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Blick in den Plenarsaal und hauptsächlich die Flaggen für Deutschland, Berlin und Europa

Grußwort des Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin Ralf Wieland zum Empfang der Teilnehmerinnen und Teilnehmer der 10. Gay Games in Paris

25.09.2018 19:00, Abgeordnetenhaus

Sie haben unsere Stadt in Paris bei den Gay Games vertreten und Berlin damit eine sportliche Ehre erwiesen. Mit Ihrer Teilnahme an den Gay Games haben Sie sich mit Sportlerinnen und Sportlern solidarisiert, deren Homosexualität in ihren Heimatländern verboten ist oder deren Transidentität nicht anerkannt wird. Sie haben sich für den Abbau von Vorurteilen im Sport eingesetzt und Sie haben auf gesellschaftliche Defizite aufmerksam gemacht. Das verdient unbedingt Anerkennung. Ich möchte Ihnen dafür zunächst einmal im Namen aller Berliner Abgeordneten sagen: Herzlichen Dank!

Es bedarf mutiger Menschen, die für andere aufstehen und Bewegung schaffen. Darauf sind wir auch und gerade im Sport angewiesen. Das Spiel um den Abbau von Vorurteilen ist hier leider noch nicht ganz gewonnen. Nach wie vor erleben viele den Sport als heteronormativen Bereich, in dem ein offener Umgang mit der eigenen Homosexualität oder Transidentität schwerfällt. Gerade für Transpersonen ist der Zwang der Einordnung häufig mit Scham besetzt, was die Teilnahme an regulären Wettkämpfen für sie deutlich erschwert. Statt eines Coming Outs entziehen sie sich dem Sport lieber gänzlich. Das ist nicht nur für Betroffene sehr schade, sondern auch ein klarer Verlust für den Sport. Ganz offenkundig haben weder die geschlechtliche Identität noch die sexuelle Orientierung einen Einfluss auf die sportliche Leistung.

Es ist erst vier Jahre her, dass Profifußballer Thomas Hitzlsperger sich nach dem Ende seiner Karriere öffentlich zu seiner Homosexualität bekannte und dadurch für viele eine wichtige Vorbildfunktion einnahm. „Homophobe Leute haben jetzt einen Gegner mehr“, sagte er und machte einmal mehr darauf aufmerksam, wie unangebracht und unzeitgemäß Homophobie ist. Doch leider poltern Menschen homo- und transphober Gesinnung noch immer viel zu laut an der Realität vorbei. Ihre Abneigung basiert nicht selten auf Sexuellem oder vielmehr auf Vorurteilen und Vorstellungen über Sexualität und Geschlechtlichkeit. Dabei verdrängen sie gänzlich, um was es eigentlich geht: Es geht um die Liebe. Und für die stehen wir – stehen die Gay Games – ein.

An den diesjährigen Spielen nahmen mehr als 90 Nationen und über 12 000 Sportlerinnen und Sportler teil. Manche von ihnen sind aus Angst vor Konsequenzen in der Heimat anonym geblieben. Sie haben bei den Gay Games vermutlich auch Menschen kennengelernt, die aus Ländern angereist sind, in denen Homosexualität bis heute unter Strafe steht. Und wenn ich mich aktuell in Europa umsehe, scheinen homophobe Stimmen am „rechten Rand“ lauter zu werden. Diesen Stimmen sind Sie bei den Gay Games entgegengetreten und haben ein Zeichen gesetzt – und das sogar weltweit. Denn wir wissen, dass die Spiele international auf mediales Interesse stoßen. Die Gay Games schlagen Brücken über Meere und zwischen Menschen. Sie eröffnen den Dialog, an den ich auch als Parlamentspräsident glaube. Ich glaube an die Verständigung, an die Verhandlung und das Ringen nach Lösungen. Der Schutz von Minderheiten ist ein wesentliches Element demokratischer Gesellschaften. Wenn Menschen gegen andere Menschen feindliche Stimmung verbreiten, liegt es an uns, ein humanistisches Menschenbild auf demokratischem Weg zu erstreiten.

Je länger ich darüber nachdenke, haben Sport und Demokratie doch so einige Gemeinsamkeiten: Eine funktionierende Demokratie lebt ebenso wie der Teamsport vom Zusammenhalt und von der Teilhabe aller. In Berlin gehören Frauen liebende Frauen, Männer liebende Männer, bisexuelle Menschen und Transpersonen einfach dazu. Trotzdem muss auch hier noch einiges besser werden. Es bedarf noch mehr Aufklärung. Daher bin ich froh, dass die Berliner Vereine wie Vorspiel, Seitenwechsel, Queerschlag oder die Regenbogenforellen dazu beitragen, dass Berlin zur Sportstadt für alle wird.

An dieser Stelle möchte ich Ihnen noch die Ausschüsse für Integration und Sport als Anlaufstelle hier im Abgeordnetenhaus an die Hand geben. Denn sie verhandeln auch in Ihrer Sache. Als Teil der Gay Games haben Sie vor allem ein Zeichen für die Liebe und insbesondere für die Vielfältigkeit der Liebe gesetzt, die sich aufgrund ihrer Beschaffenheit wohl niemals normen lässt. Und deshalb habe ich Sie alle gerne zu diesem Empfang ins Abgeordnetenhaus eingeladen. Denn dieses Parlament ist auch Ihr Parlament.

Vielen Dank.