den Chefs der größten Europäischen Unternehmen befinden sich nur ca. 3 % Frauen, in den Aufsichtsräten gerademal 13 %. Auch in der Politik ging es seit 1949 mit den Frauen nur langsam voran. Erst zwölf Jahre nach der Gründung der Bundesrepublik, nämlich 1961, wurde zum ersten Mal eine Frau als Bundesministerin vereidigt, nämlich Elisabeth Schwarzhaupt für das Ressort Gesundheitswesen.

In der öffentlichen Vermittlung steht die Sache der Frauen gut: Wir haben eine weibliche Bundeskanzlerin, wir haben mehrere Ministerpräsidentinnen und Präsidentinnen von Landtagen. Da scheint es, dass von Frauen gemachte Politik ganz selbstverständlich ist. Eine andere Zahl lässt mich allerdings doch ganz nachdenklich werden: Nur rund 5 % aller Bürgermeister in deutschen Städten über 10.000 Einwohner sind Frauen.

Liebe Gäste, zum Abschluss möchte ich noch einmal auf die ehrenamtliche Arbeit der Überparteilichen Fraueninitiative hier in Berlin zurückkommen. Ehrenamtlicher Einsatz ist Motor einer lebendigen Zivilgesellschaft. Sie beteiligen sich mit ihren Ideen und Projekten aktiv am Leben in unserer Stadt und beweisen damit: Ehrenamtliche Arbeit ist kein Auslaufmodell, sondern hat eine wichtige und nicht wegzudenkende Funktion für unsere Gesellschaft. Ich möchte Ihnen deshalb auch ganz persönlich sagen, wie beeindruckend ich die Vielzahl Ihrer Initiativen finde. Darin drückt sich viel Verantwortungsbewusstsein für unsere Gesellschaft aus.

Ich wünsche Ihnen für Ihre weitere Arbeit viel Erfolg, viel Kraft und Zähigkeit. Für Ihre beiden Kongresstage wünsche ich Ihnen gute und anregende Diskussionen und ganz persönlich sage ich Ihnen noch einmal: Dankeschön!