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Blick in das Foyer des Abgeordnetenhaus Berlins und die Freitreppe

Helden auf Zeit - Porträts aus dem Kunstarchiv Beeskow

Helden auf Zeit - Porträts aus dem Kunstarchiv Beeskow

Der Präsident des Abgeordnetenhauses von Berlin Walter Momper hatte zur Eröffnung der Ausstellung „Helden auf Zeit – Porträts aus dem Kunstarchiv Beeskow“ am Dienstag, dem 25. Januar 2011, um 19.00 Uhr in die Wandelhalle des Abgeordnetenhauses von Berlin eingeladen. Nachdem die Ausstellung mit künstlerischen Porträts aus der DDR bis Mai 2010 auf der Burg Beeskow und bis Dezember 2010 im Schlossmuseum Sondershausen zu sehen war, konnte sie vom 26. Januar bis 11. März 2011 im Abgeordnetenhaus von Berlin besichtigt werden.
Im Kunstarchiv Beeskow befinden sich rund 300 Porträts aus der DDR, darunter vor allem Gemälde und Kleinplastiken. Sie zeigen Politiker, Künstler und Geistesgrößen, aber auch einfache Menschen aus Betrieben und aus dem Alltag, aus der Nachbarschaft und den Nachbarländern. Die Ausstellung „Helden auf Zeit“ fragt nach dem Stellenwert dieser Porträts in der Kunst der DDR, und sie befragt die Künstler, die das Porträt immer auch als wichtige Ausdrucksform in ihrem künstlerischen Schaffen betrachteten. Die Ausstellung zeigt, warum die Menschen auf den Porträts zu einer bestimmten Zeit für abbildungswürdig befunden wurden, und sie verfolgt die Wege der Kunstwerke nach ihrer Fertigstellung bis ins Jahr 1989.
Für die Ausstellung wurden 34 Gemälde und 10 Kleinplastiken ausgewählt, darunter Werke der bedeutenden Künstler Bert Heller, Lutz Friedel und Ronald Paris, von denen auch Porträtarbeiten in der Galerie der Ehrenbürger des Abgeordnetenhauses von Berlin zu finden sind. Am 15. Februar 2011, um 18.00 Uhr, waren die Porträts der Galerie der Ehrenbürger von Berlin und der Ausstellung „Helden auf Zeit“ – ihre Gemeinsamkeiten und Unterschiede – Gegenstand einer Sonderführung im Abgeordnetenhaus.

Beim künstlerischen Porträt in der DDR spielte immer auch die Auseinandersetzung mit dem Menschenbild in der Gesellschaft eine wichtige Rolle. Dazu hatte die offizielle Ehrung von „sozialistischen Helden“ in der DDR generell beigetragen. Für die Mehrzahl der Künstler war aber das Porträt nicht vordergründig von Interesse, weil sie den „neuen Menschen“ entdeckt hatten oder erziehen und ehren wollten, sondern weil durch die Demonstration am Menschen die Wirksamkeit und Resonanz von Kunst verstärkt wurde. In der Kunst der DDR existierte ein tiefes Vertrauen in die Ausdruckskraft der menschlichen Gestalt, das bei allen Widersprüchen und Rückschlägen nie verloren ging. Vorherrschend war die Grundgewissheit, dass sich die alltäglichen wie weltweiten Probleme noch immer – wie zu Dürers Zeiten – am eindringlichsten „cum figuris“ schildern lassen. Daher standen auch das menschliche Antlitz, seine Wirkung und seine Botschaft im Mittelpunkt des Porträts, die Intention also, etwas vom Menschen mitteilen zu wollen.
Anfangs entdeckten die Künstler das Thema der Menschlichkeit in den Helden des Widerstandes gegen den Nationalsozialismus, später erlangten neben Arbeiterführern, Künstlern und Wissenschaftlern vor allem unscheinbare Menschen, meist aus dem unmittelbaren Umfeld des Künstlers, Bildniswürde.
Mit neuen Bezügen zur Gegenwart, die alles andere als heroisch, gerecht und ohne Widersprüche war, wurde der Mensch zunehmend als Einzelwesen in seiner Einzigartigkeit, als Außenseiter und Skeptiker, als körperlich müde und seelisch verwundbar porträtiert.
Weitere Künstler in der Ausstellung sind u.a. Gudrun Brüne, Hermann Bruse, Fritz ­Cremer, Petra Flemming, Wieland Förster, Ulla Gottschalk-Walter, Waldemar­ Grzimek, Jochim­ Jastram, Wilhelm Rudolph, Rolf Schubert, Christoph Wetzel, Norbert Wagenbrett und Walter Womacka.
Bei der Auswahl der Porträts war entscheidend, Künstler unterschiedlicher Generationen und Werke aus den vier Jahrzehnten des Bestehens der DDR vorzustellen, aber auch verschiedene Bildnisse hinsichtlich des Alters, der Rolle und der Haltung der Dargestellten. Ebenso war maßgebend, inwieweit das Porträt in Bezug auf Stilistik, Komposition oder malerischen Ausdruck interessant erschien. Es war zugleich die Suche nach den weniger bekannten, in einigen Fällen unbeholfenen oder unfertigen Arbeiten.
Die Werke aus dem Kunstarchivs Beeskow spiegeln die Vielgestaltigkeit des Porträts in der Kunst der DDR nur zum Teil wider, weil es sich bei dem Bildbestand des Archivs ausschließlich um Kunstwerke der ehemaligen Parteien, Massenorganisationen der DDR und des Magistrats von Berlin handelt. Dennoch lässt sich mit der Auswahl der Porträts eine Vielfalt komplexer, oft übereinander greifender Muster in der Kunst nachvollziehen. Diese Werke konnten propagandistisch nutzbar gemacht werden, aber sie konnte auch ausdrücken, was ansonsten verborgen lag oder unaussprechlich war.
Zur Ausstellung ist ein Katalog erschienen mit Texten von Annette Dorgerloh, Ada Raev, Jens Semrau, Irmtraud Thierse, Simone Tippach-Schneider, Beatrice Vierneisel; 200 Seiten, 28 x 21 cm, 180 Abbildungen, davon 140 in Farbe, ISBN 978-3-00-027641-5.

Kuratorin: Simone Tippach-Schneider
Restaurierung der Kunstwerke: Arbeitsgemeinschaft Freiberuflicher Restauratoren Breslack
weitere Informationen:
Kunstarchiv Beeskow
Archivierte Sammlung von Kunst aus der DDR
Leiterin: Dr. Ilona Weser
Breitscheidstraße 7, 15848 Beeskow
Telefon: 03366 35 - 14 01
www.kunstarchiv-beeskow.de