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Blick in den Plenarsaal und hauptsächlich die Flaggen für Deutschland, Berlin und Europa

Rede anlässlich der Enthüllung der Büste des ehemaligen Parlamentspräsidenten Walter Sickert

11.10.2007 11:00, Abgeordnetenhaus

Walter Momper 11.10.2007, Abgeordnetenhaus, Festsaal

Rede des Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin, Walter Momper, anlässlich der Enthüllung der Büste des ehemaligen Parlamentspräsidenten Walter Sickert am Donnerstag, dem 11. Okt. 2007, 11.00 Uhr, im Festsaal ________________________________________________________________

- Es gilt das gesprochene Wort -

Wir reihen heute die Bronzebüste von Walter Sickert in unsere Galerie der Skulpturen der ehemaligen Präsidenten dieses Parlaments ein. Sie wird neben den Büsten von Otto Bach, Otto Suhr, Willy Brandt, Peter Lorenz, Jürgen Wohlrabe und Hanna-Renate Laurien einen würdigen Platz finden.

Ich freue mich, dass mit Hella De Santarossa eine Berliner Künstlerin von internationalem Rang gewonnen werden konnte, die in ihrer Wahlheimat Berlin schon interessante Spuren gelegt hat. Ein Beispiel, das Sie alle kennen: Am Theodor-Heuss-Platz ragt ihr Blauer Obelisk fünfzehn Meter in den Himmel.

Walter Sickert ist im Abgeordnetenhaus nach seinem Ausscheiden aus der aktiven Politik schon oft geehrt worden. Zu seinen markanten Geburtstagen war er als zu ehrender Gast im Hause. Heute ehren wir ihn durch ein außergewöhnliches Kunstobjekt.

Walter Sickert kann auf ein ungewöhnliches Leben zurückblicken. Er wurde am 2. Februar 1919 in Hamburg als das sechste von sieben Kindern eines Werkmeisters und Schlossers geboren. Im Gegensatz zu seinem sozialdemokratischen Vater trat er bereits im Alter von neun Jahren der kommunistischen Jugendorganisation 'Jung-Spartakusbund' und dem 'Kommunistischen Jugendverband' KJVD bei, für den er in der Nazi-Zeit illegal arbeitete. In den Jahren 1934 und 1935 wurde er deshalb für mehrere Monate im Konzentrationslager Hamburg-Fuhlsbüttel inhaftiert.

Walter Sickert wurde – wie sein Vater – Schlosser. Ab 1937 fuhr er als Maschinenaspirant zur See. Nach dem Dienst bei der Kriegsmarine und einigen Monaten in englischer Kriegsgefangenschaft gehörte er von Anfang 1946 bis 1947 der Berliner Polizei an – als Streifenpolizist in Buckow. 1948 begann er als Schlosser und Rohrleger bei der GEHAG (Gemeinnützige Heimstätten AG),wurde kurze Zeit später zum Betriebsratsvorsitzenden gewählt und trat 1948 in die SPD ein. Im Nachkriegsberlin schloss er sich der oppositionellen Gewerkschaftsgruppe innerhalb des FDGB an, der 'Unabhängigen Gewerkschaftsopposition', der UGO, die die Keimzelle des DGB in den Westsektoren von Berlin wurde.

1954 wurde Walter Sickert Vorsitzender der IG Bau-Steine-Erden und 1960 wählte ihn die DGB-Landesbezirkskonferenz zum Vorsitzenden des DGB-Landesbezirks Berlin. 22 Jahre lang blieb er Vorsitzender des DGB Berlin.

1963 wurde Walter Sickert für die SPD Mitglied des Berliner Abgeordnetenhauses. Von 1964 bis 1967 war er stellv. Vorsitzender der SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus, von April 1967 bis April 1975 war er Präsident des Berliner Abgeordnetenhauses, und danach weitere sechs Jahre dessen Vizepräsident. Als Gewerkschaftsvorsitzender war er in der SPD ein politisch wichtiger Faktor.

Walter Sickert hat fast gleichzeitig zwei beachtliche Karrieren gemacht: als Gewerkschaftler und als Politiker. Daneben bekleidete er wichtige und einflussreiche Ehrenämter, zum Beispiel als Aufsichtsratsvorsitzender der Neuen Heimat, als Mitglied im Verwaltungsrat der Sparkasse oder im Beirat der Landeszentralbank. Dreizig Jahre lang arbeitete er zudem als Richter beim Bundesarbeitsgericht.

Walter Sickerts Reden zu den Freiheitsdemonstrationen am 1. Mai sind legendär. Sie sind heute nur noch verständlich, wenn man sich die bedrohte und gefährdete Situation des freiheitlichen Teils der Stadt nach dem Mauerbau in den Berlin-Krisen von Augen führt. Natürlich sind das Kalte-Kriegs-Reden gewesen. Geprägt sind sie von der Abwehr der Bedrohung der Stadt durch die DDR und die Sowjetunion.

Walter Sickert wurde für sein jahrzehntelanges gesellschaftliches Engagement 1979 das Große Bundesverdienstkreuz mit Stern und Schulterband, 1982 die Ernst-Reuter-Plakette und 1986 die Würde des Stadtältesten von Berlin verliehen.

Heute fügen wir den vielen Ehrungen noch eine weitere hinzu.

Ich danke Ihnen. - - -