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Blick in den Plenarsaal und hauptsächlich die Flaggen für Deutschland, Berlin und Europa

Rede des Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin Walter Momper anlässlich des 150-jährigen Jubiläums der Firma Kluth-Bestattungen

15.04.2011 15:00, Kapelle des Alten St.-Jacobi-Friedhofs

Walter Momper 15.04.2011, Kapelle des Alten St.-Jacobi-Friedhofs, Karl-Marx-Straße 4, 12043 Berlin

- Es gilt das gesprochene Wort -

Ich bin gern zu Ihrer Festveranstaltung zu 150 Jahren Ihres Familienbetriebs gekommen. Im Namen des Abgeordnetenhauses gratuliere ich herzlich zu diesem außergewöhnlichen Firmenjubiläum.

Wenn es sich sonst um eine 150-Jahr-Feiern handelt, geht es meistens um Institutionen oder Gebäude. Da ist es schon etwas ganz Besonderes, die Firmengeschichte und die Familiengeschichte in diesem feierlichen Rahmen zu würdigen. Herzlichen Glückwunsch der Familie Kluth-Lenzen.

Bestattungsunternehmen sind heute Rundum-Dienstleister. Tag und Nacht erreichbar und direkter Ansprechpartner und Trauerbegleiter sind eine zunehmend anspruchsvollere Aufgabe.

Ihre Firmengeschichte zeigt, dass Sie den jeweiligen gesellschaftlichen Ansprüchen erfolgreich gerecht geworden sind. Dazu beglückwünsche ich Sie.

In den 150 Jahren Firmengeschichte spiegeln sich auch 150 Jahre deutscher Geschichte und im Besonderen 150 Jahre Geschichte des Bestattungswesens und der Friedhöfe in Deutschland.

Wenn wir auf Berlin schauen, so war unsere Stadt in diesen eineinhalb Jahrhunderten einem stetigen Strukturwandel unterworfen. Ihre Firma und Ihre Vorfahren mussten sich diesem permanenten gesellschaftlichen Wandel stellen. Das war und ist natürlich auch ein Wandel der Trauerkultur und der Traditionen im Umgang mit den Toten.

Das Abgeordnetenhaus von Berlin hat allein in der letzten und der laufenden Legislaturperiode eine Reihe von Anträgen und Gesetzen beschieden, die sich mit dem Bestattungsgesetz befassen. Multikulti in Berlin heißt auch, dass die ethnisch, religiös und weltanschaulich bedingte kulturelle Vielfalt angenommen werden muss und wir ihr entsprechen müssen.

Uns wundert es nicht, dass in Berlin, wie in vielen deutschen Städten, ein eigener muslimischer Friedhof angelegt ist, der seit 1988 in den Landschaftsfriedhof Gatow integriert wurde. Vor allem türkische Migranten brauchen eigene Friedhöfe, um ihre Riten leben zu können. Den ganz alten türkischen Friedhof am Columbiadamm gibt es seit mehr als 150 Jahren.

Für die jüdische Gemeinde in West-Berlin war nach der Teilung Berlins ein eigener Friedhof an der Heerstraße eingerichtet worden. Der alte jüdische Friedhof Weißensee im Ostteil der Stadt war für die West-Berliner Juden unerreichbar geworden. Ein buddhistischer Friedhof, den es seit dem Jahr 2001 auf dem Friedhof Ruhleben gibt, öffnet den Blick dafür, dass es für fremde Kulturen in Berlin auch im Hinblick auf ihre letzte Ruhestätte eine Heimat gibt. Eine große Buddhastatue führt uns mitten in Berlin in eine andere Welt. Überall wo sich ethnische oder auch religiöse Gruppen etablieren, streben sie nach eigenen Friedhöfen. Berlin ist also Musterbeispiel für ein neues multikulturelles Friedhofswesen.

Unser Friedhofswesen war über die Jahrhunderte hinweg immer religiös differenziert. Auch innerhalb des Christentums unterscheiden wir ja katholische und evangelische Friedhöfe, in Berlin zudem seit 1893 Friedhöfe für die russisch-orthodoxe und seit 1994 für die griechisch-orthodoxe Gemeinde. Und man erinnere sich, dass schon seit der Mitte des 18. Jahrhunderts sowohl für evangelische Exilanten aus Böhmen in 1751 als auch für hugenottische Glaubensflüchtlinge aus Frankreich eigene Friedhöfe angelegt wurden.

Nach den religiösen Kultstätten von Kirche, Moschee, Synagoge oder Tempel kommen die Friedhöfe.

Kulturelle Vielfalt war in Berlin stets ein Ziel. Nachdem sich in Preußen die Reformation durchgesetzt hatte, wurden in Berlin zunächst nur evangelische Friedhöfe angelegt. 1777 kam es dann zur Gründung des ersten katholischen Friedhofs am Oranienburger Tor, es folgte 1834 der katholische Friedhof an der Liesenstraße, und 1892 der St. Matthiasfriedhof. Berlin entwickelte sich im Lauf des 19. Jahrhunderts zu einer multikulturellen Metropole. Jeder durfte nach seiner Facon leben und bestatten. Kaiser Wilhelm I. versprach der türkischen Gemeinde in Berlin ein Gelände am Columbiadamm und 1866 wurde der Türkische Friedhof eingeweiht.

Das Bestattungshaus Kluth wurde 1861 gegründet und ist eines der ältesten Berliner Bestattungsinstitute und immer noch ein Familienbetrieb in der 5. Generation. Zuerst in der Kreuzberger Wassertorstraße, wo der Gründervater sein „Kluth´sches Beerdigungs Institut“ eröffnete. Später, nachdem Enkel Heinz Kluth 1948 aus der Kriegsgefangenschaft zurückkehrte, in der Schöneberger Maxstraße. Seit 1962 sind Sie in der Hauptstraße mit Ihrem Familienunternehmen ansässig. Axel Kluth hat das Unternehmen in der dritten Generation geleitet und jetzt der Schwiegersohn, Herr Lenzen.

Ihr Familienunternehmen hat die Höhen und Tiefen der deutschen Geschichte miterlebt und gemeistert und sich den jeweiligen Lebensvorstellungen und dem damit verbundenen Totenkult erfolgreich angepasst. Damit haben Sie einen wichtigen Beitrag im Bereich der Totenfürsorge und des Totengedächtnisses geleistet. Und so soll es weitergehen. Ich wünsche dem Bestattungsinstitut Kluth weiterhin viel Erfolg. Wir wissen ja: „Kluth bestattet – gut bestattet.“

Ihr Unternehmen – da bin ich sicher – wird sich den kommenden Umbrüchen in der Bestattungskultur und neuen Anforderungen genauso mutig und innovativ stellen wie in den letzten 150 Jahren.

Nochmals: Herzlichen Glückwunsch!