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Blick in den Plenarsaal und hauptsächlich die Flaggen für Deutschland, Berlin und Europa

Rede der Präsidentin des Abgeordnetenhauses von Berlin Cornelia Seibeld zur Eröffnung der Ausstellung "70 Jahre Luxemburger Abkommen zwischen Deutschland, Israel und der Jewish Claims Conference"

06.06.2023 17:00, Abgeordnetenhaus, Wandelhalle

Ich freue mich sehr, heute gemeinsam mit Ihnen die Ausstellung „70 Jahre Luxemburger Abkommen zwischen Deutschland, Israel und der Jewish Claims Con-ference“ im Abgeordnetenhaus von Berlin zu eröffnen. Herzlich Willkommen im Berliner Parlament!

Ziemlich genau 78 Jahre ist das Ende des verheerendsten Krieges unserer Geschichte nun her. Gedenktage wie der 27. Januar für die Opfer des Holocaust oder der 18. April, „Yom HaShoah", der nationale Gedenktag in Israel für die Märtyrer und Helden der Schoah, geben uns Gelegenheit, die schrecklichen Verbrechen der Nationalsozialisten nicht in Vergessenheit geraten zu lassen. Auch verschiedene Orte in unserer Stadt und auf der ganzen Welt verdeutlichen uns, dass Erinnern und Verantwortung niemals aufhören dürfen.

Das Abgeordnetenhaus von Berlin versucht mit vielen Veranstaltungen und Projekten, z.B. dem Jugendforum denk!mal oder der Verleihung der Obermayer Awards, aber auch mit Ausstellungen wie dieser, einen Beitrag zur Aufrechterhaltung der Erinnerung zu leisten. Wir wollen und müssen deshalb alles dafür tun, damit sich solche Gräueltaten niemals wiederholen. Oftmals reden wir dann über Wiedergutmachung. Aber können die Menschheitsverbrechen der Schoah wirklich wiedergutgemacht werden? Die Antwort auf diese Frage ist so klar und deutlich, wie sie auch nachdenklich stimmt: Nein. Wieso unsere Bemühungen zum Wohle der Opfer und unsere Bestrebungen, die Erinnerungen nicht abreißen zu lassen, dennoch so wichtig sind, zeigt unsere heutige Ausstellung. Hier stehen die Betroffenen im Mittelpunkt, die nach dem Ende der Verfolgung durch die Nationalsozialisten ein neues Leben beginnen mussten. Nicht nur die verheerenden Zerstörungen und die Verwüstung, die der Krieg in ganz Europa hinterlassen hatte, stellten die Überlebenden vor unvorstellbare Herausforderungen.

Oftmals konnten oder wollten die Betroffenen nicht in ihre Heimat zurückkehren. Zu groß waren und sind die Spuren und das Leid, die das nationalsozialistische Regime hinterlassen hat. Viele der Opfer kommen erst im hohen Alter dazu, öffentlich über ihre Erlebnisse zu sprechen. So verhält es sich auch mit der Stellung von Anträgen auf Leistungen, welches den Opfern viel Kraft abverlangt und eine Auseinandersetzung mit den persönlichen Qualen und dem erlittenen Unrecht voraussetzt. Ich möchte es nochmals betonen: Das Leid kann nicht wiedergutgemacht werden. Es lässt sich auch nicht aufwiegen. Wir können aber Verantwortung für die Opfer übernehmen und versuchen, die Folgen zu lindern.

Diese Ansicht teilte auch Konrad Adenauer, der für das Luxemburger Abkommen gegen starke Widerstände in Politik und Gesellschaft kämpfen musste. Auch auf den Straßen Tel Avivs gab es teils heftige Proteste, während in der Knesset hitzige und emotionale Debatten geführt wurden. Im September 1952 verhandelten die Bundesrepublik Deutschland, der Staat Israel und die Conference on Jewish Material Claims Against Germany dann das Unmögliche. Jedem und jeder Einzelnen gegenüber, wird das zugefügte Unrecht anerkannt. Diese Zahlungen an die Überlebenden sind ein wichtiges Symbol dafür, dass ihr Leid nicht vergessen ist. Es zeigt auch, dass Deutschland sich der Wahrheit gestellt hat und auch zukünftig stellen muss.

Das Landesparlament von Berlin möchte mit der Präsentation dieser Ausstellung natürlich auch ein weiteres Zeichen setzen: Kein Mensch sollte aufgrund seiner Religion, Herkunft oder Meinung ausgegrenzt oder verfolgt werden. Schließlich ist es unsere politische und gesellschaftliche Pflicht, den Bürgerinnen und Bürgern dieser Stadt Sicherheit zu geben. Insbesondere jüdisches Leben und jüdische Kultur müssen wir weiter fördern – Wir müssen Stigmatisierungen, Vorurteilen und Ausgrenzungen stark und entschieden begegnen. Denn Jüdinnen und Juden gehören zu unserem vielfältigen Berlin dazu, sowohl in der Geschichte als auch in der Zukunft, und wir können uns glücklich schätzen, dass sie wieder selbstbewusst in dieser Stadt leben.

Ich möchte dem Bundesministerium der Finanzen, sehr geehrte Frau Prof. Dr. Hölscher und Frau Gerits, und der Claims Conference, sehr geehrter Herr Mahlo und Herr Dr. Hoppe, herzlich für diese gelungene Ausstellung danken. Ein ganz besonderer Dank gilt vor allem Frau Ruth Winkelmann, die heute als Holocaust-Überlebende bei uns ist und einen Teil Ihrer Geschichte mit uns teilt. Außerdem möchte ich noch die Pianistin, Frau Yang, vorstellen, die unsere Vernissage heute musikalisch begleitet. Herzlichen Dank auch Ihnen.

Ich wünsche der Ausstellung zahlreiche Besucherinnen und Besucher hier im Abgeordnetenhaus und bitte Sie, Herrn Mahlo, nun an das Rednerpult. Gestatten Sie mir noch den Hinweis, dass wir im Anschluss an die Gesprächsrunde noch einen musikalischen Abschluss hören und Sie danach die Gelegenheit haben, die Ausstellung in der Wandelhalle zu besichtigen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.